Urteil des LG Münster vom 10.09.2009

LG Münster (verhältnis zwischen, freiwillige gerichtsbarkeit, kind, berichtigung, unrichtigkeit, rechtsanwendung, beschwerde, notar, adoption, zpo)

Landgericht Münster, 5 T 483/09
Datum:
10.09.2009
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 483/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Lüdinghausen, 9 XVI 1/08
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
G r ü n d e :
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Mit der notariellen Urkunde des Notars Q in N vom 24.06.2008 beantragten die
Beteiligten mit Zustimmung des Ehemannes der Beteiligten zu 1), das zuständige
Vormundschaftsgericht möge aussprechen, dass die Beteiligte zu 1) als Kind des
Beteiligten zu 2) angenommen wird und dass sie in Zukunft den Namen T geb. H führt.
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Mit Beschluss vom 04.10.2008 sprach das Amtsgericht die Adoption wie beantragt aus,
da sich ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen den Beteiligten entwickelt habe.
Gleichzeitig wurde ausdrücklich angeordnet, dass die Beteiligte zu 1) ihren
Geburtsnahmen H behält.
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In einem Telefonat vom 18.12.2008 wies das Standesamt D die zuständige Richterin
darauf hin, dass die Beibehaltung des Geburtsnamens H nicht den gesetzlichen
Vorschriften der §§ 1757 i.V.m. 1767 BGB entspreche. Diese gab daraufhin den
Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beteiligte zu 1) teilte über den Notar
mit, sie wolle ihren Geburtsnamen H beibehalten.
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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.04.2009 hat das Amtsgericht den Beschluss
vom 04.10.2008 "wegen offensichtlicher Unrichtigkeit wie folgt berichtigt: Die
Angenommene erhält als Geburtsnamen den Namen T." Zur Begründung hat das
Amtsgericht ausgeführt, die Bestimmung, dass die Angenommene ihren Geburtsnamen
H behalte, sei versehentlich erfolgt und könne nicht bestehen bleiben, da §§ 1767 Abs.
2 i.V.m. 1757 Abs. 1 BGB dieses nicht gestatte.
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Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 21.05.2009. Der
Beschluss vom 04.10.2008 könne nicht aufgehoben werden. Es liege kein reines
Versehen sondern eine unrichtige Gesetzesanwendung sowohl durch den Notar wie
auch die damals zuständige Richterin vor. Bei so einer Sachlage sei eine Berichtigung
des Beschlusses wegen offenbarer Unrichtigkeit nicht zulässig. Die Beteiligten hätten
unbedingt den Geburtsnamen H beibehalten wollen. Wenn ihnen die entgegenstehende
gesetzliche Bestimmung des BGB bekannt gewesen wäre, hätten sie keinen
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Adoptionsantrag gestellt. Die damals zuständige Richterin hätte auf die rechtlichen
Bedenken hinweisen müssen. Wenn es nicht möglich wäre, den Geburtsnamen zu
erhalten, würden sie den Adoptionsantrag zurückziehen.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
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Eine Berichtigung des Beschlusses vom 04.10.2008 nach § 319 ZPO analog konnte
nicht erfolgen, da keine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des Gesetzes vorlag.
Soweit in diesem Beschluss angeordnet wurde, dass der Geburtsname H beibehalten
wird, liegt ein Schreib- oder Rechenfehler nicht vor, sondern eine unrichtige
Rechtsanwendung. Irrtümer bei der Willensbildung können aber nicht gem. § 319 ZPO
analog, sondern nur nach § 18 FGG berichtigt werden (Keidel/Kuntze/Winkler,
Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Auflage, § 18 Rn. 60).
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Auch nach § 18 FGG kann nach Auffassung der Kammer eine Berichtigung nicht
erfolgen. Nach § 18 Abs. 1 FGG kann das Gericht eine von ihm erlassene Verfügung
ändern, wenn es sie nachträglich für ungerechtfertigt erachtet. Dieses gilt aber nicht für
Beschlüsse über die Annahme als Kind, da diese nach § 56e S. 3 FGG unabänderlich
sind. Dieses gilt auch für die Anordnung der Beibehaltung des Geburtsnamens, da
diese Bestandteil des Adoptionsdekrets ist (vgl. BayObLG Beschluss vom 12.10.1979,
Az. BReg 1 Z 54/79, StAZ 1980, Seite 65). Eine nachträglich Änderung gegen den
Willen der Beteiligten würde im vorliegenden Fall dazu führen, dass eine Adoption
erfolgt wäre, die weder beantragt noch von den Beteiligten gewollt war, die ausdrücklich
bekräftigt haben, dass sie den Adoptionsantrag nicht gestellt hätten, wenn ihnen die
Vorschriften über die zwangsläufige Änderung des Geburtsnamens bekannt gewesen
wären. Dass der Adoptionsbeschluss nichtig wäre ist nicht ersichtlich (vgl. BayObLG
Beschluss vom 28.03.1996, Az. 1Z BR 74/95, FamRZ 1996, Seite 1034). Er ist mit der
Zustellung an die Beteiligten am 30.10.2008 rechtswirksam geworden. Eine
nachträgliche Rücknahme des Adoptionsantrages ist ebenfalls wegen § 56e S. 3 FGG
unbeachtlich.
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Soweit der Standesbeamte gleichwohl der Auffassung sein sollte, dass der
Adoptionsbeschluss wegen falscher Rechtsanwendung hinsichtlich des
Geburtsnamens nichtig sei, so bleibt es ihm unbenommen, ein Verfahren gem. § 45 Abs.
2 S. 1 PStG a.F. bzw. § 49 Abs. 1 S. 1 PStG n.F. zu betreiben.
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