Urteil des LG Mönchengladbach vom 17.02.2010

LG Mönchengladbach (rechnungslegung, konto, pflegeheim, verfügung, aufforderung, taschengeld, auflage, beschwerde, bankkonto, verwaltung)

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 529/09
Datum:
17.02.2010
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 529/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Erkelenz, 10 XVII 6242/09
Leitsätze:
Ein Betreuer ist nicht verpflichtet, über ein bei einer Einrichtung – hier
Pflegeheim – geführtes Taschengeldkonto des Betreuten Rechnung zu
legen. Es genügt, wenn der Betreuer bei seiner Rechnungslegung die
Einzahlungen auf das Taschengeldkonto aufführt.
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
G r ü n d e :
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I.
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Die Betroffene steht seit 2004 unter Betreuung. Der Beteiligte ist Berufsbetreuer für die
Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten und Gesundheitsfürsorge. Ein
Einwilligungsvorbehalt wurde angeordnet.
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Der Beteiligte überlässt der Betroffenen, die in einem Pflegeheim lebt, monatlich ein
Taschengeld in Höhe von 250,00 € zur freien Verfügung. Das Taschengeld wird auf ein
Taschengeldkonto des Pflegeheims eingezahlt, das die Taschengelder für die
Betroffene verwaltet. In der jährlichen Rechnungslegung führt der Beteiligte die
monatlichen Taschengeldzahlungen, die auf das Taschengeldkonto des Pflegeheims
erfolgen, auf. Die Auszüge des Taschengeldkontos überreicht er hingegen unter
Berufung auf eine Entscheidung des Landgerichts Leipzig vom 26. September 2002 (16
T 3093/02) – trotz Aufforderung des Amtsgerichts – nicht.
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Das Amtsgericht hat gegen den Beteiligten nach entsprechender Androhung ein
Zwangsgeld in Höhe von 100,00 € festgesetzt, weil er der Aufforderung zur Vorlage des
Taschengeldkontos nicht nachgekommen ist.
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Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde. Er vertritt unter Berufung
auf die vorgenannte Entscheidung des Landgerichts Leipzig die Auffassung, dass er zur
Vorlage des Taschengeldkontos nicht verpflichtet sei.
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Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Zwangsgeldbeschlusses.
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Auf das vorliegende Verfahren ist das FGG a.F. anwendbar, da es durch die
Aufforderung des Amtsgerichts vom 6. August 2009, also vor dem maßgeblichen
Stichtag (1. September 2009) eingeleitet wurde (Art. 111, 112 FGG-RG).
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Die Kammer folgt der Auffassung des Landgerichts Leipzig in seiner Entscheidung vom
26. September 2002 (16 T 3093/02), wonach keine Verpflichtung zur Rechnungslegung
für ein Taschengeldkonto besteht.
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Der Betreuer hat jährlich über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten zu berichten
und über seine Vermögensverwaltung Rechnung zu legen, wobei diese eine geordnete
Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten und über den Ab- bzw.
Zugang des Vermögens aussagekräftig sein muss (§§ 1840, 1841, 1908 i BGB). Der
Umfang der Rechnungslegung erstreckt sich auf das gesamte zu verwaltende
Vermögen des Betreuten einschließlich der laufenden Einkünfte. Hierzu zählt auch
dasjenige, welches der Betreuer durch Dritte verwalten lässt, nicht jedoch die kraft
Gesetzes einer Drittverwaltung unterliegenden Vermögensmasse (Palandt/
Diederichsen, BGB, 65. Auflage, § 1840 Rn. 3).
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Der Aufgabenkreis des Beteiligten umfasst vorliegend die gesamte Vermögenssorge, so
dass die Rechnungslegungspflicht grundsätzlich das gesamte Vermögen der
Betroffenen umfasst. Entgegen der Auffassung des Beteiligten handelt es sich bei der
Verwaltung des Taschengeldkontos durch das Pflegeheim nämlich nicht um eine
Drittverwaltung kraft Gesetzes. Gemeint sind hiermit nur Vermögensverwaltungen durch
Nachlassverwalter (§ 1984 BGB) und Testamentsvollstrecker (§ 2205 BGB), also
Verwaltungen, die dem Dritten kraft Gesetzes übertragen werden. Vorliegend beruht die
Verwaltung des Taschengeldkontos durch das Pflegeheim auf einer ― wenn auch
konkludent geschlossenen – vertraglichen Vereinbarung im Rahmen des
Heimvertrages.
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Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sich die Rechenschaftspflicht auf das
gesamte Vermögen des Betroffenen bezieht, bildet das dem Betreuten zur freien
Verfügung überlassene Geld, auch wenn dieses auf ein speziell dafür eingerichtetes
Konto eingezahlt wird. Über die von diesem – persönlichen – Konto des Betroffenen
ausgehenden Geldbewegungen rechnet der Betreuer nicht ab. Er hat lediglich die auf
dieses Konto gezahlten Beträge dort nachzuweisen, wo sie entnommen worden sind
(LG Leipzig, a.a.O.; vgl. auch Jürgens/Klüsener, Betreuungsrecht, 3. Auflage, § 1840 Rn.
7).
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Zwar handelt es sich vorliegend nicht – wie in dem vom Landgericht Leipzig
entschiedenen Fall – um ein Bankkonto sondern um ein internes Konto des
Pflegeheims, auf das der Beteiligte monatlich die Taschengeldbeträge einzahlt. Dies
ändert jedoch nichts an der Vergleichbarkeit der Fälle, da es sich um Taschengeld
handelt, das ausschließlich der Betroffenen zur freien Verfügung steht. Es ist daher
ausreichend, wenn der Beteiligte in seiner jährlichen Rechnungslegung die monatlichen
Taschengeldzahlungen aufführt. Ein Kontoauszug über das Taschengeldkonto hat er
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hingegen nicht vorzulegen, da dies aufgrund der Eigenverwaltung des Geldes durch die
Betroffene nicht erforderlich ist. Auch der Schutzzweck des § 1840 BGB gebietet eine
solche Rechnungslegung nicht. Denn hierdurch könnte – worauf der Beteiligte
zutreffend hinweist – nicht sichergestellt werden, dass die Beträge auch ausschließlich
für Aufwendungen der Betroffenen verwendet werden. Durch eine Rechnungslegung
über das Taschengeldkonto kann – ebenso wie bei einem förmlichen Bankkonto –
nämlich nicht sichergestellt werden, dass die Gelder ausschließlich für Aufwendungen
der Betroffenen verwendet werden, da sie die Möglichkeit hat, Konsumgüter (Zigaretten
etc.) anderen Heimbewohnern zur Verfügung zu stellen.
Die Rechtslage wäre anders zu beurteilen, wenn es Anhaltspunkte für missbräuchliche
Verwendungen des Taschengeldes gäbe. Solche Anhaltspunkte liegen hier jedoch
nicht vor.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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Jopen zum Bruch Fuchs
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