Urteil des LG Potsdam vom 13.03.2017

LG Potsdam: grundstück, räumung, eigentümer, herausgabe, rechtskraft, sicherheitsleistung, gebäude, mitbesitz, vergleich, grundbuch

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Gericht:
LG Potsdam 10.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 O 306/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 985 BGB, § 986 BGB, Art 233 §
2a Abs 1 S 3 BGBEG, § 82 Abs 3
SachenRBerG
Herausgabe- Räumungs- und Abrissanspruch: Anspruch eines
Grundstückserwerbers gegen Grundstücksbesitzer, die
Eigentümer einer auf dem Grundstück befindlichen Baracke sind
Tenor
1. Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, das Grundstück in G. Flur 1, Flurstück 151/2
(Gebäude und Gebäudenebenfläche), N. Straße 19, Größe 4.984 qm, eingetragen im
Grundbuch von G. Blatt ... bei dem Amtsgericht Rathenow an den Kläger
herauszugeben.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers hat der Kläger
50 % zu tragen. Die übrigen 50 % trägt der Beklagte zu 1., davon zu 40 % als
Gesamtschuldner mit der Beklagte, zu 2. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten
zu 3. hat der Kläger zu tragen. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen
Kosten selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; wegen der Kosten jedoch nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit über Herausgabe und Räumung eines
Grundstückes (einschließlich Abrisses einer Verwaltungs-/Bürobaracke).
Die Kammer hat mit Zwischenfeststellungsurteil vom 18. November 2004 festgestellt,
daß dem Beklagten zu 1. kein Anspruch (nach dem SachenRBerG) auf Ankauf oder
Bestellung eines Erbbaurechtes zusteht. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden. Das
Oberlandesgericht Brandenburg hat die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die zweite
Instanz versagt, da der Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beigemessen
wurde.
In einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vor dem Amtsgericht
Rathenow zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. mit umgekehrten Rubrum (4 C
398/04) haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Hierin wurde zwischen den
Parteien vereinbart, daß dem Beklagten zu 1. ein Nutzungsrecht am
streitgegenständlichen Grundstück zusteht. Ziffer VIII. des Vergleiches lautet:
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu 1. und 3. zu verurteilen, das Grundstück in G. Flur 1, Flurstück
151/2 (Gebäude und Gebäudenebenfläche), N. Straße 19, Größe 4.984 qm, eingetragen
im Grundbuch von G. Blatt ... bei dem Amtsgericht Rathenow, zu räumen
und den Beklagten zu 1. zu verurteilen, die auf dem Grundstück in G. Flur 1,
Flurstück 151/2, befindliche Verwaltungs-/Bürobaracke zu entfernen und das Grundstück
geräumt an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagten zu 1. und 3. beantragen,
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die Klage abzuweisen.
Im übrigen wird auf den Tatbestand des Teilurteils (Bl. 95) Bezug genommen.
Die ursprüngliche Beklagte zu 2. ist im Verlaufe des Rechtsstreites verstorben, worauf
die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt haben.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S. und R. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19. Januar 2006
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 1. richtet in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen und soweit sie sich gegen die Beklagte zu 3.
richtet nicht begründet. Hinsichtlich der Beklagten zu 2. haben die Parteien nach deren
Tod den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, so daß nur noch über die
Kosten zu entscheiden war.
Die Klage ist hinsichtlich des Herausgabeanspruches gegen den Beklagten zu 1. aus §
985 BGB begründet. Der Kläger ist Eigentümer und der Beklagte zu 1. Besitzer des
streitgegenständlichen Grundstückes. Dem Beklagten steht kein Recht zum Besitz im
Sinne des § 986 BGB zu.
Ein Besitzrecht folgt nicht aus einer Anspruchsberechtigung nach dem SachenRBerG.
Die Kammer hat bereits durch Teilurteil vom 18. November 2004 rechtskräftig
entschieden, daß dem Beklagten weder ein Anspruch auf Ankauf noch auf die Bestellung
eines Erbbaurechtes zusteht. Dieses Urteil ist rechtskräftig.
Ein Recht zum Besitz folgte zwar ursprünglich aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht
Rathenow zum Az.: 4 C 398/04, dies jedoch nur bis zum „Abschluß des vorliegenden
Rechtsstreites und/oder des vom Verfügungskläger eingeleiteten notariellen
Vermittlungsverfahrens bzw Zuordnungsverfahrens“. Dieses Besitzrecht ist indes
spätestens mit der Rechtskraft des Teilurteiles erloschen. Dieses Teilurteil entspricht
dem Abschluß des notariellen Vermittlungsverfahrens. Erkennbar wollten der Kläger und
der Beklagte zu 1. ein Besitzrecht übergangsweise bis zu Klärung der
Anspruchsberechtigung des Beklagten zu 1. begründen. Diese Klärung ist mit der
Rechtskraft des Teilurteils eingetreten.
Auch folgt ein Recht zum Besitz nicht aus dem, dem Beklagten zu 1. zustehenden
selbständigen Gebäudeeigentum. Dieses selbst gewährt kein Besitzrecht an dem das
Gebäude tragenden Grundstück. Ein Besitzrecht gab nur das frühere Besitzmoratorium
nach Art 233 § 2a Abs 1 S 3 EGBGB das bis zur Bereinigung der Rechtsverhältnisse
bestand (vgl. KG ZOV 2002, 33). Die Bereinigung der Rechtsverhältnisse zwischen dem
Beklagten zu 1. und dem Kläger trat bereits mit der Rechtskraft des Teilurteils ein, so
daß kein weitergehendes Besitzrecht besteht.
Ein Anspruch über die Herausgabe hinaus auf Räumung und Entfernung der Baracke
besteht dagegen nicht. Ein Rechtsgrund für einen solchen Anspruch ist nicht ersichtlich.
§ 985 gibt nur einen Anspruch auf Herausgabe im Sinne einer bloßen „Auskehrung“.
Dies ist weniger als eine Räumung (Medicus in MüKo BGB, 4. Aufl., § 985 Rn. 20).
Gleichfalls besteht ein Anspruch auf Beseitigung des Gebäudes nicht. § 82 Abs. 3
SachenRBerG gibt keinen Beseitigungsanspruch - unabhängig von der Frage, ob dessen
Voraussetzungen überhaupt vorliegen. § 82 Abs. 3 SachenRBerG sieht lediglich vor, daß
dem Nutzer Gelegenheit zum Abriß gegeben werden soll, gibt jedoch dem Eigentümer
keinen Anspruch auf Abriß.
Der Kläger erwarb das streitgegenständliche Grundstück im
Zwangsversteigerungsverfahren, wobei das selbständige Gebäudeeigentum bestehen
blieb. Da dieses bei der Feststellung des geringsten Gebotes wertmindernd
berücksichtigt wurde, wäre es widersprüchlich, wenn der Kläger nunmehr die Beseitigung
des fremden Eigentums verlangen könnte. Er hat seinen Ausgleich für dieses fremde
Recht in der Zwangsversteigerung dadurch erhalten, daß dies in die Wertbemessung des
geringsten Gebotes eingeflossen ist.
Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 3. richtet, nicht begründet. Die
Beklagte hat bestritten, Mitbesitzerin des streitgegenständlichen Grundstückes zu sein.
Der Kläger vermochte den durch ihn behaupteten Mitbesitz nicht zu beweisen. Die
Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen
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Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen
Sicherheit überzeugt, daß auch die Beklagte zu 3. den Besitz ausübt. Zwar hat die
Zeugin S. in Weise bekundet, sie nehme regelmäßig wahr, daß das Fahrzeug der
Beklagten zu 3. auf oder in unmittelbarer Nähe zum Grundstück parkt und die Beklagte
zu 3. dort übernachtet. Indes hat die Zeugin R. ausgesagt, die Beklagte zu 3., ihre
Tochter, wohne noch zu Hause, wo sie zwei Zimmer habe und sich auch an den
Nebenkosten finanziell beteilige; sie übernachte nur gelegentlich auf dem
streitgegenständlichen Grundstück, wenn sie am nächsten Tag den Hund des Beklagten
zu 3. als Therapiehund einsetzen wolle. Das Gericht kann den Worten der Zeugin zwar
nicht in allen Punkten den gleichen Glauben schenken, wie sie es offensichtlich selbst tut.
Dennoch vermag die Kammer vor dem Hintergrund der Beweisaufnahme nicht zur
Überzeugung zu gelangen, daß die Beklagte zu 3. tatsächlichen Mitbesitz im Sinne einer
Sachherrschaft am Grundstück ausübt. Vielmehr erscheint es gleichermaßen möglich,
daß die Beklagte zu 3. nur regelmäßige Besucherin ohne eigenen Besitzwillen ist. Ob
diese Besuche nun vorrangig oder nur vordergründig dem Hunde gewidmet sind,
vermag vor dem Hintergrund des Rechtsstreites dahinzustehen.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Beklagten zu 2. in der
Hauptsache für erledigt erklärt haben, war insoweit gemäß § 91a ZPO nur noch über die
Kosten zu entscheiden. Dabei war die Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des
bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen. Hiernach hat die
Beklagte zu 2. die Kosten zu tragen, da sie ohne Erledigung des Rechtsstreites
unterlegen gewesen wäre. Die Beklagte zu 2. war unstreitig Mitbesitzerin des
Grundstückes und hatte ein eigenes Zimmer bewohnt. Der Herausgabeanspruch wäre
aus den gleichen Gründen wie gegen den Beklagten zu 1. begründet gewesen.
Die Kostenentscheidung folgt dem Verhältnis wechselseitigen Obsiegens und
Unterliegens (§ 92 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt
aus § 709 ZPO. Soweit die Kostentragung aus § 91a ZPO folgt, ist sie ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Insoweit wäre durch Beschluß zu entscheiden
gewesen, wenn es sich nicht um eine Teilerledigung handeln würde. Ein solcher Beschluß
wäre ebenfalls ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
Daß vorliegend die Entscheidung in Urteilsform ergeht, kann nicht dazu führen, daß eine
Sicherheit geleistet werden müßte.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 30.000,- €. Auf den Herausgabeanspruch entfallen
25.000,- €. Die entspricht dem Grundstückswert bei einem Bodenrichtwert von 5,- €/m
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. Auf den Räumungsantrag entfallen 5.000,- € als geschätzte Kosten der Beräumung.
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