Urteil des LG Münster vom 11.12.2008

LG Münster: anerkennung, verjährung, vollstreckung, kausalität, nennwert, kommanditeinlage, beratungsvertrag, anhörung, vermarktung, konzept

Landgericht Münster, 014 O 266/07
Datum:
11.12.2008
Gericht:
Landgericht Münster
Spruchkörper:
14. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
014 O 266/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung
durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt Schadensersatz nach einer Anlageberatung.
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Der Kläger hatte im Jahr 2003 eine Abfindung erhalten, die er anlegen wollte. Dabei
ging es ihm neben der Rendite vornehmlich darum, die Einkommenssteuer für 2003
punktuell zu senken. Zu diesem Zweck führte er mit der Mitarbeiterin der Beklagen B
zwischen April und November 2003 mehrere Beratungsgespräche, deren Inhalt im
Einzelnen streitig ist. Zunächst kam man überein, bis in die zweite Jahreshälfte zu
warten, da erfahrungsgemäß Steuersparmodelle gegen Ende des Jahres aufgelegt
werden. Die Zeugin B empfahl schließlich eine Beteiligung an dem
Filmvermarktungsfonds N1., der lt. Prospekt für das erste Jahr eine Verlustzuweisung
von 130 % prognostizierte. Den Prospekt erhielt der Kläger spätestens am 26.11.2003.
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Mit Schreiben vom 20.03. und 31.03.2003 hatte das Finanzamt N III unverbindlich
mitgeteilt, dass die Vermarktungskosten als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu
qualifizieren seien. Es wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine bloße
Meinungsäußerung ohne Bindungswirkung handele.
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Am 26.11.2003 zeichnete der Kläger einen Anteil zum Nominalwert von 31.000,- €, der
teilweise finanziert wurde.
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In der Folge versagte das zuständige Finanzamt N III dem Fonds die volle steuerliche
Anerkennung, so dass die prognostizierte Verlustzuweisung von 130 % für 2003 nicht
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realisiert wurde.
Die Differenz seines Eigenkapitalanteils zu den nach seiner Berechnung erhaltenen
Ausschüttungen macht der Kläger geltend.
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Er behauptet, er sei nicht darauf hingewiesen worden, dass der prognostizierte
Steuervorteil nicht sicher zu erzielen sei. Dieser Vorteil sei jedoch wegen der
angestrebten punktuellen Reduzierung der Steuerlast ausschlaggebend für die
Zeichnung gewesen. Die Zeugin B habe ihn unzureichend beraten. Der Prospekt sei
fehlerhaft, da er das Risiko der fehlenden steuerlichen Anerkennung nicht darstelle.
Bereits im September 2003 habe es in der Fachpresse Warnungen gegeben.
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Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
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1.an ihn 6.881,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszins seit dem 12.02.2008 Zug um Zug gegen Übertragung der von dem
Kläger gehaltenen Kommanditeinlage im Nennwert von 31.000,- € an der G
GmbH & Co. W. KG zu zahlen;
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2. an ihn entgangenen Zins in Höhe von 5 % auf 19.530,- € für den Zeitraum
vom 26.11.2003 bis 12.02.2008 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, der Kläger sei seitens der Zeugin B ausreichend über die Chancen und
Risiken der unternehmerischen Beteiligung hingewiesen worden. Insbesondere seien
dem Kläger die steuerlichen Risiken erläutert worden. Die Schreiben des Finanzamtes
N III und deren Vorläufigkeit und Unverbindlichkeit seien mit dem Kläger erörtert
worden.
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Eine etwaige Falschberatung sei nicht kausal für die Anlageentscheidung des Klägers.
Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens könne er nicht in Anspruch nehmen, da
es mehrere Alternativen gegeben habe.
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Die Beklagte bestreitet die Forderungshöhe und erhebt die Einrede der Verjährung
gemäß § 37 a WPHG.
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Das Gericht hat den Kläger angehört und die Zeugin B vernommen. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten wird auf das
Sitzungsprotokoll vom 11.12.2008 sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst
Anlagen, insbesondere den Prospekt (K 2) und die Schreiben des Finanzamts N III (B 6
und 7) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gegen
die Beklagte, weil die behauptete Pflichtverletzung aus dem Beratungsvertrag nicht zur
Überzeugung des Gerichts festgestellt werden konnte.
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Zwar hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger anlässlich seiner
persönlichen Anhörung angegeben, für ihn sei nach der Beratung klar gewesen, dass
es mit der steuerlichen Anerkennung keine Schwierigkeiten geben werde. Die
Schreiben des Finanzamtes und der Hinweis auf die Vorläufigkeit der steuerlichen
Bewertung seien ihm nicht gezeigt bzw. erläutert worden.
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Dem gegenüber hat die Zeugin erklärt, sie habe in den Beratungsgesprächen die
Chancen und Risiken der unternehmerischen Beteiligung im Einzelnen erklärt und
insbesondere darauf hingewiesen, dass es sich um ein neues Konzept handele, dass –
anders als die Vorgänger – nicht die Herstellung, sondern die Vermarktung von Filmen
zum Gegenstand habe. Sie habe die steuerliche Einschätzung des Finanzamts N III und
deren Unverbindlichkeit dargestellt und darauf hingewiesen, dass letztlich eine
Betriebsprüfung maßgeblich sei.
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Das Gericht hat weder anhand des Inhalts der wechselseitigen Aussagen noch
aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Aussageverhalten des Klägers bzw. der
Zeugin B Anhaltspunkte dafür, wessen Darstellung der Ereignisse zutrifft. Anlass für
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin hat sich nicht ergeben. Auch das
wirtschaftliche Interesse des Kläger am Ausgang des Prozesses und die Nähe der
Zeugin zur Beklagten vermochten nicht den Ausschlag zu geben. Der prozessualen
Stellung der an den Beratungsgesprächen beteiligten Personen als Partei bzw. Zeugin
hat das Gericht ebenfalls keine Bedeutung beigemessen und daher auf eine
Parteivernehmung des Klägers verzichtet.
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Da vor diesem Hintergrund der Inhalt der Beratung als ungeklärt angesehen werden
muss, konnte keine Pflichtverletzung der Beklagten festgestellt werden. Dies geht zu
Lasten des beweispflichtigen Klägers.
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Auf Fragen der Kausalität und eine etwaige Verjährung kam es damit nicht mehr an.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr.
11, 711 ZPO.
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