Urteil des LG Mönchengladbach vom 31.05.2006

LG Mönchengladbach: stundung, verfahrenskosten, drucksache, auflage, anfang, beweiswürdigung, rechtsgrundlage, kredit, anschluss, schuldbefreiung

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 177/06
Datum:
31.05.2006
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 177/06
Schlagworte:
Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten vor Versagung der Rest-
schuldbefreiung
Normen:
InsO § 4c
Leitsätze:
Eine Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten gem. § 4c Nr. 5
InsO vor Versagung der Restschuldbefreiung ist nicht statthaft (a.A. LG
Göttingen, ZinsO 2005, 1340)
Tenor:
Der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 21.02.2006
wird aufgehoben
G r ü n d e :
1
I.
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Der Schuldner beantragte unter dem 26.03.2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über sein Vermögen, die Restschuldbefreiung sowie die Stundung der
Verfahrenskosten.
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Durch Beschluss vom 26.08.2003 hat das Amtsgericht Mönchengladbach dem
Schuldner die Verfahrenskosten für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren
gestundet und durch nachfolgenden Beschluss vom 02.09.2003 das Insolvenzverfahren
über das Vermögen des Schuldners eröffnet und Rechtsanwalt Q. zum
Insolvenzverwalter bestellt.
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Im Juli 2004 nahm der Schuldner eine Tätigkeit in Serbien auf. Ob der Schuldner den
Insolvenzverwalter über seinen neuen Wohnsitz informiert hat, ist streitig.
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Das Amtsgericht hat dem Schuldner im November 2005 mitgeteilt, dass es beabsichtige,
die Stundung wegen unterlassener Mitteilung der neuen Wohnanschrift an den
Treuhänder aufzuheben. Durch den angefochtenen Beschluss vom 21.02.2006 hat das
Amtsgericht Mönchengladbach mit dieser Begründung die Stundung aufgehoben. Es
hat ausgeführt, dass die unterlassene Mitteilung des neuen Wohnortes einen Verstoß
gegen § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO darstelle und eine Versagung der Restschuldbefreiung
rechtfertige. Bei dieser Sachlage sei im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH
(ZInsO 2005, 207) eine einmal bewilligte Stundung aufzuheben.
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(ZInsO 2005, 207) eine einmal bewilligte Stundung aufzuheben.
Gegen diesen Beschluss hat der Schuldner fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.
Er macht geltend, dass er den Insolvenzverwalter über seine Wohnanschrift im Hotel
benachrichtigt habe.
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Zwischenzeitlich haben mehrere Gläubiger mit entsprechender Begründung einen
Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt. Über diese Anträge ist bislang
nicht entschieden.
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II.
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Die gemäß § 4d Abs. 1 InsO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
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Eine Rechtsgrundlage für die Aufhebung der gewährten Stundung der Verfahrenskosten
ist zum jetzigen Verfahrenszeitpunkt nicht vorhanden. Die Gründe für eine nachträgliche
Aufhebung der Stundung sind in § 4c InsO abschließend aufgezählt (vgl. BT-
Drucksache 14/5680 S. 22 und Uhlenbruck, Kommentar zur InsO, 12.Auflage, § 4c Rn.
1).
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Von den in dieser Vorschrift aufgeführten 5 Fällen der berechtigten Aufhebung der
Stundung ist keine erfüllt, insbesondere ist dem Schuldner bislang die
Restschuldbefreiung nicht versagt worden (§ 4c Nr. 5 InsO).
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Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Amtsgerichts und des Landgerichts
Göttingen (ZinsO 2005, 1340), nach der eine Aufhebung der Stundung auch vor einer
Versagung der Restschuldbefreiung möglich ist, wenn das Amtsgericht zu der
Überzeugung gelangt, dass ein Versagungsgrund vorliegt.
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Dem steht bereits der eindeutige Wortlaut des § 4c Nr. 5 InsO entgegen, der die
nachträgliche Aufhebung des Stundungsbeschlusses von einer Entscheidung über die
Restschuldbefreiung abhängig macht.
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Der Gesetzgeber hat zudem bewusst davon abgesehen, die einzelnen
Versagungsgründe als eigenständige Anknüpfungspunkte für die nachträgliche
Aufhebung der Stundung aufzuführen (vgl. BT-Drucksache 14/5680 S. 23). Nach dem
Willen des Gesetzgebers ist es nicht geboten, die Stundung aufzuheben, wenn die
unmittelbar von einer Restschuldbefreiung betroffenen Gläubiger diesen Verstoß des
Schuldners als nicht so schwerwiegend einstufen, um die Versagung der
Restschuldbefreiung zu beantragen. Aus diesem Grunde ist erst die Entscheidung über
die Versagung der Restschuldbefreiung vom Gesetzgeber als Anknüpfungspunkt für
eine nachträgliche Aufhebung der Stundung gewählt worden.
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Gegen die vom Amtsgericht Mönchengladbach und Landgericht Göttingen geäußerte
Auffassung spricht auch, dass in den §§ 290 ff. InsO für die Entscheidung über die
Versagung der Restschuldbefreiung ein eigenständiges Verfahren mit eigenständigen
Zulässigkeitsvoraussetzungen geregelt ist. So ist beispielsweise die
Restschuldbefreiung nur auf Antrag zu versagen. Dieser Antrag ist im Schlusstermin zu
stellen usw. Diese besonderen Regelungen würden unterlaufen, wenn quasi
stellvertretend und vorgreifend im Verfahren auf Aufhebung der Kostenstundung über
das Vorliegen eines Grundes zur Versagung der Restschuldbefreiung entschieden
würde.
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Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus der
Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.12.2004 (NJW-RR 2005, 697). Die
Entscheidung betrifft nicht den Fall der nachträglichen Aufhebung der Stundung,
sondern hat eine Konstellation zur Grundlage, in der erstmals über den
Stundungsantrag zu entscheiden war. Nur für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof
ausgeführt, dass die Gewährung einer Stundung auch bei zweifelsfreiem Vorliegen des
Versagungsgrundes nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausgeschlossen sei. Zur Begründung
hat er ausgeführt, dass öffentliche Mittel nicht für eine Stundung eingesetzt werden
dürften, wenn von Anfang an zweifelsfrei feststehe, dass die Restschuldbefreiung
letztlich versagt werde. Ein solcher Fall liege beispielsweise vor, wenn der Schuldner
einräume, dass er in den letzten 3 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich unrichtige oder unvollständige
schriftliche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe, um einen
Kredit zu erhalten.
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Dieser Gedanke ist auf die nachträgliche Aufhebung der Stundung entgegen der
Auffassung des Landgerichts Göttingen nicht zu übertragen. Zum einen enthält § 4c
InsO im Gegensatz zu § 4a InsO eine abschließende Regelung über die nachträgliche
Aufhebung der Stundung. Zudem verlangt der Bundesgerichtshof das zweifelsfreie
Vorliegen des Versagungsgrundes, wovon in dem hier zu entscheidenden Fall nicht
ausgegangen werden kann, da die zugrunde
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liegenden Tatsachen vom Schuldner bestritten werden und ggf. eine umfassende
Beweiswürdigung notwendig ist.
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Jopen zum Bruch Dr. Biermann
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