Urteil des LG Potsdam vom 14.03.2017

LG Potsdam: örtliche zuständigkeit, gebäude, eigentümer, verwertung, fotografie, zugänglichkeit, urheberrecht, pressefreiheit, grundstück, eingriff

1
2
3
Gericht:
LG Potsdam 1.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 O 161/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1004 Abs 1 S 2 BGB, § 903
BGB, § 823 BGB , § 138 Abs 4
ZPO, § 59 UrhG
Standort für die angefertigten Fotografien eines im
Privateigentum stehenden Kulturgutes (Gebäude) entscheidend
für die Zustimmungspflichtigkeit seitens des Eigentümers
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu
unterlassen, Fotoaufnahmen der von der Stiftung gemäß dem Staatsvertrag über ihre
Errichtung vom 23. August 1994 verwalteten Gebäude, Denkmäler, Gartenanlagen und
sonstigen Kulturgüter zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder zu
verbreiten/verbreiten zu lassen und /oder öffentlich wiederzugeben/wiedergeben zu
lassen, soweit nicht die Fotoaufnahmen von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb
der von der Stiftung verwalteten Anlagen gemacht wurden oder zu privaten Zwecken
von geringem Umfang erfolgen, insbesondere wenn dies wie aus der Anlage K 1
ersichtlich geschieht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über die Anzahl und Art der
Herstellung, Verbreitung, Vervielfältigung und öffentlichen Wiedergabe von Fotografien
der in Ziffer 1. des Antrages beschriebenen Art, und zwar unter Angabe des Motivs, des
Jahres der Aufnahme, der Art der Veröffentlichung, deren Auflagenhöhe, der Größe des
Bildes und des Verkaufspreises der Publikation, sowie der mit dem Verkauf der
Fotografie erzielten Einnahmen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu
ersetzen, der dieser aus den im Antrag zu Ziffer 1. genannten Handlungen entstanden
ist und noch entstehen wird.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 € vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist nach ihrem Vortrag Eigentümerin mehrerer kunst- und
kulturbedeutender Grundstücke und Gebäude in Berlin und Brandenburg. Sie hat gemäß
§ 1 ihrer Satzung die Aufgabe, die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren, unter
Berücksichtigung historischer kunst- und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer
Belange zu pflegen, ihr Inventar zu ergänzen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen
und die Auswertung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit,
insbesondere in Wissenschaft und Bildung zu ermöglichen. Nach Art. 2 Abs. 2 des
Staatsvertrages über die Errichtung einer „Stiftung P.“ sind der Stiftung die dort
genannten Grundstücke unentgeltlich zu übereignen oder, solange dies nicht möglich
sein sollte, zur unentgeltlichen Nutzung zu übertragen.
Nach dem Beschluss des Stiftungsrates vom 3. Dezember 1998 über die Richtlinien über
Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmale, deren Ausstattung
sowie der Gartenanlagen bedürfen solchen Aufnahme der vorherigen Zustimmung.
Ausgenommen sind Aufnahmen von Gebäuden und Anlagen, die sich an öffentlichen
Straßen, Wegen oder Plätzen befinden (§ 59 UrhG) und Außenaufnahmen zu privaten
Zwecken von geringem Umfang. Die Zustimmung erfolgt im Rahmen einer vorherigen
schriftlichen Vereinbarung über ein angemessenen Nutzungsentgelt.
An den Eingängen der von der Klägerin der Öffentlichkeit zugänglich gemachten
Parkanlagen ist nach dem Vortrag der Klägerin jeweils ein Schild „Parkordnung“ mit dem
Hinweis aufgestellt: „Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen zu gewerblichen Zwecken
bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung“. Die Klägerin gibt
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung“. Die Klägerin gibt
diverse Informationsbroschüren, ein Jahrbuch und das aktuelle Jahresprogramm heraus.
Sie erstellt Postkarten, Bildbände und Broschüren mit Aufnahmen ihrer Bauten und
Gärten und bietet diese zum Verkauf an.
Die Beklagte ist eine Fotoagentur, die über ihr Internet-Portal Fotografien der in den
Parkanlagen stehenden Gebäude und der Gartenanlagen zum Verkauf anbietet. Diese
Abbildungen (u. a. Schlosspark S., R., B., G.) sind nach dem Vortrag der Klägerin nahezu
alle nicht vom öffentlichen Straßengrund aus angefertigt worden, sondern unter
Betreten der Parkgelände.
Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Fotografien erstmals mit Schreiben vom
11. Juli 2005 ab. Die Beklagte wies die Abmahnung zurück und teilte mit Anwaltschreiben
vom 17. Dezember 2007 mit, sie werde sich einer höchstrichterlichen Klärung nicht
entziehen.
Die Klägerin trägt vor, zwischen den Parteien sei ein konkludenter Benutzungsvertrag zu
den Bedingungen der auf den Eingangsschildern abgedruckten Parkordnung zustande
gekommen. Die Beklagte beeinträchtige durch das Anfertigen und gewerbliche
Verbreiten der Fotoaufnahmen der in ihrem - der Klägerin - Eigentum stehenden
Gebäude und Gärten ihr Eigentum. Die gewerbliche Verwertungsmöglichkeit sei als eine
dem Eigentum unmittelbar anhaftende Eigenschaft von dessen Zuweisungsgehalt
umfasst. Durch die unter Betreten ihrer Grundstücke gefertigten Filmaufnahmen und
deren gewerblicher Verwertung nutze die Beklagte unmittelbar ihr Eigentum. Aufgrund
der knappen öffentlichen Kassen sei sie auf die Vermarktung und Lizenzierung der
Stiftungsmotive angewiesen, um die Gebäude und Gärten entsprechend ihrer
Zielsetzung unterhalten zu können. Die Verbreitung der Aufnahmen führe daher zu
einem fortlaufenden Schaden. Die ungenehmigten Aufnahmen stellten, unabhängig von
der Frage der freien Zugänglichkeit der Parkgelände, einen die Abwehr- und
Zahlungsansprüche auslösenden Eingriff in ihr Eigentum dar. Die Befugnis, ein
Fotografierverbot für Aufnahmen zu gewerblichen Zwecken auszusprechen, werde durch
das ihr als Eigentümerin zustehende Hausrecht gesichert. Der Schutz des
Sacheigentums stehe selbständig neben dem durch das Urheberrecht gewährten
Schutz.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Sie habe als eine die
Fotografien der einzelnen Fotografen lediglich verbreitende Agentur keine deliktische
Handlung begangen. Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und mit
Nichtwissen das zivilrechtliche Eigentum der Klägerin an den genannten Grundstücken
und Gebäuden. Die Beklagte bestreitet ferner, dass die Aufnahmen nicht von
öffentlichem Straßengrund aus angefertigt worden seien und dass sämtliche
Parkanlagen der Klägerin mit großformatigen Schildern der Parkordnung versehen seien.
Sie meint, der Klageantrag zu 1. sei inhaltlich unbestimmt und daher unzulässig.
Die Beklagte macht ferner geltend, weil die Anfertigung der Fotografie keine
physikalische Einwirkung auf die Sache darstelle, könne es noch viel weniger die spätere
Verwertung der zuvor angefertigten Fotografie sein. Die Klägerin schaffe ein
„Abbildungsrecht“, welches die Rechtslehre nicht kenne. Ein Ausschließlichkeitsrecht aus
dem Eigentum gebe es nicht. Die Vorschrift des § 59 UrhG zeige, dass das
Abbildungsrecht nicht Teil des Eigentums sei. Vielmehr dürfe Eigentum jederzeit
fotografiert werden, die Fotografien dürften jederzeit vervielfältigt werden. Eine
Ausnahme hiervon bilde das Urheberrecht, welches solche Aufnahmen jedoch gestatte.
In der „Friesenhaus“-Entscheidung habe der Bundesgerichtshof in Abweichung von der
überholten „Schloss-Tegel“-Entscheidung eindeutig die eigentumsrechtliche Frage dahin
beantwortet, dass ein Fotografierrecht oder Abbildungsrecht nicht Bestandteil des
Eigentums sei. Maßgebend sei, dass die Klägerin die Kulturgüter der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen habe, deshalb gelte auch innerhalb der Parks die
Panoramafreiheit des § 59 UrhG. Eine anders lautende Auslegung des
Eigentumsbegriffes würde zudem die durch Artikel 5 GG geschützte Pressefreiheit
aushebeln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Klageschrift
13
14
15
16
17
18
19
20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Klageschrift
vom 31. März 2008 (Bl. 1 ff. d. A.) und den Schriftsatz der Klägerin vom 22. August 2008
(Bl. 163 ff. d. A.) sowie die Klageerwiderung vom 12. Juni 2008 (Bl. 114 ff. d. A.) und die
Schriftsätze der Beklagten vom 7. Oktober 2008 (Bl. 228 ff. d. A.) und 16. Oktober 2008
(Bl. 254 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Potsdam
folgt aus § 32 ZPO. Der Begriff der unerlaubten Handlung ist im weiteren Sinn zu
verstehen und umfasst jeden rechtswidrigen Eingriff in fremde Rechtsphäre
(Zöller/Vollkommer, 26. Aufl., § 32 ZPO Rdnr. 4).
I.
Die Klägerin macht geltend, dass der Vertrieb der Fotoaufnahmen einen Eingriff in ihr
durch § 823 BGB geschütztes Recht darstellt. Mit der Einstellung der Fotoaufnahmen in
das Internet ist Begehungsort überall dort, wo das Medium bestimmungsgemäß
abrufbar ist, also überall (Zöller a. a. O., Rdnr. 17).
II.
Die Klägerin ist für die unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes geltend
gemachten Ansprüche aktivlegitimiert. Sie hat mit den Anlagen K 19 und K 20
Grundbuchauszüge eingereicht, woraus sich ergibt, dass sie Eigentümerin des Parkes S.
nebst Gebäuden, des N. Gartens nebst Gebäuden und des Schlosses und Parkes R. ist.
Die von der Beklagten angebotenen Fotos sind nach dem Vortrag der Klägerin in den
dortigen Parkanlagen bzw. Gebäuden entstanden. Dem Vortrag der Beklagten kann
nicht entnommen werden, ob und hinsichtlich welcher sonstigen Parkanlagen und
Gebäude ein Vertrieb der Fotos erfolgt bzw. worauf sich das Bestreiten der
Aktivlegitimation beziehen soll.
III.
Die Kammer geht davon aus, dass die von der Beklagten vertriebenen Abbildungen nicht
vom Straßenland aus, sondern unter Betreten der Parkanlagen angefertigt worden sind
und dass die Parkanlagen in den Eingangsbereichen jeweils mit Parkordnungsschildern
versehen sind. Soweit dies die Beklagte - unter anderem „mit Nichtwissen“ - bestreitet,
ist dies nach § 138 Abs. 4 ZPO nicht zulässig.
Vorgänge im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich sind den „eigenen“
Handlungen oder Wahrnehmung im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO gleich zu stellen. Die
Partei kann sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereichs ihrer
prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss innerhalb desselben
Erkundigungen anstellen (Zöller/Greger, 26. Aufl., § 138 ZPO Rdnr. 16). Gleiches gilt für
den hier vorliegenden Fall, dass die Beklagte die Fotografien der einzelnen Fotografen
entgegennimmt und anschließend verbreitet und nutzbringend verwertet. Es ist ihr
zumutbar, über die örtlichen Verhältnisse, unter denen die Fotografien entstanden sind,
sich durch Nachfragen bei den jeweiligen Fotografen Kenntnis zu verschaffen. Im Übrigen
hat sich die Beklagte auch nicht mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt,
sämtliche betroffenen Fotografien seien nur unter Betreten dieser Parkanlagen möglich
gewesen.
IV.
Der Klageantrag zu 1. genügt dem Bestimmtheitserfordernis nach § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO. Um welche „Kulturgüter“ es sich handelt, kann die Beklagte aus Art. 2 Abs. 1 des
Staatsvertrages über die Errichtung einer „Stiftung P.“ entnehmen. Die Bezugnahme
auf zu den Akten gereichte Anlagen sowie die Anführung von Beispielsfällen sind zur
Konkretisierung des Unterlassungsbegehrens geboten. Mit den genannten
Einschränkungen des Unterlassungsbegehrens schreibt die Klägerin lediglich, wie noch
auszuführen sein wird, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fort, wonach für
lediglich zu privaten Zwecken gefertigte Aufnahmen von einem Standort außerhalb der
verwalteten Anlagen aus kein Abwehranspruch besteht.
V.
Der Klägerin steht der mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachte Anspruch auf
Unterlassung und Verwertung der gefertigten Aufnahmen aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2,
903 BGB zu.
21
22
23
24
25
26
Unter Beeinträchtigung des Eigentums ist jeder dem Inhalt des Eigentums
widersprechende Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des
Eigentümers zu verstehen (BGH NJW 2005, 1366, 1367). Dabei ist eine Einwirkung auf
die Sachsubstanz nicht erforderlich (Palandt/Bassenge, 67. Aufl., § 1004 BGB Rdnr. 6).
Eine Beeinträchtigung des Eigentums liegt auch vor, wenn in die mit dem Eigentum
verbundene Nutzungszuweisung (vgl. § 903 BGB „... mit der Sache nach Belieben zu
verfahren ...“) eingegriffen wird.
Zu dem Recht eines Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, zählt auch
das Recht, sein Eigentum gewerblich zu verwerten. Können Fotografien eines im
Privateigentum stehenden Gebäudes nur angefertigt werden, wenn ein dem Eigentümer
des Gebäudes gehörendes Grundstück betreten wird, so steht es dem Eigentümer
grundsätzlich frei, den Zutritt zu verbieten oder doch nur unter der Bedingung zu
gewähren, dass dort nicht fotografiert wird. Der Eigentümer hat somit in einem solchen
Fall aufgrund seiner Sachherrschaft die rechtliche und tatsächliche Macht, sich die
Möglichkeit, auf seinem Gelände Aufnahme anzufertigen, ausschließlich vorzubehalten
(BGH NJW 1975, 778 - „Schloss Tegel“).
Auch in Fällen einer allgemeinen Fotografiererlaubnis ergibt sich in der Regel eine
stillschweigende Einschränkung auf Aufnahmen für private Zwecke. Denn es ist das
natürliche Vorrecht des Eigentümers, den gewerblichen Nutzen, der aus seinem nur
gegen seine Erlaubnis zugänglichen Eigentum gezogen werden kann, für sich zu
beanspruchen. Auch ohne ausdrückliches Verbot darf der die Aufnahmen Fertigende
nicht damit rechnen, dass der Eigentümer gewillt sei, die Verwertung der Aufnahmen
ohne Entgelt zu gestatten (BGH a. a. O., 779; KG OLGE 20, 402).
Zudem enthalten die an den Eingängen der Parks der Klägerin aufgestellten
Parkordnungsschilder sogar den ausdrücklichen Hinweis, dass Aufnahmen zu
gewerblichen Zwecken der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stiftung bedürfen.
Gleiches folgt aus den Richtlinien des Stiftungsrates vom 25. Juni 1992. Da es Sache der
Klägerin ist, im Rahmen des Stiftungszwecks die Zugänglichkeit der Parkgelände zu
regeln, steht es ihr auch frei, den allgemein gewährten Zugang von Bedingungen
abhängig zu machen, soweit diese dem Stiftungszweck nicht entgegenstehen. Dies folgt
aus dem jedem Grundstückseigentümer nach §§ 858 ff., 1004 BGB zustehenden und
auch durch §§ 823 Abs. 2, 123 StGB geschützten Hausrecht. Dieses ermöglicht es dem
Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit
gestattet und wem er ihn verweigert. Das schließt das Recht ein, den Zutritt zu
bestimmten Zwecken zu erlauben oder rechtswirksam von Bedingungen wie der
Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen (BGH, Urteil vom 8. November 2005 - KZR
37/03 -, GRUR 2006, 249, 250).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Bundesgerichtshof von den Grundsätzen
der „Schloss-Tegel“-Entscheidung (NJW 1975, 778) in der „Friesenhaus“-Entscheidung
(NJW 1989, 2151) nicht abgerückt. Dies zeigt bereits der Leitsatz der letztgenannten
Entscheidung: „Das ungenehmigte Fotografieren eines fremden Hauses und die
gewerbliche Verwertung einer solchen Fotografie stellen dann keine Abwehr- und
Zahlungsansprüche auslösende Einwirkung auf fremdes Eigentum dar, wenn die
Fotografie - ohne dass das Hausgrundstück betreten wird - von einer allgemein
zugänglichen Stelle aus angefertigt wird.“ Damit sind Abwehransprüche für die Fälle
verneint worden, in denen es um Fotografien von einer öffentlichen Straße aus geht.
Unter dieser Prämisse stehen auch die nachfolgenden Ausführungen, wonach der
Fotografiervorgang als „Realakt“ die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt
lässt (a. a. O., 2252). Den Unterschied zu der „Schloss-Tegel“-Entscheidung, bei der
maßgebend darauf abgehoben worden ist, dass das Gebäude nur durch Betreten des
Privatgrundstücks fotografiert werden konnte, hat der Bundesgerichtshof in der
„Friesenhaus“-Entscheidung klar herausgestellt (a. a. 0., 2252 f.). Allein aus der
Verwendung der Begriffe „jedenfalls“ und „zumindest“ kann nicht gefolgert werden, dass
die Ausführungen auch für einen - gar nicht zur Entscheidung stehenden - Fall gelten
sollten, in dem das Grundstück zur Fertigung der Aufnahmen betreten wird.
Hiernach kommt dem Standort, von dem aus Foto- und Filmaufnahmen zu gewerblichen
Zwecken gefertigt werden, entscheidende Bedeutung zu für die Frage, ob der
Eigentümer solche Aufnahmen untersagen kann. Erfolgen die Aufnahmen von einer
allgemein zugänglichen Stelle aus und ohne Betreten des Grundstücks, hat der
Eigentümer dies hinzunehmen. In einem solchen Falle ist es dem Eigentümer bereits in
tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, Aufnahmen die von seinem Haus von der Straße
aus gefertigt werden, zu unterbinden. Damit hat er keine rechtlich und tatsächlich
gesicherte Position inne, in die „eingegriffen“ werden könnte (OLG Bremen NJW 1987,
27
28
29
30
31
32
33
gesicherte Position inne, in die „eingegriffen“ werden könnte (OLG Bremen NJW 1987,
1420). Unbenommen bleibt dem Eigentümer jedoch kraft seiner Sachherrschaft die
Möglichkeit, andere vom Zugang der Sache bzw. vom Anblick der Sache (bei einem
Gebäude z. B. durch eine Grundstücksbepflanzung) auszuschließen und ihnen damit
auch die Nachbildungsmöglichkeit abzuschneiden oder doch weitgehend zu erschweren
(vgl. BGHZ 44, 289, 295 = NJW 1966, 542; NJW 1989, 2251, 2252).
Wird hingegen das Grundstück zur Fertigung der Aufnahmen betreten, dann hat der
Eigentümer die rechtliche und aufgrund seiner Sachherrschaft die tatsächliche Macht,
Foto- und Filmaufnahmen der in seinem Eigentum stehenden Sache zu unterbinden. Er
kann die freie Zugänglichkeit des Grundstücks, etwa durch Errichtung eines das
Parkgelände umgrenzenden Zaunes, durch Einführung von Eingangs- und
Personenkontrollen und Schließzeiten, durch Überwachung der Parkbenutzer etc., auch
so weit einschränken, dass ein ungenehmigtes Fotografieren faktisch ausgeschlossen
wäre. Deshalb stellt nicht erst die gewerbliche Verwertung der Foto- und Filmaufnahmen,
sondern bereits die Fertigung der ungenehmigten Aufnahmen in der offenen Absicht, sie
gewerblich zu nutzen, eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.
In diese absolut geschützte Rechtsposition greift die Beklagte durch den Vertrieb der
Aufnahmen fortlaufend ein.
Die Beklagte kann für ihren Standpunkt sich nicht auf den Rechtsgedanken des § 59
UrhG stützten. Die Vorschrift des § 59 UrhG betrifft eine Regelung der Schranken des
Urheberrechts und lässt für den Fall eines Werkes an öffentlichen Plätzen eine
Ausnahme vom Urheberschutz zu. Keinen Einfluss hat § 59 UrhG jedoch auf das
zivilrechtliche Eigentum am Werk (Wandke/Lüft, 2. Aufl., § 59 UrhG Rdnr. 1). Nur das
Urheberrecht unterliegt der Schrankenregelung des § 59, nicht dagegen das
Eigentumsrecht an der Werkverkörperung (Schricker/Vogel, 2. Aufl., § 59 UrhG). Wird ein
urheberrechtlich geschütztes Bauwerk nur durch Betreten des Grundstücks sichtbar,
greift § 59 schon deshalb nicht ein, weil es nicht um einen Fall der Freiheit des
Straßenbildes (sogenannte Panoramafreiheit) geht (Schricker a. a. O., Rdnr. 6).
Zwar sind die Parkanlagen der Klägerin als öffentlich im Sinne des § 59 UrhG anzusehen,
weil sie von der Klägerin in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgabe für die Öffentlichkeit
frei zugänglich gemacht werden. Das ändert jedoch nichts daran, dass es für den
zivilrechtlichen Eigentumsschutz allein maßgebend ist, ob das Grundstück zur Fertigung
der Aufnahmen betreten wird. Soweit in der Literatur vereinzelt aus der „Friesenhaus“-
Entscheidung des Bundesgerichtshofs geschlossen wird, dass eine Nutzung, die sich in
dem durch § 59 UrhG vorgegebenen Rahmen halte, „erst recht“ keine
Eigentumsverletzung darstellen könne (so Heidelberger-Kommentar/Dreyer, § 59 UrhG
Rdnr. 17), kann dies schon deshalb nicht richtig sein, weil das Urheberrecht -
entsprechend seinem Regelungsgehalt - keinen Schutz vor Betreten eines Grundstücks
gewährt. Das erfolgt ausschließlich durch den zivilrechtlichen Eigentumsschutz. Beide
Rechtsgebiete haben eine unterschiedliche Schutzrichtung und einen verschiedenen
Inhalt. Die bürgerlichrechtliche Besitz- und Eigentumsordnung dient dem Schutz der
Sachherrschaft über die körperliche Sache, während Gegenstand des Urheberrechts das
unkörperliche, geistige Werk ist, dessen Vervielfältigung dem urheberrechtlichen
Verwertungsrecht unterfällt (BGH NJW 1966, 542; NJW 1989, 2251, 2252).
Eine Übertragung urheberrechtlicher Schranken auf die zivilrechtliche Eigentumsordnung
widerspräche auch dem Grundsatz, dass § 59 UrhG als Ausnahmeregelung eng
auszulegen ist (BGH NJW 2002, 2394; Schricker/Vogel, 2. Aufl., § 59 UrhG Rdnr. 4).
Soweit bei der Auslegung der Schrankenbestimmungen im Einzelfall wegen eines
gesteigerten öffentlichen Interesses an der Wiedergabe ein großzügigerer Maßstab
angelegt werden kann, betrifft das allein urheberrechtliche Güterabwägungen. Einen
allgemein gültigen Rechtssatz, wonach urheberrechtliche Wertungen auf den
zivilrechtlichen Eigentumsschutz übertragbar wären, gibt es nicht.
Auch der Gesichtspunkt der Sozialbindung des Eigentums gibt im vorliegenden Fall keine
Veranlassung, die Klägerin zu zwingen, die Fertigung von Foto- und Filmaufnahmen zu
gewerblichen Zwecken ohne ihre Zustimmung zu gestatten. Zwar besteht ein
allgemeines Interesse der Öffentlichkeit, die künstlerisch bedeutsamen Gebäude und
Gärten in den Parks der Klägerin näher kennenzulernen. Dem können - neben der
allgemein gewährten Zugänglichkeit im Rahmen der Parkordnung - etwa der Vertrieb
von Ansichtskarten, von DVDs oder von Bildern in digitaler Form als Dateien über
Datenleitungen dienen. Die Klägerin befriedigt jedoch selbst dieses Interesse, indem sie
Postkarten, Bildbände und Broschüren vertreibt und damit der Öffentlichkeit und den
Medien den Zugriff nach den Regeln der Stiftungsrichtlinien gewährt.
Der Abwehranspruch aus §§ 1004, 903 BGB hat auch nicht zur Voraussetzung, dass es
33
34
35
36
37
38
39
Der Abwehranspruch aus §§ 1004, 903 BGB hat auch nicht zur Voraussetzung, dass es
sich bei dem Anspruchsteller um ein Privatrechtssubjekt handelt. Zwar ist juristischen
Personen des öffentlichen Rechts - wie die Klägerin - die Berufung auf das
Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG verwehrt (vgl. Maunz/Dürig/Papier, Art. 14 GG,
Rdnr. 206 m. w. N.). Sie können aber die ihnen von der Rechtsordnung eingeräumten,
aus der Eigentümerstellung hergeleiteten Rechte aus dem Eigentum in gleicher Weise
geltend machen (Maunz/Dürig a. a. O., Rdnr. 212). Bei juristischen Personen des
öffentlichen Rechts tritt der privatrechtlichen Eigentumsinhalt lediglich im Umfang der
öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung zurück (Palandt/Bassenge, 67. Aufl., § 903 BGB
Rdnr. 1). Diese Zweckbestimmung wird durch die in den Richtlinien vom 3. Dezember
1998 enthaltene Regelung der Zustimmungspflichtigkeit von Foto-, Film- und
Fernsehaufnahmen stiftungseigener Baudenkmäler, derer Ausstattung sowie der
Gartenanlagen gewahrt. Von den sich aus den Stiftungsrichtlinien ergebenden
Einschränkungen abgesehen - die Klägerin dürfte etwa Außenaufnahmen zu privaten
Zwecken von geringem Umfang nicht untersagen -, stehen der Klägerin die aus ihrem
Eigentum folgenden zivilrechtlichen Abwehr- und Zahlungsansprüche zu.
VI.
Die von der Klägerin vorgenommenen Einschränkungen hinsichtlich der
Fotografiererlaubnis verstoßen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen die
Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Beklagte ist bereits nicht Trägerin des
Grundrechts der Pressefreiheit.
Eine selbständig ausgeübte, nicht unmittelbar die Herstellung von Presseerzeugnissen
betreffende Hilfstätigkeit wird vom Schutz der Pressefreiheit umfasst, wenn sie
typischerweise pressebezogen ist, in enger organisatorischer Bindung an die Presse
erfolgt, für das Funktionieren einer freien Presse notwendig ist und wenn sich die
staatliche Regulierung dieser Tätigkeit zugleich einschränkend auf die
Meinungsverbreitung auswirkt. Nicht jede selbständige Dienstleistung, die der Presse
zugute kommt und für diese funktionswichtig ist, wird in den Schutzbereich von Art. 5
Abs. 1 Satz 2 GG einbezogen. Der Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 1 GG besteht im
Interesse der freien Meinungsbildung und kann deswegen durch einen ausreichenden
Inhaltsbezug ausgelöst werden (BGH NJW 1988, 1833).
Diese Voraussetzungen liegen bei der Beklagten, die selbst nicht redaktionell tätig wird,
nicht vor. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf das Bereitstellen von Fotografien, wobei sich
ihr Angebot an jedermann richtet. Allein der Umstand, dass unter ihren Kunden auch
Journalisten und Verlage sind, die Bilder von Kulturgütern im Rahmen ihrer
Pressetätigkeit verwenden, bedeutet keinen organisatorischen und funktionalen
Pressebezug ihrer Tätigkeit.
VII.
Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Anspruch auf Auskunftserteilung über
den Umfang der in Ziff. 1 genannten Handlungen in der Vergangenheit, insbesondere
unter Angabe der Anzahl und Art der hergestellten, veräußerten und veröffentlichten
Aufnahmen und der erzielten Einnahmen, ist ebenfalls begründet.
Aus § 242 BGB ergibt sich eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien
bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer
Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der
Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer
geben kann. Bei der dafür erforderlichen Sonderverbindung kann es sich um ein
gesetzliches Schuldverhältnis oder um eine Rechtsbeziehung des Sachenrechts handeln
(Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 261 BGB Rdnr. 8 ff.). Diese Sonderverbindung ergibt sich
für den vorliegenden Fall ohne weiteres aus dem aufgrund der
Eigentumsbeeinträchtigung bestehenden Schuldverhältnis nach §§ 1004 Abs. 1, 823
BGB.
Die Klägerin kann sich die benötigten Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise
beschaffen. Unterlagen, aus denen sie sich informieren könnte, stehen ihr unstreitig
nicht zur Verfügung bzw. werden seitens der Beklagten verweigert. Sie ist auf die
erteilten Auskünfte angewiesen, um den Umfang bestehender
Schadensersatzansprüche ermitteln und beziffern zu können. Der mit der
Auskunftserteilung verbundene Arbeitsaufwand ist zumutbar und belastet die Beklagte
nicht unbillig.
VIII.
40
41
42
43
44
45
Die Feststellungsklage (Klageantrag zu 3.) ist aufgrund der von der Beklagten
begangenen Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) zulässig und begründet.
Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass das zwischen den Parteien
bestehende Rechtsverhältnis, insbesondere die Frage der Schadensersatzverpflichtung
der Beklagten, durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1
ZPO). Dem Rechtsschutzbedürfnis steht es nicht entgegen, dass die Klägerin an sich
auch die Möglichkeit einer Stufenklage hätte (vgl. BGH NJW 2003, 3275 f. für den insoweit
vergleichbaren Fall des gewerblichen Rechtsschutzes). Eine Bezifferung des
Schadensersatzanspruchs ist der Klägerin ohne Offenlegung der von der Beklagten mit
dem Klageantrag zu 2. geforderten Information nicht möglich. Als erstattungsfähige
Schäden kommen die der Klägerin entgangenen Gebühren in Betracht, die sie von
Interessenten hätte verlangen können, wenn sich diese direkt an die Klägerin oder an
solche Agenturen gewandt hätten, die die Aufnahmen mit Genehmigung der Klägerin
veröffentlichen.
Auch hinsichtlich zukünftig noch entstehender Schäden ist die Feststellungsklage
zulässig und begründet.
Angesichts der fortdauernden Verwertung der Filmaufnahmen ist davon auszugehen,
dass der anspruchsbegründende Sachverhalt nicht abgeschlossen ist, sondern sich in
der Entwicklung befindet, so dass künftige Schäden zu erwarten sind.
IX.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709, 708 Nr. 11, 711
ZPO.
Streitwert (§ 3 ZPO): bis zu 40.000,00 €.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum