Urteil des LG Mönchengladbach vom 18.02.2009

LG Mönchengladbach: geschäftsführer, satzung, vertretungsbefugnis, zukunft, gesellschafterversammlung, ermächtigung, handelsregister, zwischenverfügung, zustand, dispositiv

Landgericht Mönchengladbach, 8 T 13/08
Datum:
18.02.2009
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
2. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 T 13/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Mönchengladbach, HR B 12782
Tenor:
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Zwischenver-
fügung des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 19. November 2008
wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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I.
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Die Beschwerdeführerin ist im Handelsregister des Amtsgerichts Mönchengladbach
eingetragen. Gesellschafter sind die Herren ...... In § 6 des Gesellschaftsvertrags der
Beschwerdeführerin heißt es:
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Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere
Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer,
oder, falls Prokuristen vorhanden sind, auch durch einen Geschäftsführer in
Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Ist nur ein Geschäftsführer
vorhanden, vertritt er die Gesellschaft allein.
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2. Geschäftsführern kann von der Gesellschafterversammlung die Befugnis erteilt
werden, die Gesellschaft allein zu vertreten, auch dann, wenn mehrere
Geschäftsführer vorhanden sind. Die Gesellschafterversammlung kann die
Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien."
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In einer Gesellschafterversammlung vom 01.10.2008 wurde u.a. Folgendes einstimmig
beschlossen:
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"Herr ..... (Niederlande) ist zur Vertretung der Gesellschaft nicht mehr alleine,
sondern in Zukunft nur in Gemeinschaft eines weiteren Geschäftsführers
berechtigt und befugt, die Gesellschaft zu vertreten."
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Diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin zur Eintragung in das Handelsregister
angemeldet. Auf Anfrage des Amtsgerichts hat der die Beschwerdeführerin vertretende
Notar ausgeführt, dass der Beschluss bedeute, dass der Geschäftsführer ...... die
Gesellschaft ausschließlich gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer vertreten
solle.
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Mit Zwischenverfügung vom 19.11.2008 hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt:
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"In der Handelsregistersache pp. muss die konkrete Vertretungsbefugnis mit der
allgemeinen Vertretungsregelung übereinstimmen. Dies wäre aber nicht der Fall
bei ausschließlicher Gesamtvertretung mit einem Geschäftsführer. Die Satzung
lässt auch keine abweichende Regelung zu. Um Überprüfung der konkreten
Vertretungsbefugnis des Herrn ..... wird daher gebeten."
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Dagegen richtet sich die als Beschwerde geltende Erinnerung der Beschwerdeführein.
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Sie ist der Auffassung, dass durch die abstrakte Vertretungsregelung auch die
alternative Wahlmöglichkeit eröffnet worden sei, dass ein Geschäftsführer die
Gesellschaft gemeinsam mit einem anderen Geschäftsführer vertritt. Aus Sinn und
Zweck der abstrakten Vertretungsregelung ergebe sich, dass eine Verschärfung der
konkreten gegenüber der abstrakten Vertretungsregelung stets zulässig sei. Im Übrigen
ergebe sich die Wirksamkeit des Beschlusses vom 01.10.2008 auch aus dem
Rechtsinstitut des sogenannten "satzungsdurchbrechenden
Gesellschafterbeschlusses".
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beschwerdeführerin
Bezug genommen.
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II.
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Die Beschwerde ist zulässig.
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Nach § 19 Abs. 1 FGG ist gegen die Verfügungen des Gerichts I. Instanz das
Rechtsmittel der Beschwerde statthaft. Anfechtbar ist eine Äußerung des Gerichts, die
mit Rechtsfolgen verbunden ist, die den Beteiligten nach einer Anregung oder einem
Antrag vor die Wahl stellt, entweder in bestimmter Richtung tätig zu werden oder mit
einer endgültigen Ablehnung seines Antrages rechnen zu müssen.
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Diese Voraussetzungen liegen hier vor, nachdem sich aus der Zwischenverfügung
ergibt, dass das Amtsgericht zu erkennen gegeben hat, dass es die begehrte Eintragung
nicht vornehmen werde.
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Die Beschwerde ist aber unbegründet.
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Das Amtsgericht ist zu Recht der Auffassung, dass der Beschluss vom 01.10.2008 über
die Vertretungsregelung nicht eingetragen werden darf.
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Der Beschluss ist nichtig.
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Nach § 6 Abs. 1 der Satzung wird die Gesellschaft bei Vorhandensein mehrerer
Geschäftsführer entweder durch zwei Geschäftsführer oder, falls Prokuristen vorhanden
sind, auch durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
Nach § 6 Abs. 2 der Satzung kann die Vertretung auch abweichend geregelt werden.
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Der Beschluss vom 01.10.2008 hält sich aber nicht an den Rahmen dieser
Ermächtigung. Er wird vielmehr von der Satzung nicht gedeckt. Die Satzung sieht neben
der Vertretung durch zwei Geschäftsführer auch die Vertretung durch einen
Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vor. Die Satzung lässt eine
abweichende Regelung – wie hier eine Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers
ausschließlich mit einem weiteren Geschäftsführer – durch Gesellschafterbeschluss
insoweit nicht zu.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin trifft es nicht zu, dass abweichende
Regelungen durch Gesellschafterbeschluss nur unwirksam seien für Abweichungen von
der in § 35 GmbHG geregelten gesetzlichen Vertretungsbefugnis. Da die
Vertretungsregelung des § 35 GmbHG dispositiv ist, bestimmt letztlich die Satzung die
Regelung der Aktivvertretung der Geschäftsführer. Dann bedarf auch jede Änderung
dieser Vertretungsbefugnis grundsätzlich einer Satzungsänderung, wenn die Satzung
nicht selbst eine Ermächtigung zur Änderung der Vertretungsbefugnis in einem
bestimmten Rahmen gibt. Dieser Rahmen ist dann überschritten, wenn der
Geschäftsführer .... auch in Zukunft nur mit einem weiteren Geschäftsführer – und nicht
auch mit einem Prokuristen, wenn er denn eingestellt wird - vertretungsbefugt ist.
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Der Beschluss erweist sich auch nicht als satzungsdurchbrechender
Gesellschafterbeschluss wirksam.
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Eine im Einzelfall regelnde Satzungsdurchbrechung ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes, der sich die Kammer anschließt, zwar im Grundsatz auch ohne
Einhaltung der formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung jedenfalls nicht
nichtig (vgl. zum Beispiel BGH NJW 1993, 2246, 2247). Unwirksamkeit wird aber dann
ganz allgemein angenommen für von der Satzung abweichende abstrakte Regelungen,
bei denen sich die Anwendung unter Umständen erst in der Zukunft konkretisiert
(Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., § 53 Rdnr. 45).
Satzungsdurchbrechungen, die einen von der Satzung abweichenden rechtlichen
Zustand begründen, sind ohne Einhaltung der für eine Satzungsänderung geltenden
Formvorschriften unwirksam (BGH a.a.O.).
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Letzteres ist hier der Fall. Der Beschluss vom 01.10.2008 bestimmt, dass der
Geschäftsführer ... auch in Zukunft nur gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer
vertretungsbefugt ist, auch wenn die Gesellschaft – was zur Zeit nicht der Fall ist – einen
Prokuristen hat. Sie ist somit eine abstrakte Regelung, die im Widerspruch zur Satzung
steht.
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Da der Beschluss nicht notariell beurkundet ist (§ 53 Abs. 3 GmbHG), ist er unwirksam.
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Das Amtsgericht wird die Eintragung daher zu Recht ablehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a FGG.
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Beschwerdewert: 4.000,00 €
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