Urteil des LG Münster vom 31.08.2004

LG Münster: steuerberater, wirtschaftsprüfer, gefahr, gestaltung, warnung, irreführung, gesellschaft, form, begriff, wirtschaftsprüfung

Landgericht Münster, 7 a StL 4/04
Datum:
31.08.2004
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
7. Strafkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 a StL 4/04
Tenor:
In dem berufsgerichtlichen Verfahren
hat die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen
des Landge-richts Münster (Westf.) in der Hauptverhandlung vom 31.
August 2004, an der teilge-nommen haben:
für R e c h t erkannt:
Der Berufsangehörige ist der Verletzung von Berufspflichten schuldig.
Ihm wird eine Warnung erteilt.
Der Berufsangehörige trägt die Kosten des Verfahrens und seine
notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 57 Abs. 1, 72, 89, 90 StBerG.
G r ü n d e :
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(abgekürzt gemäß §§ 267 Abs. 4 StPO, 153 StBerG)
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I.
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Der nicht vorbelastete Angeschuldigte, der am 19.09.1984 als Steuerberater bestellt
worden ist, übt seinen Beruf als Partner der M
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Steuerberatungsgesellschaft aus. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Sein
Bruttoeinkommen beläuft sich auf jährlich ca. 150.000,00 €.
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II.
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Der M Steuerberatungsgesellschaft gehören neben dem Angeschuldigten als
Seniorpartner der Steuerberater M, die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer N, I und C
sowie der Steuerberater und Rechtsanwalt L und der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
und Rechtsanwalt X an.
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Die von der im Jahre 2001 eingetragenen Partnerschaftsgesellschaft verwendeten
Briefbögen sind wie folgt gestaltet:
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Fotokopie Kopfbogen
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Wegen der Zulässigkeit dieser Geschäftsbögen war es in den Jahren ab 2001 zwischen
der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe und der Steuerberatungsgesellschaft zu
einem regen Schriftwechsel gekommen, in dem die Steuerberaterkammer ihre
Bedenken gegen die Gestaltung des Briefkopfes im Hinblick auf den Status der
Partnerschaftsgesellschaft als anerkannte Steuerberatungsgesellschaft – zuletzt mit
Schreiben vom 07.01.2004 – ausführlich darlegte. Dennoch hielten der Angeschuldigte
und die übrigen Mitglieder der Steuerberatungsgesellschaft an ihrer Auffassung fest und
teilten der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe mit Schreiben vom 12.01.2004 mit,
dass sie das nach ihrer Ansicht in zulässiger Form gestaltete Briefpapier weiter
gebrauchen würden und dann eben eine "höchstrichterliche" Entscheidung
herbeigeführt werden müsse. Bei der weiteren Verwendung des beanstandeten
Geschäftspapiers nahm der Angeschuldigte bewusst in Kauf, dass letzteres eventuell
entsprechend der Auffassung der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe als
berufswidrig eingestuft werden könnte.
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III.
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Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Berufsangehörigen sowie dem
übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme, deren Inhalt und Umfang sich aus der
Sitzungsniederschrift ergibt.
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IV.
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Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeschuldigte der Verletzung von
Berufspflichten schuldig gemacht.
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Gemäß § 57 Abs. 1 StBerG, der nach § 72 StBerG sinngemäß für
Steuerberatungsgesellschaften gilt, haben Steuerberater ihren Beruf gewissenhaft und
unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben. Diesen Verpflichtungen hat der
Angeschuldigte vorliegend insoweit zuwider gehandelt, als er und die übrigen Mitglieder
der Steuerberatungsgesellschaft M im Briefkopf ihres Geschäftspapiers mit der
unzulässigen Bezeichnung "Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte" firmiert
haben.
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Dass diese Art der Firmierung berufswidrig ist, ergibt sich zunächst schon aus Sinn und
Zweck der Steuerberatungsgesellschaft. Die Steuerberatungsgesellschaft ist Instrument
für eine gemeinsame Berufsausübung von Steuerberatern und nur auf das Berufsbild
des Steuerberaters abgestimmt (Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez,
Steuerberatungsgesetz, vor § 49 Rdn. 6). Sie hat die Befugnis zur geschäftsmäßigen
Hilfeleistung in Steuersachen, ist jedoch zur Rechtsberatung oder Wirtschaftsprüfung
nicht berechtigt. Wird – wie vorliegend – neben dem Begriff "Steuerberater" mit
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originären Berufsbezeichnungen wie "Wirtschaftsprüfer" und "Rechtsanwälte" firmiert,
so werden daher Befugnisse vorgespiegelt, die die Steuerberatungsgesellschaft nicht
hat. Zumindest besteht insoweit die Gefahr der Irreführung, die sich aus den eine
besondere Sachkompetenz zum Ausdruck bringenden Bezeichnungen
"Wirtschaftsprüfer" und "Rechtsanwälte" ergibt. Zugleich wird hierdurch die
Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes beeinträchtigt.
Die Gefahr der Irreführung ist auch nicht durch die weitere Gestaltung des von dem
Angeschuldigten verwendeten Briefbogens ausgeräumt worden; denn die im Verhältnis
zur blickfangmäßig herausgestellten Kopfzeile in kleinerer Schrift gehaltene Auflistung
am rechten Rand des Bogens enthält nur Informationen über die Mitglieder der
Gesellschaft, nicht jedoch über die Gesellschaft selbst.
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Über die teleologische Betrachtung des Instituts der Steuerberatungsgesellschaft hinaus
folgt die Unzulässigkeit der vom Angeschuldigten gewählten Kopfzeile im Briefkopf, bei
der es sich nicht lediglich um ein Logo handelt, auch mittelbar aus § 43 Abs. 4 Satz 2
StBerG. Nach dieser Vorschrift dürfen zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit
keine anderen Bezeichnungen als "Steuerberater", "Steuerbevollmächtigter" oder
"Steuerberatungsgesellschaft" verwendet werden. Dabei unterfallen dieser Regelung
auch solche Zusätze, die auf eine gemäß § 57 Abs. 3 StBerG mit dem Beruf des
Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten vereinbare Tätigkeit hinweisen (BGH, ZIP
1987, 1249 ff.).
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Schließlich ergibt sich die Unzulässigkeit der Firmierung der
Steuerberatungsgesellschaft M mit "Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte"
auch aus einem Rückschluss aus § 53 Satz 2 StBerG, wonach für die in der Form der
Partnerschaftsgesellschaft geführte Steuerberatungsgesellschaft die gemäß § 2 Abs. 1
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz bestehende Pflicht, die Berufsbezeichnungen aller in
der Partnerschaft vertretenen Berufe in den Namen aufzunehmen, entfällt. Durch diese
Regelung hat nämlich der Gesetzgeber folgerichtig der für die
Steuerberatungsgesellschaft bestehenden Beschränkung des Rechts, die
Berufsbezeichnung frei wählen zu können, Rechnung getragen (Kuhls/Meurers/Maxl/
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Schäfer/Goez, a.a.O., § 53 Rdn. 25).
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Die Pflichtverletzungen des Angeschuldigten waren rechtswidrig und schuldhaft.
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Zumindest seit dem Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft vom 12.01.2004
handelte der Angeschuldigte bei der weiteren Verwendung der von der
Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe beanstandeten Briefbögen mit bedingtem
Vorsatz.
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V.
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Gegen den Angeschuldigten waren deshalb berufsgerichtliche Maßnahmen zu ergreifen
(§ 89 StBerG).
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Bei deren Auswahl und Bemessung hat das Gericht zu Gunsten des Berufsangehörigen
gewertet, dass dieser nicht vorbelastet ist und den äußeren Sachverhalt eingeräumt hat.
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Nach Abwägung aller Umstände erschien zur Einwirkung auf den Angeschuldigten und
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zur Erreichung der weiteren Zwecke der Berufsaufsicht eine Warnung ausreichend.
VI.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 148 StBerG.
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