Urteil des LG Potsdam vom 25.06.2008

LG Potsdam: vermieter, räumung, grundsteuer, wohnung, beendigung, unverzüglich, sammlung, mitmieter, subjektiv, deklaration

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Gericht:
LG Potsdam 11.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 S 183/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 254 BGB, § 280 BGB, § 535
BGB, §§ 535ff BGB, § 546a BGB
Beendeter Wohnraummietvertrag: Pflicht zur Schlüsselrückgabe
bei Mietermehrheit; Verzögerung der Zwangsräumung durch
Vermieter als Mitverschulden bei der Schadensentstehung
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom
25.06.2008, Az.: 23 C 407/07, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.657,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %
-Punkten über dem Basiszinssatz aus je 1.090,11 Euro seit dem 06.10., 06.11.,
06.12.2006, 06.01., 06.02., 06.03., 06.04., 06.05., 06.06., 06.07., 06.08., 06.09., 06.10.,
06.11., 06.12.2007, aus 1.223,05 Euro seit dem 06.01.2008, aus 1.280,11 Euro seit dem
06.02.2008, aus 676,96 Euro seit dem 13.12.2006, aus 2.125,81 Euro seit dem
19.01.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der I. Instanz trägt der Kläger 2 % und die Beklagte 98 %. Von den
Kosten der II. Instanz trägt der Kläger 8 % und die Beklagte 92 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung
des jeweils anderen Teils durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht zuvor der jeweils andere Teil
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert der II. Instanz beträgt 23.651,68 Euro.
Gründe
I.
Die Beklagte war gemeinsam mit ihrem Ehemann Mieterin der streitgegenständlichen
Wohnung in der Mittelstraße 37 in Potsdam. Die Beklagte und ihr Ehemann erkannten
ihre Räumungs- und Herausgabeverpflichtung bezüglich des Mietobjektes am
24.01.2007 rechtskräftig an. Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts
Potsdam vom 05.07.2004, Az.: 2 L 222/04, zum Zwangsverwalter des Mietobjektes
bestellt. Der Kläger macht nach Beendigung des Mietverhältnisses die Zahlung von
Nutzungsentschädigung von Oktober 2006 bis Februar 2008 sowie der
Nachzahlungsbeträge aus den Betriebskostenabrechnungen 2005 und 2006 in Höhe von
676,97 Euro bzw. 2.125,81 Euro geltend.
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung auf §
546 a BGB sowie darauf verwiesen, dass es an substantiierten Einwendungen der
Beklagten gegen die streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen fehle. Gegen
dieses Urteil, das der Beklagten am 02.07.2008 zugestellt wurde, hat diese am
10.07.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.10.2008 am 02.10.2008 begründet.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil bereits insoweit für fehlerhaft, als sich hieraus
nicht der Zeitraum für die ausgeurteilte Nutzungsentschädigung ergäbe. Sie habe
zudem die Schlüssel zu der Wohnung bereits im Februar 2007 an eine Mitarbeiterin des
Klägers zurückgegeben. Der fehlende Rücknahmewille des Klägers dokumentiere sich
aus der Räumung erst am 29.04.2008. Hinsichtlich der Betriebskostenabrechnungen sei
die Grundsteuer aufgrund der Abweichung vom Einheitswertbescheid fehlerhaft
festgesetzt worden.
Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Potsdam vom 25.Juni 2008, Az.:
23 c 407/07 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
II.
Die Berufung ist zulässig; insbesondere wurde sie innerhalb der gesetzlichen Form- und
Fristvorschriften eingelegt.
In der Sache hat sie teilweise Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils
in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Die Berufung ist begründet, soweit der Kläger hinsichtlich der Nutzungsentschädigung
für die Jahre 2006 und 2007 die Betriebskostenvorschüsse in Höhe von jeweils 132,94
Euro geltend macht.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Zusammenklang von Tenor
und Tatbestand des angefochtenen Urteils hinreichend ihre Verurteilung zur Zahlung
einer Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von Oktober 2006 bis Februar 2008. Die
Nutzungsentschädigung für diesen Zeitraum wurde dem Grunde nach zu Recht gemäß §
546 a BGB zugesprochen. Zunächst war der Kläger als Zwangsverwalter kraft seines
Amtes befugt, die Nutzungsentschädigung für den Vermieter einzuklagen. Seine
Aktivlegitimation entfällt auch nicht mit Aufhebung der Zwangsverwaltung. Diese
entfaltet insoweit keine Rückwirkung, der Zwangsverwalter darf berechtigt begonnene
Prozesse zu Ende führen (vgl Zeller/Stöber § 161 Rdn. 7.2). Gemäß § 546 a BGB ist die
Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben, anderenfalls der
Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung die vereinbarte Miete verlangen kann. Diese
Pflicht zur Rückgabe haben die Mieter nicht erfüllt. Der Kläger gelangte erst durch
Zwangsräumung vom 29.04.2008 in den Besitz der Mieträumlichkeiten. Entgegen der
Auffassung der Beklagten wurden die Mieträume nämlich auch dann nicht
zurückgegeben, wenn die Beklagte tatsächlich im Februar 2007 einen Schlüssel an eine
Mitarbeiterin des Klägers zurückgegeben hätte. Denn die Räume wurden unstreitig von
dem weiteren Mieter, dem Ehemann der Beklagten, weiter bewohnt. Die Räumung war
der Beklagten auch nicht subjektiv unmöglich. Sie konnte und musste auf den in den
Räumen verbliebenen Mitmieter mit rechtlichen und tatsächlichen Mitteln einwirken,
damit dieser seiner Rückgabeverpflichtung erfüllt (vgl. Schmidt/Futterer- Gather § 546 a
Rdnr. 27 d.A.). Der gemäß § 546 a BGB erforderliche Rücknahmewille des Vermieters
ergibt sich bereits aus der Führung des Räumungsrechtsstreits. Er entfällt mangels
anderweitiger Indizien entgegen der Auffassung der Beklagte nicht durch die Räumung
erst im April 2008. Es besteht keine Verpflichtung des Vermieters, die Räumung
innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu betreiben, so dass es nicht darauf
ankommt, inwieweit die Verzögerung im Bereich des Klägers liegt. Nicht der Vermieter
hat den Fortbestand seines Rücknahmewillens zu dokumentieren sondern der Mieter hat
seine Rückgabepflicht zu erfüllen. Zudem hat das Amtsgericht zu Recht festgestellt,
dass es sich bei dem Anspruch aus § 546a BGB um einen Erfüllungsanspruch eigener
Art aus dem beendeten Mietverhältnis handelt (a.a.O. § 546 a Rdnr. 6 ff.) auf den § 254
BGB keine Anwendung findet. Daher kann die nicht unverzüglich betriebene
Zwangsräumung unabhängig von ihrer Deklaration als Pflichtverletzung nicht zu einer
Reduktion des Anspruchs führen.
Zugesprochen werden kann jedoch infolge des Eintritts der Abrechnungsreife in II.
Instanz für den Zeitraum Oktober 2006 bis einschließlich Dezember 2007 lediglich der
Nettomietzins in Höhe von 1.090,11 Euro monatlich. Eine Umstellung der Klage auf die
Salden der jeweiligen Betriebskostenabrechnungen ist nicht erfolgt. Für die Monate
Januar und Februar 2008 hat der Kläger hingegen Anspruch auf den jeweiligen
Bruttomietzins.
Hinsichtlich der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2005 und 2006 hat das
angefochtene Urteil Bestand. Die Beklagte macht geltend, dass die Abrechnung
fehlerhaft sei, weil die angesetzten Kosten für die Grundsteuer aufgrund der Abweichung
zum Einheitswertbescheid fehlerhaft seien. Diesen Einwand hat das Amtsgericht zu
Recht als unsubstantiiert zurückgewiesen. Er erschließt sich nicht aus sich heraus. Es ist
nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Grundsteuer festgesetzt wurde und auf
welcher Grundlage dies nach Ansicht der Beklagten hätte passieren müssen. Dies hätte
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welcher Grundlage dies nach Ansicht der Beklagten hätte passieren müssen. Dies hätte
sie nach Einsicht in die Abrechnungsunterlagen substantiiert darlegen müssen unter
Vorlage der etwaig abweichenden oder abgeänderten (?) Bescheide. Der Kläger hat sich
dahin eingelassen, dass die gezahlte Grundsteuer nach dem Flächenmaß umgelegt
wurde. Inwieweit dies falsch sein sollte, wird nicht deutlich. Aus der Formulierung „der
Einheitswertbescheid wurde abweichend von den Betriebskostenabrechnungen zugrunde
gelegt“ erschließt sich dies nicht. Für das Jahr 2005 ist zudem die Abrechnungsfrist des §
556 III 5 BGB abgelaufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Absatz 2 ZPO
nicht vorlagen.
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