Urteil des LG Münster vom 18.09.2006

LG Münster: kaufvertrag, veröffentlichung, fotokopie, montage, gutachter, anwaltskosten, berechnungsgrundlage, vermessung, anteil, erkenntnis

Landgericht Münster, 2 O 67/06
Datum:
18.09.2006
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 67/06
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine PV-Anlage mit einer
Leistung von 3,645 real bzw. 4 kWp nominell bestehend aus einer
entsprechend in der Qualität der Module laut Kaufvertrag,
Wechselrichter, Solarkabel und Montagesystem jeweils entsprechend
auf die Generatoren und die Montage dimensioniert nachzuliefern.
Die Beklagte wird verurteilt, die außergewöhnlichen
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 504,50 EUR zzgl. Zinsen seit
23.02.2006 zu zahlen.
Die Beklagte wird des weiteren verurteilt, die Kosten für das Gutachten
in Höhe von 1.856,00 EUR sowie die Kosten für den Gutachter S in
Höhe von 210,00 EUR zzgl. Zinsen seit dem 32.02.2006 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, die Kosten der
Nebenintervention trägt die Streithelferin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu
vollstreckenden Beträge vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Parteien schlossen am 12.01.2005 einen Kaufvertrag über die Lieferung einer PV –
Anlage von 29,70 kWp, bestehend aus 270 Stück Solargeneratoren mit einer jeweiligen
Leistung von 110 Watt, 4 Stück Wechselrichter, einem Satz Solarkabel, einem
Montagesystem sowie gegen Aufpreis vier PC-Schnittstellen, der Kaufpreis belief sich
insgesamt auf 140.087,40 € inkl. MwSt, hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in
Fotokopie zu den Gerichtsakten eingereichte Auftragsbestätigung vom 12.01.2005 –
Blatt 6 der Gerichtsakten – verwiesen.
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Nachdem der Kläger eine Minderleistung der Anlage feststellte, beauftragte er die TÜV
R Group mit der Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, die zu dem
Ergebnis kam, dass die wahlweise ausgesuchten und geprüften elf Module eine
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Leistung von 93,8 bis 99,4 Watt aufwiesen, durchschnittlich somit nur eine Leistung von
96,5 Watt, hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das in Fotokopie zu den Gerichtsakten
eingereichte Gutachten der TÜV R Group – Blatt 42/56 der Gerichtsakten – Bezug
genommen.
Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine PV – Anlage mit einer Leistung von
3,645 real bzw. 4 kWp nominell bestehend aus entsprechender Anzahl
Solargeneratoren entsprechend in der Qualität der Module laut Kaufvertrag,
Wechselrichter, Solarkabel und Montagesystem jeweils entsprechend auf die
Generatoren und die Montage dimensioniert nachzuliefern.
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2. die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von
504,50 € zzgl. Zinsen seit 25.02.2006 zu zahlen.
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Die Beklagte wird des weiteren verurteilt, die Kosten für das Gutachten in Höhe von
1.856,00 € sowie die Kosten für den Gutachter S in Höhe von 210,00 € zzgl. Zinsen seit
25.02.2006 zu zahlen.
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Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragten,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bestreiten, dass die gelieferte PV-Anlage eine geringere Leistung aufweise, als
vereinbart, insbesondere, dass die Anlage lediglich maximal 26,055 kWp leiste. Darüber
hinaus bestreiten sie, dass die Minderleistung der gesamten Anlage ausschließlich auf
einer Minderleistung der Module beruhe. Die von dem Kläger vorgenommenen
Berechnungen beruhten auf Schlussfolgerungen, die sich aus den Messergebnissen
des TÜV herleiten ließen. Die Untersuchung und Messung des TÜV hätten bei elf
Modulen Leistung zwischen 93,8 bis 99,4 Watt ergeben, das Messergebnis des TÜV sei
als solches unzutreffend. Wie sich aus einer Veröffentlichung des TÜV R ergäbe,
beschreibe die Nennleistung normierte Konditionen eines PV-Moduls bei sogenannten
Standarttestbedingungen in WP. Grundsätzlich sei nach den Angaben des TÜV
zunächst vom Nennwert, hier 110 WP, eine Fertigungstoleranz nach
Herstellerbeschreibung des einzelnen Moduls, wie vorliegend der Fall, von plus/minus 5
% in Ansatz zu bringen. Masseunsicherheiten seien selbst bei sogenannten
Indoormessungen mit weiteren plus/minus 3,5 % zu berücksichtigen, was bedeute, dass
der Nachweis, dass einzelne gelieferte Module eine relevante Minderleistung
aufwiesen, erst bei einer angemessenen Leistung nach TÜV Messverfahren von
weniger oder gleich 108 WP als geführt angesehen werden könnten. Ausdrücklich
werde darüber hinaus bestritten, dass die nicht gemessenen 259 Stück Module
ebenfalls Minderleistungen aufwiesen. Die Annahme, der Durchschnittswert der
Messergebnisse sei repräsentativ für die gesamten 270 Module sei unzutreffend. Ein
Messergebnis unter Testbedingungen, dass sich auf die gesamte Anlage beziehe, liege
im Übrigen nicht vor, wenn der Kläger in der Klageschrift von einem Durchschnittswert
in der TÜV Messung von 96,5 WP ausgehe und auf dieser Berechnungsgrundlage eine
Nachlieferung verlange, sei nach Maßgabe der Veröffentlichung des TÜV´s allenfalls
die Differenz bis zum Erreichen des geschuldeten Werts von maximal 100,8 WP
auszugleichen, somit 4,3 mal 270 WP gleich 1161 WP.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Akten bezug genommen.
Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 24.04.2006 – Blatt 39 der Gerichtsakten –
Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch
den TÜV-R-Group.
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Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche
Sachverständigengutachten des TÜV-R-Group vom 08.08.2006 verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Dem Kläger stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Gewährleistungsrechte
sowie Erstattungsansprüche außergerichtlicher Anwaltskosten und Gutachterkosten zu,
§§ 434, 437, 439, 440, 280, 281 BGB.
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Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. W des TÜV-R-Group – in
seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 08.08.2006, dem sich das Gericht
anschließt, ist als gesichert nachgewiesen, dass die gemessenen elf Module in Mittel je
eine Minderleistung von mindestens minus 10,1 W, entsprechend minus 9,8 %
aufweisen, bei den einzelnen PV-Modulen schwankten diese Werte von minus 6,45 %
bis minus 11,73 %, hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 3 und 4 des
schriftlichen Sachverständigengutachtens verwiesen.
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Das Gericht sieht keine Veranlassung, dem Sachverständigen nicht zu folgen. Er hat in
sich schlüssig und frei von Widerspruch die von ihm zu Grunde gelegten
Untersuchungs- und Messmethoden erläutert und die daraus getroffenen Feststellungen
schlüssig dargelegt. Von den Parteien wird auch insoweit nicht angegriffen, dass der
Sachverständige die Messverfahren unter Einhaltung der internationalen Normen und
der Richtlinien des deutschen Akkreditierungsrates durchgeführt hat.
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Der Sachverständige setzt sich weiterhin mit der Bewertung der Anzahl der von ihm,
stichprobenmäßig untersuchten Module im Hinblick auf die Bewertung der
Minderleistung des Gesamtgenerators auseinander. Er hält die Vermessung der von ihm
willkürlich entnommenen elf Module, somit einem Anteil an der Gesamtstückzahl von
4,07 %, für angemessen, um eine gesicherte Erkenntnis auf der Basis des
Prüfungsergebnisses zu treffen. Er kommt zum Ergebnis, dass die untersuchte
Stückzahl von elf Stück im Verhältnis zur Gesamtstückzahl von 270 sich im Rahmen der
verschiedenen Stichprobengrößen bewegten, die bei den führenden Messinstituten,
vom TÜV-R-Group abgesehen, für solche Untersuchungen angewendet werden.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 5 und 6 des schriftlichen
Sachverständigengutachtens bezug genommen. Die Ausführungen des
Sachverständigen sind in sich schlüssig und frei von Widerspruch, so dass das Gericht
keine Veranlassung gesehen hat, dem Sachverständigen nicht zu folgen und ihn zu
beauftragen ein weiteres Gutachten, unter Zugrundelegung einer höheren Anzahl von
zu untersuchenden Modulen, zu fertigen.
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Der Klage war danach stattzugeben.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101, 709 ZPO.
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