Urteil des LG Münster vom 10.03.2008

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Landgericht Münster, 16 Ns 540 Js 1078/05 (86/07)
Datum:
10.03.2008
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
Strafgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 Ns 540 Js 1078/05 (86/07)
Tenor:
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil im
Strafausspruch abgeändert und die Angeklagte zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
kostenpflichtig verurteilt.
Die Berufung der Angeklagten wird auf ihre Kosten verworfen.
Angewendete Vorschriften: §§ 306 a Abs. 1 Ziffer 1, Abs. 3, 53 StGB.
G r ü n d e :
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Die Angeklagte ist Hausfrau und Mutter von zwei Kindern. Sie lebt mit Ihrer Familie und
den Schwiegereltern auf einem Bauernhof nahe C im Kreis D. Auf dem Hof kam es seit
Mai 2005 zu einer Brandserie mit zum Schluss sieben Bränden. Zwei Brände davon
kamen gegen die Angeklagte zur Anklage. Das Amtsgericht D hat die Angeklagte für
schuldig befunden und sie mit der angefochtenen Entscheidung wegen schwerer
Brandstiftung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Sowohl die Angeklagte
als auch die Staatsanwaltschaft haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die
Staatsanwaltschaft hat ihr Rechtsmittel später auf das Strafmaß beschränkt. Die
Angeklagte hat einen Freispruch, die Staatsanwaltschaft eine härtere Bestrafung der
Angeklagten erstrebt.
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Allein die Berufung der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Die Beweisaufnahme vor der
Berufungskammer hat ebenfalls die Schuld der Angeklagten ergeben. Die Kammer hat
sich dabei mit allen sieben Bränden befasst. In allen Fällen lag Brandstiftung vor. Es hat
sich weiter ergeben, dass die Angeklagte die Täterin ist. Fahrlässiges Handeln schied
dabei aus. Die erstinstanzlich verhängte Strafe erschien der Kammer zu niedrig. Die
Kammer hat im Ergebnis auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs
Monaten erkannt.
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I.
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Die Hauptverhandlung vor der Berufungskammer hat zur Person der Angeklagten zu
den folgenden Feststellungen geführt:
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Die im Zeitpunkt der Hauptverhandlung siebenunddreißig Jahre alte Angeklagte stammt
aus N. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von fünfzehn und dreizehn
Jahren. 1972 zog sie mit ihren Eltern von N nach C in den Kreis D. Hier verbrachte sie
ihre Kindheit und Jugend. Ihr Vater war Metallarbeiter. Er starb vor einigen Jahren an
Krebs. Die Angeklagte hatte kein gutes Verhältnis zu ihm. Sie beschreibt ihn als
gewalttätig. Auch habe er sie als Kind gezwungen, sexuelle Handlungen an ihm
vorzunehmen. Die Mutter der Angeklagten ist heute 59 Jahre alt und arbeitet noch. Die
Angeklagte hatte ehemals zwei Geschwister, eine jüngere Schwester, mit der sie sich
nach eigenen Angaben heute einigermaßen verträgt, und einen jüngeren Bruder, der
1998 verstarb. Er war auf einen Strommasten in der Nähe des Hofes der Angeklagten
geklettert und nach einem Stromschlag herabgestürzt. Die Angeklagte geht von einer
Selbsttötung aus und gibt sich daran eine Mitschuld. Den Grund dafür hat sie der
Kammer nicht mitgeteilt. Nach dem Besuch der Grundschule wechselte die Angeklagte
zunächst zur Realschule. Diese verließ sie wegen mangelnder Leistungen in Klasse
sechs und besuchte fortan die Hauptschule. Hier erwarb sie das Abgangszeugnis der
Klasse acht. Anschließend besuchte sie einen Berufsförderlehrgang bei der
Kreishandwerkerschaft für ein Jahr. Hier lernte sie ihren ersten Ehemann kennen. Sie
wurde schwanger und heiratete. Im Alter von achtzehn Jahren bekam sie ihre erste
Tochter. Diese verstarb 1989 im Alter von nur siebeneinhalb Monaten am plötzlichen
Kindstod. Die Angeklagte war zu dieser Zeit bereits erneut schwanger. Das zweite Kind,
ebenfalls ein Mädchen, kam 1990 zur Welt und verstarb wie schon die erste Tochter früh
am plötzlichen Kindstod. Die Ehe der Angeklagten zerbrach. Nach dreizehn Monaten
kam es zur Trennung und Scheidung. Die Angeklagte lernte bald einen anderen Mann
kennen, mit dem sie eine Beziehung einging, den sie aber nicht heiratete. Aus dem nur
ein paar Monate andauernden Verhältnis ging die 1992 geborene Tochter der
Angeklagten L hervor. Im November 1992 lernte die Angeklagten ihren heutigen
Ehemann S T kennen. Das Paar heiratete in 1994. In diesem Jahr kam auch der
gemeinsame Sohn D1 auf die Welt. Beide Kinder besuchen heute die Hauptschule. Die
Angeklagte ist Hausfrau. Ihr Ehemann arbeitet auf dem Bauhof der Stadt C. Die
Angeklagte lebt mit ihrer Familie seit dem Jahre 1995 auf dem Bauernhof M in C. Das
Anwesen gehört den Schwiegereltern der Angeklagten, den Eheleuten M1 und H T.
Beide sind bereits über siebzig Jahre alt. Ihr Sohn S wird sie einmal beerben. Der
Familie der Angeklagten geht es seit Jahren finanziell nicht gut. Das Einkommen des
allein berufstätigen Ehemannes ist niedrig. Durch die Brände sind weitere
wirtschaftliche Belastungen auf die Familie zugekommen.
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Ende 1999 begab sich die Angeklagte erstmals wegen einer Depression nach dem
Tode ihres Bruders in psychotherapeutische Behandlung. Zuvor hatte sie angefangen,
regelmäßig Alkohol zu trinken. Über den Tag verteilt trank sie mehr als eine Kiste Bier.
Die Behandlung schloss sie vermeintlich erfolgreich ab. Während der laufenden
Brandserie begab sich die Angeklagte Anfang 2006 erneut in die Behandlung ihrer
Psychotherapeutin.
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Die Angeklagte ist der Vergangenheit noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.
Nach dem Brand vom 30. Januar 2008 hat die Kammer am 04. Februar 2008 gegen die
Angeklagte einen Haftbefehl erlassen, gestützt auf Wiederholungsgefahr. Aufgrund
dieses Haftbefehls befindet sich die Angeklagte seit dem 05. Februar 2008 in
Untersuchungshaft.
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II.
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Zur Sache hat die Hauptverhandlung vor der Berufungskammer zu den folgenden
Feststellungen geführt:
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Die Angeklagte wohnt mit ihrer Familie auf dem Anwesen M nahe C. Bei dem Anwesen
handelt es sich um ein älteres Gehöft mit ehemals fünf freistehenden Gebäuden auf
einem etwa 3000 qm großen Grundstück. Die Hofanlage ist mit Fahrzeugen aller Art
sowie zu Fuß aus verschiedenen Richtungen zu erreichen. Der Hof besteht aus einem
Haupthaus und mehreren Nebengebäuden. Im Haupthaus leben im Erdgeschoss die
Schwiegereltern der Angeklagten. Die Angeklagte bewohnt mit ihrer Familie im selben
Haus das Obergeschoss. Beide Wohnungen haben getrennte Hauseingänge. Der
Eingang zur Wohnung der Angeklagten befindet sich seitlich am Haus. Etwa fünfzig
Meter vom Wohnhaus entfernt befindet sich die ehemalige M2er Kapelle, die heute nur
noch als Abstelllager und Partyraum genutzt wird. Circa dreihundert Meter entfernt von
der Hofanlage befindet sich der Bahnhof M2. Ferner gibt es einen direkt Nachbarn. Das
Gehöft T1 grenzt nordöstlich unmittelbar an das T Grundstück an.
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In der Zeit zwischen dem 28. Mai 2005 und dem 30. Januar 2008 kam es auf der
Hofanlage und der angrenzenden M2er Kapelle zu einer Brandserie mit insgesamt
sieben Bränden. Betroffen waren unter anderem die Scheune des Hofes, die bis auf die
Grundmauern niederbrannte, sowie an unterschiedlichen Tagen beide Wohnungen im
Haupthaus, die infolge der Brände wochenlang nicht bewohnbar waren. In allen Fällen
lag Brandstiftung vor. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Angeklagte die
Brände gelegt und sie dies vorsätzlich getan hat. Ihr Motiv ist dabei im unklaren
geblieben. Die Taten dürften einen persönlichen Hintergrund haben.
Versicherungsbetrug scheidet dagegen aus, da die Feuerversicherung den
Versicherungsvertrag nach den Wohnungsbränden kündigte und es keine Versicherung
mehr gab, die bereit war, das Objekt gegen Feuer zu versichern. Die Brände insgesamt
haben der Familie wirtschaftlich lediglich geschadet.
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Zu den Bränden im einzelnen:
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1. Brand in Pferdebox der Scheune vom 28. Mai 2005, Meldezeit 23.10 Uhr.
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Etwa mittig der Hofanlage befand sich bis zum späteren Großbrand im Juni 2005 eine
größere Scheune. An der Scheunenfront befanden sich insgesamt vier große
Holzscheunentore. Hinter dem ganz linken Scheunentor befanden sich linksseitig vier
Pferdeboxen. In der zweiten Pferdebox lagerte Stroh. Eine stromführende Leitung
befand sich nur unterhalb der Decke (Beleuchtung).
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Am Abend des 28. Mai 2005 hielten sich die Angeklagte, ihr Ehemann und Bekannte zu
einem gemütlichen Beisammensein in der Gartenhütte neben der Scheune auf. Gegen
22.30 Uhr sollte der Sohn zu Bett gehen. Er brachte sein Kettcar in die Scheune und
ging nach oben ins Wohnhaus. Die Angeklagte sollte ihn bettfertig machen. Die
Angeklagte entschloss sich nunmehr aus Gründen, die sich nicht haben feststellen
lassen, Feuer zu legen. Auf dem Weg vom Gartenhaus zur Wohnung kam sie an der
Scheune vorbei, ging hinein und entzündete dort unbemerkt das in der zweiten
Pferdebox gelagerte Stroh. Nun begab sie sich unmittelbar in die Wohnung im ersten
Obergeschoss des Haupthauses und alarmierte von dort aus, als sie das erste Flackern
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sah, durch lautes Zurufen ihren Ehemann. Ferner rief sie die Feuerwehr. Das Feuer
konnte rechtzeitig vor einem Übergreifen auf die Holzdecke und das gesamte Gebäude
gelöscht werden. Es gelang, das in Brand gesetzte Stroh aus der Box zu ziehen. Zu
Brandzehrungen kam es lediglich an der Boxentrennwand zur dritten Pferdebox sowie
an dem linken Seitenteil eines Holzschrankes, der in der rechten Nachbarbox stand.
Durch die Hitzeeinwirkung schmolz ferner die Verkleidung einer unter der Stalldecke
angebrachten Leuchtstofflampe. Das Licht funktionierte aber weiterhin. Personen kamen
durch den Brand nicht zu Schaden. Die Schadenshöhe betrug etwa 1.000,- Euro.
Die Angeklagte geriet zunächst nicht in den Verdacht, den Brand gelegt zu haben. Es
begannen vielmehr Spekulationen zu einem unbekannten Brandstifter, welche
insbesondere von der Angeklagten und ihrem Ehemann angeschürt wurden. Es
entwickelte sich das Gerücht vom sogenannten "schwarzen Mann", einem Mann, der
ganz in schwarz gekleidet sei und ein gelb leuchtendes Licht bei sich trage. Der
Unbekannte treibe sich in den Abend- und Nachtstunden in der Nähe des Hofes herum
und sei auch für die Brände verantwortlich. Dazu hat die Beweisaufnahme ergeben,
dass es diesen unbekannten Brandstifter nicht gibt. Die Brände wurden vielmehr von
der Angeklagten gelegt.
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Nach dem Brand berichtete der damals zehn Jahre alte Sohn D1 unter anderem seinem
Vater davon, er habe bei dem Wegbringen des Kettcars in die Scheune dort ein
menschliches Hüsteln oder Stöhnen gehört, dass aus der Nähe des späteren
Brandortes gekommen sei. Ob der Sohn seinerzeit tatsächliches etwas gehört hat, hat
sich nicht feststellen lassen. Ein menschliches Hüsteln oder Stöhnen war es zumindest
nicht, da sich in der Scheune niemand aufhielt, insbesondere kein Brandstifter. Die
Angeklagte hat das Feuer erst kurze Zeit später gelegt, als ihr Sohn dass Kettcar bereits
weggestellt hatte.
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Ebenfalls noch am Tatabend berichtete die seinerzeit dreizehn Jahre alte Tochter L
ihren Eltern von einem ihr unbekannten, dunkel gekleideten Mann, der während der
Löscharbeiten auf einer Bank im Garten des Wohnhauses gesessen und den
Löscharbeiten zugeschaut habe. Später sei der Mann verschwunden gewesen. Die
Kammer hat insoweit keinen Zusammenhang mit der Brandstiftung sehen können. Es
lässt sich bereits nicht feststellen, dass es den dunkel gekleideten Mann im Garten
tatsächlich gegeben hat. Jedenfalls haben die Brände auf dem Hof Schaulustige von
zum Teil weit entfernt angezogen. Von daher könnte es sich bei der unbekannten
Person auch lediglich um einen Schaulustigen gehandelt haben, den die Tochter nicht
kannte, weil er nicht aus der Nachbarschaft stammt.
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In der Folgezeit meldeten die Angeklagte und ihr Ehemann der Polizei wiederholt eine
verdächtige Person auf dem Hofgelände, die sie nicht näher beschreiben konnten, und
die vor ihnen geflüchtet sei. Die Polizei ging den Anrufen in jedem Fall nach. Die
Fahndung blieb aber jedes Mal erfolglos. Am 09. Juni 2005 kontrollierten Beamte nach
Meldung durch die Eheleute T zwei verdächtige Personen am Bahnhof M2. Es stellte
sich heraus, dass es zwei junge Männer aus S1 waren, die mit dem nächsten Zug nach
M3 fahren wollten. Ein Zusammenhang mit dem Brand vom 28. Mai 2005 war nicht zu
sehen.
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2. Brand der Scheune vom 13. Juni 2005, Meldezeit 10.40 Uhr.
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An diesem Tage legte die Angeklagte erneut vorsätzlich Feuer in der Scheune, die
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diesmal bis auf die Grundmauern niederbrannte. Es entstand ein Sachschaden von
etwa 130.000,- Euro. Wie genau die Angeklagte das Feuer entzündete, konnte nicht
geklärt werden, da die Scheune derart zerstört wurde, dass die Spurenlage zu dieser
Frage nichts mehr hergab. Der Hauptbrandort lag etwa in der Mitte des
Scheunengebäudes. Im hinteren Bereich der Scheune war ein Schleppdach
angebracht. Darunter lagerten größere Mengen Brennholz und Stroh, die ebenfalls den
Flammen zum Opfer fielen. Nach den Feststellungen des Brandsachverständigen
entstand der Brand mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich des Stroh- und
Holzlagers. Die Meldung des Brandes erfolgte gegen 10.40 Uhr durch eine Nachbarin,
welche den Brand von ihrer Wohnung aus gemerkt hatte. Zu dieser Zeit hielten sich auf
dem Hof nur die Eheleute T sen. auf. Der Ehemann der Angeklagten war zur Arbeit und
wurde hier telefonisch unterrichtet. Die Kinder waren zur Schule. Die Angeklagte hatte
sich nach dem Legen des Feuers von dem Hof entfernt. Sie verließ das Gehöft mit ihren
Hunden und wartete mit ihrer Rückkehr, bis der Brand entdeckt war. Die
Untersuchungen der Brandstelle durch den Brandsachverständigen T2 ergaben keine
Hinweise auf das Vorliegen eines technischen Defekts als Brandursache. Der Einsatz
von Brandmittelspürhunden und Messungen mit technischen Geräten ergaben keine
Hinweise für das Vorhandensein von Brandbeschleunigern.
Im Rahmen der Nahbereichsfahndung fuhr die Polizei umgehend alle im näheren
Umkreis des Brandortes befindlichen Anwesen an und suchte nach Hinweisen auf
verdächtige Personen. Auf dem Parkplatz einer Gaststätte unweit des Gehöfts T geriet
der S2 aus S3 in Verdacht, etwas mit dem Brandgeschehen zu tun haben zu können.
Dieser war mit seinem Pkw liegen geblieben, weil sein Fahrzeug – wie sich später
herausstellte – keinen Treibstoff mehr hatte. In dem Fahrzeug befand sich neben einem
leeren Benzinkanister auch eine gelbfarbene Rundumleuchte. Ferner erkannte die L T
den S2 im Rahmen einer Lichtbildvorlage bei der Polizei mit einer Wahrscheinlichkeit
von halb/halb als denjenigen wieder, der bei dem ersten Scheunenbrand das Feuer
vom Garten aus beobachtet hatte. Auch die Angeklagte war sich bei dem Lichtbild des
S2 zu 70 % sicher, dass es sich bei ihm um die Person handeln könne, die sie einige
Monate zuvor im Wald erschreckt habe, als sie mit dem Pferd unterwegs gewesen sei.
Der S2 wurde daraufhin über knapp zwei Wochen planmäßig polizeilich observiert. Eine
Beziehung zu den Ts und den Bränden ließ sich dabei nicht feststellen. Für den
folgenden Brand an der M2er Kapelle am 16. Oktober 2005 konnten die
Observationskräfte eine Anwesenheit des S2 am Tatort sogar ausschließen.
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Nach dem Brand intensivierte die Polizei ihre Ermittlungen und überprüfte unter
anderem den früheren Ehemann der Angeklagten L1. Dabei stellte sich heraus, dass
dieser seit Jahren in Süddeutschland lebt und dort als Bettler sein Geld verdient. Die
Polizei überprüfte auch den leiblichen Vater der L T, den K aus B. Anhaltspunkte für
eine Täterschaft konnten bei ihm ebenfalls nicht gefunden werden. Nach Angaben der
Angeklagten zahlt er auch seit Jahren einen monatlichen Unterhalt für seine Tochter.
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Aufgrund der Meldungen observierte die Polizei den Hof T in der Zeit vom 12. bis zum
16. August 2005 sowie vom 19. Oktober bis zum 05. November 2005 in den Abend- und
Nachtstunden. Es wurden in diesen Zeiträumen keine verdächtigen Beobachtungen
gemacht, insbesondere kein auffälliger Lichtschein gesehen, und keine verdächtige
Personen festgestellt. Ferner wurden in der Umgebung des Hofes alleinstehende
Scheunen, Melkställe und sonstige Unterkunftsmöglichkeiten überprüft. Es wurden
dabei keine Personen und auch keine Gegenstände festgestellt, die auf den Aufenthalt
von Personen hindeuteten.
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3. Brand der M2er Kapelle vom 16. Oktober 2006, Tatzeit gg. 22.30 Uhr.
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Am Abend des 16. Oktober 2006 gegen 21.51 Uhr meldeten die Angeklagte und ihr
Ehemann erneut das Auftreten einer verdächtigen Person. Die Polizei setzte drei
Streifenwagen und einen Hundeführer ein. Die Fahrzeuge wurden weiträumig und
verdeckt vom Anwesen abgestellt und der Nahbereich wurde sorgfältig abgesucht. Trotz
Vollmond und sternenklarer Nacht konnte von den eingesetzten Kräften eine
verdächtige Person nicht ausfindig gemacht. Zwei Beamten fuhren schließlich auf den
Hof der Ts. Die Angeklagte und ihr Ehemann hatten zu dieser Zeit ihre Wohnung bereits
verlassen und hielten sich außerhalb des Gebäudes auf. S T nahm vor dem Wohnhaus
den Kontakt zu den beiden Polizeibeamten auf. Von seiner Ehefrau glaubte er, diese
halte im Garten seitlich des Hauses Ausschau nach dem Verdächtigen. Tatsächlich
schlich sie aber unbemerkt zur M2er Kapelle und steckte dort im Eingangsbereich des
Kellers einen aus Fichtenholz bestehenden Stützpfeiler der Buchenhecke an.
Vermutlich entzündete sie den Mulch am Fuße des Stützpfeilers. Sodann entfernte sie
sich wieder und begab sich zu ihrem Ehemann und den Polizeibeamten, die keinen
Verdacht schöpften. Inzwischen hatte sich das Feuer zu einem gelben Lichtkegel
entwickelt. Einer der Beamten entdeckte den Brand. Das Feuer konnte mit einem Eimer
Wasser gelöscht werden.
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4. Brand in der Erdgeschosswohnung der Großeltern T vom 23. November 2005,
Meldezeit 11.23 Uhr.
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Aus der Brandserie sind zwei Taten zur Anklage und Verurteilung gelangt. Hierbei
handelt es sich um den ersten Fall.
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Am Morgen des 23. November 2005 blieb die Angeklagte allein auf dem Hof. Ihr
Ehemann verließ das Gehöft als erster kurz vor 7.00 Uhr. Er fuhr zur Arbeit auf den
Bauhof nach C. Hier erfuhr er auch später telefonisch von dem Ausbrechen des
Brandes. Die Kinder verließen das Haus wenig später. Sie mussten zur Schule, die bis
mittags dauerte. Gegen halb zehn Uhr verließen schließlich auch die Schwiegereltern
der Angeklagten den Hof, um einen Arzttermin wahrzunehmen. Anschließend wollte der
M1 T noch eine Angelegenheit bei der Verwaltung erledigen. Dazu holte er kurz vor
dem Verlassen der Erdgeschosswohnung Papiere aus der als Bügel- und Abstellraum
genutzten Kammer im Inneren der Erdgeschosswohnung. Zu dieser Zeit war in diesem
Raum noch alles in Ordnung. Die Tür des Raumes verschloss er danach fest. Gegen
10.15 Uhr kamen zwei Kräfte des Ordnungsamtes auf den Hof gefahren, um darauf
hinzuweisen, dass entlaufene Ziegen auf der Fahrbahn der anliegenden Straße
herumlaufen. Die Angeklagte unterhielt sich vor dem Haus kurz mit den Bediensteten.
Dazu kam sie aus der Erdgeschosswohnung ihrer Schwiegereltern. Sie blieb im
Türrahmen der weißen Haustür der Schwiegereltern stehen. Nachdem die Angeklagte
den beiden Ordnungskräften versprochen hatte, ihren Schwiegervater wegen der
Ziegen zu informieren, fuhren sie wieder vom Hof. Kurze Zeit später kam die Nachbarin
T3 mit ihrem Hund über das Hofgelände. Sie wollte einen Spaziergang machen und
nutzte dabei den Hof als Abkürzung. Die Angeklagte sprach die Zeugin an. Nach dem
Eindruck der Zeugin hatte die Angeklagte ein auffälliges Redebedürfnis und suchte
dringend eine Gesprächspartnerin. Die Angeklagte fragte die Zeugin, ob sie gemeinsam
eine Zigarette rauchen wollten. Die Angeklagte ist Raucherin. Ihre Familie,
insbesondere ihr Ehemann, störten sich hieran allerdings massiv. Deshalb musste die
Angeklagte, die Ärger vermeiden wollte, stets heimlich und unbemerkt rauchen. Dies tat
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sie lediglich außerhalb des Hauses, meistens auf ihren Spaziergängen mit den Hunden
oder auf dem Hof, wenn jemand, der nicht zur Familie gehörte, für sie Ausschau hielt,
dass keiner kam. Die Zeugin T3 hatte diesmal keine Zeit für eine Zigarette und setzte
ihren Spaziergang fort.
Um 11.23 Uhr meldete die Angeklagte der Feuerwehr einen Brand in der
Erdgeschosswohnung. Den Brand hatte sie zuvor selbst vorsätzlich gelegt. Der
Brandentstehungsort lag im Abstellraum der Erdgeschosswohnung. Der etwa 2 x 3
Meter große Raum ist fensterlos. Eine Zugangsmöglichkeit besteht ausschließlich durch
eine Zimmertür aus Holz zum Flur der Erdgeschosswohnung. Zugang zur
Erdgeschosswohnung wiederum ist grundsätzlich möglich durch die dem
Garagengebäude gegenüberliegende Haustür sowie innerhalb des Hauses durch eine
Zwischentür zur Obergeschosswohnung und eine weitere Zwischentür von der
Erdgeschosswohnung zur Tenne. Der Zugang zur Obergeschosswohnung wiederum
liegt, von der Garage aus gesehen, an der linken Giebelseite. Die Haustür zur
Erdgeschosswohnung hatten die Schwiegereltern am fraglichen Morgen hinter sich
zugezogen. Sie war damit von Außen fest zu. Bei dem Eintreffen der Einsatzkräfte war
dies weiterhin der Fall. Die Haustür zur Wohnung der Angeklagten war lediglich
geschlossen, der sogenannte Schnapper war umgelegt, so dass ein Öffnen der Tür
ohne Schlüssel möglich war. Die Fenster im Erdgeschoss waren verschlossen. Die
vordere und hintere Tür zur Tenne waren verriegelt. Ebenso die Zwischentür zur Tenne.
Nach der Tat waren an den Fenstern und Türen keine Aufbruchspuren sichtbar. In der
gesamten Wohnung wurden keine Hinweise darauf gefunden, dass die Räume
durchsucht worden sind. Gegenstände fehlten ebenfalls nicht.
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In dem vom Brand primär betroffenen Abstellraum stand linksseitig direkt neben der Tür
stand ein Schreibtisch. Diesen hatte die Schwiegermutter mit zwei Decken zum
Bügeltisch umfunktioniert. Auf dem Tisch lagerte Bügelwäsche. Direkt daneben standen
tischhohe Stapel aus Altpapier. Nach dem freigelegten Spurenbild hat sich der Brand
oberhalb der Schreibtischoberfläche entwickelt. Hier waren starken Abbrandspuren
festzustellen. Zudem wies die Schreibtischoberfläche im linken Bereich nach Freilegen
des Brandschutts starke Brandzehrungen auf. Der anfängliche Verdacht, bei dem Brand
sei ein Brandbeschleuniger gebraucht worden, zerstreute sich später. Ein
Brandbeschleuniger war nicht im Einsatz. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, wie
genau die Angeklagte den Brand entfacht hat. Den Brand dürfte sie erst gelegt haben,
als die Bediensteten des Ordnungsamtes den Hof wieder verlassen hatten, vermutlich
sogar erst nach dem Zusammentreffen mit der Zeugin T3 nach 10.30 Uhr. Dann
entzündete sie einen der auf dem Schreibtisch gelagerten Gegenstände. Nach dem
Legen des Feuers ließ die Angeklagte die Tür zur Abstellkammer einen Spalt breit offen
stehen. Durch den Brand kam es zu primären Brandschäden an den in der
Abstellkammer gelagerten Sachen und Möbeln. Von den Wänden lösten sich Teile der
Tapete und des Putzes. Der gesamte Raum verrußte. Durch die zur Brandzeit offen
stehende Tür zur Abstellkammer kam es zu einer Brandrauchverschmutzung in starker
Form in der gesamten erdgeschossigen Wohnung. Diese war über 12 Wochen nicht
bewohnbar. Die Schwiegereltern mussten sich vorübergehend eine Ersatzwohnung
beschaffen. Auch die Obergeschosswohnung wurde durch den Brandgeruch und den
Russ verunreinigt, konnte aber weiter von der Angeklagten und ihrer Familie bewohnt
werden. In diesem Fall entstand ein Sachschaden von etwa 50.000,- Euro.
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Bei dem Eintreffen der Feuerwehr waren Flammen bereits nicht mehr feststellbar. Die
Einsatzkräfte kümmerten sich um die Brandrückstände. Diese lagerten sie zum Teil aus.
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Ferner versorgten sie die Angeklagte, die mit einem Verdacht auf eine
Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus kam. Das Krankenhaus konnte die Angeklagte
mittags bereits wieder verlassen. Eine von der Ärzten für sinnvoll erachtete
Blutentnahme lehnte die Angeklagte ab.
5. Brand in der Obergeschosswohnung der Eheleute T vom 23. Dezember 2005,
Meldezeit 11.56 Uhr.
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Hierbei handelt es sich um den zweiten Fall, der zur Anklage und Verurteilung gelangt
ist.
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An diesem Tage setzte die Angeklagte ihre vorsätzliche Brandstiftungsserie fort. Wie
schon einen Monat zuvor blieb sie auch an diesem Tage am Vormittag allein zu Hause
in ihrer Wohnung. Ihre Kinder waren zur Schule, ihr Ehemann unterwegs bei der Arbeit.
Die Schwiegereltern waren in ihrer Ersatzwohnung. Der Schwiegervater kam erst im
Laufe des Vormittags auf den Hof, um unter anderem den Fortschritt bei den
Renovierungsarbeiten in seiner Wohnung zu verfolgen. Handwerker waren aber nicht
mehr im Hause. Ob die Angeklagte mitbekam, dass ihr Schwiegervater da war, hat sich
nicht klären lassen. Da die Angeklagte die Brände aber stets so gelegt hat, dass
niemand persönlich in Gefahr geriet, dürfte dies eher auszuschließen sein.
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Brandort im engere Sinne war in diesem Fall das in der ersten Etage des Wohnhauses
befindliche Wohnzimmer. Das Zimmer erreicht man von Außen am Kürzesten über den
links am Wohnhaus befindlichen Wohneingang. Dieser war am Tattag zumindest
während der Anwesenheit der Angeklagten nicht verschlossen. Über eine Treppe geht
es hinauf zum Obergeschoss. Am Ende der Treppe ist ein kurzer Flur zu durchschreiten.
Dann schließt sich eine Diele an. Zum Wohnzimmer geht es im 90 Grad-Winkel nach
rechts. Das Wohnzimmer hat zwei Fenster zur Giebelseite. Zwischen den Fenstern
stand seinerzeit ein Weihnachtsbaum, der unter anderem mit einer Lichterkette
geschmückt war. Nach dem Spurenbild entwickelte sich der Brand aus dem Bereich
einer Übergardine, die sich seitlich rechts hinter dem Weihnachtsbaum befand.
Übergardinen waren jeweils beidseitig an den Fensterelementen gerade hängend
angeordnet und führten bis circa zwanzig cm unterhalb der Fensterbank. Auch in
diesem Fall ist nicht klar, wie genau die Angeklagte den Brand gelegt hat.
Brandbeschleuniger hat sie nicht verwendet. Möglicherweise entzündete sie die
Gardine direkt. Danach verließ sie die Wohnung und ging mit ihren Hunden vom Hof.
Sie blieb aber in der Nähe. Ihr Schwiegervater hielt sich zu dieser Zeit bereits einige
Zeit in der Erdgeschosswohnung auf. Er bemerkte den Brand aus seiner Küche.
Schwarze Rauchschwaden schlugen von oben nieder. Er rief zuerst die Feuerwehr und
dann seinen Sohn an. Seine Schwiegertochter hatte er an diesem Tage noch nicht
gesehen. Er rief laut nach ihr. Sie kam daraufhin zu Fuß von der Zufahrt zum Haus
gelaufen. Sie versuchte, noch einmal ins Haus zu gelangen. Diesen Versuch musste sie
aber wegen der starken Rauchentwicklung abbrechen.
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Anschließend entfernte sie sich noch vor dem Eintreffen ihres Ehemannes und der
Feuerwehr vom Ort des Geschehens und ging mit ihren Hunden zu einer etwa zwei
Hundert Meter entfernt wohnenden Nachbarin. Hier bat sie darum, eine Zigarette
rauchen zu dürfen, von der ihr Ehemann aber nichts erfahren dürfe. Die Nachbarin, Frau
W, empfand dies angesichts des Umstandes, dass es aktuell in der Wohnung der
Angeklagten brannte, sehr befremdlich, wollte es ihr aber nicht verwehren. Auch
bemerkte sie bei der Angeklagte eine Alkoholfahne. Die Polizei veranlasste später bei
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der Angeklagten eine Blutalkoholuntersuchung. Die Auswertung der um 12.47 Uhr der
Angeklagten entnommenen Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,49
Promille. Die Angeklagte hat dazu gegenüber der Kammer erklärt, es habe sich um
Restalkohol vom Vorabend gehandelt. Morgens habe sie keinen Alkohol mehr
getrunken.
Beim Eintreffen der Feuerwehr war der Brand bereits nahezu erloschen. Durch den
Brand kam es zu Schäden an der Gebäudesubstanz infolge von Abbrandspuren an der
hölzernen Deckenverkleidung, zu Ablösungen von Wandputz sowie Rauchbelastungen
an Wand- und Deckenflächen. Durch das Ablösen der Furnierkanten an der
Deckenverkleidung kam es zu einzelnen lokalen Einbrandpunkten an der Sitzgruppe.
Es kam zu einem Kurzschluss an der Lichterbaumkette, die zu dem künstlichen
Weihnachtsbaum führte, der in Nähe des Brandherdes aufgestellt war. Die Wohnung
war für einen längeren Zeitraum nicht bewohnbar, erst im Mai 2006 bezog die Familie T
nach Durchführung einzelner Renovierungsarbeiten die anderen Räumlichkeiten der
Wohnung, um sodann mit der Renovierung im Wohnzimmer fortzusetzen. Der
Sachschaden betrug in diesem Fall etwa 30.000,- Euro.
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6. Brand im Pferde- und Gänsestall vom 20. März 2007, Meldezeit 12.31 Uhr.
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Im Juni 2006 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage vor dem Amtsgericht D. Das Gericht
ließ die Angeklagte in der Folgezeit psychiatrisch untersuchen. Unter dem 13. Februar
2007 erstattete der Gutachter sein schriftliches Gutachten. Nachfolgend eröffnete das
Amtsgericht das Hauptverfahren.
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Am Morgen des 20. März 2007 war die Angeklagte mit ihrer Schwiegermutter alleine auf
dem Hof. Der Schwiegervater lag nach einem Sturz vom Dach mit schweren
Verletzungen im Krankenhaus. Die Kinder waren zur Schule und der Ehemann
unterwegs. Gegen 10.00 Uhr suchte die Angeklagte ihre direkte Nachbarin E auf. Erneut
ging es ihr auffällig darum, unbemerkt eine Zigarette oder einen Zigarillo rauchen zu
können. Ihrer Nachbarin fiel sie weiter durch ihre Nervosität und ihren ununterbrochenen
Redefluss auf. Ferner hatte die Angeklagte eine Alkoholfahne. Die Angeklagte blieb
relativ lange bei ihrer Nachbarin, erzählte viel aus ihrem Leben und kehrte erst gegen
12.00 Uhr auf ihren Hof zurück. Entweder war sie zu dieser Zeit bereits entschlossen,
abermals ein Feuer zu legen, oder sie entschloss sich jetzt dazu. Auf dem Anwesen
befindet sich als weiteres Nebengebäude eine in Massivbauweise errichtete Scheune.
Der mittlere Teil der Scheune wird als Gänse- und Entenstall genutzt. Im hinteren
Bereich des Stalles war Stroh gelagert. Dieses entzündete die Angeklagte. Aufgrund
des Feuerwehreinsatzes blieb das Gebäude in seiner Substanz vorhanden. Ein
Durchbrand durch das Dach erfolgte nicht. Es kam aber zu deutlichen Brandzehrungen
am Gehölz der Zwischendecke zum Dachboden sowie an der festen Holztreppe zum
Dachboden. Der Sachschaden betrug etwa 7.500,- Euro.
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Den Brand entdeckte der Ehemann der Angeklagten, der gegen 12.20 Uhr von einem
Termin aus W1 zurückkehrte. Er rief die Feuerwehr und versuchte dann, den Brand
selbst mit Wasser zu löschen, was ihm aber nicht gelang. Die Angeklagte blieb derweil
in der Obergeschosswohnung und schaute von hier aus dem Geschehen zu. Als sie die
Zeugin E und die weitere Nachbarin T1 bemerkte, wie diese der Brandentwicklung
folgten, winkte sie ihnen freundlich mit der vollen Hand zu, als wäre nichts geschehen.
Die Polizei veranlasste bei der Angeklagten nachfolgend einen Alcotest mittels Dräger
Safety 6510. Hierbei wurde für 13.50 Uhr ein Wert von 0,46 mg/l ermittelt (rund 0,92
43
Promille).
7. Brand in der Garagezeile vom 30. Januar 2008, Meldezeit 23.50 Uhr.
44
Den Abend des 30. Januar 2008 verbrachte die Angeklagte mit ihrer Familie in der
gemeinsamen Wohnung. Die Tochter L hatte noch Besuch von ihrem Freund, der sich
gegen 20.30 Uhr verabschiedete. Beide Kinder gingen dann in ihre Zimmer und zu Bett.
Die Angeklagte und ihr Ehemann schauten sich gemeinsam verschiedene Sendungen
im Fernsehen an. Gegen 23.00 Uhr wollte der Ehemann der Angeklagten zu Bett gehen.
Die Angeklagte gab an, noch ein wenig aufräumen zu wollen. Ihr Ehemann begab sich
in das Badezimmer der Wohnung und machte sich dort bettfertig. Dazu ging er auf die
Toilette, wusch sich und putzte sich die Zähne. Dies nahm zwischen fünf und zehn
Minuten Zeit in Anspruch. In dieser Zeit schlich die Angeklagte unbemerkt aus der
Wohnung, über den Flur im Obergeschoss, an den Zimmern der Kinder vorbei, die
Treppe hinunter nach Draußen. Dort ging sie zu dem gegenüber liegenden Werkstatt-
und Garagengebäude. Hierbei handelt es sich um eine Garagenzeile mit fünf
Unterstellmöglichkeiten und fünf Garagentoren. Die zweite Garage von links stand offen.
In der Garage stand der Pkw ihres Schwiegervaters, ein älterer N1, Modell ###. Der
Wagen war vorwärts eingeparkt. Neben dem linken Vorderreifen stand ein Karton (50 x
60 cm) mit Altpapier und leeren Kunststoffflaschen. Die Angeklagte ging hin und
entzündete vorsätzlich den Karton. Sodann begab sie sich umgehend wieder in die
Wohnung im Obergeschoss. Der Ehemann der Angeklagten befand sich zu dieser Zeit
weiterhin im Badezimmer, war aber insoweit fertig. Möglicherweise weil sie wollte, dass
ihr Ehemann den Brand entdeckt, bat sie ihn, im Schlafzimmer schon einmal an den
Fenstern die Rollos herunter zu ziehen. Der Ehemann kam der Bitte nach. Dabei
entdeckte er den Brand. Das Feuer beschränkte sich zu dieser Zeit noch auf den Karton
und seinen Inhalt. Die Flammen waren noch nicht höher als die Motorhaube des
Fahrzeugs. Der Ehemann der Angeklagten alarmierte seine Familie und seine Eltern im
Erdgeschoss. Sein Vater verfolgte gerade ein Fußballspiel im Fernsehen. Dem
Ehemann der Angeklagten gelang es in der Folgezeit noch, den Pkw seines Vaters aus
der Garage rückwärts hinaus zu fahren. Der Pkw wies zu dieser Zeit bereits
Brandbeschädigungen im Bereich des linken Vorderreifens, des linken Kotflügels und
der linken Seite des Motorraumes auf. Anschließend wollte er auch den Garagenbrand
löschen. Dazu reichte aber der Gartenschlauch von der Länge nicht aus, er war zu kurz.
Schließlich fiel das Garagentor zu, weil inzwischen die Rollen des Toren geschmolzen
waren. Der Brand konnte nunmehr auf das Gebäude übergreifen. Es kam zum
Durchbrennen der Holzdecke und des Dachstuhls. An dem Gebäude und an den
gelagerten Gegenständen entstand ein Sachschaden von rund 20.000,- Euro. Der
Angeklagten wurde erst am Folgetag um 11.01 Uhr eine Blutprobe entnommen. Diese
ergab keinen Nachweis für eine Alkoholisierung.
45
Die Angeklagte war bei der Begehung allen Taten uneingeschränkt schuldfähig.
46
III.
47
Die vorstehenden Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme
durch die Kammer, dessen Inhalt und Umfang sich aus der Sitzungsprotokoll ergibt.
48
Die Feststellungen zur Person der Angeklagten beruhen auf ihren eigenen glaubhaften
Angaben. Ihr Ehemann hat diese Angaben bestätigt, soweit sie die Zeit betreffen, in der
er mit seiner Ehefrau zusammen ist. Gegenüber ihrer Therapeutin M4 hat die
49
Angeklagte im Rahmen ihrer Therapie gleichlautende Angaben zu ihrer Person
gemacht, wie die Zeugin M4 im Rahmen ihrer Vernehmung durch die Kammer bekundet
hat.
Zur Sache hat sich die Angeklagte nicht einlassen wollen. Im Rahmen der mehrtägigen
Hauptverhandlung hat sie aber einzelne Fragen beantwortet, worauf im Einzelnen noch
einzugehen sein wird.
50
Die Brände und ihr Verlauf sind der Kammer im Einzelnen von den Ermittlungsbeamten
M5 und L2 sowie dem Sachverständigen T2, soweit dieser sie selbst untersucht hat,
dargelegt worden. Die Kammer hat sich in diesem Zusammenhang auch die in der Akte
und den schriftlichen Gutachten des Brandsachverständigen T2 vorhandenen
Lichtbilder angesehen und sich dadurch ein eigenes Bild vom Geschehen machen
können. Ferner hat sie als Augenzeugen aller Brände den Ehemann der Angeklagten
als Zeugen vernommen. Dieser hat den Brandablauf ebenfalls wie festgestellt
geschildert. Die Feststellungen zur Schadenshöhe folgen aus den Angaben des in
erster Linie geschädigten Schwiegervaters der Angeklagten sowie der Aussage ihres
Ehemann. Genaue Schadensbeträge konnten beide Zeugen nicht nennen, da die
Brandversicherung die Schadensbeseitigung in den versicherten Fällen in die Hände
einer Fachfirma gegeben hat. Genaue Zahlen zur Schadenshöhe haben die Ts daher
nie erfahren. Die von den Zeugen genannten Beträge entsprechen aber den
Schätzungen der Polizei, wie der Ermittlungsbeamte M5 bestätigen konnte. Die Zeugen
M5 und L2 haben der Kammer auch über die von der Polizei in diesem Fall angestellten
Ermittlungsarbeiten berichtet.
51
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass
sämtliche sieben Brände das Ergebnis vorsätzlicher Brandstiftung sind. Ein technischer
Defekt oder ein Blitzeinschlag scheiden als Brandursache aus. Blitze sind von keinem
der Zeugen zu den Brandzeiten beobachtet worden. Lediglich bei dem großen
Scheunenbrand im Juni 2005 gab es einige Zeit zuvor einen kräftigen Regenguss. Ob
es dabei überhaupt zu Blitzen gekommen ist, hat sich nicht klären lassen. Der
Schwiegervater der Angeklagte konnte jedenfalls ausschließen, dass bei dem Schauer
oder Gewitter ein Blitz in die Scheune eingeschlagen ist. Nach seinen Bekundungen vor
der Kammer hielt er sich zum Zeitpunkt des Gewitters bis zum Brand in einer Werkstatt
auf, die sich am Ende der Scheune befand. Einen Blitzeinschlag in die Scheune hat er
nicht bemerkt. Hätte es einen solchen geben, hätte ihn der Schwiegervater aber schon
wegen der damit verbundenen Lautstärke bemerken müssen. Der Sachverständige T2
hat die Brandstelle zudem untersucht und keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass
das Feuer durch einen Blitz ausgelöst worden sein könnte.
52
Ein technischer Defekt hat die Brände ebenfalls nicht ausgelöst. Bei dem Brand in der
Pferdebox vom 28. Mai 2005 gab es lediglich unter der Decke eine stromführende
Leitung für die Beleuchtung. Diese kann für das Feuer im Stroh nicht ursächlich
gewesen sein. Sie blieb bis zum Schluss voll in Takt. Die Beleuchtung funktionierte
auch nach dem Brand noch einwandfrei, wie sich aus den Lichtbildern ersehen lässt.
Ein technischer Defekt in der Leitung lässt sich von daher ausschließen. Der
Brandsachverständige T2, der sich von diesem Brand erst im nachhinein anhand der
Aktenlage ein Bild machen konnte, hat diese Ansicht geteilt. Bei dem Brand an der M2er
Kapelle am 16. Oktober 2005 gab es im Umfeld des Stützpfahles insgesamt keine
technische Einrichtungen. Eine defekte Technik als Brandursache scheidet damit aus.
Gleiches gilt für den Brand vom 30. Januar 2008. Nach den Feststellungen des
53
Brandgutachters T2 und der insoweit glaubhaften Aussage des Ehemannes der
Angeklagten entwickelte sich der Brand in einem Wellpappkarton, der hinten in der
Garage neben dem Fahrzeug des Schwiegervaters auf dem Boden stand. Hier hat der
Ehemann den Brand entstehen sehen. Wie er bekundete, waren die Flammen am
Anfang gerade einmal so hoch wie die Kühlerhaube des Pkw. Elektroleitungen des
Gebäudes waren an dieser Stelle unten am Boden und auch darüber nicht verlegt. Nach
den Feststellungen des Sachverständigen, die er der Kammer im Termin
nachvollziehbar dargetan hat, verliefen in der Garage lediglich zwei Elektroleitungen,
und zwar eine rechtsseitig, die vom Netz abgetrennt war, und eine zweite links oberhalb
des Garagentores hinüber zur ersten Garage. Nach den plausibel Ausführungen des
Sachverständigen können diese Leitungen den Brand schon rein örtlich nicht ausgelöst
haben. Er hat die Leitungen zudem überprüft. An der zweiten Leitung links hat er eine
Lichtbogenverschmelzung feststellen können, die aber nach seinen Untersuchungen
eine Folge des Brandes war und diesen nicht ausgelöst hat. Die Autoelektrik kann das
Feuer ebenfalls nicht entfacht haben. Der Sachverständige hat die Elektronik des
Fahrzeug kontrolliert. Dabei hat er festgestellt, dass eine Sicherung des Pkw
durchgebrannt war. Diese gehörte zu einer Leitung im Innenkotflügel links. Diese
Leitung führte im ausgeschalteten Zustand keine Spannung. Zum Durchbrennen der
Autosicherung kam es nach den plausiblen Darlegungen des Sachverständigen T2 erst,
als der Ehemann der Angeklagten den Pkw nach der Entdeckung des Brandes startete,
die Leitung also unter Spannung setzte, und rückwärts aus der Garage fuhr. Da die
Leitung im Innenkotflügel vorne links zu diesem Zeitpunkt bereits durch den Brand
geschädigt war, kam es zum Durchbrennen der Autosicherung.
Bei den übrigen vier Bränden war der Sachverständige T2 ebenfalls von Beginn der
Ermittlungen an als Brandgutachter beauftragt und tätig. In allen vier Fällen hat er keine
Anhaltspunkte für eine technische Brandentstehungsursache feststellen
beziehungsweise diese Ursache sogar ausschließen können und hat als
Gesamtuntersuchungsergebnis jeweils Brandstiftung angenommen. Andere technisch
natürliche Ursachen hat er nicht gesehen. Die Kammer konnte seinen plausiblen
Ausführungen folgen. Der Sachverständige ist seit vielen Jahren mit Sachverstand als
Brandgutachter für die Polizei und die Gerichte tätig. Seine Untersuchungen sind der
Kammer als stets sehr gründlich und gewissenhaft bekannt.
54
Bei dem Brandschaden vom 13. Juni 2006 hat er das Schadensbild einige Tage nach
dem Brand untersucht und ausgewertet. Technische Einrichtungen konnte er im
Brandentstehungsbereich nicht mehr vorfinden. Unter dem Abdach soll sich eine
Steckdose ohne Verbraucher befunden haben, wie er vom Schwiegervater der
Angeklagten erfahren hat. Dies hat der Zeuge M1 T der Kammer gegenüber bestätigt.
Ebenso hat der Zeuge angegeben, dass es mit der Steckdose in der Vergangenheit
keine Probleme gegeben habe, insbesondere keine Stromausfälle. Der
Sachverständige hat insoweit keinen Anhaltspunkt für einen technischen Defekt an der
Steckdose und der zugehörigen Leitung gefunden. Die Kammer ist diesem
nachvollziehbaren Schluss gefolgt. Der Sachverständige hat die übrigen, nicht vom
Brand zerstörten elektrischen Einrichtungen in der Scheune untersucht und dabei, wie
er gegenüber der Kammer nachvollziehbar ausgeführt hat, keine sichtbaren Fehler oder
Beschädigungen gefunden.
55
Den Brandschaden vom 23. November 2005 hat der Sachverständige ebenfalls
eingehend untersucht. Seine Arbeit war in diesem Fall dadurch erschwert, dass die
Feuerwehr Teile des Brandschutts aus der Abstellkammer herausgeschafft und auf
56
einer Schubkarre zwischengelagert hatte. Der Sachverständige konnte sich nach
eigenen Angaben gleichwohl ein vollständiges Bild vom Brandhergang machen. Nach
seinen Angaben hatte er auch Zugang zu dem ausgelagerten Teil des Brandschutts,
wie sich dies auch aus seiner Bilddokumentation des Brandes ergibt. Der
Sachverständige hat anhand des freigelegten Spurenbildes festgestellt, dass sich der
Brand im Abstellraum oberhalb der Schreibtischoberfläche entwickelt hat. Hier befanden
sich auf der Tischplatte lokale Brandkonzentrationsspuren mit Schwerpunkt auf der
linken Seite. Eine weitere Brandkonzentration auf der rechten äußeren Seite des
Schreibtisches ist nach seinen Feststellungen durch die Ausweitung des Brandes
erfolgt. Rechts neben dem Schreibtisch habe sich ein Stapel mit Altpapier befunden, der
dann mit in Brand geraten sei. Der Zeuge M1 T hat bei seiner Vernehmung bestätigt,
dass dort Altpapier gelagert worden sei. Dies ergibt sich auch aus den Lichtbildern vom
Brandort, welche die Kammer in Augenschein genommen hat. Der Sachverständige hat
eine technische Ursache für die Brandentstehung ausgeschlossen. Der Abstellraum
hatte nach seinen Feststellungen eine Zwischendecke, über der verschiedene
stromführende Leitungen verlegt waren. Der Sachverständige hat diese Zwischendecke
geöffnet und eingesehen. Eine Brandentwicklung aus dem Zwischendeckenbereich
konnte er danach eindeutig ausschließen. Die vom ihm dazu gefertigten und von der
Kammer in Augenschein genommenen Lichtbilder bestätigen dies. Die Bewertung der
technische Einrichtungen des Abstellraumes, nämlich der Raumbeleuchtung
einschließlich Zuleitung und des Schalters sowie zwei Steckdosen, durch den
Sachverständigen hat ebenfalls keine Anhaltspunkte für einen technischen Defekt als
Brandursache ergeben. Der Sachverständige hat Teile der Einrichtung, nämlich den
Lichtschalter, die Zuleitung zum Lichtschalter und die Steckdose oberhalb der rechten
Oberkante des Schreibtisches im Labor mikroskopisch ausgewertet und dabei keinerlei
Auffälligkeiten festgestellt. Bei der Steckdose war an den Innenflächen deutlich
erkennbar, dass diese zur Brandzeit nicht mit einem Steckerstift belegt waren. Die
Kontaktoberflächen zeigten an keiner Stelle eine Lichtbogenspur. Materialablösungen
lagen ebenfalls nicht vor. Gleiches hat er auch bei der Zuleitung, die zum Lichtschalter
und zu der zweiten Steckdose neben der Tür führte, festgestellt. An keiner der
Leitungsadern war eine Lichtbogenverschmelzung vorhanden. Auf die labortechnische
Untersuchung der zweiten Steckdose neben der Tür hat der Sachverständige nach
eigenen Angaben verzichtet, weil diese erkennbar während des Brandes nicht belegt
gewesen sei. Die in Augenschein genommenen Lichtbilder bestätigen dies. Die
Steckdose ist dort abgelichtet. Sie ist auch von innen stark verrußt, was nicht zu erklären
gewesen wäre, wenn die Steckdose belegt gewesen wäre. Dafür, dass die Steckdosen
nicht belegt waren, spricht auch die weitere Aussage des M1 T, der bekundet hat, dass
der Raum nur noch als Abstell- und Bügelraum benutzt werde. Wenn seine Ehefrau dort
bügele, benutze sie die Steckdose rechts neben dem Schreibtisch. Nach dem Bügeln
müsse der Stecker wieder herausgezogen werden, was seine Ehefrau auch immer
gewissenhaft getan habe. Kurz vor dem Verlassen des Hauses am Tattag sei er noch im
Abstellraum gewesen, weil er Papiere für einen Besuch bei der Verwaltung gesucht
habe. Zu diesem Zeitpunkt sei noch alles in Ordnung gewesen. Es liegt zumindest
nahe, dass dem Zeugen ein heißes Bügeleisen, dass in Betrieb gewesen ist, bei seiner
Suche nach Papieren aufgefallen wäre, was es aber nicht ist. Obgleich der
Sachverständige festgestellt hat, dass die Steckdosen bei dem Brand nicht belegt
waren, hat er die Rückstände von den Geräten, die sich nach Angaben des M1 T in der
Nähe des Brandentstehungsortes befunden haben, zusätzlich überprüft. Dies waren das
Bügeleisen sowie ein Radio mit einem Plattenspieler, das auf einem Regal oberhalb
des Schreibtisches gestanden hatte. Messtechnisch war das Bügeleisen in Ordnung
und zeigte keine Auffälligkeiten. An der Leitung waren keine Lichtbogenspuren
vorhanden. Nach den Spuren an dem Stecker lag dieser zur Brandeinwirkungszeit auf
einer Fläche. Damit scheidet das Bügeleisen als Brandverursacher auch aus diesem
Grunde sicher aus. Von dem Radio mit Schallplattenspieler konnte der Sachverständige
die Leitung und die Steckerstifte überprüfen. Hier fanden sich keine Lichtbogenspuren.
Nach der Aussage des M1 T war das Radio auch nicht mehr in Betrieb und nicht mit
dem Stromnetz verbunden. Dies deckt sich mit den Feststellungen des
Brandsachverständigen T2. Die Kammer vermochte ihm damit in allen Punkten zu
folgen.
Die Feststellungen des Sachverständigen T2 werden durch die Ausführungen des von
der Verteidigung in das Verfahren eingebrachten weiteren Brandgutachters C1 nicht in
Zweifel gezogen und bleiben Grundlage der Entscheidungsfindung der Kammer. Der
Sachverständige C1 ist ebenfalls ein erfahrener Brandgutachter. Dieser hat sich in einer
schriftlichen Stellungnahme vom 22. Dezember 2007, welche die Kammer durch
Vorhalte im Rahmen der Anhörung beider Sachverständiger eingeführt hat, unter
anderem mit dem hier in Rede stehenden Brand vom 23. November 2005 befasst und
dabei die bisherigen Feststellungen des Sachverständigen T2 und des Amtsgerichts
hinterfragt. Darin kommt er zusammengefasst zu Zweifeln an der Richtigkeit der
getroffenen Feststellungen. Der Brand könne, so seine damalige Meinung, durchaus die
Folge eines unachtsamen Umgangs mit Zigarettenglut, Kerzen oder Teelichtern sein,
weiter könnten mit der Auslagerung von Teilen des Brandschutts wesentliche
Gegenstände und Spurenbilder verloren gegangen sein, so dass ein technischer Defekt
zumindest nicht eindeutig auszuschließen sei. Der Sachverständige hat ferner gemeint,
dass mikroskopische Untersuchungen einen nur geringen Beweiswert hätten, dass der
genaue Zeitpunkt der Brandentstehung anhand der Spurenlage nicht zu ermitteln sei
und schließlich, dass der Brand nach seiner Meinung nicht auf der Schreibtischplatte,
sondern dem Regal darüber entstanden sei. Der Brandsachverständige C1 hatte seine
Stellungnahme im Wesentlichen anhand der Akten ohne brauchbare Lichtbilder erstellt.
Diese hat ihm die Kammer dann zur Verfügung gestellt. Ferner hat er an der
Hauptverhandlung teilnehmen können. Danach hat er eine Zigarette als Brandauslöser
für nicht mehr wahrscheinlich erachtet. Dagegen spreche insbesondere der Zeitablauf
und der Umstand, dass gegen 10.15 Uhr, als die beiden Bediensteten des
Ordnungsamtes auf dem Hof erschienen seien, noch keine Rauchentwicklung
festzustellen gewesen sei. Zumindest ein stundenlanger Schwelbrand dürfe damit
ausscheiden. Gegen einen schnelleren Schwelbrand wiederum würde sprechen, dass
der Raum allenfalls durch die einen Spalt breit geöffnete Tür mit Zuluft versorgt worden
sei, was nicht ausgereicht haben dürfte, um aus einer Zigarettenglut einen schnellen
Brand entstehen zu lassen. Für die Kammer scheidet eine Zigarette als Brandauslöser
auch aus anderem Grunde aus. Einziger Raucher in der Familie T ist die Angeklagte.
Die anderen Familienmitglieder sind strikte Nichtraucher, wie dies unter anderem der
M1 T und auch sein Sohn bekundet haben. Für den Ehemann war dies, wie er
gegenüber der Kammer bekundet hat, zumindest früher ein echter Streitpunkt. Die
Angeklagte ging deshalb, was unter anderem die Zeuginnen T3, W und E ausgesagt
haben, heimlich anderenorts rauchen. Sie hatte dabei fast panische Angst, entdeckt zu
werden. Die Angeklagte hätte deshalb unter keinen Umständen innerhalb des
Wohnhauses, weder im Erd- noch im Obergeschoss, geraucht. Denn die Gefahr war viel
zu groß, wegen des Qualmgeruches der Zigarette aufzufallen. Dass das Feuer durch
eine Kerze entzündet worden sein könnte, ist fernliegend und auszuschließen. Die
Abstellkammer hatte Licht und war kein geeigneter Raum für eine Pause bei
Kerzenlicht. Soweit der Sachverständige C1 gemeint hat, mit dem Auslagern des
Brandschutts könnten wichtige Gegenstände und Spuren verloren gegangen sein, die
57
einen technischen Defekt belegen könnten, so gibt es dafür zumindest keinen
Anhaltspunkt. Die technischen Einrichtungen des Abstellraumes standen dem
Sachverständige T2 uneingeschränkt zur Überprüfung zur Verfügung. Die beiden
technischen Geräte, von denen auch der M1 T berichtet hat, dass sie auf dem
Schreibtisch beziehungsweise auf dem Regal darüber standen, nämlich das Bügeleisen
und das Radio, hat der Sachverständige T2 ebenfalls untersuchen können, wie schon
ausgeführt. Sollte es daneben weitere Elektrogegenstände gegeben haben, die bei dem
teilweise Ausräumen der Abstellkammer verloren gegangen sein sollten, lässt sich bei
diesen bereits kein örtlicher Zusammenhang mit dem Brandentstehungsort feststellen.
An das Stromnetz waren sie jedenfalls nicht angeschlossen, weil die Steckdosen in
dem Raum nicht belegt waren, wie schon festgestellt. Soweit der Sachverständige C1
meint, mikroskopische Untersuchungen hätten nur einen geringen Beweiswert,
vermochte die Kammer dem zumindest hier nicht zu folgen. Der Sachverständige T2
verfügt nach eigenen Angaben über eine hochwertige Laboranlage, die eine genaue
mikroskopische Untersuchung ermöglicht. Darüber hinaus beruhen die Erkenntnisse
des Sachverständigen T2, wie ausgeführt, nicht nur auf seinen Untersuchungen mit dem
Mikroskop. Der genaue Brandentstehungszeitpunkt dürfte durch das Brandbild nicht zu
ermitteln sein. Insoweit vermochte die Kammer dem Sachverständige C1 folgen. Dies
hat der Sachverständige T2 in der Hauptverhandlung allerdings auch nicht anders
gesehen. Die Kammer hat den Zeitpunkt der Brandlegung deshalb auch nicht genau
feststellen können, sondern nur den Meldezeitpunkt, über den der Zeuge M5 berichtet
hat. Der Meldezeitpunkt war 11.23 Uhr. Der Brand dürfte nicht wesentlich früher gelegt
worden sein. Es ist anzunehmen, dass die Angeklagte das Feuer erst nach 10.15 Uhr
gelegt hat. Zu dieser Uhrzeit waren noch die Bediensteten des Ordnungsamtes L3 und
H1 wegen der entlaufenen Ziegen auf dem Hof und hatten eine kurze Unterhaltung mit
der Angeklagten. Dabei stand diese im Rahmen der offenen Haustür zur
Erdgeschosswohnung der Schwiegereltern. Das haben beide Zeugen übereinstimmend
bekundet. Zu dieser Zeit war nach ihren Angaben Flammen oder Qualm noch nicht zu
sehen. Die Zeugen waren sich auch hinsichtlich des Zeitpunkt ihres Erscheines auf dem
Bauernhof sicher. Sie waren mit einem Dienstwagen unterwegs, den sie für genau
10.00 Uhr reserviert hatten. Sie haben den Wagen pünktlich übernommen und
brauchten dann noch fünfzehn Minuten von ihrer Behörde bis zum Hofe T. Die Zeugen
haben einen uneingeschränkt glaubwürdigen Eindruck gemacht, so dass ihren
Aussagen insoweit gefolgt werden konnte. Vermutlich dürfte die Angeklagte den Brand
sogar noch später gelegt haben, weil es kurze Zeit nach dem Besuch des
Ordnungsamtes auch noch ein Zusammentreffen der Angeklagten mit der Zeugin T3 auf
dem Hofgelände gegeben hat. Die Zeugin hat davon gegenüber der Kammer glaubhaft
berichtet. Diese Zeugin hat nach eigenen Angaben ebenfalls keine Anzeichen eines
Brandes bemerkt, obgleich sie direkt vor dem Wohnhaus stand.
Soweit der Brandsachverständige C1 in seiner Stellungnahme gemeint hat, der Brand
sei seiner Meinung nach nicht auf der Schreibtischplatte, sondern auf dem Regal
darüber entstanden, hat er dies zum Schluss nicht mehr für wahrscheinlich erachtet. Er
hat seine anfängliche Meinung daran festgemacht, dass die Schreibtischplatte
angesichts des Ausmaßes des Brandes größere Brandbeschädigungen hätte aufweisen
müssen. Die Vernehmung des Zeugen M1 T hat aber ergeben, dass der Schreibtisch
mit zwei Bügeldecken zu einem Bügeltisch umfunktioniert war. Der Sachverständige T2
hat bei seinen Untersuchungen auch Deckenreste auf dem Tisch gefunden. Bevor es
also zu ersten Brandbeschädigungen auf der Schreibtischplatte kommen konnte,
musste es erst zum Durchbrennen der beiden Decken kommen. Das erklärt, auch aus
der Sicht des Brandsachverständigen C1, weshalb die Schreibtischplatte nicht noch
58
größere Brandbeschädigungen aufgewiesen hat. Ein Brandbeschleuniger dürfte bei
dem Brand nicht benutzt worden sein. Der Sachverständige T2 hat dafür zumindest
keine Anhaltspunkte finden können. Es roch weder nach Benzin oder anderen
Brandbeschleunigern, noch fanden sich Brandbeschleunigerspuren. Die Messungen
waren ebenfalls negativ. Bei einer von ihm nach dem Brand sichergestellten Flasche mit
einem für ihn unklaren Inhalt handelte es sich lediglich um Hustensaft des Zeugen M1 T,
wie dieser der Kammer glaubhaft berichtet hat.
Bei dem Wohnzimmerbrand vom 23. Dezember 2005 scheidet ein technischer Defekt
als Brandursache ebenfalls aus. Der Brandsachverständige T2 hat das Spurenbild noch
vor Ort auswerten können. Soweit es durch die Löscharbeiten der Feuerwehr zu
Veränderungen gekommen war, konnte der Sachverständige die Ausgangslage
rekonstruieren. Nach seinen Feststellungen, welche sich in den Lichtbildern vom
Brandort, welche die Kammer in Augenschein genommen hat, wiederfinden, befand
sich im Wohnzimmer zwischen den beiden dortigen Fenstern ein künstlicher
Weihnachtsbaum. Der Brand entstand nach den Ermittlungen des Gutachters zwischen
dem Aufstellbereich des Weihnachtsbaumes und der Giebelwand. In dem Brandzentrum
befand sich eine Übergardine links neben dem von Innen gesehen rechten Fenster, die
weitgehend verbrannte. Übergardinen waren jeweils beidseitig an den
Fensterelementen gerade hängend angeordnet und sie führten bis etwa 20 cm
unterhalb der Fensterbank. Dies hat der Zeuge S T der Kammer bestätigt. Rechts neben
dem Weihnachtsbaum stand ein Sessel, der durch den Brand weitgehend zerstört
wurde. Nach dem Spurenbild hat sich der Brand an dem Sessel nicht von der Sitzfläche
aus entwickelt, sondern er wurde von der linken Außenseite auf den Sessel übertragen.
Anhand der Lichtbilder, die in Augenschein genommen wurden, lässt sich dies gut
nachvollziehen. In der Nähe des Brandzentrums befanden sich verschiedene
technische Einrichtungen, die den Brand aber nach den Untersuchungen des
Sachverständigen nicht ausgelöst haben.
59
In dem Weihnachtsbaum befanden sich zwei Lichterketten. Diese bestanden aus
selbstverlöschenden Materialien. Die Kerzenbirnen hatten eine niedrige Wattzahl und
erzeugten nach den Ausführungen des Sachverständigen T2 keine ausreichende Hitze,
um einen Brand auslösen zu können. Der Brandsachverständige C1 hat dies zwar
anders gesehen, der Einholung eines Obergutachtes bedurfte es gleichwohl nicht. Der
im Schlussvortrag des Verteidigers diesbezüglich gestellte Hilfsbeweisantrag war
zurückzuweisen. Dies hat folgenden Grund: Der Sachverständige C1 hat in seinem
mündlichen Gutachten davon berichtet, dass er mit den Kerzenbirnen einen Versuch
unternommen habe. Er habe die Kerzen mit einer Art Eierwärmer fest anliegend
umschlossen und sie dann in Betrieb genommen. Nach einer längeren Betriebsdauer
hätte sich dann trotz der niedrigen Wattzahl ein erheblicher Hitzestauer unter der
Wärmekappe ergeben und der Stoff des Wärmehäubchens sei durch die Hitze sogar
leicht braun angelaufen. Zu einem Brand sei es allerdings nicht gekommen. Der
Sachverständige C1 wollte es daher nicht ausschließen, dass es einen Extremfall
gegeben haben könne, bei dem eine der Kerzenbirnen der
Weihnachtsbaumbeleuchtung von der Übergardine fest umschlossen gewesen sei, und
es dann zum Hitzestau und weiter zum Brand gekommen sei. Der Sachverständige T2
hat es aus tatsächlichen Gründen für ausgeschlossen erachtet, dass es ein solches
Szenario gegeben haben könne. Nach dem Spurenbild habe der Weihnachtsbaum links
neben und etwas vor der Übergardine gestanden. Eine Berührung sei bereits nicht
feststellbar. Es sei nicht vorstellbar, dass die Gardine entgegen ihrer Bestimmung nicht
herunter gehangen, sondern im Baum eine der Kerzenbirnen eng umschlungen habe.
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Die Kammer konnte dem uneingeschränkt folgen, zumal der Zeuge S T ausgesagt hat,
dass die Gardinen tatsächlich gerade seitlich der Fenster herunter gehangen hätten. In
der Sache geht es nur um Fragen der tatsächlichen Gegebenheiten, über welche sich
die Sachverständigen nicht einig waren. Hierüber konnte sich die Kammer ein eigenes
Bild machen. Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es insoweit nicht.
Der Brandgutachter C1 hat schließlich zur Wahrscheinlichkeit seiner Hypothese
ausgeführt, dass es tatsächlich nicht wahrscheinlich sei, dass die Kerzenlichter den
Brand ausgelöst haben. Neben den besonderen Umständen, die dazu hätten vorliegen
müssen, dürfte auch die zur Brandentstehung zur Verfügung stehende Zeit vermutlich
nicht gereicht haben. Der Sachverständige T2 hat auch hier die Technik, die sich im
Brandbereich befand, untersucht. Hierbei handelte es sich um zwei Wandsteckdosen,
die belegt waren mit einer Stehlampe und einer Fünffachtischsteckdose. In drei der
Steckdosen der Steckdosenleiste befanden sich als angeschlossene Verbraucher die
beiden Lichterketten und das elektrische Lagerfeuer der Krippe. Der Sachverständige
hat bei diesen Dingen keine technische Brandentstehungsursache feststellen können.
Er hat dabei erneut Laboruntersuchungen durchgeführt. An den Leitungslitzen der
elektrischen Krippenbeleuchtung wurden keine Lichtbogenverschmelzungen erkannt.
Auch an den Enden der Leitungsadern zeigten sich keine Auffälligkeiten. Die
Glimmbirne war äußerlich unbeschädigt und zeigte unter Spannung einen ungestörte
Betrieb. Sie erwärmte sich auch nach drei Stunden Betriebszeit nicht. Das elektrische
Krippenfeuer schied damit nach dem nachvollziehbaren Untersuchungsergebnis als
Brandursache aus. Die Überprüfung der Anschlussleitung der Stehlampe im Labor
ergab ebenfalls, dass sie nicht die Brandursache war. Lichtbogenspuren waren nicht zu
erkennen. Sonstige Auffälligkeiten waren nicht zu erkennen. Wie die in Augenschein
genommen Lichtbilder belegen, stand die Lampe zur Brandzeit. Der Abdruck des
runden Lampenfußes ist deutlich auf dem Teppich zu erkennen. Die Stehlampe
scheidet damit ebenfalls als Brandursache aus. Die Untersuchung der
Fünffachsteckdose, die im Brandbereich auf dem Boden lag, ergab, dass diese zur
Brandzeit eingeschaltet war. Hiervon war die Kammer bereits bei den obigen
Überlegungen zu den Kerzenbirnchen als möglichen Brandursache ausgegangen. Die
Untersuchung des Steckers einer der beiden Lichterketten und dessen Leitung unter
dem Mikroskop ergab, dass die Leitung nach 38 cm vom Stecker gemessen
unterbrochen war. Hier bestand zwischen den beiden Leitungsadern eine
Lichtbogenverschmelzung. Der Sachverständige hat dies fotografisch dokumentiert. Die
Kammer hat die Bilder in Augenschein genommen und nachvollzogen. Der
Sachverständige hat die Verschmelzung an dieser Stelle der Leitung als Folge des
Brandes bewertet, nicht jedoch als dessen Ursache. Brennende Teile seien auf die
Leitung gefallen. Hier habe sich das Brandzentrum befunden. Dies wird durch die
Lichtbilder belegt. Auch habe es sich um eine Verschmelzung gehandelt und nicht um
einen Partikelsprung. Am Ende blieb eine Uneinigkeit unter den beiden
Brandgutachtern noch in Bezug auf den Schließzustand der Fenster. Der
Sachverständige T2 hat ausgeführt, beide Fenster seien beim Brand geschlossen
gewesen, der Brandgutachter C1 dagegen hat gemeint, dass das von innen gesehen
rechte Fenster auf Kipp offen gestanden habe. Er hat darauf hingewiesen, dass der
obere Blendrahmen nicht mehr weiß gewesen sei. Für letztere Ansicht würde sprechen,
dass der M1 T in seiner Aussage davon gesprochen hat, dass er unten im Erdgeschoss
durch absteigende Rauchschwaden auf den Brand aufmerksam geworden sei. Dazu hat
der Sachverständige T2 angemerkt, der Qualm sei in diesem Fall durch die
Rollladenkästen nach Draußen gelangt. Er habe die Beschläge der Fenster kontrolliert
und danach seien die Fenster geschlossen gewesen. Der Sachverständige T2 dürfte
61
daher mit seiner Meinung Recht haben, da diese auf einer Untersuchung der Fenster
vor Ort und nicht nur anhand von Lichtbildern beruht. An der Bewertung des Falles
ändert es letztlich nichts, wenn das Fenster zur Tatzeit auf Kipp offen gestanden haben
sollte, was nicht feststeht. Eine Brandstiftung durch einen Brandsatz von Außen
scheidet aus. Dagegen spricht eindeutig das Spurenbild. Zudem liegt die Wohnung im
Obergeschoss, so dass an das Fenster niemand ohne weiteres heran konnte.
Auch bei dem Brand vom 20. März 2007 scheidet ein technischer Defekt als
Brandursache aus. Der Sachverständige hat bei seinen Untersuchungen der
Brandstelle festgestellt, dass der primäre Brandschaden in der Scheune auf den
sogenannten Entenstall begrenzt war. Hier zeigte sich eine lokale Konzentration in der
hinteren linke Raumecke, an dem hier gelagerten Stroh und einem vor der Wandfläche
abgestellten Holzgatter. In der Nähe hierzu befanden sich als technische Einrichtungen
ein Lichtschalter, eine Wandlampe und zwei Leuchtstofflampen, jeweils nebst Zuleitung.
Der Sachverständige hat die Technik im Labor untersucht und auch in diesem Fall keine
Auffälligkeiten und keine Anhaltspunkte für eine Brandentstehung aus dem technischen
Bereich feststellen können.
62
Für Brandstiftung und gegen andere Ursachen sprechen auch die folgenden weiteren
Umstände:
63
Bei dem Brand im Erdgeschoss vom 23. November 2005 war die Tür zur Abstellkammer
vor dem Brand geschlossen, bei dem Brand dann aber offen. Dass die Tür während des
Brandes offen war, hat der Sachverständige T2 der Kammer anhand der Lichtbilder
nachvollziehbar erläutert. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass an der Tür
sogenannte Druckentlastungsspuren fehlen. Durch den Brand in dem Raum wäre bei
verschlossener Tür ein Überdruck entstanden. Rauch wäre durch den Druck nach
Außen gepresst worden und hätte an der Außenseite der Tür zu strahlenförmigen
Spuren geführt. Diese fehlen aber, wie sich dies aus den Lichtbildern von der Innentür
ergibt. Beim Brand im Obergeschoss, bei dem die Wohnzimmertür geschlossen war,
sind die Druckentlastungsspuren dagegen gut auf den Lichtbildern zu erkennen. Die
Lichtbilder der Tür zur Abstellkammer zeigen schließlich auch, dass der obere Rahmen
auch zur schmaleren Flurseite Brandrauchverschmutzungen aufweist. Wenn die Tür
geschlossen gewesen wäre, wäre dieser Teil des Rahmens durch die Tür abgedeckt
gewesen. Es wären dann nur Druckentlastungsspuren zu erwarten gewesen. Bei dem
Brand stand die Tür also offen. Vor dem Brand war die Tür verschlossen, wie der
Schwiegervater der Angeklagten der Kammer glaubhaft vermittelt hat. Nach seiner
Aussage war er am Brandtag noch kurz vor dem Verlassen des Hauses in der
Abstellkammer, um dort nach bestimmten Unterlagen zu suchen. Die Kammer habe er
danach wieder fest verschlossen. Die Tür sei seinerzeit defekt gewesen, das
Schnappschloss habe nicht mehr funktioniert. Deswegen habe die Tür immer mit dem
Schlüssel abgeschlossen werden müssen, andernfalls sei sie von selbst etwa 20 cm
weit aufgegangen. Der Zeuge war sich aus zwei Gründen ganz sicher, die Tür fest
zugemacht zu haben. Zum einen könne es seine Frau nicht ertragen, dass im Hause
Türen offen stünden. Hieran habe er sich während der lange Ehe mit ihr gewöhnt und er
folge ihrem Wunsch, auch um keinen Ärger zu bekommen. Zum anderen habe er am
fraglichen Morgen nach dem Verlassen der Kammer seine Jacke geholt und sei dann
nochmals an der Kammer vorbei durch den engen Flur nach Draußen gegangen.
Spätestens jetzt wäre ihm die Tür aufgefallen, wenn sie offen gestanden hätte. Er hätte
sie spätestens dann abgeschlossen. Dies wäre ihm sicherlich auch im Zusammenhang
mit dem Branderlebnis in Erinnerung geblieben. Die Kammer vermochte dieser
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lebensnahen Darstellung des Zeugen uneingeschränkt zu folgen. Seine Ehefrau konnte
dazu nicht befragt werden, da sie von ihrem Schweigerecht als Schwiegermutter der
Angeklagten Gebrauch gemacht hat. Der Zeuge hat auch bei seiner sonstigen
Vernehmung einen insgesamt glaubwürdigen und positiv offenen Eindruck hinterlassen.
Zu keinem Zeitpunkt hatte man bei ihm den Eindruck, er könne seine Schwiegertochter
zu Unrecht be- oder entlasten wollen. Seine Aussage in diesem Punkt wird auch nicht
durch die Aussage des S T, seines Sohnes, in Zweifel gezogen. Dieser hat bei seiner
ersten Vernehmung durch die Kammer am zweiten Verhandlungstag ungefragt erklärt,
die Tür zum Abstellraum habe häufiger offen gestanden und er sei morgens des öfteren
dagegen gelaufen. Diesem Aussageinhalt konnte die Kammer keinen Beweiswert
beimessen. Der Zeuge war hier offensichtlich bemüht, die Beweislage hier zugunsten
seiner Ehefrau, von dessen Unschuld er offenbar überzeugt ist, zu verbessern. Die
Kammer hat ihn befragt, wie er zu dieser Angabe komme und ob er etwa mit jemanden
über diesen Punkt gesprochen habe. Die Kammer hatte den M1 T am ersten
Verhandlungstag gehört und dabei auch darauf hingewiesen, dass es ein erhebliches
Detail wäre, von dem er da im Zusammenhang mit der Tür zu berichten habe. Der S T
bestritt, mit jemanden über diesen Punkt geredet zu haben, insbesondere nicht mit
seinem Vater. Dieser wurde daraufhin nochmals vernommen und sagte gänzlich
unbefangen aus, sein Sohn habe ihn nach dem ersten Termin auf seine Aussage
angesprochen, diese habe sein Sohn für eher ungünstig erachtet. Die Kammer hat dem
S T dies vorgehalten, woraufhin dieser einräumte, der Kammer insoweit nicht die
Wahrheit gesagt zu haben. Weiter gab er zu, am ersten Verhandlungstag an der
verschlossenen Sitzungstür gelauscht und dabei die Aussage seines Vaters
mitbekommen zu haben. Die Kammer hatte ihn am ersten Verhandlungstag jedoch vor
Beginn der Sitzung gebeten, als Zeuge draußen zu warten, da er die Aussagen der
anderen Zeugen nicht mitbekommen solle. Danach hatte die Kammer die Aussage des
Zeugen S T stets sehr vorsichtig zu bewerten. Was die Tür zum Abstellraum und seine
Angaben dazu angeht, hat sie ihm nicht geglaubt. Hier ist sie der Aussage des M1 T
gefolgt, der sich, wie festgestellt, sicher war, dass er die Tür wieder verschlossen hat.
Damit steht fest, dass der Raum nach dem Weggehen der Schwiegereltern T und noch
vor dem Brand betreten wurde, und zwar von der Angeklagten. Hiervon ist die Kammer
überzeugt, was noch darzulegen ist.
Gegen eine Brandentstehung durch technische Ursachen spricht auch folgendes:
Losgelöst von den Feststellungen durch den Brandsachverständigen wäre ein
technischer Defekt abstrakt möglich bei allen sieben Bränden oder auch in Kombination
mit Brandstiftung bei einem Brand oder mehreren Bränden. Beide Möglichkeiten
erscheinen in der Serie aber gänzlich unwahrscheinlich. Eine defekte Technik in sieben
Fällen wäre eher denkbar, wenn die Technik entsprechend marode gewesen wäre. Dies
war hier aber nicht der Fall. Sowohl die Zeugen S und M1 T als auch der
Sachverständige T2 haben die Elektroanlage des Hofes als gut beziehungsweise
unauffällig bezeichnet. Zu Ausfällen ist es in der Vergangenheit nicht gekommen. Es
erscheint auch unwahrscheinlich, dass hier neben Brandstiftung es im Einzelfall oder in
mehreren Einzelfällen eine technische Brandursache gegeben haben könnte und dass
sich diese dann noch nicht einmal durch einen Gutachter feststellen lässt. Dabei soll
nicht unerwähnt bleiben, dass es am 12. Dezember 2005 im Hause T eine
Verschmorung hinter der Holzverkleidung an der Kellertreppe gegeben hat, wie der
Zeuge M5 berichtet hat. Hier entstand ein Brandloch in der Holzverkleidung mit einer
Größe von etwa 10 x 3 cm. Hier hat sich die Ursache aber klären lassen. Wie der Zeuge
S T glaubhaft berichtet hat, lag hier ein Fehler des gewerblichen Brandsanierers W2 vor,
der die Verteilerdose nicht wieder richtig angeschlossen hatte.
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Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die Angeklagte die Brände gelegt hat. Für
ihrer Täterschaft spricht folgendes:
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Die Angeklagte war bei allen Bränden vor Ort und hatte auch die Zeit und die
Gelegenheit, die Feuer zu entfachen. Bei dem ersten Brand vom 28. Mai 2005 war sie
auf dem Hof. Sie war zunächst mit im Gartenhaus, wie ihr Ehemann ausgesagt hat, und
sollte dann den Jungen ins Bett bringen. Die Scheune stand offen. Hier konnte sie
unbemerkt das Feuer legen. Vom Obergeschoss der Hauses hat sie dann ihren
Ehemann von dem Feuer unterrichtet, wie dieser weiter bekundet hat.
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Bei dem großen Scheunenbrand vom 13. Juni 2005 war sie ebenfalls auf dem Gehöft.
Als der Brand entdeckt wurde, kam sie zum Geschehen hinzu, wie ihr Schwiegervater
der Kammer berichtet hat. Vorher konnte sie unbemerkt das Feuer in der Scheune
legen. Ihr Schwiegervater war in der Werkstatt, wie er bekundete, und seine Ehefrau
ging anderen Arbeiten nach. Die Angeklagte war insoweit für sich allein.
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Bei dem Feuer an der M2er Kapelle am 16. Oktober 2005 war sie ebenfalls auf dem
Gehöft. Mit ihrem Ehemann ging sie kurz vor dem Brand gemeinsam aus der Wohnung
nach Draußen. Hier trennten sich beide. Ihr Ehemann glaubte, wie er ausgesagt hat, sie
halte Ausschau nach verdächtigen Personen hinten im Garten. Erst später kam sie zu
dem Gespräch ihres Ehemannes mit den Polizeibeamten hinzu. An dieses Detail
konnten sich die Beamten T4 und S4 zwar nicht mehr erinnern, dafür wusste es noch
der Ehemann, der davon berichtete, dass seine Ehefrau sich erst später dazu gestellt
habe. Die M2er Kapelle liegt, wie die Lichtbilder gezeigt haben, direkt am Hofe der T nur
wenige Meter von dem Wohnhaus entfernt, so dass die Angeklagte nur wenig Zeit
benötigte, um den Mulch und den Holzstab zu entzünden. Nach der Aussage des S T
wurde der Brand dann auch gleich, nachdem die Angeklagte hinzugetreten sei, von
einem der Beamten noch im Anfangsstadium entdeckt und gelöscht, was belegt, dass
der Brand während der kurzen Abwesenheit der Angeklagten gelegt wurde. Obgleich
die Polizeibeamten und der Ehemann der Angeklagten während ihres Gesprächs
Sichtkontakt zu der späteren Feuerstelle hatten, mussten sie nicht bemerken, dass die
Angeklagte zur Kapelle schlich und dort Feuer legte, denn die Brandstiftung ist ihnen
tatsächlich unbemerkt geblieben. Es war dunkel und sie bemerkten den Brand erst, als
die Flammen in der Dunkelheit der Nacht anfingen zu flackern, wie alle drei Zeugen
glaubhaft bekundet haben.
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Bei dem Brand in der Abstellkammer vom 23. November 2005 war die Angeklagte als
einziges Familienmitglied auf dem Hof. Ihre Kinder waren, was sie bestätigt haben,
schon ab kurz nach 7.00 Uhr zur Schule. Ihr Ehemann war nach seinen glaubhaften
Angaben schon vor den Kindern zur Arbeit gefahren. Die Schwiegereltern hatten nach
der Aussage des M1 T einen Arzttermin und planten einen Behördengang. Sie brachen
um 9.30 Uhr auf. Sie alle kehrten nach ihren glaubhaften Angaben erst nach der
Entdeckung des Brandes zur Hofanlage zurück. Die Angeklagte blieb hier allein und
wurde unter anderem um 10.15 Uhr von den Zeugen L3 und H1 und gegen 10.30 Uhr
von der Zeugin T3 angetroffen. Nach der Aussage des Zeugen M5 war es auch die
Angeklagte, die den Brand dann gemeldet hat. Die Angeklagte hatte auch Zugang zur
Erdgeschosswohnung ihrer Schwiegereltern. Diese konnte sie über die Zwischentür
zwischen den beiden Wohnungen betreten. Die Zeugen L3 haben die Angeklagte auch
um 10.15 Uhr aus der Erdgeschosswohnung der Schwiegereltern kommen sehen.
Dessen waren sie sich ganz sicher. Sie konnten sich unter anderem an die weiße
70
Haustür der Schwiegereltern erinnern.
Am Vormittag und Mittag des 23. Dezember 2005 waren die Kinder der Angeklagten
nach eigenen glaubhaften Angaben erneut zur Schule. S T war, wie er glaubhaft
ausgesagt hat, zur Arbeit und unterwegs. Die Schwiegermutter war nach den
Bekundungen des M1 T in der Ersatzwohnung in P und er selbst hielt sich auf dem Hof
auf, um nach dem Rechten zu sehen und einige Dinge zu erledigen. Die Angeklagte
blieb nach den Angaben des S T an diesem Tage zu Hause. Als der M1 T nach der
Brandentdeckung ihren Namen rief, kam sie umgehend zum Brandgeschehen vom
Hofgelände hinzu. Zum Legen des Feuers in dem Wohnzimmer hatte sie zuvor
ausreichend Zeit und Gelegenheit. Ab Morgens blieb sie allein in der Wohnung und dies
für längere Zeit. In dieser Zeit konnte sie das Feuer unbemerkt entfachen. Ob sie
mitbekommen hat, dass ihr Schwiegervater auf den Hof gekommen war, ist unklar. Er
blieb jedenfalls in seiner Wohnung. Ganz allgemein gingen die Schwiegereltern nach
Angaben des M1 T nur selten nach oben zu den jungen Leuten. Vielmehr kamen diese
nahezu ausnahmslos herunter zu den alten Ts. Damit musste die Angeklagten kaum
befürchten, von dem Schwiegervater bei dem Legen des Feuers überrascht zu werden.
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Bei dem Brand vom 20. März 2007 war die Angeklagte ebenfalls auf der Hofanlage. Ihr
Schwiegervater lag im Koma im Krankenhaus. Er war einige Tage zuvor bei einem
Sturz verunglückt, wie er berichtet hat. Die Kinder waren, wie sie bekundet haben, zur
Schule. Der Ehemann der Angeklagten war nach eigenen Angaben unterwegs. Neben
der Angeklagten war nur noch ihrer Schwiegermutter anwesend. Nach der Aussage der
Zeugin E hielt sich die Angeklagte von etwa 10.00 bis 12.00 Uhr bei ihr auf dem
Nachbarhof auf und kehrte dann nach Hause zurück. Nach der Aussage des Zeugen S
T kam er gegen 12.20 Uhr von einem Termin aus W1 zurück und entdeckte dabei den
Brand in dem Entenstall, von dem er glaubte, ihn noch selbst löschen zu können, was
ihm aber nicht gelang. Damit hatte die Angeklagte auch in diesem Fall ausreichend Zeit
und Gelegenheit, den Brand unbemerkt nach ihrer Rückkehr vom Nachbarhof zu legen.
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Die Angeklagte hatte auch die Zeit und die Gelegenheit, den Brand vom 30. Januar
2008 zu legen. Die Feststellungen dazu beruhen in erster Linie auf der Aussage des
Zeugen S T, der den Ablauf des Abends im Einzelnen geschildert hat. Zur
Brandentstehungszeit war er im Badezimmer. Nach seiner ersten Aussage bei der
Polizei, die ihm vorgehalten wurde und zu der er einräumt, sie so gemacht zu haben,
hielt er sich für etwa fünf bis zehn Minuten im Badezimmer auf. Er habe sich gewaschen,
die Zähne geputzt und sei auf die Toilette gegangen. Nach den Feststellungen des
Polizeibeamten L2 reichten schon 1 Minute 46 Sekunden aus, um von der
Obergeschosswohnung zur Garage zu gelangen, dort binnen 30 Sekunden das Feuer
zu entfachen, und um dann wieder über den gleichen Weg über den Seiteneingang, das
Treppenhaus und den Flur in die Obergeschosswohnung zurückzukehren. Die Kammer
hat den Zeugen L2 in diesem Zusammenhang als Augenscheinsgehilfen eingesetzt.
Nach dessen überzeugenden Feststellungen erübrigte sich ein Ortstermin der Kammer.
Die Zeitangabe des Zeuge L2 beruht auf einer Zeitmessung. Dabei wurde nur normalen
Schrittes gegangen. Soweit der Zeuge S T seine ursprüngliche Aussage vor der
Kammer widerrufen und dann angegeben hat, er sei nur ganz kurz im Badezimmer auf
der Toilette gewesen, vermochte ihm die Kammer insoweit keinen Glauben zu
schenken. Sie hält seine erste Aussage für richtig. Er hat der Kammer keinen plausiblen
Grund dafür nennen können, weshalb er bei der Polizei die Unwahrheit gesagt haben
sollte. Dazu hat er angegeben, er habe sich damals geschämt, weil er sich vor dem zu
Bett gehen tatsächlich nicht gewaschen und nicht die Zähne geputzt habe. Der Zeuge
73
ist zwar sicherlich etwas einfach, wie die Kammer im Laufe seiner Vernehmung
feststellen konnte, gleichwohl wusste er durchweg von der Bedeutung seiner Aussage.
Bei der Polizei dürfte dies nicht anders gewesen sein, als sie ihn eingehend zum Ablauf
des Abends befragte. Natürlich ging es dabei ganz wesentlich um das Alibi für seine
Ehefrau; die Berufungsverhandlung wegen der anderen Taten lief zu dieser Zeit bereits.
Wenn der Ehemann der Angeklagten also tatsächlich nur kurz auf der Toilette gewesen
wäre, wie er das heute sagt, und er ansonsten mit seiner Ehefrau zusammen in der
Wohnung gewesen wäre, hätte er dies bei der Polizei auch wahrheitsgemäß ausgesagt,
denn damit gab es ein festes Alibi für die Brandzeit. Außerdem musste sich der
Ehemann der Angeklagten nicht schämen, nur auf der Toilette gewesen zu sein;
jedenfalls hätte kein Mensch wissen müssen, dass er es nicht noch vorhatte, sich zu
waschen und die Zähne zu putzen. Die Angeklagte konnte auch in diesem Fall den
Brand unbemerkt von der Familie legen. Aus dem Badezimmer hatte ihr Ehemann keine
Übersicht über die Diele, die obere Wohnungseingangstür und den Flur zur Treppe. Der
Zeuge L2 hat dazu eine Serie von Lichtbildern von der Wohnung angefertigt, die sich
die Kammer angesehen hat. Danach konnte der Ehemann der Angeklagten vom
Badezimmer lediglich ein Blick quer herüber in das Schlafzimmer werfen. Der Zeuge S
T musste es im Bad auch akustisch nicht mitbekommen, dass seine Ehefrau die
Wohnung vorübergehend verlässt. Zwar verursacht das Gehen über den Boden der
Wohnung, den Treppenflur und die Treppe nach unten bei normalem Gehen wegen des
Holzuntergrundes deutliche Krakgeräusche, wie der Zeuge L2 sie genannt hat. Bei
schleichendem Gang, der kaum Zeit kostet, sind diese nach einer Testreihe, die der
Zeuge durchgeführt hat, dagegen im Badezimmer kaum noch wahrnehmbar, wenn die
Tür geschlossen ist. Das gleiche gilt bei offener Tür und laufendem Wasserhahn. Auch
soweit der Schließvorgang der Haustür unten Geräusche verursacht, sind diese nach
den Feststellungen des Zeugen L2 zumindest dann nicht wahrnehmbar, wenn die
Badezimmertür geschlossen ist oder der Wasserhahn läuft. Der Zeuge S T konnte sich
nicht daran erinnern, ob die Badezimmertür offen stand. Hierauf habe er nicht geachtet.
Danach ist es möglich, dass die Tür zu war. Auf der Grundlage seiner ersten Aussage
hat er auch den Wasserhahn betätigt sowie die Spülung der Toilette. Von daher musste
er nicht mitbekommen, dass seine Ehefrau die Wohnung verließ und kurze Zeit später
wiederkam. Zudem hat er von Laufgeräuschen seine Ehefrau berichtet. Genaueres
konnte er dazu wiederum nicht sagen. Die Tochter hat ausgesagt, sie habe nichts
gehört. Die Kammer geht aber davon aus, dass sie zur Tatzeit bereits geschlafen hat.
Sie geht immer früh ins Bett, da sie morgens bereits um 6.30 Uhr aufstehen muss. Sie
schläft nach eigenen Angaben immer ab etwa 21.00 Uhr, was altersgerecht ist. Ihrer
Einschränkung in ihrer Aussage, dass dies am Tatabend allerdings anders gewesen sei
und sie bis zum Brand wachgelegen habe, vermochte die Kammer keinen Glauben zu
schenken und wertet dies als Bemühen, ihre Mutter zu entlasten. Die Zeugin konnte
keinen Grund dafür angeben, weshalb sie gerade an diesem Abend stundenlang
wachgelegen haben sollte. Einen Streit mit ihrem Freund, wie von ihrem Vater
ausgesagt, hatte sie an dem Abend nicht.
Zur Überzeugung der Kammer war hier nur ein Brandstifter am Werk. Für ein Treiben
von mehreren Mit- oder Nebentätern gibt es keine Anhaltspunkte. Die Brandstiftung ist
auch eine Deliktsart, die häufig Alleintäter hervorbringt. Anders sieht dies vielleicht dort
aus, wo die Brandstiftung Teil eines geplanten Versicherungsbetruges ist. Hier kann es
auch einmal mehrere Mittäter geben. Versicherungsbetrug scheidet hier aber aus. Aus
der Familie der Angeklagten kommt nur die Angeklagte als die Brandstifterin in Betracht.
Diese allein war bei allen Bränden vor Ort. Bei dem Brand vom 23. November 2005 war
sie sogar allein auf dem Hof. Alle anderen Familienmitglieder waren unterwegs und
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scheiden als Brandstifter insoweit aus.
Ein Großteil der weiteren Beweisaufnahme hat sich mit der Frage beschäftigt, ob es hier
einen unbekannten Feuerteufel gegeben haben könnte. Die Kammer ist davon
überzeugt, dass dies nicht der Fall ist und die Brände von der Angeklagten gelegt
wurden. Meldungen zu männlichen Personen, die in der Gegend Reiterinnen
erschreckten, gab es bereits im Dezember 2004. Nach dem ersten Brand im Mai 2005
wandten sich die Angeklagte und ihr Ehemann häufiger an die Polizei wegen
verschiedener Beobachtungen am und um den Hof. Häufig gab es Meldungen zu einem
gelblich-orangenen Lichtschein an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn T1.
Vereinzelt wurde auch von Laufgeräuschen und sogar einem ganz in Schwarz
gekleideten Mann berichtet. Die Polizei nahm diese Meldungen vor dem Hintergrund
der realen Brände in jedem Einzelfall sehr ernst. Nach Aussage des Zeugen M5 kam es
aufgrund der Meldungen der Eheleute T zu über fünfzig Einsätzen der Polizei auf dem
Hof und seiner Umgebung. Der Zeuge S T sprach sogar von über siebzig Einsätzen.
Obgleich die Polizei sich nach den Schilderungen des Zeugen M5 erheblich Mühe gab
und jedes Mal gleich mit mehreren Streifenwagen und Zivilstreifen das Objekt anfuhr,
und zwar so, dass es nicht bemerkt werden sollte, konnte der von der Familie
sogenannte schwarze Mann nicht gefasst werden. Es ergab sich nicht einmal ein
Zusammentreffen der Polizei mit ihm. Die Polizei observierte sogar den Hof in den
vorgenannten Zeiträumen und stellte Ermittlungen im Umfeld der Familie an, alles ohne
Erfolg oder Hinweise auf einen Brandstifter.
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Die Kammer hat zahlreiche Zeugen zur vermeintlichen Existenz des schwarzen Mannes
vernommen, und zwar die Mitglieder der Familie T mit Ausnahme der Schwiegermutter
der Angeklagten, die keine Aussage machen wollte, verschiedene Nachbarn, von
denen es hieß, sie hätten etwas gesehen, und Freunde der Familie, die Beobachtungen
gemacht hatten. Die Beweisaufnahme hat insoweit ergeben, dass es einen gelblich-
orangenen Lichtschein zu den Abend- und Nachtstunden tatsächlich gelegentlich
gegeben hat, dass aber ein Zusammenhang mit den Bränden nicht festzustellen ist. Von
dem Lichtschein hat berichtet die Nachbarin W, die ihn einmal nach dem großen
Scheunenbrand von ihrem Haus aus in der Entfernung an der Hofeinfahrt zum Gehöft
T1 gesehen hat. Ihr Ehemann, der Zeuge W, hat von seinem Haus den Lichtschein nach
dem Großbrand zweimal gesehen, ein erstes Mal hinter dem Grundstück der Ts und ein
anderes Mal auf deren Grundstück. Dieser Zeuge ist sogar nachschauen gegangen, hat
aber niemanden angetroffen. Auch die Eheleute Brands, die bei den Ts zu Besuch
waren, haben nach dem Scheunenbrand an der Grenze des T Grundstücks zum
Anwesen T1 ein gelbliches Licht gesehen. Nach der Aussage der Zeugin C2 soll dieses
Licht dann sogar in einen Baum hochgegangen sein, was sie allerdings schwer
abschätzen konnte. Der Sohn der Angeklagten hat ein Licht einmal vor dem
Scheunenbrand auf dem Nachbarfeld von T1 gesehen, die Tochter berichtete von
einem Lichtschein, der vom Bahndamm herunter gekommen und zu Hofe der Familie T1
gewandert sei. Diesen Zeugen lässt sich nicht per se die Glaubwürdigkeit absprechen.
Insbesondere bei den Nachbarn, die durchaus ein distanziertes Verhältnis zur
Angeklagten zu haben schienen, lässt sich nicht sagen, sie legten es darauf an, der
Angeklagten mit ihrer Aussage behilflich zu sein. Bei allen Beteiligten war aber
festzustellen, dass sie durch die Brände für vermeintliche Auffälligkeiten besonders
sensibilisiert waren und dabei jeder Beobachtung größte Aufmerksamkeit geschenkt
wurde. Die Zeugin T3, die eine direkte Nachbarin der Angeklagten ist, zum Beispiel hat
bei ihren Spaziergängen keine Beobachtungen machen können, und erklärt, dass sie
nach den Berichten von dem Lichtschein und den damit verbundenen Spekulationen in
76
der Nachbarschaft auch schon mal aus Spaß mit ihrer Taschenlampe herumgeleuchtet
habe. Bei ihren Spaziergängen habe sie auch häufiger eine Taschenlampe auf dem
Kopf getragen. Auch die Zeugin W gab an, bei ihren Rundgängen mit dem Hund um das
Anwesen der Ts und entlang der Bahnlinie eine Taschenlampe mitzunehmen. Der Weg
am Bahndamm sei allgemein bei Hundehaltern für Spaziergänge sehr beliebt. Für ihre
Beobachtung wollte sie nicht ausschließen, dass es der Lampenschein eines
Spaziergängers gewesen sein könnte. Auch soweit der Lichtschein an der
Grundstücksgrenze der Ts zum Nachbargrundstück T1 gesehen worden ist und hier
eigentlich kein Gehweg ist, könnte dies ein Spaziergänger gewesen sein, der sich vom
oder zum Bahndamm eine Abkürzung verschaffen wollte. So berichtete der Zeuge S T
davon, dass sich in 2005 entlang seiner Grenze regelrecht ein Trampelpfad gebildet
habe. Die weiteren Schilderungen, dass Licht sei einmal sehr flink gewesen (Zeuge W)
oder gar den Baum hinauf gegangen (Zeugin C2) vermochte die Kammer nicht
einzuordnen. Ein Zusammenhang mit den Bränden ist insoweit aber nicht zu sehen. Die
Vernehmung der Zeugen Eheleute B1 und des Zeugen I war im Wesentlichen
unergiebig. Diese haben bei ihren Besuchen bei den Ts nach eigenen Angaben nichts
Auffälliges beobachtet. Der Zeuge I konnte lediglich bestätigen, dass bei seinem
Besuch bei den Ts im Sommer 2005 das Gras und die Brennnesseln entlang der
Grundstücksgrenze zum Hofe T1 niedergetreten waren, was auch schon der S T
ausgesagt hat, der von einem regelrechten Trampelpfad sprach.
Für die Existenz eines unbekannten Brandstifters hat die Kammer auch sonst keine
Belege gefunden. Der Sohn der Angeklagten will vor dem Brand vom 28. Mai 2008 ein
menschliches Hüsteln oder Stöhnen in der Scheune gehört haben. Vor der Kammer war
er sich dessen nicht mehr sicher. Er sagte, es könne auch eine Katze gewesen sein.
Nach der Aussage der Tochter Angeklagten soll bei dem selben Brand ein dunkel
gekleideter Mann im Garten auf der Bank gesessen haben. Er soll den Löscharbeiten
zugesehen haben. Später hat die Zeugin, wie oben festgestellt, den S2 auf Lichtbildern
mit einer Wahrscheinlichkeit von halb/halb wiedererkannt. S2 hatte aber für einen der
späteren Brände ein Alibi. Wie der Zeuge M5 berichtete, wurde er bei dem Brand an der
M2er Kapelle planmäßig beobachtet und hielt sich anderenorts auf. Er hat auch
keinerlei Beziehung zu den Ts und scheidet auch mangels Motiv als Brandstifter aus.
Die Beobachtungen der Zeugen L T lassen sich letztlich auch damit erklären, dass die
Brände, wie der Zeuge M5 berichtete, viele Schaulustige anzogen. Das könnte hier
ebenfalls der Fall gewesen sein. Die Kammer hält es auch für lebensfremd, dass sich
ein Brandstifter nach der Tat seelenruhig in den Garten des Brandobjekts setzt, wo er
sofort auffällt und Gefahr läuft, mit dem Brand in Zusammenhang gebracht zu werden. Im
Ergebnis misst die Kammer den Angaben der beiden Kinder keine Bedeutung für den
Fall zu.
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Der Zeuge S T will neben Lichtschein, von dem er wie die oben genannten Zeugen
berichtet hat, den vermeintlichen schwarzen Mann sogar mehrfach persönlich
angetroffen und verfolgt haben. In einem Fall soll der Mann Tage vor dem großen
Scheunenbrand auf dem Nachbarhof im Silo gesessen und dann in einem Strauch
verschwunden sein. Nach dem Scheunenbrand soll er im Gras an der Grenze zum
Grundstück T1 gesessen haben. In diesem Fall will der Zeuge T ihn mit einer Mistgabel
verfolgt haben. Bei einer anderen Gelegenheit, die er zeitlich nicht mehr zuordnen
konnte, soll es Laufgeräusche an der Grundstücksgrenze gegeben haben. Obgleich der
Zeuge T angibt, den schwarzen Mann tatsächlich gesehen und erlebt zu haben, konnte
er ihn nicht näher beschreiben. Er konnte nur sagen, dass er schwarz gekleidet
gewesen sei. Die Kammer hat ihm nicht geglaubt, dass es die Zusammentreffen mit dem
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vermeintlichen schwarzen Mann wirklich gegeben hat. Der Zeuge S T glaubt an die
Unschuld seiner Ehefrau und war auch bereit, für diese vor Gericht zu lügen, wie schon
festgestellt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Ehemann der Angeklagten einerseits
kurz davor gewesen sein will, den unbekannten schwarzen Mann zu fangen, er ihn
anderseits nicht näher beschreiben kann. Er wirkte bei seiner Aussage zu diesem Punkt
auch bemüht, dass ihm die Kammer unbedingt Glauben schenkt und wiederholte
fortlaufend, dass er ja nicht lügen dürfe. Die Kammer ist davon überzeugt, dass er seiner
Ehefrau insoweit helfen wollte und er deshalb der Wahrheit zu wider auch von
persönlichen Zusammentreffen mit dem Unbekannten berichtet hat. Gegen Ende seiner
Aussage sagte er dann sogar, wenn er richtig gedurft hätte, dann hätte er den Kerl auch
schon ein Tausend mal gefangen gehabt. Ein Bezug zur Realität war dabei nicht mehr
festzustellen.
Der von der Kammer weiter vernommene Zeuge K1, der zum Freundeskreis der L T
zählt, hat ausgesagt, er habe am 15. Februar 2008 um kurz nach 20.00 Uhr auf dem
Feld am Anwesen der Ts einen Mann ganz in schwarz gesehen. Diese habe eine
schwarze Sturmhaube getragen. Der Mann habe in der Verlängerung der Hofausfahrt
etwa 30 bis 50 Meter tief im Feld gestanden. Hier habe er ihn deutlich sehen können,
weil er von den hellen Lichtern seines Quads – eines Motorrades mit vier Rädern –
angeleuchtet worden sei. Die Kammer hält diese Aussage für erlogen und ausgedacht.
Bei einer telefonischen Vernehmung durch die Polizei einen Tag nach dem
vermeintlichen Vorfall hatte der Zeuge noch ausgesagt, er habe den Mann deshalb so
gut erkennen können, weil der Mond hell geschienen und die Eisenbahn ihn
angeleuchtet habe. Der Zeuge hat eingeräumt, diese Aussage gegenüber der Polizei
getätigt zu haben. Die Kammer hat sie ihm vorgehalten. Den Widerspruch hat er
erkannt. Er hatte dafür aber keine Erklärung. Wenn er den Mann tatsächlich
angeleuchtet hat, wie er es heute aussagt, hätte er dies schon gegenüber der Polizei
erwähnt und er hätte keine Ausführungen zum Mondschein und der Eisenbahn
gemacht, die darüber hinaus nach dem Luftbild, dass die Kammer mehrfach in
Augenschein genommen hat, mehrere Hundert Meter entfernt von der Stelle verläuft, an
welcher der Zeuge den Mann will haben stehen sehen. Weiter hat der Zeuge gegenüber
der Polizei, wie er einräumt, auch ausgesagt, er habe dem S T erst eine Stunde nach
dem Vorfall davon berichtet, weil er die Sache zwischenzeitlich wieder vergessen
gehabt habe. Der Zeuge wusste aber, wie er bekundet hat, dass es Brandfälle auf dem
Hof gegeben hatte und die Familie insoweit einen schwarzen Mann als Brandstifter
beschuldigte. Dann aber ist es nicht plausibel, dass er seine wichtige Beobachtung
direkt danach wieder vergisst. Nach seinen Angaben war er nach den Beobachtungen
wieder zum Hof zurück gekehrt. Er hatte nur eine kleine Runde gedreht. Der in diesem
Zusammenhang vernommene Freund der L T I1 konnte zur Aufklärung nur insoweit
beitragen, als dass er persönlich keine verdächtigen Beobachtungen gemacht hat.
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Soweit der S und der M1 T ausgesagt haben, hinter der Scheune sei eines Tages der
Stacheldraht zu ihrem Grundstück durchgetrennt gewesen, ließ sich dieser Vorfall
zeitlich nicht mehr einordnen. Im Ergebnis ist es nicht auszuschließen und spricht
einiges dafür, dass der Draht während der Löscharbeiten beim großen Scheunenbrand
von der Feuerwehr durchgekniffen wurde, um freien Zugang zum Objekt zu haben. Aus
Sicht eines Brandstifters war es zumindest nutzlos, hier den Draht zu durchtrennen, da
die Hofanlage von vielen anderen Stellen frei zugänglich ist, wie der Zeuge M5 berichtet
hat.
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Nach alledem war die Kammer nicht von der Existenz des sogenannten schwarzen
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Mannes überzeugt. Das die Brände von einem Dritten gelegt worden sein könnten, der
unbekannt geblieben ist, sprechen auch weitere Gründe. Es ist kein Motiv ersichtlich,
weshalb sich der vermeintliche Täter gerade und ausschließlich den Hofe T für seine
Brände ausgesucht hat. Nach der Aussage des Zeugen M5 beschränkte sich die
Brandserie auf diesen Hof. Es ist auch der Kammer bekannt, des es gerade auf dem
Lande immer wieder sogenannte Feuerteufel gibt, die über das Land ziehen und
Scheunen und Höfe in Brand stecken. Eine Konzentration aber auf einen Hof durch
einen Feuerteufel erscheint neuartig und vor dem Hintergrund der sich stetig
erhöhenden Entdeckungsgefahr bei der Auswahl des immer selben Hofes auch
fernliegend. Der Zeuge S T hat bekräftig, dass die Familie niemanden einen Grund
gegeben habe, ihr so etwas anzutun. Sie hätten keine Feinde. Dass schließt auch das
Motiv Rache aus. Die Polizei hat aber auch, wie bereits festgestellt, den früheren
Ehemann der Angeklagten, den L4, und den Vater der L, den K aus B, überprüft. Bei
diesen ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Täterschaft. Der L4 lebt als armer
Bettler in Süddeutschland. Die Ehe ist auch seit vielen Jahren geschieden, ohne dass
es im nachhinein noch Ärger gegeben habe, wie der S T bestätigen konnte. Der K zahlt
regelmäßig den Unterhalt für seine Tochter, was nicht zu erwarten wäre, wenn er mit der
Angeklagten im Groll leben würde.
In Bezug auf die hier in Rede stehenden beiden Wohnungsbrände haben sich auch
keine objektiven Anhaltspunkte für den Aufenthalt eines Dritten ergeben.
Einbruchspuren gab es bei beiden Bränden nicht, wie der Zeuge M5 berichtet hat. Eine
Möglichkeit zum Eindringen in das Objekt gab es über den Seiteneingang zur
Obergeschosswohnung, der nicht fest verschlossen war. Die Kammer hält diese
Möglichkeit aber für rein theoretisch. Die Art und Weise der Brandlegung in diesen
beiden Fällen spricht gegen die Brandlegung durch einen Dritten. Die Brände
entstanden im Innersten des Hauses. Hier bestand für einen Dritten ein hohes
Entdeckungsrisiko. Es liegt fern, dass ein Dritter dieses Risiko eingegangen ist. Er hätte
das Haus auf andere Art und Weise in Brand gesetzt. Vermutlich hätte er es dazu bereits
nicht betreten, zumindest wäre er nicht so weit in das Haus und die Räume
hineingegangen.
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Beachtlich ist auch ein weiterer Vorfall vom 01. März 2008. Die Angeklagte saß zu
dieser Zeit bereits in Untersuchungshaft, da erreichte die Familie der Angeklagten spät
abends ein Anruf. Eine unbekannte Person kündigte mit verstellter Stimme einen
weiteren Brand an. Die L T, die den Anruf entgegen nahm, nahm dies nach eigenen
Angaben gegenüber der Kammer sehr ernst, ging von einem Anruf des vermeintlichen
Brandstifters aus und kontrollierte mit der Familie den Hof. Dabei stellten sie fest, dass
eine angeblich geschlossene Scheunentür nunmehr offen stand. Dies wurde der Polizei
gemeldet. Die anschließenden Ermittlungen ergaben, dass es sich bei dem Anruf um
einen dumme-Jungen-Streich eines früheren Mitschülers der L T gehandelt hat. Anrufer
war ein V, 16 Jahre alt. Auf dem Hof der Ts war er an dem Abend nicht gewesen, das
Scheunentor hatte er nicht geöffnet. Seine diesbezügliche Aussage vom 06. März 2008
hat die Kammer im Einverständnis aller Beteiligten verlesen. Der Fall ist ein Beispiel
dafür, dass an vermeintlich verdächtigen Beobachtungen, gemeint ist hier die angeblich
geöffnete Scheunentür, nichts dran ist.
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Das Vor- und Nachtatverhalten der Angeklagten spricht ebenfalls gegen die Angeklagte,
wobei die Kammer dies ihrer Entscheidung letztlich nicht zugrunde gelegt hat. Bei den
Bränden vom 23. November 2005 bzw. 20. März 2007 fiel sie den Zeuginnen T3 bzw. E,
wie diese berichtet haben, durch ein auffälliges Redebedürfnis und eine erhöhte
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Nervosität auf. Bei dem Brand vom 20. März 2007 winkte die Angeklagte der Zeugin E
aus dem Fenster der Obergeschosswohnung freundlich zu, als wäre alles gut. Die
Zeugin E war davon nach eigenen Angaben so erschrocken, dass sie ihre Nachbarin T1
aus Betroffenheit in den Arm nahm. Bei dem Brand vom 23. Dezember 2005 entfernte
sich die Angeklagte vom Hof und ging zu ihrer Nachbarin W, um dort eine Zigarette zu
rauchen. Der Zeugin W erschien dies äußerst befremdlich und ihre Versuche, die
Angeklagte zur Rückkehr zum Bauernhof zu bewegen, waren erfolglos. Erst später ging
sie zum Hof zurück. Der psychiatrische Sachverständige S5 hat zu diesem Verhalten
ausgeführt, dass es auch auf die situative Belastung der Angeklagten bei den Bränden
zurückzuführen sein könne.
Umgekehrt hatte die Kammer zu sehen, dass sich die Angeklagte insbesondere bei dem
Brand vom 30. Januar 2008 gegenüber den Ersthelfern glaubhaft betroffen gezeigt hat.
Dies haben der Notarzt I2 und die Polizeibeamten Q und F bezeugt. Diese haben auch
bekundet, dass die Angeklagte erhebliche Furcht gezeigt habe, in Haft zu kommen.
Dabei ist allerdings zu sehen, dass die Angeklagte das Ausmaß dieses Brandes
möglicherweise nicht vorhergesehen und nicht gewollt hat, und sie deswegen auch
selbst betroffen und erregt war. Denn entzündet hatte sie lediglich den Karton. Es liegt
nahe, dass sie von einem frühzeitigen Entdecken des Brandes ausging. Vermutlich
schickte sie ihren Ehemann deswegen zum Fenster. Dass der Brand sich ausweite, war
eher schicksalhaft. Nach dem früheren Brand vom 23. November 2005 soll die
Angeklagte ebenfalls sehr aufgeregt und schockiert gewirkt haben. Der Zeuge T5, der
am Tattag als Rettungsassistent im Einsatz war und die Angeklagte betreut hat, hat ihr
Verhalten nach dem Brand als opfertypisch beschrieben. Dabei ist aber zu sehen, dass
die Angeklagte es durchaus versteht, sich zu verstellen. Diesen Eindruck konnte die
Kammer im ersten Termin nach ihrer Inhaftierung von ihr bekommen. Hier beschwerte
sie sich glaubhaft leidend darüber, seit drei Tagen kein Essen erhalten zu haben. Die
Kammer hat dann nachfolgend davon erfahren, dass sie an den Gefängnisessen sehr
wohl teilgenommen habe. Im nächsten Termin vor der Kammer räumte sie dies ein,
reagierte darauf aber geradezu gereizt und reklamierte, dass ihr das Essen nicht
bekommen sei. Die Kammer konnte ihren Reaktionen nach den Bränden vom 23.
November 2005 und vom 30. Januar 2008 von daher keine maßgebende Bedeutung
beimessen. Sie traut es der Angeklagten insoweit zu, sich glaubhaft verstellt und
plausibel als Opfer aufgetreten zu sein.
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Bei der Beweiswürdigung ist es nicht außer Betracht geblieben, dass sich bei der
Angeklagten kein Motiv hat feststellen lassen. Hier lässt sich nur spekulieren. Ein
Versicherungsbetrug scheidet aus den genannten Gründen aus. Der Ehemann der
Angeklagten hat ausgesagt, die Brände hätten sie wirtschaftlich ruiniert. Die Angeklagte
hatte aber offenbar psychische Probleme. Bereits 1999 war sie deswegen in
psychotherapeutischer Behandlung der Zeugin M4. Dies war nach dem Tode ihres
Bruders. Die Therapeutin diagnostizierte seinerzeit bei der Angeklagten ein depressives
Syndrom und ein vegetatives Erschöpfungssyndrom. Anfang 2006 begab sich die
Angeklagte erneut in die Behandlung der Therapeutin. Sie gab an, nervlich am Ende zu
sein. Die Zeugin M4 hat ausgesagt, sie glaube nicht an eine Schuld der Angeklagten.
Ihrer Beurteilung konnte die Kammer aber kein erhebliches Gewicht beimessen, weil die
Angeklagte selbst ihr gegenüber nicht offen war. So wusste die Zeugin M4 nichts von
der erheblichen Alkoholisierung der Angeklagten bei der Tat vom 23. Dezember 2005.
Ihr gegenüber hatte die Angeklagte erklärt, kaum noch Alkohol zu trinken. Entsprechend
überraschend fand es die Zeugin auch, dass die Angeklagte bei der Tat vom 20. März
2007 erneut tagsüber mit Alkohol im Blut aufgefallen war. Hiervon hatte ihr die
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Angeklagte ebenfalls nichts erzählt, obgleich das Thema Alkohol Gegenstand der
Behandlung war. Psychische Probleme hatte die Angeklagte auch schon früher und zu
den hier in Rede stehenden Tatzeitpunkten in 2005. Zu dieser Zeit nahm sie ein
Beruhungsmittel (Nomoc) und ein Neuroleptika (Imab). Beide Medikamente hatte ihr ein
Arzt verschrieben. Nach eigenen Angaben gegenüber der Kammer litt sie seinerzeit
unter Angstzuständen, Schlaflosigkeit und einer depressiven Verstimmung. Inwieweit
die psychischen Probleme der Angeklagten in Zusammenhang mit den Taten stehen,
hat sich nicht klären lassen. Sie zeigen aber, dass bei der Angeklagten keine heile Welt
bestand, die es als fernliegend hätte erscheinen lassen, dass die Angeklagte zur
Brandstifterin wird.
Das Ergebnis der Blutprobe vom 23. Dezember 2005 (Entnahmezeitpunkt 12.47 Uhr)
hat die Kammer durch Verlesung des Befundes vom 28. Dezember 2005 festgestellt.
Das Ergebnis des Dräger-Tests vom 20. März 2007 um 13.50 Uhr hat die Kammer durch
Verlesung des Ermittlungsberichts vom 21. März 2008 eingeführt. Ferner wurde der
Blutalkoholbefund vom 06. Februar 2008 verlesen, wonach die Angeklagte am Morgen
nach dem Brand vom 30. Januar 2008 um 11.01 Uhr nicht nachweisbar alkoholisiert
war.
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Der Sachverständige S5 konnte bei der Angeklagten weder Anhaltspunkte für eine
Suchterkrankung noch für eine Persönlichkeitsstörung finden. Er hat die Angeklagte
körperlich untersucht und dabei keine Auffälligkeiten feststellen können. Weiter hat er
den Lebenslauf der Angeklagten berücksichtigt sowie die weiteren Erkenntnisse aus der
Hauptverhandlung, an der er teilgenommen hat. Befragt zur Pyromanie hat der
Sachverständige erklärt, dass es sich hierbei heute nicht mehr um eine eigenständige
Diagnose handele, sondern um einen Bestandteil komplexer Persönlichkeitsstörungen.
Nach den Erkenntnissen der Hauptverhandlung lasse sich eine Pyromanie aber auch
nicht verifizieren. Dazu gehöre eine anhaltende Beschäftigung der betroffenen Person
mit Feuer und Brand. Diese sei hier bei der Angeklagten nicht ersichtlich. Die Kammer
konnte dem Sachverständigen in seinen plausiblen Ausführungen folgen. Der
Sachverständige ist seit vielen Jahren als Gutachter für die Strafgerichte tätig und
verfügt über eine Menge Sachverstand.
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Der Sachverständige S5 hat bei der Angeklagten auch keine Einschränkung der
Schuldfähigkeit feststellen können. Die bekannte Alkoholisierung vom 23. Dezember
2005 reiche für die Annahme einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit
nicht aus. Dies gelte auch dann, wenn die Angeklagte zur Tatzeit zusätzlich eines der
von ihrem Gynäkologen verschriebenen Medikamente (Nomoc, Imab) genommen habe.
Der Sachverständige hat insoweit auch negative Wechselwirkungen zwischen dem
Alkohol und den Medikamenten ausgeschlossen und die eher beruhigende Wirkung der
Mittel hervorgehoben. Die Kammer konnte dem Sachverständigen auch insoweit folgen.
Die Angeklagte hat zudem betont, an den fraglichen beiden Tagen keines der
Medikamente genommen zu haben.
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Die Angeklagte hat zur Überzeugung der Kammer auch mit dem Vorsatz gehandelt, die
Wohnungen durch das Legen der Brände zumindest teilweise zu zerstören. Wer in einer
Wohnung ein Feuer legt, weiß, dass der Brand die Wohnung zumindest lange
unbewohnbar machen kann. Dies wusste und wollte die Angeklagte auch. Anders lässt
sich ihr Verhalten nicht erklären. Fahrlässiges Handeln dürfte schon wegen der
Häufigkeit der Brände ausscheiden, die mit Sorglosigkeit nicht mehr zu erklären sind.
Wie schon festgestellt, traute sich die Angeklagte auch nicht, im Hause zu rauchen. Die
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Annahme, die Angeklagte könne bei dem Brand vom 23. Dezember 2005 in dem Sessel
neben dem Weihnachtsbaum mit einer Zigarette eingeschlafen sein, was zum Brand
geführt habe, war deshalb von der Hand zu weisen. Die festgestellte Alkoholisierung
ändert an dieser Beurteilung nichts. Es war eine tiefe Angst der Angeklagten, beim
Rauchen entdeckt zu werden. Dies haben die oben genannten Zeuginnen
überstimmend bekundet. Die Kammer schließt es daher aus, dass die Angeklagte diese
Angst unter dem Einfluss von Alkohol verloren haben könnte, zumal sie außerhalb des
Gebäudes unbemerkt hätte rauchen können. Für den Brand vom 23. November 2005 gilt
insoweit nichts anderes. Bei diesem Brandereignis lässt sich allerdings bereits eine
Alkoholisierung der Angeklagten nicht feststellen.
IV.
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Nach den getroffenen Feststellungen hat sich die Angeklagte wegen schwerer
Brandstiftung in zwei Fällen gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht. Die
Angeklagte hat die Wohnungen durch die Brände teilweise zerstört. Diese waren
nachfolgend für Monate nicht bewohnbar.
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V.
93
Die Kammer hatte zunächst zwei Einzelstrafen zu bilden. Die schwere Brandstiftung
wird gemäß § 306 a Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Lediglich in minder schweren Fällen ist gemäß Absatz 3 dieser Vorschrift die Strafe
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
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Die Kammer hat das Vorliegen von minder schweren Fällen im Ergebnis bejaht. Nach
Abwägung sämtlicher für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände erscheint
die Anwendung des Regelstrafrahmens hier unbillig. Die strafmildernden Umstände
haben das Übergewicht.
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Zugunsten der Angeklagten war insbesondere zu sehen, dass in beiden Fällen die
konkrete Gefährdung von Menschen ausgeschlossen war. Die Angeklagte ist zudem
bislang noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sie ist durch die Tat selbst
gesundheitlich geschädigt worden. Weiter ist ihr zu gute zu halten, dass sie eine
schwierige persönliche Entwicklung durchgemacht hat. Ihre Biographie weist mehrere
Schicksalsschläge auf. Daraus folgten psychische Probleme, bei denen ein
Zusammenhang mit den Taten nicht von der Hand zu weisen ist. Zugunsten der
Angeklagten war auch zu sehen, dass Gebäudeteile selbst nicht in Brand geraten,
sondern nur durch das Brennen von Einrichtungsgegenständen in Mitleidenschaft
gezogen wurden. Die Angeklagte befindet sich inzwischen auch in Untersuchungshaft.
Bei ihr ist sicherlich eine besondere Haftempfindlichkeit festzustellen, da sie als Mutter
von zwei fürsorgebedürftigen Kindern besonders unter der Trennung leidet und sie
zudem gesundheitlich angeschlagen ist. Bei der Tat vom 23. November 2005 ist ihr zu
gute zu halten, dass sie selbst die Feuerwehr gerufen und damit eine Ausweitung des
Brandes zumindest verhindern wollte. Bei der Tat vom 23. Dezember 2005 hat sie
zudem einen erheblichen eigenen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Ferner ist
anzunehmen, dass sie bei der Tat alkoholbedingt enthemmt war.
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Straferschwerend war dagegen zu sehen, dass bei beiden Bränden ein erheblicher
Sachschaden entstanden ist. Ihrer Familie hat sie erhebliches Leid zugefügt. Ihre
Schwiegereltern mussten über drei Monate lang in einer Ersatzwohnung verbringen,
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bevor sie auf den Hof zurückkehren konnten. Ferner lebten sie und auch die anderen
Familienmitglieder in der ständiger Sorge vor einem neuen Brand, wie dies der
Schwiegervater M1 T im Termin glaubhaft bekundet hat. Die Zwischentür zur
Obergeschosswohnung hat er zwischenzeitlich aus Angst vor abermaliger Brandstiftung
in seiner Wohnung mit einem Schrank versperrt.
Ausgehend vom Strafrahmen des § 306 a Abs. 3 StGB hat die Kammer zur Bildung der
Einzelstrafen nochmals alle für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände
berücksichtigt. Danach erschienen ihr insbesondere vor dem Hintergrund der hohen
Sachschäden, die entstanden sind, Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und acht
Monaten tat- und schuldangemessen. Bei der ersten Tat kam der Angeklagten zu gute,
dass sie selbst die Feuerwehr unterrichtet hat. Bei der zweiten Tat kam die
alkoholbedingte Enthemmung hinzu und der eigene wirtschaftliche Schaden.
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Aus den beiden Einzelstrafen war gemäß §§ 53, 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden.
Dazu hat die Kammer nochmals alle oben aufgeführten Strafzumessungsgesichtspunkt
gegeneinander abgewogen.
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Die Einsatzstrafe von einem Jahr und acht Monaten war angemessen zu erhöhen. Im
Ergebnis erschien der Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
100
zwei Jahren und sechs Monaten
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insgesamt tat- und schuldangemessen.
102
VI.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.
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