Urteil des LG Mönchengladbach vom 25.10.2005

LG Mönchengladbach: sachliche zuständigkeit, gebühr, klagerücknahme, einverständnis, rüge, form, meinung, datum, abweisung

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 446/05
Datum:
25.10.2005
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 446/05
Schlagworte:
Klagerücknahme, Zuständigkeitsrüge, Sachantrag
Normen:
VV RVG Nr. 3101
Leitsätze:
Hat der Kläger beim Amtsgericht einen Verweisungsantrag zum
Landgericht gestellt und rügt der Beklagte die Zuständigkeit des
Amtsgerichts ohne einen Klageabwei-sungsantrag zu stellen, so ist
allein in der Zuständigkeitsrüge kein Sachantrag zu se-hen. Dem
Beklagtenvertreter steht deshalb nach einer Klagerücknahme nur die
ermä-ßigte Verfahrensgebühr von 0,8 gem. VV RVG Nr. 3101 zu
Tenor:
Der Beschluss vom 27.06.2005 wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Antrages vom 13.06.2005 teilweise abgeändert und wie
folgt neu gefasst:
Auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Erkelenz vom 27.02.2005
sind von der Klägerin an den Beklagten an Kosten 616,31 € (in Worten:
sechs-eins-sechs 31/100) nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.06.2005 zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Beschwerdewert: 260,42 €
I.
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Nachdem die Klägerin gegen den Beklagten einen Mahnbescheid über eine
Hauptforderung von 15.956,76 € nebst Zinsen und Kosten erwirkt und der Beklagte
hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, beantragte die Klägerin bei dem im
Mahnbescheid angegebenen Amtsgericht Erkelenz, den Rechtsstreit an das
Landgericht Mönchengladbach zu verweisen und stellte zugleich den Antrag, den
Beklagten zur Zahlung von 15.440,55 € nebst im einzelnen aufgeführter Zinsen zu
verurteilen. Mit Schriftsatz vom 12.01.2005 rügte der Beklagte über seine
Prozessbevollmächtigten die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Erkelenz und
bat darum, das Amtsgericht möge über den Verweisungsantrag entscheiden. Nachdem
sich das Amtsgericht mit Beschluss vom 20.01.2005 für sachlich unzuständig erklärt und
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den Rechtsstreit an das Landgericht Mönchengladbach verwiesen hatte, nahm die
Klägerin mit Schriftsatz vom 28.01.2005 die Klage zurück, woraufhin das Amtsgericht
mit Beschluss vom 27.02.2005 auf Antrag des Beklagten, der Klägerin die Kosten des
Rechtsstreits auferlegte (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO). Mit Beschluss vom 27.06.2005 setzte
das Amtsgericht die von der Klägerin an den Beklagten zu erstattenden Kosten
antragsgemäß auf 876,73 € fest und berücksichtigte darin eine 1,3-Verfahrensgebühr
gem. VV Nr. RVG 3100 auf der Grundlage eines Streitwertes von 15.440,55 € in Höhe
von 735,80 €. Gegen diese Verfahrensgebühr wendet sich die Klägerin mit ihrer
sofortigen Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dem Beklagten stehe nur eine 0,8-
Verfahrensgebühr gem. VV RVG Nr. 3101 zu. Gegen den Ansatz einer
Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert erhebt sie keine Einwendungen. Das
Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Denn dem
Beklagten steht gem. VV RVG Nr. 3101 nur eine 0,8-Gebühr nach dem
Hauptsachestreitwert und wegen der Klagerücknahme eine 1,3-Gebühr nach dem
Kostenwert zu.
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Gem. VV RVG Nr. 3101 ermäßigt sich die Verfahrensgebühr von 1,3 auf 0,8 unter
anderem dann, wenn der Auftrag des Rechtsanwalts endigt, bevor er einen Schriftsatz
mit Sachanträgen oder Sachvortrag einreicht. Der Auffassung des Beklagten, der
Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.01.2005 enthalte einen Sachantrag,
vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Rüge der sachlichen Zuständigkeit ist zwar
dann als Sachantrag zu werten, wenn darin zugleich zum Ausdruck kommt, dass die
Klage wegen fehlender Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen werden soll
(SchlHOLG, Beschluss vom 12.07.1996, JurBüro 1997, 86f). Dies war hier aber
offensichtlich nicht der Fall, weil die Klägerin in der Klagebegründung bereits einen
Verweisungsantrag gestellt hatte. Eine Abweisung der Klage durch Prozessurteil wegen
fehlender Zuständigkeit kam also nicht mehr in Betracht. Der Beklagte hat vielmehr
durch die wegen des Verweisungsantrages an sich überflüssige Zuständigkeitsrüge
lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er sich dem Verweisungsantrag anschließe (so
ausdrücklich im Schriftsatz vom 02.08.2005 Seite 2 oben). Dieses Einverständnis mit
dem Verweisungsantrag stellt nach allgemeiner Meinung keinen Sachantrag dar (vgl.
OLG Köln, Beschluss vom 29.08.1985, JurBüro 1986, 1041; KG Berlin, Beschluss vom
13.01.1987, JurBüro 1987, 709f). Nur wenn ein Anwalt dem Verweisungsantrag mit
sachlichen Argumenten entgegentritt, ist hierin ein Gegenantrag zu sehen, der
gebührenrechtlich als Sachantrag zu behandeln ist und eine Prozessgebühr auslöst
(OLG Bamberg, Beschluss vom 03.06.1987, JurBüro 1987, 1675f).
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Die vom Amtsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung herangezogene
Fundstelle bei Gerold/Schmidt VV RVG 3101 Rdn. 32 besagt nichts anderes. Denn dort
wird die Rüge der örtlichen Zuständigkeit nur dann als Sachantrag gewertet, wenn kein
Verweisungsantrag gestellt wird, was hier gerade nicht der Fall war.
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Der Hinweis des Beklagten auf Baumbach/Lauterbach u.a., ZPO, § 297 Rdn. 6, wonach
für die Anschließung dieselben Regeln gelten wie zum Antrag derjenigen Partei, der
man sich anschließt, ist unzutreffend. Die Kommentierung bezieht sich ersichtlich auf
die in § 297 ZPO geregelte Form der Antragstellung und nicht auf die hier allein
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interessierende gebührenrechtliche Frage, ob in dem Einverständnis mit dem
Verweisungsantrag ein gebührenauslösender Sachantrag zu sehen ist.
Schließlich kann der Beklagte den Anfall einer vollen Gebühr gem. VV RVG Nr. 3100
auch nicht damit begründen, dass er sich mit der 11-seitigen Anspruchsbegründung
intensiv auseinandergesetzt und einen Erwiderungsschriftsatz unterschriftsreif
vorbereitet hatte. Denn diese Tätigkeit ist in keiner Weise – nicht einmal durch einen
bloßen Klageabweisungsantrag – nach außen hin in Erscheinung getreten, so dass
trotz dieser umfassenden Bearbeitung nur eine 0,8-Gebühr angefallen ist
(Gerold/Schmidt u.a. VV RVG Nr. 3101 Rdn. 1).
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Neben der 0,8-Gebühr gem. VV RVG Nr. 3101 steht dem Beklagten – auch nach
Auffassung der Klägerin – gem. § 13 Abs. 3 RVG eine 1,3-Gebühr gem. VV RVG Nr.
3100 für seinen Kostenantrag zu, allerdings nur nach dem für ihn bestehenden
Kostenwert.
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Der von der Klägerin dem Beklagten zu erstattende Betrag errechnet sich danach wie
folgt:
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Streitwert: 15.440,55 €
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0,8 Verfahrensgebühr gem. VV RVG Nr. 3101 452,80 €
12
Auslagenpauschale gem. VV RVG Nr. 7002 20,00 €
13
472,80 €
14
16% Mehrwertsteuer gem. VV RVG Nr. 7008 75,65 €
15
548,45 €
16
Streitwert: 548,45 €
17
1,3 Verfahrensgebühr gem. VV RVG Nr. 3100 58,50 €
18
16% Mehrwertsteuer gem. VV RVG Nr. 7008 9,36 €
19
616.31 €
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung, da die
Voraussetzungen gem. § 574 ZPO nicht vorliegen.
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Jopen
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