Urteil des LG Mönchengladbach vom 09.07.2008

LG Mönchengladbach: nachbesserung, auskunft, pfändung, lebensversicherung, vermieter, wohnung, fahrzeug, einzelrichter, mietzins, zwangsvollstreckung

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 69/08
Datum:
09.07.2008
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 69/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Grevenbroich, 7 M 1585/07
Schlagworte:
Eidesstattliche Versicherung, Vermögensverzeichnis, ergänzende
Fragen
Normen:
§ 807 ZPO
Leitsätze:
Ergänzende Fragen des Gläubigers zum Vermögensverzeichnis über
den amtlichen Vordruck hinaus sind zuzulassen, wenn sie nicht auf
Ausforschung der allgemeinen Lebensverhältnisse des Schuldners
angelegt sind. Das ist jedenfalls dann nicht anzu-nehmen, wenn der
Gläubiger darlegen kann, dass ihm eine Antwort des Schuldners eine
weitere Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet.
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu
gefasst:
Die Gerichtsvollzieherin wird angewiesen, den Schuldner zur
Nachbesserung seiner Angaben im Vermögensverzeichnis vom 25.
Oktober 2006 zu laden und ihn zur Beantwortung der Fra-gen 1., 2., 4.,
6., 7. und 10. aus dem Antrag vom 15. August 2007 unter
Glaubhaftmachung durch Abgabe der eidesstattli-chen Versicherung
anzuhalten .
Die Gerichtsvollzieherin wird ferner angewiesen, die Kosten-rechnung
vom 12. September 2007 über 15,50 € für gegen-
standslos zu erachten.
Die weitergehende Erinnerung der Gläubigerin wird zurückge-wiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte
ermäßigt.
Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungs- und Be-
schwerdeverfahrens werden der Schuldnerin zur Hälfte aufer-legt.
Beschwerdewert: 300,00 €.
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Die
Schuldnerin hat am 25. Oktober 2006 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Am
15. August 2007 hat die Gläubigerin die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses
beantragt und hierzu einen Fragenkatalog, auf den Bezug genommen wird (Bl. 2 d.A.),
vorgelegt. Die Gerichtsvollzieherin hat die Nachbesserung des
Vermögensverzeichnisses abgelehnt und hierfür Kosten in Höhe von 15,50 € erhoben.
Sie hat ausgeführt, der amtliche Vordruck sei ordnungsgemäß ausgefüllt worden.
1
Die gegen die Ablehnung der Nachbesserung und die Auferlegung der Kosten
gerichtete Erinnerung der Gläubigerin hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen
Beschluss vom 7. Januar 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt, die Schuldnerin habe das Vermögensverzeichnis vollständig
ausgefüllt. Die Gläubigerin habe nicht dargelegt, in welcher Hinsicht die Angaben der
Schuldnerin ungenau oder unklar gewesen seien, so dass die Fragen der Ausforschung
von Vermögensgegenständen der Schuldnerin dienen würden.
2
Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer näher begründeten sofortigen
Beschwerde.
3
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der
Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
4
II.
5
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
6
1.
7
Die ergänzenden Fragen der Gläubigerin zum Vermögensverzeichnis der Schuldnerin
sind entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Gerichtsvollzieherin
überwiegend zulässig.
8
Ein Vermögensverzeichnis soll möglichst umfassend unterstützend Auskunft über alle
Vermögenswerte des Schuldners geben. Das Vermögensverzeichnis soll dem
Gläubiger Möglichkeiten des Zugriffs auf diese Vermögenswerte schaffen. Deshalb
muss die Auskunft so geschaffen sein, dass der Gläubiger alle Informationen erhält, die
notwendig sind, unmittelbare Vollstreckungsanträge zu stellen. Die hierzu üblicherweise
verwendeten Formulare stellen dabei nur eine Hilfe für den Schuldner dar. Sie enthalten
keine abschließende Regelung, welche Angaben zum Vermögen zu machen sind.
Hierfür ist alleine die gesetzliche Regelung des § 807 ZPO maßgeblich. Es liegt an dem
Gläubiger, durch gezielte Fragen über den amtlichen Vordruck hinausgehende und
diesen ergänzende Fragen zu stellen. Solche Fragen müssten allerdings auf den
konkreten Fall bezogen sein und dürfen an der Lebenswirklichkeit des Schuldners nicht
9
vorbeigehen. Im Hinblick auf § 807 ZPO dürfen die Anforderungen an die Darlegungen
des Gläubigers aber auch nicht überspannt werden. Ergänzende Fragen sind immer
dann zuzulassen, wenn sie nicht offensichtlich auf Ausforschung der allgemeinen
Lebensverhältnisse angelegt sind. Dies ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn der
Gläubiger darlegen kann, dass ihm eine Antwort des Schuldners eine weitere
Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet (LG Koblenz, Beschluss vom 6. Juli 2006 – 2 T
408/06; Beschluss vom 3. Februar 2006 – 2 T 818/05; LG Göttingen, Beschluss vom 15.
November 1993 – 5 T 204/93; LG Hamburg, Beschluss vom 17. November 1995 – 328 T
54/95; LG Passau, Beschluss vom 16. Mai 1995 – 2 T 29/95 – alle Juris).
Nach diesen Grundsätzen muss die Schuldnerin folgende Fragen beantworten:
10
Frage 1:
11
Die Gläubigerin hat ein berechtigtes Interesse an der Beantwortung der Frage, welche
Versicherungen die Schuldnerin unterhält, weil sie gegebenenfalls den Zugriff auf
Leistungs- bzw. Beitragsrückerstattungsansprüche erhält (LG Koblenz, Beschluss vom
6. Juli 2006 a.a.O.; LG Cottbus, Beschluss vom 25. Oktober 1999 – 5 T 538/98 – Juris).
12
Frage 2:
13
Die Frage nach einer Krankenhaustagegeld- oder einer Berufsunfähigkeitsversicherung
ist wegen möglicher denkbarer Ansprüche auf Erstattungs- und Krankengeldleistungen
von Bedeutung. Die Frage ist deshalb naheliegend, weil die Schuldnerin selbständig
war (LG Koblenz a.a.O.; LG Cottbus a.a.O.).
14
Frage 3:
15
Ob und in welchem Umfang ein Schuldner im Rahmen der eidesstattlichen
Versicherung Fragen nach Einkünften aus Schwarzarbeit beantworten muss, ist in der
Rechtsprechung umstritten (vgl. LG Koblenz a.a.O. m.w.N. zur Rechtsprechung). Der
Einzelrichter der Kammer ist mit dem LG Koblenz (a.a.O.) der Auffassung, dass die
Beantwortung dieser Frage nur dann verlangt werden kann, wenn es konkrete
Anhaltspunkte für die unvollständige oder unrichtige Beantwortung der Frage nach den
Einkommensverhältnissen im vorgedruckten Vermögensverzeichnis gibt. Dass es
vorliegend nicht der Fall, da die Schuldnerin Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich
1.043,00 € bezieht.
16
Frage 4:
17
Die Frage, ob die Schuldnerin Begünstigte einer Lebensversicherung ist, die ein Dritter
zu ihren Gunsten abgeschlossen hat, ist deshalb von Bedeutung, weil die Gläubigerin
sich gegebenenfalls durch Pfändung des Auszahlungsanspruchs befriedigen kann
(LG Koblenz a.a.O.).
18
Frage 5:
19
Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Angaben zum Vermieter
der Schuldnerin im vorgedruckten Vermögensverzeichnis ordnungsgemäß angegeben
worden sind. Die Schuldnerin ist nicht verpflichtet, weitergehende Angaben, etwa zum
Mietzins und zur Größe der Wohnung, zu machen. Es ist nicht ersichtlich, dass die
20
Gläubigerin durch diese Angaben in der Lage wäre, abzuschätzen, ob beispielsweise
Erstattungsansprüche aus Nebenkostenabrechnungen pfändbar sind. Denn dieser
Umstand hängt neben der Wohnungsgröße von weiteren individuellen Faktoren
(Heizverhalten etc.) ab, so dass weitere Angaben den verfolgten Zweck nicht erreichen
können. Die Frage ist daher unzulässig.
Frage 6:
21
Diese Frage ist ersichtlich berechtigt, da das Vermögensverzeichnis vom 25. Oktober
2006 (Ziffer 14.) insoweit unvollständig ist.
22
Frage 7:
23
Die Schuldnerin muss die Fragen beantworten, da die Schuldnerin als Mieterin
Versorgungsverträge abgeschlossen hat und die Gläubigerin gegebenenfalls
Rückerstattungsansprüche aus zuviel gezahlten Abschlägen pfänden kann (LG Koblenz
a.a.O.).
24
Frage 8:
25
Die Frage dient der Ausforschung, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die
Schuldnerin, etwa im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit, ein fremdes Fahrzeug
nutzt.
26
Frage 9:
27
Auch diese Frage dient der Ausforschung, da die Gläubigerin nicht dargelegt hat, aus
welchem Grund die Beantwortung der Frage ihr eine weitere Vollstreckungsmöglichkeit
eröffnet.
28
Frage 10:
29
Die Schuldnerin hat die Fragen zu beantworten, da die Gläubigerin substantiiert
dargelegt hat, aus welchem Grunde hier gegebenenfalls eine weitere
Vollstreckungsmöglichkeit besteht.
30
2.
31
Die Gerichtsvollzieherin durfte keine Kosten erheben, weil der Nachbesserungsantrag
teilweise gerechtfertigt ist und durch den Nachbesserungsantrag das alte Verfahren zur
Behebung des Mangels (kostenfrei) weitergeführt wird, auch wenn ein anderer
Gläubiger Nachbesserung verlangt (Zöller/Stöber, ZPO, 215. Aufl., § 903 Rn. 16).
32
III.
33
Die Entscheidung für die Gerichtskosten ergibt sich aus Nr. 2121 KV GKG. Die
Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
34
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass.
35