Urteil des LG Münster vom 06.09.2007

LG Münster: auskunftspflicht, fälligkeit, verschulden, nebenpflicht, drittschuldner, unterlassen, gewissheit, erfüllung, zahlungsaufforderung, datum

Landgericht Münster, 3 S 81/07 LG Münster
Datum:
06.09.2007
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
3. (Berufungs-) Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 S 81/07 LG Münster
Vorinstanz:
Amtsgericht Bocholt, 11 C 446/06
Tenor:
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch
einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie nach gegenwärtiger
Beurteilung davon überzeugt ist, dass die Berufung keine Aussicht auf
Erfolg und keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Zuvor erhalten die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei
Wochen.
Gründe:
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Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht C zu Recht eine
Schadensersatzpflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger gem. § 280 BGB bejaht.
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Entgegen der Auffassung des Klägers bestand zwischen den Parteien ein
Schuldverhältnis i. S. d. § 280 BGB allein schon wegen der unzweifelhaft bestehenden
Auskunftspflicht des Klägers gegenüber dem Beklagten aus § 840 Abs. 1 ZPO. Dass die
Erfüllung dieser Auskunftspflicht nach herrschender Meinung nicht einklagbar war,
ändert an diesem Ergebnis nichts, zumal das Bestehen eines Schuldverhältnisses nicht
von der Frage einer Leistungspflicht zwischen den Parteien abhängt, sondern auch
allein darauf gegründet sein kann, dass die Parteien gegenseitige
Rücksichtnahmepflichten treffen (Palandt/Heinrichs, BGB 66. Auflage 2007, Vor § 241,
Rn. 4). Auf die Frage einer Analogie zu § 241 BGB kommt es daher nicht an.
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Mit der Aufforderung zur Zahlung der gegen die Schuldnerin titulierten 15.055,82 Euro
zuzüglich der Rechtsanwaltskosten hat der Beklagte eine Pflicht aus diesem
Schuldverhältnis verletzt. Dass es sich dabei nicht um eine Hauptleistungspflicht
handelte, weil § 840 ZPO dem Gläubiger keine expliziten Pflichten gegenüber dem
Drittschuldner auferlegt, hindert die Schadensersatzpflicht des Beklagten nicht. Diesem
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war als Nebenpflicht aufgegeben, auf die berechtigten Belange des Klägers Rücksicht
zu nehmen, ebenso wie dies originär die Pflicht der Vertragspartnerin des Klägers, d. h.
der Schuldnerin des Beklagten war. Mit der Überweisung der Kautionsforderung an den
Beklagten erlangte dieser die Einziehungsberechtigung für diese Forderung. Seine
Stellung gegenüber dem Kläger war damit der des eigentlichen Forderungsgläubigers,
d. h. der Schuldnerin des Beklagten, vergleichbar. Dadurch wurde die Rechtsposition
des Klägers indes nicht geschmälert.
Die Rücksichtnahme auf die Belange des Klägers erfordert, diesen nicht mit einer
unberechtigt hohen Zahlungsforderung zu überziehen. Ebenso wenig wie die
Schuldnerin durfte der Beklagte – noch dazu vor Fälligkeit – einen die
Kautionsforderung weit übersteigenden Betrag vom Kläger einfordern. Etwas anderes
würde nur dann gelten, wenn der Kläger mit einer falschen oder unvollständigen
Auskunft über die eingezogenen und überwiesene Forderung gegenüber dem
Beklagten die Ursache für eine unrichtige Zahlungsaufforderung gesetzt hätte. Dies ist
indes nicht der Fall – insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des
amtsgerichtlichen Urteils, insbesondere zum Verhältnis zur Auskunftspflicht des
Schuldners aus § 836 ZPO, verwiesen.
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In diesem Zusammenhang ist zudem anzumerken, dass eine Verletzung der dem
Beklagten obliegenden Nebenpflicht selbst dann anzunehmen wäre, wenn der Kläger
die Höhe der Kautionsforderung hätte angeben müssen. Das Unterlassen einer solchen
Angabe konnte den Beklagten nicht zu der berechtigten Annahme verleiten, die
überwiesene Forderung decke den vollen Betrag der titulierten Forderung und sei
zudem bereits fällig. Ohne Gewissheit über die Höhe und Fälligkeit der überwiesenen
Forderung zu haben war es in jedem Fall pflichtwidrig, den vollen Betrag vom
Drittschuldner unmittelbar einzufordern.
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Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet, dem Beklagten wird
gem. § 278 S.1 BGB das Verschulden seines Rechtsanwalts zugerechnet.
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Inhalt der Schadensersatzpflicht ist die Erstattung der dem Kläger notwendigerweise
entstandenen Kosten, zu denen angesichts der Höhe der Zahlungsforderung und der
Kürze der Zahlungsfrist auch die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten gehören.
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