Urteil des LG Mönchengladbach vom 02.01.2009

LG Mönchengladbach: sachliche zuständigkeit, vernehmung von zeugen, räumung, erneuerung, eigentum, auflage, zustand, kaution, unterbringung, polizei

Landgericht Mönchengladbach, 3 O 184/08
Datum:
02.01.2009
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
Einzelrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 184/08
Schlagworte:
Amtspflichtverletzung, Betreuer
Normen:
§ 823 I BGB
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.631,69 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit
dem 8.5.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten zu 93 % und der
Klägerin zu 7% auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Betreuer aus einer "Amtspflichtverletzung" in
Anspruch.
2
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3
Der Beklagte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach, Az.:
xxxxxxxxx, zum Betreuer des am 28.2.1935 geborenen, unter einer Polyneuropathie
leidenden Herrn xxxxxxxxxxx (im Folgenden: Betreuter) bestellt; ein
Einwilligungsvorbehalt wurde nicht angeordnet.
4
Zum Zeitpunkt der Bestellung des Beklagten lebte der Betreute noch in einer von der
Zeugin xxxxxxx angemieteten Wohnung in Mönchengladbach.
5
Bereits in diesem Mietverhältnis zeigte sich ein Hang des Betreuten dazu, "Sammelgut"
zu sammeln, wobei der genaue Umfang zwischen den Parteien streitig ist.
6
In der Folge wurde dann im Jahr 2004 seitens des Betreuten und des Beklagten eine
neue Wohnung für den Betreuten gesucht.
7
Im Rahmen der diesbezüglichen Verhandlungen mit der Klägerin, erfuhr diese von der
bestehenden Betreuung. Befragt, aus welchem Grund die Betreuung bestehe,
antwortete der Beklagte, dass er lediglich für Geld- und Wohnungsangelegenheiten
bestellt worden wäre.
8
Der Beklagte füllte für den Betreuten eine auf den 5.5.2004 datierte "Selbstauskunft
Mietinteressent" aus.
9
In dieser machte er u.a. folgende Angaben:
10
".....
11
Derzeitiger Vermieter: xxxxxx
12
(Anschrift, Telefon) xxxxxxxxx, xxxxxxxxx (xxxxxxx)
13
Grund/Gründe für Derzeitige Wohnung ist im 3. Stock. Nach
14
Wohnungswechsel: Beinbruch ist Treppensteigen sehr
15
schwer.
16
Ich versichere, dass ich in den letzten 12 Monaten regelmäßig meine Miete gezahlt
habe und dass keine überfälligen Verpflichtungen aus dem jetzigen oder aus früheren
Mietverhältnissen bestehen.
17
Ich versichere ausdrücklich die Richtigkeit der vorstehend gemachten Angeben.
18
Mit einer Auskunftseinholung über mich durch den Vermieter beim Vorvermieter bin ich
einverstanden und sehe die vorgeschriebene Benachrichtigung nach § 26 des
Bundesdatenschutzgesetzes hiermit als erfüllt an.
19
...."
20
Mit Mietvertrag vom 10.5.2004 mietete der Betreute von der Klägerin eine ca. 25
Quadratmeter große Wohnung in Mönchengladbach auf der xxxxxxxxxxx zu einem
Mietzins von 150 € monatlich, zuzüglich 65 € Betriebskostenvorschuss.
21
Nach den vertraglichen Bestimmungen sollte das Mietverhältnis zum 1.6.2004 beginnen
und auf unbestimmte Zeit laufen.
22
Der Mietvertrag sah dabei des Weiteren u.a. in § 10 des Vertragsformulars vor:
23
"Für Beschädigungen der Mietsache und des Gebäudes sowie der zu den Mieträumen
oder zu dem Gebäude gehörenden Anlagen ist der Mieter ersatzpflichtig, soweit er
dieses zu vertreten hat.
24
Die Instandhaltung der Mieträume einschließlich der mitvermieteten Anlagen und
Einrichtungen obliegt dem Mieter im nachstehenden Umfang:
25
Er hat für die ordnungsgemäße Reinigung der Mieträume sowie für die ausreichende
Belüftung und Beheizung der ihm überlassenen Räume zu sorgen....."
26
In § 29 des Vertrages hieß es abschließend:
27
"Die Wohnung wird renoviert übernommen und muss beim Auszug fachmännisch
renoviert übergeben werden (Decken, Wände: Rauhfaser weiß)
28
....
29
Der Teppichboden wird ungereinigt übernommen (fleckig!)
30
..."
31
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie der
Vertragsunterlagen Bezug genommen (Blatt 8 bis 22 der Gerichtsakte).
32
Im Jahre 2005 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos und erhob gegen den
Betreuten Räumungsklage vor dem Amtsgericht Mönchengladbach, da von der
Wohnung des Betreuten extreme Geruchsbelästigungen ausgingen und der
Hausfrieden erheblich gestört war.
33
Nachdem das Gesundheitsamt der Stadt Mönchengladbach auf die Räumungsklage
und ihre Begründung aufmerksam wurde, suchten Mitarbeiter am 30.11.2005 die
Wohnung des Betreuten auf. Der Beklagte war bei diesem Termin ebenfalls anwesend.
34
In diesem Rahmen stellten die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes der Stadt
Mönchengladbach fest, dass die Wohnung randvoll mit Sammelgut gestellt sei. Eine
Geruchsbelästigung im Flur konnte seitens der Mitarbeiter des Gesundheitsamtes
allerdings ausgeschlossen werden; in der Wohnung lag nach ihrer Einschätzung keine
massive Geruchsbelästigung vor. Insgesamt kam man daher zu dem Ergebnis, dass
nicht von einer Verwahrlosung des Betreuten gesprochen werden könne.
35
Gleichwohl kam man mit dem Beklagten nach Erörterung der Situation – ausweislich
der im Rahmen der Räumungsklage erstellten ärztlichen Bescheinigung – überein, dass
"sicherlich ein nicht unerheblicher Teil der angesammelten Sachen besser zu entfernen
sei".
36
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Mönchengladbach vom 18.8.2006
einigte sich die Klägerin mit dem Betreuten im Wege eines Vergleiches dahingehend,
dass der Betreute sich verpflichtete, die Wohnung bis zum 31.1.2007 geräumt an die
Klägerin herauszugeben.
37
Dem war eine Zeugenaussage des unmittelbaren Wohnungsnachbarn des Betreuten,
des Herrn xxxxxxxxxx, vorausgegangen, der u.a. bekundete, dass von der Wohnung des
Betreuten bereits kurz nach dessen Einzug starke Geruchsbelästigungen ausgingen
und es wegen der Geruchsbelästigung mehrfach zu Polizeieinsätzen gekommen sei.
Des Weiteren bekundete er, dass er auch mit dem Beklagten gesprochen habe; dieser
habe sich dahingehend geäußert, dass der Betreute dahin ziehen müsse, wo er alleine
leben könne.
38
Mit Schreiben ihres nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 18.1.2007 machte die
Klägerin den Beklagten nochmals auf den Ablauf der Räumungsfrist zum 31.1.2007
aufmerksam.
39
Eine Räumung zum 31.1.2007 erfolgte indes nicht.
40
Mit anwaltlichen Schreiben vom 6.2.2007 forderte die Klägerin den Beklagten, der
während des gesamten Mietverhältnisses für den Betreuten die Mieten bezahlt hatte, zur
Zahlung des monatlichen Mietzinses in Höhe von 215 € bis zum 16.2.2007 auf, wodurch
ihr Kosten in Höhe von insgesamt 46,41 € entstanden.
41
Am 10.3.2007 kam es dann zu der unter Leitung des Zeugen xxxxxxxx durchgeführten
Zwangsräumung der Wohnung.
42
Nachdem vom Zeugen xxxxxxx errichteten Protokoll erfolgte die Räumung dergestalt,
dass der Betreute zunächst aufgefordert wurde, die Wohnungstüre zu öffnen. Da er dem
nicht nachkam, wurde sodann das Zylinderschloss der Wohnungstür entfernt. Da auch
dies indes ein Betreten der Wohnung nicht ermöglichte und auch Versuche, die
Wohnungstür durch "Rammen" zu öffnen, scheiterten, versuchte man, von außen durch
das Fenster in die Wohnung zu gelangen. Nachdem der Schlosser das Fenster geöffnet
hatte, versuchte man dann auf diesem Wege die Wohnung zu betreten, was aber
insofern Schwierigkeiten bereitete, als sich im Inneren der Wohnung Müll fast bis unter
die Decke stapelte und der Betreute durch Verlagerung des Mülls versuchte, das
geöffnete Fenster zu verbarrikadieren.
43
Auch die danach hinzugerufene Polizei konnte den Betreuten nicht zum Öffnen der
Wohnungstüre bzw. Verlassen der Wohnung bewegen. Erst nach einer weiteren Stunde
konnte der Betreute schließlich durch Zureden dazu gebracht werden, die Türe von
Innen zu öffnen. Laut dem Protokoll des Zeugen xxxxxxxx verstärkte sich nach dem
Öffnen der Türe der Gestank derart, dass dieser fast nicht mehr zu ertragen war. Die
gesamte Wohnung war innen bis unter die Decke voller Müll; überall in der Wohnung
waren verdorbene Lebensmittel verteilt.
44
Da der Betreute sich weiterhin weigerte, die Wohnung zu verlassen, musste zunächst
seitens der Spedition ein "Weg" durch den Müll zum Betreuten freigeräumt werden, was
etwa einen Zeitraum von weiteren zwei Stunden in Anspruch nahm. Erst danach konnte
der Zeuge xxxxxxx den Betreuten unter Androhung einer erneuten Hinzuziehung der
Polizei zum Verlassen der Wohnung überreden.
45
In der Folge wurde die Wohnung von der Spedition weiter leer geräumt. U.a. wurde
auch die Küche vollständig entsorgt. Insgesamt wurden von Mitarbeitern der Spedition
zwei volle LKW-Ladungen Müll aus der Wohnung entfernt.
46
Durch die Räumung entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 3.754,13 €.
47
Mit anwaltlichen Schreiben vom 23.3.2007 forderte die Klägerin den Beklagten zur
Zahlung des monatlichen Mietzinses für den Monat März 2007 bis zum 3.4.2007 auf,
wodurch ihr erneut Kosten in Höhe von insgesamt 46,41 € entstanden.
48
Gleichzeitig kündigte sie bereits Schadensersatzansprüche in Bezug auf Prozess-,
Räumungs- und Renovierungskosten an.
49
Mit anwaltlichen Schreiben vom 16.4.2008 forderte die Klägerin den Beklagten unter
Fristsetzung bis zum 7.5.2008 auf, an sie einen Betrag von 8.174,51 € zu zahlen.
50
Dieser Gesamtbetrag setzte sich zusammen aus drei Monatsmieten in Höhe eines
Betrages von insgesamt 450 €, den Anwaltskosten hinsichtlich der
Aufforderungsschreiben vom 6.2.2007 und vom 23.3.2007 in Höhe eines Betrages von
insgesamt 92,82 €, den Kosten der Wohnungsräumung in Höhe eines Betrages von
3.754,13 €, den Kosten der Erneuerung des Fensters in Höhe eines Betrages von
1.636,25 €, den Kosten von im Rahmen der Renovierung angeschafften Gegenständen
in Höhe von insgesamt 821,25 €, Fahrtkosten für 28 Fahrten zu insgesamt 294 € sowie
eine Aufwandsentschädigung für im Rahmen der Wohnungsrenovierung erbrachter
154,25 Arbeitsstunden in Höhe von insgesamt 2.657,75 €. Mindernd brachte die
Klägerin dabei die Kaution in Höhe von 416,44 € in Abzug.
51
Die Klägerin behauptet, dass der Betreute bereits in der von der Zeugin xxxxx
angemieteten Wohnung in erheblichem Umfang Müll gesammelt und dadurch
erhebliche Schäden angerichtet habe. Auch hier sei es bereits wegen Gestankes zu
Polizei- und Ordnungsamtseinsätzen gekommen.
52
Insgesamt habe die Zeugin xxxxxx für die Entsorgung des Mülls und die Sanierung der
Wohnung ca. 3.000 € aufwenden müssen.
53
Die Klägerin behauptet, dass sich der Betreute am Räumungstag in der Wohnung
verbarrikadiert habe und sich das Räumungspersonal gewaltsam habe Zutritt
verschaffen müssen. Dies sei dann dergestalt erfolgt, dass man das Fenster
aufgebrochen habe, wobei der Rahmen irreparabel beschädigt worden sei.
54
Die Kosten der Erneuerung des Fensters hätten sich auf 1.636,25 € belaufen.
55
Die Klägerin behauptet weiterhin, nach der Räumung sei es dann erforderlich gewesen,
die Wohnung vollständig zu renovieren, was aus Kostengründen durch ihren Ehemann
durchgeführt worden sei. In diesem Rahmen hätte der Teppichboden herausgerissen
werden müssen, da er mit Fäkalien übersäht gewesen sei. Der Gestank habe derart tief
im Teppich gesessen, dass man ihn nicht mehr habe herausbekommen können. Nach
Herausreißen des Teppichbodens sei es dann erforderlich geworden, zunächst mit
einem von der Firma xxxxxx geliehenen Teppichbodenabschleifgerät die noch
vorhandenen Kleberreste abzuschleifen. Danach seien Fliesen verlegt worden, wofür
man Fliesen, Fliesenkleber und Fugenmörtel benötigt habe; auch hätten die Wände
erneuert werden müssen
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Des Weiteren hätte ein neues Schloss eingebaut werden müssen, da das alte Schloss
im Rahmen der Räumung am 10.3.2007 aufgebohrt worden sei.
57
Ferner seien ein Untertischgerät für die Küche sowie ein Durchlauferhitzer für das Bad
angeschafft worden.
58
Insgesamt seien dadurch Kosten in Höhe von 821,25 € entstanden.
59
Die Klägerin behauptet ferner, zwecks Renovierung der Wohnung seien vom 18.3.2007
bis zum 28.3.2008 insgesamt 28 Fahrten zu je 35 km angefallen.
60
Sie ist der Ansicht, dass ihr aus diesem Gesichtspunkt bei einem Ansatz von 0,30 € pro
Kilometer weitere 294 € zustehen.
61
Die Klägerin behauptet ferner, im Rahmen der Renovierung seien in dem Zeitraum vom
18.3.2007 bis zum 28.3.2008 insgesamt 154,25 Arbeitsstunden angefallen.
62
Sie ist der Ansicht, dass ihr aus diesem Gesichtspunkt bei einem Ansatz von 10 € pro
Stunde weitere 1.542,50 € zustehen.
63
Von den sich so insgesamt ergebenden Renovierungskosten in Höhe von 2.657,75 €
sei ihrer Ansicht nach dann die Kaution von 416,44 € abzuziehen.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr darüber hinaus für die Monate April bis Juni 2007
drei weitere Monatsmieten zustehen. Hierzu behauptet sie, die Wohnung habe aufgrund
ihres desolaten Zustandes und des Renovierungsbedarfs vor Juli 2007 nicht vermietet
werden können.
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Ferner ist die Klägerin der Ansicht, dass der Beklagte auch für die ihr entstandenen
Kosten der Schreiben vom 6.2.2007 und vom 23.3.2007 einzustehen habe.
66
Die Klägerin ist schließlich der Ansicht, dass hinsichtlich der Küche ein Abzug "neu für
alt" nicht in Betracht komme. Hierzu behauptet sie, die Küche sei ein Jahr alt gewesen
und somit noch neuwertig.
67
Gleiches gelte für die anstelle des Teppichbodens verlegten Fliesen. Insoweit behauptet
die Klägerin, die geltend gemachten Kosten für die Fliesen in Höhe von 4,35 € pro
Quadratmeter lägen immer noch unter dem für einen Teppichboden auch unter
Berücksichtigung von "neu für alt" anzusetzenden Preis von mindestens 10 €.
68
Die Klägerin beantragt,
69
den Beklagten zu verurteilen, an sie 8.174,51 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 8.5.2008 zu zahlen.
70
Der Beklagte beantragt,
71
die Klage abzuweisen.
72
Der Beklagte ist der Ansicht, dass das Landgericht Mönchengladbach bereits sachlich
unzuständig sei.
73
Der Beklagte behauptet, dass er anlässlich des Gerichtstermins am 18.8.2006 die
74
Angelegenheit mit dem Betreuten ausführlich erörtert habe und dieser mit dem Auszug
einverstanden gewesen sei.
Nachdem ihm der Betreute dann am 8.1.2007 mitgeteilt hätte, er werde die angemietete
Wohnung – doch – nicht bis zum 31.1.2007 räumen, versucht hätte, auf dem freien
Wohnungsmarkt eine Wohnung für den Betreuten zu erhalten. Er habe sich mit der
Firma xxxxxxxxxxxxxxx in Verbindung gesetzt. Von dieser sei ihm allerdings mitgeteilt
worden, dass man dem Betreuten allenfalls eine Wohnung ab dem 1.4.2007 auf der
xxxxxxxxxx anbieten könne, die im zweiten Obergeschoss liege. Daraufhin habe er eine
Vormerkung dort veranlasst.
75
Auch bei der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft habe er sich erfolglos um eine
Wohnung bemüht.
76
Schließlich habe er auch mehrere Anfragen an das Sozialamt der Stadt
Mönchengladbach gerichtet, ob von dort eine Unterbringung des Betreuten erfolgen
könne. Indes habe er auch dort eine Absage erhalten, da zur Zeit keine Wohnung frei
gewesen sei.
77
Danach sei ihm dann von der Firma xxxxxx mitgeteilt worden, dass im Hause
xxxxxxxxxx, 1. Etage, eine Wohnung vermittelt werden könne. Mit dieser sei der
Betreute dann auch zunächst einverstanden gewesen und habe dementsprechend
zugesagt, den Besichtigungstermin wahrzunehmen. Später habe der Betreute ihm dann
indes mitgeteilt, dass er weder die Wohnung auf der xxxxxxxxxxx besichtigen wolle
noch seine Wohnung räumen werde. Auch in der Folge habe sich der Betreute dann
stets geweigert, die Wohnung zu räumen, und habe jede Hilfe abgelehnt, was für ihn
nicht voraussehbar gewesen sei.
78
Weiterhin behauptet der Beklagte, der Teppichboden sei bereits bei Mietbeginn alt und
fleckig gewesen.
79
Im Übrigen sei in jedem Fall ein Abzug neu für alt vorzunehmen.
80
Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 14.11.2008 Beweis erhoben durch die
Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
Sitzungsprotokoll vom 19.12.2008 (Blatt 123 bis 133 der Gerichtsakte) Bezug
genommen.
81
Entscheidungsgründe:
82
Die zulässige Klage ist in Höhe eines Betrages von 7.631,69 € begründet; im Übrigen
ist sie unbegründet.
83
I.
84
Die Klage ist zulässig.
85
Der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts steht hier nicht § 23 Nr. 2 a GVG entgegen,
der eine streitwertunabhängige sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte in
Streitigkeiten in Mietverhältnissen über Wohnraum begründet.
86
Zwischen den Parteien besteht unstreitig kein Mietverhältnis. Inwiefern § 23 Nr. 2 GVG
bereits dann Anwendung findet, wenn Ansprüche gegen einen Dritten aus §§ 280 Abs.
1 S. 1, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB (vgl. zur Anwendbarkeit im Rahmen einer Betreuung
etwa BGH DNotZ 1995, 396 ff.) geltend gemacht werden, die im Zusammenhang mit
dem Abschluss eines Mietvertrages über Wohnraum entstanden sein sollen, kann hier
dahinstehen, da die von der Klägerin verfolgten Ansprüche deliktsrechtlicher Natur sind
und somit die sachliche Zuständigkeit aus § 71 Abs. 1 i.V.m. 23 Nr. 1 GVG.
87
II.
88
In Höhe eines Betrages von 7.631,69 € ist die Klage begründet.
89
1.
90
Der Beklagte ist der Klägerin vorliegend gem. § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz
verpflichtet.
91
Die Klägerin ist an ihrem nach § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgut des Eigentums
verletzt worden.
92
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest,
dass durch vom Betreuten in der Wohnung "gesammelte" Abfälle die im Eigentum der
Klägerin stehenden Wohnungseinrichtungsgegenstände in erheblichem Umfang
beschädigt wurden. Sowohl der Zeuge xxxxxx als auch der Zeuge xxxxxxx haben im
Einzelnen in nachvollziehbarer Art und Weise ausgeführt, dass letztlich nichts mehr aus
der Wohnung verwendbar war. So war etwa nach den übereinstimmenden
Bekundungen Dreck sowohl in Teppichboden als auch in die Tapeten eingezogen; die
sonstigen Einrichtungsgegenstände waren – wie die Zeugen bekundete – total "versifft".
93
Insgesamt bestehen aufgrund der Bekundungen der Zeugen aus Sicht des Gerichts
keine Zweifel, dass das Ansammeln von Abfällen durch den Betreuten vorliegend zu
erheblichen Schäden an der im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnungseinrichtung
geführt hat.
94
Diesbezüglich ist - neben dem Betreuten als unmittelbarem Schädiger – auch der
Beklage als mittelbarer Schädiger verantwortlich, da er seinen
Verkehrssicherungspflichten nicht nachgekommen ist und die Rechtsgutsverletzung
hierauf zurückzuführen ist.
95
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Beklagte nicht zu einer "Rund-Um-
Betreuung" verpflichtet war, und sich sein Pflichtenkreis, wie auch §§ 1901 Abs. 2, Abs.
3 BGB zeigen, in erster Linie auf den Betreuten beschränkt. Allein aus der Verletzung
von Beteuerpflichten gegenüber dem Betreuten folgt daher noch keine Haftung
gegenüber Dritten; §§ 1908 i Abs. 1 S. 1 i.V.m. 1833 BGB hat insofern keine
drittschützende Funktion (vgl. AG Düsseldorf FamRZ 2008, 1029; Staudinger-Bienwald,
BGB, Neubearbeitung 2006, § 1908 i Rn. 230; Palandt-Diederichsen, BGB, 64. Auflage
2005, Einf v § 1896 Rn. 17; vgl. auch BGH DNotZ 1995, 396, 397 f.). Auch teilt das
Gericht, die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2008 vertretene
Ansicht, dass eine zu starke Inpflichtnahme von Betreuern im Interesse Dritter letztlich
im Hinblick auf die Furcht vor möglichen Haftungsfolgen und die daraus resultierende
Gefahr, der verminderten Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für
96
hilfsbedürftige Menschen, auch nicht im Interesse der Allgemeinheit liegen kann.
Gleichwohl gebietet es allein der Gedanke, altruistisches Handeln, nicht mit
übersteigerten Haftungsrisiken zu belasten, aber nicht, denjenigen der eine
hilfsbedürftige "gefährliche" Person in seine "Obhut" nimmt, von jeglicher Verantwortung
für diese freizuhalten und die von dieser verursachten Schäden als Risiko zu
betrachten, welches stets die Gesellschaft zu tragen hat (vgl. Staudinger-Belling, BGB,
Neubearbeitung 2008, § 832 Rn. 158), wie schon die Vorschrift des § 832 Abs. 1 S. 1
BGB zeigt. Mag diese auch vorliegend nicht anwendbar sein, da insofern nicht
ersichtlich ist, dass dem Beklagten die gesamte Personensorge oder speziell die
Beaufsichtigung des Betreuten übertragen worden ist (vgl. zu diesem Erfordernis LG
Bielefeld NJW 1998, 2682; AG Düsseldorf FamRZ 2008, 1029;
Bernau/Rau/Zschieschack NJW 2008, 3756, 3757), so gilt gleichwohl ein
Verhaltensgebot dahingehend, dass – unabhängig von einer familienrechtlichen
Beziehung – derjenige, der es übernimmt, umfassend für infolge ihres gesundheitlichen
Zustandes i.w.S. gefährliche bzw. ihre körperlichen Funktionen nicht mehr
beherrschenden Menschen zu sorgen, diese Aufgabe verantwortungsvoll ausführen
muss (vgl. OLG München NJW 1966, 404, 405; Staudinger-Belling, a.a.O., § 832 Rn.
158; Bamberger/Roth-Spindler, BGB, 2. Auflage 2007, § 823 Rn. 438). Die Missachtung
dieser Pflicht löst eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB aus (vgl. Staudinger-Belling,
a.a.O., § 832 Rn. 158), da diese Pflicht nicht nur gegenüber dem Pflegebedürftigen
besteht, sondern auch gegenüber der Allgemeinheit (vgl. Staudinger-Belling, a.a.O., §
832 Rn. 158), mag dabei auch das Maß der Verantwortlichkeit der betreuenden Person
gegenüber der Allgemeinheit deutlich geringer sein als gegenüber dem Betreuten (vgl.
Staudinger-Belling, a.a.O., § 832 Rn. 158). Dies gilt jedenfalls dann, wenn bestimmend
auf die Lebensverhältnisse des "kranken" Menschen eingewirkt wird (vgl. auch BGH
NJW 1958, 1775, 1776). Mag danach auch zweifelhaft erscheinen, ob einen Betreuer
eine Pflicht zum aktiven Tätigwerden zum Schutz Dritter vor von seinem Betreuten
ausgehenden Gefahren trifft (so etwa OLG Celle NJW 2008, 1012), so muss er nach
Auffassung des Gerichts jedenfalls dann, wenn er, wie vorliegend durch die
maßgebliche Mitwirkung bei Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages, aktiv
gestaltend auf die Lebensverhältnisse des Betreuten einwirkt, dies mit der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt tun (so auch Staudinger-Belling, a.a.O., § 832 Rn. 158); er muss
danach Rücksicht auf die Rechtsgüter Dritter nehmen, und darf diese nicht durch sein
aktives Tun erkennbaren Gefahren aussetzen bzw. muss diesen dann jedenfalls
entgegenwirken.
Von einer solchen, den Beklagten auch gegenüber Dritten zum Schutz verpflichtenden
Situation ist vorliegend nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme indes auszugehen.
97
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest,
dass der Betreute die von der Zeugin xxxxxxxxx angemietete Wohnung in einen
mindestens vergleichbar desolaten Zustand versetzt hat.
98
Die Zeugin xxxxxxxx hat im Rahmen ihrer Vernehmung bekundet, dass der Betreute die
von ihr angemietete Wohnung in einem desolaten Zustand zurückgelassen habe, was
insbesondere darauf zurückzuführen wäre, dass er jegliche Form von Abfällen, so
insbesondere verfaulte Lebensmittel, in der Wohnung gesammelt und die Wohnung,
insbesondere die dazugehörige Nasszelle, voller Kot zurückgelassen habe. Dies habe
dazu geführt, dass es umfassender Sanierungsarbeiten bedurfte; die Beseitigung der
Schäden habe ihr insgesamt Kosten in Höhe von ca. 3.000 € verursacht. Des Weiteren
haben sowohl die Zeugin xxxxxxx als auch der Zeuge xxxxxxx übereinstimmend
99
bekundet, dass es bereits im Laufe des Mietverhältnisses Beschwerden der übrigen
Mieter wegen Gestankes gab; der Zeuge xxxxxxx hat darüber hinaus bekundet, dass es
auch zu einer ordnungsbehördlichen Verfügung kam, wonach die Wohnung zu säubern
war und für den Fall der Nichtdurchführung eine "Ordnungsstrafe" angedroht wurde.
Zwar hat der Beklagte im Rahmen des Termins vom 19.12.2008 erklärt, dass die
diesbezüglichen Angaben der Zeugin xxxxxxxx übertrieben seien, indes hat er, obgleich
selbst einen gewissen "Sammelhang" des Betreuten einräumend, schon nicht näher
konkretisiert, inwiefern er hier eine Übertreibung der Zeugin sah. Unabhängig davon hat
das Gericht indes keinen Zweifel an der Wahrheit der in sich widerspruchsfreien
Aussagen der Zeugin xxxxxxx sowie den dem weitestgehend entsprechenden
Bekundungen des Zeugen xxxxxxxx hinsichtlich des Umfangs des vom Betreuten
herbeigeführten desolaten Zustandes der (Vor-)Wohnung. Insbesondere die
Schilderung der Zeugin xxxxxxxx hinsichtlich des Zustandes der Nasszelle und des dort
vorhandenen Kots erscheint aus Sicht des Gerichts insofern glaubhaft, als es nicht
vorstellbar erscheint, sich einen solchen Vortrag auszudenken. Gründe, den Beklagten
durch bewusst wahrheitswidrige Aussagen zu belasten, sind – ebenso wie sonstige
Belastungstendenzen – seitens der Zeugen keine erkennbar.
100
Im Übrigen stimmen die Beschreibungen der Zeugen hinsichtlich der Ansammlung von
Abfällen jeglicher Art letztlich im Erscheinungsbild mit denjenigen "Phänomenen"
überein, die der Betreute auch in der von der Klägerin angemieteten Wohnung an den
Tag gelegt hat.
101
Gleichfalls geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte über den Hang des Betreuten
zum Sammeln von Abfällen jeglicher Art vollständig im Bilde war.
102
Der Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2008 selber
erklärt, in der vom Betreuten bei der Zeugin xxxxxx angemieteten Wohnung gewesen zu
sein und bemerkt zu haben, dass diese ziemlich zugestellt war, so dass ihm deren
Zustand nicht verborgen geblieben sein kann.
103
Geht man indes mit den Erklärungen des Beklagten davon aus, dass seine Bestellung
zum Betreuer erst nach dem Krankenhausaufenthalt des Betreuten xxxxxxxxx erfolgte,
der von den Zeugen xxxxxxxx geschilderte Polizeieinsatz indes vor dem
Krankenhausaufenthalt statt fand und die ordnungsbehördliche Verfügung ihnen
während dieses Krankenaufenthaltes zuging, so kann der von den Zeugen xxxxxxx
bereits zum damaligen Zeitpunkt als katastrophal bezeichnete Zustand der Wohnung
dem Beklagten letztlich nicht verborgen geblieben sein.
104
Dafür, dass dem Beklagten durchaus der Umfang und die Ausmaße des Sammelwahns
bekannt gewesen sein müssen, spricht, was aus Sicht des Gerichts gleichfalls nicht
unberücksichtigt bleiben darf, ferner der Umstand, dass er gegenüber der Klägerin im
Rahmen der Selbstauskunft den Namen der Vorvermieterin fälschlicherweise mit
"xxxxxx" angab, obwohl ihm die Zeugin xxxxxxx – nach den eigenen Angaben im
Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2008 – bekannt war. Angesichts des
Schriftbildes ist dabei gleichfalls auszuschließen, dass es sich lediglich um einen
Schreibfehler bzw. ein unleserliches Schriftbild handelt.
105
Vor diesem Hintergrund steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Beklagten
insgesamt das Ausmaß und der Umfang des Sammelwahns seines Betreuten bereits
106
beim Abschluss des streitgegenständlichen Mietverhältnisses bekannt gewesen sein
müssen. Vor diesem Hintergrund hätte ihm indes gleichfalls klar sein müssen, dass die
von ihm betreute Person – bereits – aufgrund ihres Sammelwahns bzgl. jeglicher Art von
Abfällen zu einer eigenständigen Lebensführung ersichtlich nicht mehr in der Lage war
und insofern eine erhebliche Gefährdung für das Eigentum des jeweiligen Vermieters
bildet.
Nach Auffassung des Gerichts darf ein Betreuer seinen Betreuten in einem solchen Fall
schon gar nicht erneut privat unterbringen bzw., wie vorliegend, maßgebend an einer
erneuten Anmietung einer "privaten" Wohnung durch den Betreuten mitwirken, sondern
muss im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Eigentums des – potentiellen –
neuen Vermieters vielmehr auf eine "betreute" Unterbringung oder gegebenenfalls eine
öffentlich-rechtliche Einweisung hinwirken. Dagegen lässt sich auch nicht
argumentieren, dass der Betreuer gem. § 1901 Abs. 3 S. 1 BGB primär den Wünschen
des Betreuten zu entsprechen hat und es vorliegend – wohl – dem Wunsch des
Betreuten entsprach, weiterhin einen eigenständigen Haushalt führen zu können. Zum
einen findet die Bindung des Betreuers an solche Wünsche seine Grenze nämlich
bereits darin, dass die Wünsche dem objektiven Wohl des Betreuten nicht
zuwiderlaufen dürfen (vgl. dazu etwa Bamberger/Roth-G.Müller, a.a.O., § 1901 Rn. 8),
was vorliegend aber, selbst unter Beachtung, dass zum Wohl des Betreuten gem. §
1901 Abs. 2 S. 2 BGB auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein
Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten, angesichts der
Tatsache, dass der Betreute – bereits bei Abschluss des streitgegenständlichen
Mietvertrages – zu einer eigenständigen Haushaltsführung offensichtlich nicht in der
Lage war, der Fall gewesen sein dürfte. Zum anderen ist aber anerkannt, dass jedenfalls
solche Wünsche des Betreuten dem Betreuer unzumutbar und somit nicht bindend sind,
die an die Grenzen rechtlicher Zulässigkeit stoßen (vgl. OLG Celle NJW 2008, 1012,
1013; Staudinger-Bienwald, a.a.O., § 1901 Rn. 28).
107
Jedenfalls aber hätte der Beklagte dann, wenn er sich für eine erneute private
Unterbringung "seines" Betreuten entscheidet, eine gesteigerte Verantwortung
dahingehend gehabt, von Beginn des Mietverhältnisses an einer erneuten Ansammlung
von Abfällen und sonstigem Sammelgut entgegenzuwirken bzw. zumindest in zeitlich
geeigneten Abständen für dessen Entsorgung zu sorgen, um der – offensichtlichen –
Gefahr für die im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnungseinrichtung entgegen zu
wirken. Dem ist er unstreitig nicht nachgekommen und hat so unter Verstoß gegen die
ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht die schadensursächliche Ansammlung von
Abfällen durch den Betreuten kausal herbeigeführt.
108
2.
109
Dadurch ist der Klägerin hier ein ersatzfähiger Schaden in Höhe eines Betrages von
7.631,69 €.
110
Der Klägerin ist durch die vom Beklagten zu verantwortenden Eigentumsverletzung ein
erstattungsfähiger Schaden in Höhe von 8.048,13 € entstanden, von dem – nach dem
erklärten Willen der Klägerin – ein Betrag von 416,44 € in Abzug zu bringen war.
111
a.)
entstandenen Kosten in Höhe von 3.754,13 €.
112
Auch wenn es sich dabei nicht um einen Betrag handelt, welcher zur Beseitigung der
vom Beklagten zu verantwortenden Schäden an der Wohnungseinrichtung erforderlich
war, sondern diese aus der von der Klägerin veranlassten Zwangsräumung resultieren,
so stellen sich diese doch mittelbar als Folge der durch das Verhalten des Betreuten
verursachten Eigentumsverletzung dar, weil die Klägerin sich durch diese zur
Kündigung sowie zwangsweisen Räumung der Wohnung herausgefordert fühlen durfte
und die dabei entstanden Kosten – obgleich sie auf einem eigenen Willensentschluss
der Klägerin beruhten – innerhalb des Schutzzwecks der verletzten Norm liegen.
113
Der Höhe nach sind die Räumungskosten unstreitig.
114
b.)
angesetzten Kosten in Höhe eines Betrages von 1.636,25 €.
115
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichtes fest,
dass hier eine vollständige Erneuerung erforderlich war. Die Zeugen xxxxx und xxxxx
haben übereinstimmend bekundet, dass das Fenster im Rahmen der Zwangsräumung
bei dem Versuch, dieses aufzuhebeln, um dann durch dieses in die Wohnung zu
gelangen, zu Bruch ging.
116
Da sich die Klägerin zur Durchführung der Zwangsräumung herausgefordert fühlen
durfte, hat der Beklagte grundsätzlich auch für dabei entstandene – weitere – Schäden
am Eigentum der Klägerin einzustehen. Gründe, welche hier ausnahmsweise etwas
anderes gebieten würden, wie etwa eine völlige Unzweckmäßigkeit des Vorgehens,
sind nicht ersichtlich.
117
c.)
in Höhe von 821,25 €.
118
Soweit die Erneuerung des Zylinderschlosses zwischen den Parteien im Streit steht, gilt
das Vorstehende entsprechend. Da dieses, wie der Zeuge xxxxxx bekundet hat, bei der
von ihm "herausgeforderten" Zwangsräumung weggebrochen wurde und daher ein
neues eingebaut wurde, ist der Beklagte insoweit einstandspflichtig.
119
Soweit der Beklagte des Weiteren die Erforderlichkeit der Erneuerung einzelner von der
Klägerin als unbrauchbar bezeichneter Einrichtungsgegenstände bzw. die
Erstattungsfähigkeit im Rahmen der Renovierung angefallener Materialkosten bestritten
hat, so steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme aufgrund der Bekundungen der
Zeugen xxxxxx und xxxxxx hinsichtlich des vorgefundenen Zustandes zur Überzeugung
des Gerichts fest, dass letztlich, was auch die der Klageschrift beigefügten Lichtbilder
nahe legen, nichts aus der Wohnung mehr verwendbar war und insbesondere sowohl
der Teppichboden als auch die Tapeten entfernt werden mussten. Sowohl der Zeuge
xxxxxxx als auch der Zeuge xxxxxxx haben diesbezüglich übereinstimmend bekundet,
dass sowohl in Teppichboden als auch in die "Wand" Dreck eingedrungen war und sich
ein übelriechender Geruch darin festgesetzt hatte, so dass diese schlicht nicht mehr
verwendbar waren; die Beschädigungen des Teppichbodens gingen somit weit über die
bereits zu Beginn des Mietverhältnisses vorhandene Fleckigkeit hinaus.
120
In diesem Rahmen hat der Zeuge xxxxxx nachvollziehbar und überzeugend dargelegt,
dass dazu auch ein Abschleifgerät zum Entfernen der Reste des Teppichbodenklebers
erforderlich war.
121
Ein Abzug neu für alt war diesbezüglich aus Sicht des Gerichts nicht geboten.
122
Der Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin, dass die Küche – wie im Übrigen auch der
Zeuge xxxxxxx bekundet hat – erst ein Jahr alt gewesen und somit noch neuwertig sei,
in keiner Weise entgegengetreten.
123
Gleiches gilt hinsichtlich der anstelle des Teppichbodens verlegten Fliesen. Insoweit die
Klägerin vorgetragen hat, die geltend gemachten Kosten für die Fliesen in Höhe von
4,35 € pro Quadratmeter lägen immer noch unter dem für einen Teppichboden auch
unter Berücksichtigung von "neu für alt" anzusetzenden Preis von mindestens 10 €, ist
der Beklagte dem nicht entgegengetreten.
124
d.)
gebrachte Betrag von 1.542,50 €.
125
Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft im Rahmen der Schadensbeseitigung ist im
Grundsatz erstattungsfähig (vgl. BGH NJW-RR 2001, 887, 888); nichts anders kann für
die Arbeitkraft von Angehörigen gelten, die bei der Schadensbeseitigung helfen.
126
Hinsichtlich des Umfangs der ausgeführten Arbeiten ist nach der durchgeführten
Beweisaufnahme davon auszugehen, dass die angesetzten 154 ¼ Stunden tatsächlich
erbracht wurden. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den Bekundungen
des Zeugen xxxxxxxx dahingehend, die Arbeiten seien jeweils im Kalender festgehalten
worden. Dabei erscheint angesichts des Ausmaßes der vorhanden Schäden und der
dadurch objektiv erforderlich gewordenen Renovierungsmaßnahmen ein Ansatz von
154 Arbeitsstunden in Eigenarbeit durchaus nachvollziehbar.
127
Der – auch vom Beklagten nicht angegriffene – Ansatz von 10 € pro erbrachter
Arbeitsstunden ist dabei aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden.
128
e.)
gebrachte Betrag von 294 €.
129
Auch diesbezüglich geht das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme
aufgrund der Bekundungen des Zeugen xxxxxxx davon aus, dass die diesem Betrag
zugrundegelegten 28 Fahrten zu je 35 km tatsächlich angefallen sind.
130
Der – auch vom Beklagten nicht angegriffene – Ansatz von 0,30 € pro gefahrenem
Kilometer ist dabei aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden.
131
f.)
416,44 €. Hieran war das Gericht im Hinblick auf § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO gebunden, ohne
dass es darauf ankäme, ob die von dem Betreuten eingezahlte Kaution tatsächlich zur
Begleichung der Schäden herangezogen werden darf.
132
3.
133
Der Klägerin ist schließlich kein anspruchsminderndes Mitverschulden bei der
Schadensentstehung gem. § 254 Abs. 1 BGB anzulasten.
134
Soweit der Beklagte im Rahmen seines Schriftsatzes vom 9.10.2008 sowie in der
mündlichen Verhandlung vom 10.10.2008 die Ansicht vertreten hat, der Klägerin sei in
jedem Fall ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB anzulasten, da sie in vertragliche
Beziehungen zu einer unter Betreuung stehenden Person getreten ist, so teilt das
Gericht diese Ansicht nicht.
135
Alleine der Umstand, dass die Klägerin mit einer unter Betreuung stehenden Person
einen Mietvertrag abgeschlossen hat, rechtfertigt noch nicht den Vorwurf, sie habe
schuldhaft bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt. Dies müsste in konsequenter
praktischer Umsetzung dazu führen, dass unter Betreuung stehenden Personen keine
Wohnungen mehr vermietet werden. Danach erforderliche konkrete Anhaltspunkte, aus
denen sich der Klägerin der "Sammelwahn" des Betreuten hätte erschließen müssen,
sind indes weder vorgetragen noch ersichtlich.
136
II.
137
Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 1, 288
Abs. 1 BGB.
138
Mit Ablauf der im Schreiben vom 16.4.2008 gesetzten Zahlungsfrist zum 7.5.2008
befand sich der Beklagte mit der Begleichung des tatsächlich geschuldeten Betrages
von 7.631,69 € in Verzug. Obgleich seitens der Klägerin zur Zahlung eines Betrag von
insgesamt 8.174,51 € aufgefordert wurde und somit ein Fall einer sog. Zuvielmahnung
vorlag, wirkte das Schreiben verzugsbegründend.
139
In einem solchen Fall, wo sich die Mahnung auf mehr als den wirklichen Rückstand
erstreckt, wirkt diese nur dann nicht verzugsbegründend, wenn für den Schuldner nicht
erkennbar ist, was er tatsächlich schuldet (vgl. BGH NJW 1991, 1286, 1288; BGH NJW
1999, 3115, 3116; Staudinger-Löwisch, BGB, Neubearbeitung 2004, § 286 Rn. 36;
MünchKomm-Ernst, BGB, 5. Auflage 2007, § 286 Rn. 50; Erman-Hager, BGB, 11.
Auflage 2004, § 286 Rn. 35). Angesichts der Tatsache, dass in dem Schreiben vom
16.4.2008 die Zusammensetzung des geforderten Gesamtbetrages dezidiert
aufgeschlüsselt wurde, war dies indes der Fall. Dem Beklagten wäre es ohne Weiteres
möglich gewesen, den tatsächlich geschuldeten Betrag zu ermitteln.
140
III.
141
Nicht erstattungsfähig war demgegenüber der geltend gemachte Mietausfallschaden.
Diesbezüglich fehlt es an einer schlüssigen Darlegung dahingehend, dass eine
entsprechende Miete seitens der Klägerin hätte erzielt werden können, d.h. das ein
entsprechender Mietinteressent für die Monate April 2007 bis Juni 2007 vorhanden war.
142
Hierauf ist die Klägerin durch Hinweisbeschluss vom 14.11.2008 hingewiesen worden;
ergänzender Sachvortrag erfolgte indes nicht.
143
Gleichfalls nicht erstattungsfähig sind die Kosten, welche der Klägerin im Rahmen der
Durchsetzung des Nutzungsersatzanspruches aus § 546 a Abs. 1 BGB für die Monate
Februar 2007 und März 2007 entstanden sind, da diese nicht innerhalb des
Schutzzwecks der vom Beklagten verletzten Pflichten liegen.
144
IV.
145
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 S. 1 ZPO.
146
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt hinsichtlich der
Vollstreckung durch die Klägerin aus § 709 S. 2 ZPO und hinsichtlich der Vollstreckung
durch den Beklagten aus §§ 708 Nr. 11 2. Fall, 711 S. 2 i.V.m. 709 S. 2 ZPO.
147
Streitwert: 8.174,51 EUR.
148