Urteil des LG Münster vom 13.12.2010

LG Münster (kläger, prospekt, beteiligung, anlage, emissionsprospekt, zeuge, bezug, aufklärung, unterlassen, veranstaltung)

Landgericht Münster, 015 O 521/09
Datum:
13.12.2010
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
015 O 521/09
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120
% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
TATBESTAND
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Der Kläger macht Ansprüche aus abgetretenem Recht wegen einer vermeintlich
fehlerhaften Kapitalanlageberatung gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der D
geltend.
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Die Eltern des Klägers, das sind die Eheleute und Zeugen Q2 und Q3, besuchten am
16.11.1999 ab 18 Uhr in N die Veranstaltung "Steuern optimieren zur Jahreswende
1999/2000" der D und der Fa. J. Auf der Veranstaltung wurde unter Verwendung und
Aushändigung der Anlage K6, Bl. 438-472 d.A., auf die Bezug genommen wird, u.a. die
später von der ZeuginQ2 gezeichnete Beteiligung an der "G GmbH & Co. Produktions
KG" (im Folgenden: G) vorgestellt.
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Zur G existierte ein Emissionsprospekt ("Das Beteiligungsangebot 1999"), der u.a.
Risikohinweise und Angaben zur Mittelherkunft und Mittelverwendung enthielt. Wegen
der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B0a zur Klageerwiderung (Bl. 103-190
d.A.) Bezug genommen. Die D garantierte die Platzierung und Einzahlung eines
Beteiligungskapitals von DM 138 Mio. Sie erhielt seitens der G insgesamt eine
Vergütung von 10 % auf das garantierte Beteiligungskapital.
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Im unmittelbaren Anschluss an die Präsentation vom 16.11.1999 kam es noch am
Veranstaltungsort zu einem Gespräch der Zeugen Q2 mit dem Zeugen T, dem
damaligen Direktor der D-Filiale N, in dem die Zeugen Q2 Interesse an einer
Beteiligung an der G signalisierten.
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Nach einem weiteren telefonischen Kontakt übersandte die D mit Schreiben vom
6
18.11.1999 (Anlage K7, Bl. 473 d.A.) Unterlagen zur fraglichen Beteiligung an die
ZeuginQ2 nach B. Am 25.11.1999 unterzeichnete die Zeugin die ihr übersandte
"Beteiligungserklärung (Zeichnungsschein)". Der Zeichnungsbetrag belief sich auf
50.000 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten des Zeichnungsscheins wird auf die
Anlage K2 zur Klageschrift (Bl. 20 d.A.) Bezug genommen. Die Zeugin übersandte den
unterschriebenen Zeichnungsschein an die D und überwies 52.500 DM
(Zeichnungsbetrag zuzüglich 5 % Agio).
In der Folgezeit entwickelte sich das Geschäft der G schlecht. Zudem gab es Probleme
mit einer Erlösausfallversicherung. Die ZeuginQ2 erhielt jährlich Geschäftsberichte. Bis
zum 10.11.2009 erhielt die Zeugin deutlich hinter den Prognosen zurückbleibende
Ausschüttungen i.H.v. insgesamt 1.861,31 €.
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Der Kläger behauptet, die ZeuginQ2 habe vor ihrer Unterschrift am 25.11.1999 keinen
Emissionsprospekt erhalten. Die D habe dringend zu einer schnellen Investition geraten
und mit dem Versprechen "Risiko gleich Null – Lizenz zum Gelddrucken" für die
Beteiligung geworben. Die D habe umsatzabhängige Rückvergütungen erhalten und es
unterlassen, hierauf hinzuweisen. Sie habe es auch unterlassen, auf die mangelnde
Fungibilität der Beteiligung hinzuweisen. Sie habe weiterhin weder den Prospekt auf
Plausibilität geprüft noch hierauf hingewiesen. Bei korrekter Information hätte die
Zeugin, so der Kläger weiter, die Beteiligung nicht gezeichnet.
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Der Kläger behauptet weiter, dass ihm die ZeuginQ2 sämtliche Ansprüche aus der
vermeintlichen Falschberatung am 20.08.2009 abgetreten habe.
9
Der Kläger ist der Ansicht, es sei ein Beratungsvertrag zwischen der ZeuginQ2 und der
D zustande gekommen. Die Beratung sei nicht anlegergerecht gewesen. Die D habe
schuldhaft gehandelt. Ein Emissionsprospekt sei nur zu berücksichtigen, wenn er dem
Anleger mindestens zwei Wochen vor dem Anlageentschluss vorliege.
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Der Kläger beantragt,
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1. Zug-um-Zug gegen Abtretung des Anteils in Höhe des Nominalbetrages
von DM 50.000,- (€ 25.564,59) an der G GmbH & Co. Produktions KG der
Zedentschaft Frau Dr. Q, Zeichnungsnummer 40, die Beklagte zu verurteilen,
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a. an den Kläger € 24.981,51 nebst Zinsen i.H.v. 8 % seit dem
25.11.2000 zu zahlen;
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b. mit der Feststellung, dass sie weiter verpflichtet ist, jeden Schaden der
Zedentschaft zu ersetzen, der ihr über diese Forderung hinaus
entstanden ist oder noch entstehen wird;
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2. festzustellen, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Abtretung der
Fondsanteile in Annahmeverzug befindet;
15
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere € 2.098,45 nebst Zinsen
i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
16
hilfsweise
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1. die Beklagte zu verurteilen, Rechnung zu legen über die ihr im Hinblick auf
den im Klageantrag zu Ziff. 1. bezeichneten Fonds zugeflossenen Gelder und
geldwerten Vorteile;
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2. die Beklagte zu verurteilen, den sich nach Rechnungslegung ergebenden
Betrag an die Zedentschaft zu zahlen.
19
Die Beklagte beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, mit dem Schreiben der D vom 18.11.1999 sei der ZeuginQ2
auch der Emissionsprospekt übersandt worden. Der Prospekt sei nicht getrennt vom
Zeichnungsschein gehandhabt worden. Der Prospekt habe auch schon bei der
Veranstaltung vom 16.11.1999 ausgelegen und sei dort ausgehändigt worden. Eine
individuelle Beratung der Eheleute Q2 habe nicht stattgefunden.
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Die Beklagte macht Verjährung geltend.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der ZeugenQ2, Q3 und T. Wegen
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 08.11.2010
Bezug genommen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
26
I.
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Dem Kläger stehen keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu, so dass
die Hauptanträge sämtlich unbegründet sind. Ob ein Beratungsvertrag zwischen der
Zedentin – die vom Kläger behauptete Abtretung steht aufgrund der Anlage K1 zur
Klageschrift, deren Echtheit unbestritten ist, zur Überzeugung des Gerichts fest – und
der D geschlossen wurde, kann letztlich dahinstehen, da sich auch bei Annahme eines
solchen Vertrags keine oder jedenfalls keine durchsetzbaren Ansprüche aus
Beratungsfehlern ergeben.
28
a)
29
Der Kläger kann seine Ansprüche nicht darauf stützen, dass die D es unterlassen habe,
die Zedentin auf verdeckte umsatzabhängige Rückvergütungen ("Kick-Backs")
hinzuweisen.
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Es ist bereits fraglich, ob im vorliegenden Fall überhaupt umsatzabhängige
Rückvergütungen i.S.d. Kick-Back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geflossen
sind. Der Kläger hat hierzu nichts konkret dargelegt, und auch der Emissionsprospekt
lässt bei genauer Betrachtung keine umsatzabhängigen Rückvergütungen erkennen
(vgl. dort S. 44).
31
Ob das (erhebliche) Vermittlungsinteresse der D, das sich zwanglos aus der
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Übernahme der Einzahlungs- und Platzierungsgarantie ergab, dazu führt, dass die
Rechtsprechung zu umsatzabhängigen Rückvergütungen entsprechende Anwendung
findet, kann dahinstehen. Der Kläger hat nämlich nicht den ihm obliegenden Beweis der
Unterlassung einer entsprechenden Aufklärung geführt. Der Emissionsprospekt enthielt
insoweit hinreichende Hinweise. Eine weitergehende Aufklärung war weder formal
(sprich mündlich) noch inhaltlich geboten. Die Beklagte hat auch in zulässiger Weise
behauptet, dass die Zedentin den Prospekt vor Zeichnung der Beteiligung erhalten
habe. Der Prospekt lag der Zedentin nach dem Beklagtenvortrag rechtzeitig vor. Den
Vortrag der Beklagten hat der Kläger nicht widerlegen können (zur Beweislastverteilung
s. Palandt "BGB", 69. Aufl. 2010, § 250 Rn. 50 m.w.N.).
Im Einzelnen:
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Der Emissionsprospekt enthielt auf S. 44 vollständige und richtige Informationen zur
finanziellen Involvierung der D, jedenfalls hat der Kläger nichts Gegenteiliges konkret
vorgetragen.
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Eine mündliche Aufklärung des Anlegers sieht die Kick-Back-Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nicht zwingend vor, vielmehr gilt auch insoweit, dass die
Information durch einen rechtzeitig zur Verfügung gestellten Prospekt grundsätzlich
ausreichend ist (vgl. Palandt "BGB", 69. Aufl. 2010, § 250 Rn. 49 m.w.N.). Entgegen der
Ansicht des Klägers folgt aus der – insoweit missverständlichen – Entscheidung BGH
NJW 2009, 1416 (Aktenzeichen XI ZR 510/07) auch keine Verpflichtung des
Anlageberaters zum ausdrücklichen Hinweis auf den Interessenkonflikt, der sich aus
dem Erhalt von Rückvergütungen ergibt. Vielmehr genügt der Hinweis auf den Erhalt
der Rückvergütungen an sich, da hiermit der Interessenkonflikt für den Anleger bereits
offenbar wird (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1064, Aktenzeichen III ZR 196/09, Rn. 10).
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Der Vortrag der Beklagten zur Übersendung des Emissionsprospekts an die Zedentin ist
entgegen der Ansicht des Klägers nicht unzulässig, insbesondere ist er nicht ins Blaue
hinein erfolgt. Die Beklagte hat sich vielmehr auf eine behauptete allgemeine Praxis –
Übersendung des Prospekts mit dem Zeichnungsschein – berufen. Auf die Frage der
"Untrennbarkeit" der Unterlagen kommt es hierbei nicht an. Einen weiteren Anhaltspunkt
für den Erhalt des Emissionsprospekts bietet der Zeichnungsschein vom 25.11.1999.
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Nach dem Vortrag der Beklagten lag der Emissionsprospekts der Zedentin rechtzeitig
vor der Zeichnungserklärung vom 25.11.1999 vor. Entgegen der klägerischen
Auffassung kommt es nicht darauf an, ob zwischen dem Erhalt des Prospekts und der
Zeichnungserklärung zwei Wochen lagen. Allein entscheidend ist, dass der Anleger
hinreichend Gelegenheit hat, den Prospekt zu studieren. Ob er diese Gelegenheit
wahrnimmt oder aber "vorschnell" unterschreibt, spielt keine Rolle. Vorliegend konnte
die Zedentin den Zeichnungszeitpunkt grundsätzlich selbst bestimmen, so dass sie –
den Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt – hinreichend Zeit zur Kenntnisnahme
des Prospektinhalts hatte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Anschreibens der
D vom 18.11.1999, demzufolge der Zeichnungsbetrag bis zum 23.12.1999 zu
überweisen war. Entgegen der Ansicht des Klägers spielt es auch keine Rolle, ob der
Ehemann der Zedentin, der Zeuge Q3, sich bereits im Rahmen der
Informationsveranstaltung in N am 16.11.1999 zur Zeichnung entschlossen hatte. Eine
"vorschnelle" Anlageentscheidung kann den Anlageberater nicht belasten,
insbesondere löst sie keine besonderen, über das normale Maß hinausgehenden
Beratungspflichten aus.
37
Der Kläger konnte nicht beweisen, dass die Zedentin den Emissionsprospekt vor der
Zeichnungserklärung vom 25.11.1999 nicht erhalten hatte. Das Gericht hält es
zumindest für möglich, dass der Prospekt der Zedentin auf dem Postweg zuging. Hierfür
spricht zunächst der Zeichnungsschein. Die Zedentin bestätigte hier mit ihrer
Unterschrift vom 25.11.1999, das Beteiligungsangebot zur Kenntnis genommen zu
haben. Der Zeuge T hat zudem erklärt, dass er (aufgrund allgemeiner Gepflogenheiten)
davon ausgehe, dass der Prospekt übersandt worden sei. Die Zeugenaussage der
Zedentin war demgegenüber, was den Erhalt des Prospekts angeht, trotz mehrerer
Nachfragen unergiebig. Der Zeuge Q3 hat zwar auf Nachfrage des Klägervertreters
erklärt, er sei sich ganz sicher, dass der Prospekt zum Zeitpunkt der Unterschrift seiner
Frau (der Zedentin) noch nicht vorgelegen habe. Zuvor hat der Zeuge jedoch auf Frage
des Gerichts bekundet, er könne einen früheren Erhalt des Prospekts – d.h. früher als
auf einer Veranstaltung in C vor wenigen Jahren – nicht ausschließen. Was genau von
der D übersandt worden sei, könne er nicht sagen. Zudem hat der Zeuge bekundet, er
habe an den von der D übersandten Umschlag keine Erinnerung mehr; er gehe davon
aus, dass seine Frau den Umschlag geöffnet habe. Demnach lässt die Zeugenaussage
Raum für die Annahme, dass der Prospekt zwar übersandt, vom Zeugen jedoch nicht
gesehen wurde. Vor allem aber bestehen grundsätzliche Zweifel an der
Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen, die sich aus der zeitlichen Distanz von elf
Jahren und der Nähebeziehung des Zeugen zum Kläger (seinem Sohn) wie auch zur
Zedentin (seiner Ehefrau) ergeben. Bei einer Gesamtwürdigung insbesondere der
vorgenannten Umstände ist das Gericht letztlich nicht davon überzeugt, dass die
Zedentin den Prospekt nicht rechtzeitig erhielt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung
des Anschreibens der D vom 18.11.1999, da dieses nicht eindeutig erkennen lässt, dass
der Prospekt nicht zu den übersandten Unterlagen gehörte.
38
b)
39
Der Kläger kann seine Ansprüche auch nicht darauf stützen, dass die D es unterlassen
habe, die Zedentin auf die fehlende oder eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung
hinzuweisen. Insofern gilt das zum Thema "Rückvergütungen" gesagte entsprechend.
Auch in puncto Fungibilität enthielt der Prospekt (dort S. 67 f.), dessen fehlenden
Zugang der Kläger nicht beweisen kann, hinreichende Hinweise.
40
c)
41
Soweit der Kläger geltend macht, die D habe die fragliche Beteiligung fälschlich als
"hochsichere Anlage" angepriesen, ist zum einen die behauptete Anpreisung (oder eine
vergleichbare Aussage) nicht bewiesen, zum anderen wären etwaige Ansprüche auch
verjährt.
42
aa)
43
Der Kläger trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine fehlerhafte Darstellung der
Risiken. Der Emissionsprospekt enthielt – soweit ersichtlich – zutreffende und
hinreichende Risikohinweise.
44
Die Anlage K6 (Vortragsmaterialien zur Präsentation am 16.11.1999) enthielt zwar
(ersichtlich zutreffende) Hinweise auf Instrumente der Risikominimierung, von einer
risikofreien Beteiligung ist dort jedoch nicht die Rede, im Gegenteil wird das (reduzierte)
45
Risiko des Kapitalverlusts ausdrücklich erwähnt.
Die Aussage des Zeugen Q3, die Beteiligung sei am 16.11.1999 als risikolos dargestellt
worden, vermag keine entsprechende gerichtliche Überzeugung zu begründen. Zum
einen bestehen auch insoweit die oben dargelegten grundsätzlichen Bedenken, zum
anderen lässt die Aussage des Zeugen erkennen, dass (entsprechend der Anlage K6)
über die tatsächlich vorhandenen Sicherungsinstrumente gesprochen wurde. Hieraus
mag der Zeuge den falschen Schluss auf eine völlige Risikofreiheit gezogen haben.
Auch die Aussage der Zedentin, über Risiken sei nicht gesprochen worden, vermag
nicht zu überzeugen. Die Zedentin hat sowohl ihr erhebliches Eigeninteresse am
Ausgang des Rechtsstreits ("ich möchte nur meine Summe zurückbekommen") als auch
ihre (nachvollziehbaren) Erinnerungsschwierigkeiten selbst deutlich zum Ausdruck
gebracht. Zudem hat sie bekundet, dass ihr Mann der "Finanzminister" in der Familie sei
und sich um die Sache gekümmert habe, so dass der Verdacht naheliegt, dass die
Zeugin nicht auf alle Einzelheiten der Präsentation vom 16.11.1999 geachtet haben
könnte. Auch der allgemeine Hinweis der Zeugin, dass ihr Mann in Gelddingen
übervorsichtig sei und bei einer Aufklärung über Risiken die Finger von der Sache
gelassen hätte, ändert an der gerichtlichen Einschätzung im Ergebnis nichts. Die
Erfahrung lehrt, dass bei einer hohen Renditeerwartung Risiken häufig ausgeblendet
werden, zumal die hier fragliche Anlageentscheidung Ende 1999 und damit zur Zeit
einer verbreiteten Euphorie um den Neuen Markt und die damit verbundenen Branchen
(u.a. Medien) getroffen wurde. Im Übrigen steht den Aussagen der Zeugen Q2 die
Aussage des Zeugen T entgegen, der mit großer Bestimmtheit bekundet hat, dass über
die unternehmerischen Risiken der Beteiligung gesprochen worden sei.
46
bb)
47
Etwaige Ansprüche wegen einer fälschlichen Anpreisung als "hochsichere Anlage"
wären auch verjährt. Für die Frage der Verjährung ist jede anspruchsbegründende
Pflichtverletzung getrennt zu betrachten. Die Zedentin erhielt im Zeitraum bis Mai 2005
laufend Jahresabschlüsse der G, in denen deutlich auf zunehmende Risiken, unerwartet
schlechte Geschäftsentwicklungen, das Risiko von Einlageverlusten und Probleme
hinsichtlich der Erlösausfallgarantie hingewiesen wurde. Zudem blieben in Aussicht
gestellte und von dem Zeugen Q3 gemäß seiner Aussage etwa ab dem Jahr 2003
erwartete Ausschüttungen zunächst aus. In Anbetracht dieser Umstände hätte die
Zedentin spätestens im Jahr 2005 erkennen müssen (i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB),
dass die behauptete Darstellung der D, es handele sich um eine risikofreie Anlage,
falsch war. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (12.11.2009) waren etwaige –
tatsächlich ohnehin nicht gegebene – Ansprüche folglich bereits verjährt.
48
d)
49
Der Vorwurf des Klägers, die Empfehlung der fraglichen Beteiligung sei nicht
anlegergerecht gewesen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Der Kläger hat
bereits nicht konkret dargelegt, was das Anlageziel der Zedentin war. Im Übrigen wären
etwaige Ansprüche auch verjährt, insoweit gilt das oben Gesagte entsprechend.
50
e)
51
Der Kläger kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die D habe den
Emissionsprospekt nicht auf Plausibilität geprüft und die Zedentin auch nicht hierüber
52
aufgeklärt. Der Kläger hat nämlich keine konkreten Prospektmängel schlüssig dargelegt,
so dass davon auszugehen ist, dass der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung
standgehalten hätte (vgl. BGH MDR 2009, 562, Aktenzeichen III ZR 17/08).
Insbesondere war die im Prospekt dargelegte Provisions- bzw. Kostenbelastung
entgegen der Ansicht des Klägers nicht derart hoch, dass ein wirtschaftlicher Erfolg der
Beteiligung von vornherein ausgeschlossen war. Der Kläger hat auch nicht konkret
dargelegt, dass die (letztlich wohl ausgefallene) Erlösausfallversicherung oder ein
sonstiger Sicherungsmechanismus erkennbar fehlerhaft konstruiert war.
II.
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Auch die Hilfsanträge des Klägers sind unbegründet. Es ist keine Anspruchsgrundlage
für eine Auskehr der Vergütung, welche die D von der G erhielt, ersichtlich.
54
III.
55
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
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