Urteil des LG Münster vom 12.09.2008

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Landgericht Münster, 023 O 155/08
Datum:
12.09.2008
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
3. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
023 O 155/08
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall schuldhafter
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu
Dauer von 6 Monaten, zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd
a)
im Internet oder sonst werblich die Bezeichnung
„Kompetenzzentrum Kältetechnik N“
zu verwenden;
b)
in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung wie im Internet
auf der Internetseite www.###.########.de im Impressum mit
„Gemeinnützige Stiftung“ zu werben, sofern eine solche bei der
zuständigen Behörde nicht anerkannt und eingetragen ist;
2.
an den Kläger 208,65 € zuzüglich Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
25.08.2008 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 €
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Der Beklagte betreibt in N eine Ausbildungsstätte für Kältetechnik. Im Internet und im
sonstigen Geschäftsverkehr verwendete er für die Ausbildungsstätte den Namen
"Kompetenzzentrum Kältetechnik N" und trat zugleich als "gemeinnützige Stiftung
Kompetenzzentrum Kältetechnik N" auf. Der Kläger forderte den Beklagten mit
Schreiben vom 24.04.2008 auf, bis zum 05.05.2008 eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abzugeben, mit der er sich verpflichtet, es zu unterlassen, im
Wettbewerb handelnd, im Internet oder sonst werblich die Bezeichnung
"Kompetenzzentrum Kältetechnik N" zu verwenden. Mit Schreiben vom 14.07.2008
verlangte der Kläger zudem vom Beklagten, nicht mehr mit dem Begriff "gemeinnützige
Stiftung" zu werben, und setzte ihm zur Abgabe der um diesen Punkt erweiterten
strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Frist bis zum 21.07.2008.
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Der Beklagte ist Kälteanlagenbauermeister und staatlich geprüfter Kältetechniker. Er
war von August 1990 bis März 2008 an der Handwerkskammer N als Fachbereichsleiter
Kältetechnik beschäftigt und leitete dort unter anderem die Meisterschule für
Kälteanlagenbauer. Die neu eingerichtete Ausbildungsstätte besteht aus einer
Lagerhalle, in der sich unter anderem ein 54 m2 großer Unterrichtsraum und ein 170 m2
großer Werkstattbereich befindet. In der Ausbildungsstätte stehen Maschinen im Wert
von über 300.000,00 €. Verschiedene Fachunternehmen haben Ausbildungsmaterialien
und Ausbildungsleihgaben zur Verfügung gestellt. Der Beklagte genießt einen guten
Ruf in der Region und arbeitet mit vielen Firmen der Kältetechnikbranche zusammen.
Das Unternehmen des Beklagten ist vermutlich die einzige gewerbliche Aus- und
Fortbildungseinrichtung dieser Art im Münsterland. In N bietet vor allem die
Handwerkskammer weiterhin Aus- und Fortbildungen in diesem Bereich an. Für die
Ausbildungsstätte wurde eine unselbständige Stiftung eingerichtet, deren
Stiftungsvermögen von einem Treuhänder verwaltet wird und deren Zweck vom
Finanzamt D als gemeinnützig anerkannt ist.
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Der Kläger ist der Ansicht, mit dem Begriff "Zentrum" und der Verwendung des
Städtenamens "N" nehme der Beklagte für sich eine Größe und Bedeutung in Anspruch,
die in Wahrheit nicht bestehe. Die Bezeichnung als "gemeinnützige Stiftung" sei
ebenfalls irreführend im Sinne der §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG.
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Der Kläger beantragt daher,
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den Beklagten zu verurteilen,
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1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall schuldhafter
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Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00
€, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zur Dauer von 6
Monaten, zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd
a) im Internet oder sonst werblich die Bezeichnung "Kompetenzzentrum
Kältetechnik N" zu verwenden;
8
b) in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung wie im Internet auf der
Internetseite www.###.#######.de im Impressum mit "Gemeinnützige Stiftung" zu
werben, sofern eine solche bei der zuständigen Behörde nicht anerkannt und
eingetragen ist;
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2. an ihn 208,65 € zuzüglich Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.08.2008 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte meint, seine langjährige Erfahrung im Bereich der Kältetechnik und die
gute Ausstattung der Ausbildungsstätte rechtfertigten die Bezeichnung als
"gemeinnützige Stiftung Kompetenzzentrum Kältetechnik N".
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Die mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind nach
§§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2., 3, 5 UWG begründet.
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Der Kläger ist als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gemäß § 8 Abs. 3 Nr.
2 UWG aktivlegitimiert. Die vom Kläger beanstandeten Aussagen des Beklagten sind
als irreführende Werbung im Sinne der §§ 3, 5 UWG einzustufen.
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Die Bezeichnung der Ausbildungsstätte als "Kompetenzzentrum Kältetechnik N ist eine
irreführende Unternehmensbezeichnung und damit eine Irreführung über die
geschäftlichen Verhältnisse im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG. Der Begriff
"Zentrum" weist auf eine besondere Größe und Bedeutung des Unternehmens hin.
Auch wenn sich der Gebrauch des Wortes Zentrum mit der Zeit gewandelt haben mag,
versteht der Verkehr darunter weiterhin eine Einrichtung, in der mehrere Angebote zu
einem Unternehmen zusammengefasst sind, das über den Durchschnitt gleichartiger
Unternehmen hinausragt (vgl. OLG Koblenz WRP 1990, 125;
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. 2008, § 5 UWG Rn. 5.44 ff.).
Gegen die Zulässigkeit der Bezeichnung "Zentrum" spricht daher schon die Tatsache,
dass die Ausbildungsstätte im Wesentlichen vom Beklagten betrieben wird und nicht
verschiedenartige Ausbildungsangebote unterschiedlicher Kältetechniker
zusammenführt. Vor allem macht die Bezeichnung als "Kompetenzzentrum Kältetechnik
N" nicht hinreichend deutlich, dass es sich nur um einen Aus- und Fortbildungsbetrieb
handelt. Der Beklagte erweckt den Eindruck, es handele sich um ein Unternehmen, das
in der Region N eine bedeutende Anlaufstelle für den gesamten Bereich der
Kältetechnik sei. Diese besondere Bedeutung kommt der Ausbildungsstätte des
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Beklagten nicht zu. Der Beklagte ist zwar ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet
der Kältetechnik. Schon im Ausbildungsbereich ist die Handwerkskammer N aber ein
etwa gleichwertiger Anbieter. In keinem Fall kann der Betrieb des Beklagten als die
zentrale Einrichtung der gesamten Kältetechnikbranche der Region N angesehen
werden. Die wettbewerbliche Relevanz der beanstandeten Aussage ergibt sich daraus,
dass sich potentielle Kunden möglicherweise auch deshalb entschließen, eine Aus-
oder Fortbildung beim Beklagten zu absolvieren, weil sie die Größe und Bedeutung der
Ausbildungsstätte überschätzen.
Der Zusatz "gemeinnützige Stiftung" ist ebenfalls als irreführende
Unternehmensbezeichnung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG anzusehen.
Zwar ist das Unternehmen tatsächlich als unselbständige Stiftung organisiert, deren
Zweck vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist. Eine Aussage ist aber schon
dann irreführend im Sinne der §§ 3, 5 UWG, wenn sie geeignet ist, bei einem
erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise falsche Vorstellungen
hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter
Weise zu beeinflussen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. 2008,
§ 5 UWG Rn. 2.169). Mit dem Begriff "gemeinnützige Stiftung" verbindet der Verkehr
häufig nicht nur ein zweckgebundenes Stiftungsvermögen, sondern auch eine der
staatlichen Stiftungsaufsicht unterliegende selbständige Organisationsstruktur, die eine
erhöhte Gewähr für die Ausrichtung auf den gemeinnützigen Stiftungszweck bietet. Die
schlichte Bezeichnung als "gemeinnützige Stiftung" ohne Hinweis darauf, dass es sich
um eine sogenannte unselbständige Stiftung handelt, kann potentielle Kunden dazu
veranlassen, sich auch deshalb an den Beklagten zu wenden, weil sie glauben, dass
hinter der Ausbildungsstätte eine bei der zuständigen Behörde anerkannte und
eingetragene Stiftung steht.
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Aufgrund des bereits erfolgten Wettbewerbsverstoßes wird die nach § 8 Abs. 1 UWG
erforderliche Wiederholungsgefahr vermutet (Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. 2008, § 8 UWG Rn. 1.33). Nur eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung kann die Gefahr erneuter gleichartiger Wettbewerbsverstöße
ausräumen (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046; Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
Wettbewerbsrecht, 26. Aufl. 2008, § 8 UWG Rn. 1.34).
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Der Klageantrag zu 2) ist ebenfalls begründet. Der Anspruch auf Zahlung der
Abmahnkosten in Höhe von 208,65 € ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Höhe
ist unstreitig.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
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