Urteil des LG Paderborn vom 05.08.2008

LG Paderborn: abrechnung, geschäftsführer, generalunternehmervertrag, firma, handelsregister, rückzahlung, aufrechnung, anweisung, komplementär, werklohn

Landgericht Paderborn, 7 O 29/08
Datum:
05.08.2008
Gericht:
Landgericht Paderborn
Spruchkörper:
2. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 O 29/08
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 201.142,34 € (i.W.:
zweihunderteintausendeinhundertzweiundvierzig 34/100 Euro) nebst 5
Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz
aus 23.598,40 € seit dem 15.10.2007,
aus 15.937,31 € seit dem 15.11.2007,
aus 36.620,77 € seit dem 15.12.2007,
aus 51.033,23 € seit dem 17.01.2008
und aus 73.952,63 € seit dem 20.02.2008
abzüglich per 18.01.2008 aufgerechneter 3.280,85 € und per 04.06.2008
auf die Hauptforderung gezahlter 3.628,45 €
zu zahlen.
Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 01.03. gegründet. In § 5 dieses
Vertrages heißt es unter anderem wie folgt:
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1. die Geschäftsführung und Vertretung obliegt allein der persönlich haftenden
Gesellschafterin, der Firma ... GmbH mit Sitz in ....
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Gesellschafterin, der Firma ... GmbH mit Sitz in ....
2. Die persönlich haftende Gesellschafterin bedarf der vorherigen Zustimmung der
Gesellschafterversammlung für folgende Rechtsgeschäfte und
Rechtshandlungen,...
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k) Einleitung von Rechtsstreitigkeiten, falls sie von grundsätzlicher Bedeutung
für die Gesellschaft sind.
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Die alleinigen Gesellschafter der ... GmbH der Klägerin sind ... und ..., das heißt der
Geschäftsführer der Beklagten. Bis zum 11.07.2008 waren die genannten Personen
auch als alleinige Geschäftsführer der
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... GmbH im Handelsregister eingetragen. An diesem Tage wurde im Handelsregister
vermerkt, dass ... nicht mehr Geschäftsführer der ... GmbH sei.
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Zur sonstigen Beteiligung an der Klägerin ist zu erwähnen, dass ... und ... die alleinigen
Kommanditisten der Klägerin sind.
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Die Klägerin betreibt in der Gemeinde ... 2 Windkraftanlagen, zu deren Errichtung unter
dem 01.11./06.12.2003 mit der Beklagten ein Generalunternehmervertrag
abgeschlossen wurde.
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Das Projekt wurde von der ...finanziert. Auf Grund dieser Finanzierung trat die Klägerin
durch Globalabtretung vom 07./30.06.2004 ihren Anspruch auf Zahlung von
Einspeisevergütungen gegen die Firma ... GmbH an die ... ab.
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In der Folgezeit wurden die Einspeisevergütungen von der ... auf das Konto der Klägerin
bei der ...überwiesen.
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Seit Ende gibt es einen erheblichen Streit über wechselseitige Forderungen in den
Gesellschaften, an denen ... und ... beteiligt sind. Diese Streitigkeiten nahm ... zum
Anlass, die ... GmbH unter dem 27.08.2007 auf einem Kopfbogen der Klägerin wie folgt
anzuschreiben:
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Änderung der Bankverbindung
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Kundennummer: ...
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Sehr geehrte Damen und Herren,
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wir möchten Sie bitten, zukünftig die monatlichen Stromerlöse auf das nachfolgend
genannte Bankkonto zu erstatten:
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Konto: ...
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BLZ: ...
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... Paderborn.
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Bei dem angegebenen Konto handelt es sich um ein Geschäftskonto der Beklagten.
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In den Monaten September 2007 bis Januar 2008 überwies die ... GmbH sodann
zumindest Einspeiseerlöse in Höhe von 201.142,34 € gem. folgenden Abrechnungen
auf das Konto der Beklagten:
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Abrechnung ... v. 2.10.2007
12.127,39 €
Abrechnung ... v. 2.10.2007
11.471,01 €
Abrechnung ... v. 5.11.2007
7.903,09 €
Abrechnung ... v. 5.11.2007
8.034,22 €
Abrechnung ... v. 4.12.2007
18.094,99 €
Abrechnung ... v. 4.12.2007
18.525,78 €
Abrechnung ... v. 7.1.2008
25.746,92 €
Abrechnung ... v. 7.1.2008
25.286,31 €
Abrechnung ... v. 12.2.2008
37.356,45 €
Abrechnung ... v. 12.2.2008
36.596,18 €
201.142,34 €
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Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung der von
der Beklagten vereinnahmten 201.142,34 € in Anspruch. Die Klägerin ist der Ansicht,
dass die Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet sei, da ... die Einspeisevergütungen
nicht habe umleiten dürfen. Das sei der Beklagten auch zuzurechnen, da es sich bei ...
um ihren Gesellschafter - Geschäftsführer handele.
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Des weiteren behauptet die Klägerin, dass keine Zahlungsrückstände aus dem
Generalunternehmervertrag bestünden. Die nach Maßgabe der HOAI von der Beklagten
erstellten Rechnungen müssten schon deshalb ins Leere gehen, da Planungsleistungen
von dem GU- Vertrag erfasst gewesen seien. Von den zur Aufrechnung gestellten
Gegenforderungen seien allerdings die Darlehensforderung in Höhe von 3.280,085 €
per 18.01.2008 berechtigt. Hinsichtlich dieser Forderung hat die Klägerin zu Ende der
Kammersitzung die Aufrechnung erklärt.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 201.142,34 € nebst 8 Prozentpunkte Zinsen über
dem Basiszinssatz aus 23.598,40 € seit dem 15.10.2007, aus 15.937,31 € seit dem
15.11.2007, aus 36.620,77 € seit dem 15.12.2007, aus 51.033,23 € seit dem
15.01.2008 und aus 73.952,63 € seit dem 15.02.2008
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abzüglich per 18.01.2008 aufgerechneter 3.280,85 € Darlehensforderung und per
04.06.2008 gezahlter 3.628,45 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass er zur Erhebung der vorliegenden Klage nach dem
KG-Vertrag der Klägerin eines Gesellschafterbeschlusses bedurft hätte.
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Die Anweisung ihres Geschäftsführers an die ... zur Änderung des Auszahlverfahrens
sei auch zu Recht erfolgt. Bei dieser Anweisung habe es sich lediglich um eine
Reaktion darauf gehandelt, dass der Geschäftsführer ... der Klägerin den Ausgleich der
Verbindlichkeiten der Klägerin bei der Beklagten verhindert habe.
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Neben der im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gewordenen Darlehensforderung in
Höhe von 3.280,85 € - insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in
der Hauptsache für erledigt erklärt, seien weitere Forderungen zur Zahlung offen.
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Aus dem Generalunternehmervertrag müssten noch 14.777,44 € gezahlt werden.
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Letztlich sei die Klägerin dann noch verpflichtet, für Architekten- und
Ingenieurleistungen nach Maßgabe der HOAI an sie 201.641,76 € zu zahlen.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze
verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon im Ausgangspunkt
unzulässig, besser unbegründet, da vor ihrer Erhebung kein förmlicher
Gesellschafterbeschluss gem. den Gesellschaftsverträgen gefasst worden ist. Auf diese
Förmlichkeit konnte im vorliegenden Fall verzichtet werden, da an der Klägerin und ihrer
Komplementär GmbH nur ... und ... beteiligt sind. Da Dritte an der Entscheidungsfindung
nicht hätten beteiligt werden müssen, erscheint es als entbehrlich, dass keine
Gesellschafterversammlung durchgeführt worden ist, bei der die mutmaßliche Stimme
von ... mit Nein zum Prozess auf Grund der Interessenkollision keine Rolle gespielt
hätte.
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Die Klage ist zur Hauptforderung auch uneingeschränkt begründet. Die Klägerin ist
schon nach dem Sachvortrag der Parteien, soweit er übereinstimmt, berechtigt, von der
Beklagten gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 Abs. 1 StGB Rückzahlung der von ihr unstreitig
zumindest eingenommenen 201.142,34 € zu verlangen.
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Der Geschäftsführer der Beklagten war im maßgelblichen Zeitpunkt zwar noch als
einzelvertretungsberechtigter, von der Beschränkung des § 181 BGB befreiter
Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Klägerin in das Handelsregister
eingetragen. Trotz dieser Einzelgeschäftsführungsbefugnis war ... jedoch nicht völlig frei
in Schalten und Walten. Er hatte zu berücksichtigen, dass seinem Mitgeschäftsführer ...
das Recht zustand, einzelnen Maßnahmen der Geschäftsführung zu widersprechen. Vor
Maßnahmen von größerer Bedeutung insbesondere bei Maßnahmen wie hier, bei
denen er mit der Ablehnung durch seinen Geschäftsführer rechnen musste, hatte durch
... die Berichterstattung vor der Verwirklichung zu erfolgen (vgl. Scholz, Kommentar zum
GmbHG, 9. Auflage, § 37 GmbHG Randnr. 26).
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Diese Pflichtverletzung von ... ist nach Auffassung der Kammer als Untreue im Sinne
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von § 266 StGB zu qualifizieren. Statt den normalen Weg zu wählen, das heißt notfalls
für die Beklagte Zahlungsklage zu erheben, hat ... die ihm eingeräumte Befugnis als
Vertreter der Klägerin missbraucht und so vorsätzlich deren Vermögen zumindest
gefährdet.
Da die Einspeisevergütungen an die ... ...abgetreten waren, war der Fortbestand des
abgesicherten Kredits in Frage gestellt. Das lässt sich nicht abtun mit der Behauptung
der Beklagten, bei den diesbezüglichen Schreiben der ... ...handele es sich um
Gefälligkeitstestate.
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Dazu kommt, dass ... Zahlungen veranlasst hat auf Forderungen, deren Berechtigung
schon auf 1. Sicht als zweifelhaft erscheinen muss. So gibt der vorgelegte
Generalunternehmervertrag nichts her für die Behauptung der Beklagten, dass neben
dem Werklohn aus dem GU-Vertrag noch Planungshonorar nach Maßgabe der HOAI zu
zahlen ist. Immerhin heißt es in der Präambel des Vertrages wie folgt:
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Der Auftragnehmer entwickelt zur Zeit ein Windparkprojekt in der Gemeinde ... im
Bundesland NRW. Der Auftraggeber beabsichtigt mit diesem
Generalunternehmervertrag vom Auftragnehmer ein Windparkprojekt nebst WKA
und anderer erforderlicher Leistungen zu erwerben und den Auftragnehmer mit der
schlüsselfertigen Errichtung des Windparks zu beauftragen bzw. die Projektrechte
vom Auftragnehmer zu erwerben.
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Hier ist nicht davon die Rede, dass bereits erbrachte Planungsleistungen vom
Generalunternehmervertrag ausgenommen sein sollten.
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Auch dem Leistungskatalog in der Anlage A des Vertrages kann unter Ziffer 16 und 18
nur entnommen werden, dass die Projektleitung, Ingenieurleistungen und die
Bauüberwachung komplett der Auftragnehmerseite, das heißt der Beklagten, obliegen
sollen.
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Hätte die Klägerin neben dem Werklohn nach Maßgabe des
Generalunternehmervertrages noch ein Honorar nach Maßgabe der HOAI geschuldet,
hätte es im übrigen nahe gelegen, diese Forderungen unverzüglich nach Fertigstellung
der Anlage im Jahr 2004 oder 2005 geltend zu machen. Das ist nicht geschehen. Erst
März 2008 sind Rechnungen erteilt worden. Der Geschäftsführer der Beklagten hat
damit Zahlungen veranlasst auf Forderungen, die gem. § 8 Abs. 1 HOAI nicht einmal
fällig sein konnten.
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Ob ... für die Beklagte die Absicht hatte, evtl. Überzahlungen zu erstatten, ist für die
Entscheidung hier unerheblich. Die Vermögenssituation der Klägerin war nämlich schon
gefährdet, sobald die Einspeisevergütungen von der Firma ... gezahlt, aber nicht in ihren
unmittelbaren Einflussbereich gelangt waren.
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Für den vorliegenden Rechtsstreit ist deshalb ohne Belang, ob und in welcher Höhe der
Beklagten insgesamt noch strittige Zahlungsansprüche gegen die Klägerin zustehen, da
der Anspruch der Klägerin aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung
folgt. Das bedeutet, dass das Aufrechnungsverbot gem. § 393 BGB zur Anwendung
gelangt. Auch Zurückbehaltungsrechte scheiden von Vornherein aus.
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Von der ursprünglichen Gesamtforderung der Klägerin war daher nur die Zahlung der
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Beklagten nach Rechtshängigkeit abzusetzen. Weiterhin war abzusetzen die unstrittig
gewordene Darlehensforderung, nachdem die vom Aufrechnungsverbot nicht tangierte
Klägerin insoweit selbst die Aufrechnung erklärt hat.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 286, 288, 819 BGB, 92, 708 ff. ZPO.
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Die Zinsforderung war der Höhe nach auf 5 Prozentpunkte Zinsen über dem
Basiszinssatz zu kürzen, da hier gegenüber der Beklagten keine Entgeldforderungen
zur Debatte stehen.
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Des weiteren war eine geringfügige Korrektur des Zinsbeginns geboten, soweit die
Abrechnung der Firma ... vom 07. bzw. 12. eines Monats datieren.
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...
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