Urteil des LG Potsdam vom 05.07.2006

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Gericht:
LG Potsdam 5.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 T 448/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 850d ZPO, § 793 ZPO, § 567
ZPO, § 44b SGB 2, § 24 SGB 2
Arbeitsgemeinschaft als Leistungsträger und Drittschuldner,
Pfändung des Leistungsanspruchs
Tenor
Die Sache wird auf die Kammer übertragen. Die Kammer entscheidet.
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 05.07.2006 geht gegen den
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichtes Potsdam vom 31.05.2006,
wird kostenpflichtig zurückgewiesen:
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Der Beschwerdeführer beantragte am 28.04.2006 den Erlaß eines Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses, wobei dem Schuldner gemäß § 850 d ZPO ein pfandfreier
Betrag in Höhe von 331,00 Euro zu belassen sein sollte.
Zur Begründung führte er aus, dass nach den Regelsätzen in der Sozialhilfe dem
Schuldner ein Betrag in Höhe von 331,00 Euro pro Monat pfandfrei zu belassen sei.
Die darüber hinaus grundsätzlich auch zu berücksichtigenden Wohnkosten seien nicht
angefallen, da der Schuldner bei der Mutter lebe und demgemäß keine weiteren
Wohnkosten anfallen würden.
Mit Beschluss des Amtsgerichtes Potsdam vom 31.05.2006 ist ein Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss erlassen worden und gemäß § 85 d ZPO der pfandfreie Betrag
auf 600,00 Euro festgesetzt worden.
Gegen die Festsetzung des pfandfreien Betrages in Höhe von 600,00 Euro hat der
Beschwerdeführer sofortige Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den pfandfreien Betrag
in Höhe von 331,00 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner trägt vor, er zahle seiner Mutter, bei der er tatsächlich wohne,
Kostgeld. Darüber hinaus legt er den Bescheid der Mittelmärkischen
Arbeitsgemeinschaft zur Integration in Arbeit (MAIA) vom 30.06.2006 vor.
Aus diesem ergibt sich, dass der Beschwerdegegner als Leistung zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch einen Betrag in Höhe von
491,00 Euro für den Monat Juni 2006 und ab Juli 2006 ein solchen in Höhe von 505,00
Euro erhalte.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und den pfandfreien Betrag
des Schuldners gemäß § 850 d ZPO ab Juni 2006 auf 491,00 Euro und ab 1.07.2006 auf
505,00 Euro festgesetzt.
Im übrigen hat es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dem Landgericht
Potsdam zur weiteren Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Inhalts des Beschlusses wird auf den selbigen verwiesen.
Der Beschwerdeführervertreter vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Drittschuldner
zu 1.) nicht Leistungsträger hinsichtlich der Wohnkosten sei. Eine Pfändung dieses Teils
des Leistungsanspruchs des Schuldners sei von Anfang an nicht beabsichtigt gewesen.
Es sei zu beachten, dass soweit Wohn- und Unterkunftskosten im Rahmen des
notwendigen Unterhaltes gemäß § 850 d ZPO berücksichtigt werden sollen, diese
mangels Pfändung dem Schuldner ohnehin pfandfrei zur Verfügung stünden.
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Deshalb sei es unerheblich, in welchem Umfang der Schuldner Unterkunftskosten
geltend mache, da sie, soweit sie sozialhilferechtlich anerkannt seien und deshalb das
Einkommen des Schuldners prägten, nicht der Pfändung unterlägen und deshalb dem
Schuldner bereits ohne Einschränkung zur Verfügung stünden.
Auch hinsichtlich des Arbeitslosengeldes II sei der Drittschuldner zu 1.) Leistungsträger.
Die Tatsache, dass der Drittschuldner zu 1.) seine Verwaltungszuständigkeit an einen
anderen Träger abgegeben habe, ändere nichts an der Eigenschaft als Leistungsträger
hinsichtlich der gepfändeten Forderung.
Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Beschwerde und den Schriftsatz vom 27.06.2006
verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 793, 567 zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die mit Antrag vom 28.04.2006 begehrte Pfändung ist ins Leere gegangen.
Im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom
31.05.2006 mit Zustellung an den Drittschuldner, der Agentur für Arbeit in ..., bestand
keine Forderung des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner zu 1.).
Wie sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers als auch aus dem Bescheid der MAIA
vom 30.06.2006 ergibt, bezieht der Schuldner seit dem 1.06.2006 Arbeitslosengeld II.
Der Beschwerdeführer führt im Ausgangspunkt zu Recht aus, dass das Arbeitslosengeld
II neben dem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes einschließlich der angemessen Kosten für die Unterkunft und Heizung
entfasst.
Gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 ist die Bundesagentur für Arbeit nicht für die Leistungen
hinsichtlich der Unterkunft und der Heizung (§ 22 SGB II) zuständig.
Diese Leistungen tragen die kreisfreien Städte und Kreise gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 2 SGB
II. Ebenso richtig führt der Beschwerdeführer weiter aus, dass gemäß § 19 a Abs. 2 SGB I
die Agenturen für Arbeit nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende in
Anspruch genommen werden.
Dies geht allerdings dann nicht mehr, wenn eine Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 44
b SGB II errichtet wurde. Gemäß § 44 b Abs. 2 SGB II nimmt diese Arbeitsgemeinschaft
die Aufgaben der Agentur der Arbeit als Leistungsträger war.
Für den räumlichen Bereich des Landkreises ist eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b
SGB II durch öffentlichen Vertrag vom 21.12.2004 in der Fassung des
Änderungsvertrages vom 14.11.2005 gegründet worden.
Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, der Drittschuldner zu 1.) bleibe weiter
Leistungsträger, auch wenn er seine Verwaltungszuständigkeit an einen anderen Träger
abgegeben hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Wie § 44 b Abs. 3 SGB II
ausdrücklich erklärt, nimmt die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit
als Leistungsträger war.
Leistungsträger ist demgemäß die Arbeitsgemeinschaft.
Mit Rücksicht darauf, dass die Märkische Arbeitsgemeinschaft für Integration in Arbeit
beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 2 SGG ist (vgl. Landessozialgericht Berlin -
Brandenburg, 10. Senat, Aktenzeichen L 10 AS 88/06 vom 09.05.2006), ist sie auch als
Leistungsträger Drittschuldner des gepfändeten Anspruchs.
Im übrigen entspricht dies auch der Intention des § 44 b SGB II, der darauf abzielt, die
Aufgaben der Leistungsträger zu bündeln und die Arbeitsgemeinschaft dazu mit einer
umfassenden Wahrnehmungszuständigkeit/Durchführungsverantwortung auszustatten
(vgl. Landessozialgericht Berlin/Brandenburg am angegebenen Ort).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Sache war gemäß § 568 Ziffer 2 ZPO auf die Kammer zu übertragen.
32 Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO zuzulassen.
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