Urteil des LG Münster vom 23.09.2009

LG Münster (kläger, höhe, zpo, zahlung, verzinsung, gerichtskosten, betrag, anrechnung, erlass, beschwerdeschrift)

Landgericht Münster, 5 T 473/09
Datum:
23.09.2009
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 473/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Münster, 8 C 1043/08
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der aufgrund des Urteils des Landgerichts N vom 15.01.2009 von den
Beklagten gesamtschuldnerisch an die Kläger zu erstattende Betrag
wird auf 1.212,11 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 30.06.2008
festgesetzt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beklagten als
Gesamtschuldnern auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Wert für das Beschwerdeverfahren: 251,01 Euro
G r ü n d e:
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Mit Urteil des Amtsgerichts N vom 29.05.2008 wurden die Beklagten verurteilt, als
Gesamtschuldner an die Kläger 5.145,84 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die
weitergehende Klage auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von
667,35 Euro wurde mangels Verzuges abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits
wurden den Klägern zu 12 % und den Beklagten zu 88 % auferlegt.
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Im Berufungsverfahren erklärten die Parteien des Rechtsstreit zum überwiegenden Teil
übereinstimmend für erledigt. Mit Urteil des Landgerichts N vom 15.01.2009 wurde das
Urteil des Amtsgerichts abgeändert. Die Beklagten blieben verurteilt, als
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Gesamtschuldner an die Kläger 96,64 Euro zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage
abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Die Kosten der ersten
Instanz wurden den Klägern zu 12 % und den Beklagten zu 88 % jeweils als Ge-
samtschuldnern auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden den Beklagten
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als Gesamtschuldnern auferlegt.
Bereits nach Abschluss der ersten Instanz hatten die Kläger mit Schriftsatz vom
29.05.2008 einen Kostenfestsetzungsantrag eingereicht, den sie mit Schriftsatz vom
26.06.2008, beim Amtsgericht eingegangen am 30.06.2008, zurückgenommen haben.
Mit dem zugleich gestellten neuen Antrag machten sie folgende Kosten nach einem
Streitwert von 5.153,76 Euro zuzüglich Gerichtskosten (408,00 Euro) geltend:
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1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV, § 13 RVG 439,40 €
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Erhöhung gem. Nr. 1008 VV, § 7 RVG 101,40 €
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1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV, § 13 RVG 405,60 €
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Zwischensumme 946,40 €
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19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV 179,82 €
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Endsumme 1.126,22 €
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Die Beklagtenseite wies in ihrer Stellungnahme zu dem Kostenfestsetzungsantrag
darauf hin, dass der Klägervertreter bereits vorgerichtlich für die Beklagten tätig
gewesen sei, weshalb eine Anrechnung gem. Vorbemerkung 3 VV RVG erfolgen
müsse. Unter dem 16.03.2009, beim Amtsgericht eingegangen am 17.03.2009, haben
die Beklagten ihrerseits einen Betrag von 1.150,02 Euro nebst Zinsen zur
Kostenausgleichung angemeldet.
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Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss I vom 17.04.2009 hat das
Amtsgericht die von den Beklagten als Gesamtschuldner an die Kläger zu erstattenden
Betrag auf 982,04 Euro nebst Zinsen seit dem 15.01.2009 inklusive 359,04 Euro
Gerichtskosten festgesetzt. Zur Begründung der Kürzung hat das Amtsgericht
ausgeführt, der Klägervertreter sei bereits vorgerichtlich tätig gewesen, weshalb eine
0,65 Geschäftsgebühr in Höhe von 219,70 Euro anzurechnen sei, ebenso sei die
dementsprechende Mehrwertsteuer zu kürzen.
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Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer "Erinnerung" vom 14.05.2009. Die
Klägervertreter seien vorgerichtlich nicht tätig gewesen. Die Beklagten seien nur mit
Schreiben vom 24.10.2007 aufgefordert worden, die Betriebs- und
Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2004 und 2005 vorzulegen, eine Aufforderung
zur Zahlung in Höhe von 5.145,84 Euro sei nicht erfolgt. Der Anspruch auf Zahlung
vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 667,35 Euro sei vom Amtsgericht zurückgewiesen
worden. Der Kostenfestsetzungsantrag der Kläger werde dahingehend korrigiert, dass
zusätzlich die Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV in Höhe von 20 Euro zuzüglich
Umsatzsteuer geltend gemacht werde. Der Kostenfestsetzungsantrag datiere vom
29.05.2008. Die Verzinsung habe ab Eingangsdatum und nicht ab dem 15.01.2009 zu
erfolgen.
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Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und ergänzend ausgeführt, die
Verzinsung beginne frühestens mit dem Erlass des Urteils des Landgerichts, das dem
Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde liege.
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Die "Erinnerung" ist als sofortige Beschwerde gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO
auszulegen. Sie ist zulässig und überwiegend begründet.
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Eine Kürzung der Verfahrensgebühr um vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kommt
seit dem Inkrafttreten des neuen § 15a RVG am 05.08.2009 nicht mehr in Betracht.
Danach kann der Rechtsanwalt auch im Fall einer Anrechnung immer die eine oder
andere Gebühr in voller Höhe fordern. Der Ausnahmefall des § 15a Abs. 2 RVG,
nämlich Zahlung oder Titulierung der anzurechnenden Gebühr, liegt im vorliegenden
Fall gerade nicht vor. Das Amtsgericht hat die Klage wegen der vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Im Übrigen schließt sich die Kammer dem
Beschluss des OLG Stuttgart vom 11.08.2009 in dem Verfahren 8 W 339/09 an (zitiert
nach Juris). Danach enthält die Gesetzesänderung keine Neuregelung, sondern nur
eine Klarstellung, weshalb sie auch auf noch nicht abschließend entschiedene "Altfälle"
anzuwenden ist.
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Die Verzinsung des zu erstattenden Betrages können die Kläger ab Antragstellung
verlangen. Da der Antrag vom 29.05.2008 ausdrücklich zurückgenommen wurde, kommt
es insoweit auf den Eingang des Antrages vom 26.06.2008 beim Amtsgericht an,
nämlich ausweislich des Eingangsstempels am 30.06.2008. Zwar entsteht der
Verzinsungsanspruch tatsächlich erst mit Erlass eines vollstreckbaren Titels (KG
Beschluss vom 02.02.1967, Az. 1 W 3122/66, NJW 1967, Seite 1569). Im vorliegenden
Fall wurde die maßgebliche Kostenentscheidung aber nicht erst vom Landgericht,
sondern bereits mit dem am 29.05.2008 verkündeten Urteil des Amtsgerichts getroffen.
Diese Kostenentscheidung hat das Landgericht bestätigt. Selbst wenn das Landgericht
die Kostenentscheidung abgeändert hätte, wäre ab Antragstellung zu verzinsen in Höhe
des bestätigten Erstattungsanspruchs (BGH Beschluss vom 20.12.2005, Az. X ZB 7/05,
NJW 2006, Seite 1140).
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Soweit die Kläger erstmals im Beschwerdeverfahren die Auslagenpauschale gem. Nr.
7002 VV geltend machen, so hat hierüber zunächst das Amtsgericht zu entscheiden.
Die Kläger müssen Nachfestsetzung des Betrages beantragen (vgl. OLG Bamberg
Beschluss vom 20.12.1982, Az. 2 WF 181/82, JurBüro 1983, Seite 129).
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Insgesamt ist der Kostenfestsetzungsantrag vom 26.06.2008 also in vollem Umfang
begründet, Rechenfehler liegen nicht vor. Damit ergibt sich folgende Berechnung:
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Gerichtskosten, eingezahlt von den Klägern: 408,00 Euro
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Erstattungsanspruch gegen die Beklagten (88 %): 359,04 Euro
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Außergerichtliche Kosten der Kläger: 1.126,22 Euro
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Auszugleichende Kosten der Beklagtenseite: 1.150,02 Euro
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Ausgleichsfähige Kosten insgesamt: 2.276,24 Euro
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Hiervon tragen die Kläger 12 %: 273,15 Euro
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Abzüglich der eigenen Kosten der Kläger: 1.126,22 Euro
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Erstattungsanspruch der Kläger gegen die Beklagten: 853,07 Euro
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Erstattungsanspruch der Kläger insgesamt: 1.212,11 Euro
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO zugelassen, da die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diese ist gem. § 575 ZPO binnen einer
Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer
Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzulegen. Sie
muss enthalten die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde
gerichtet wird und die Erklärung, dass gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde
eingelegt werde. Die Beschwerdeschrift muss von einem bei dem Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein, § 78 I S. 3 ZPO.
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