Urteil des LG Mönchengladbach vom 12.04.2006

LG Mönchengladbach: heim, gewöhnlicher aufenthalt, wohnung, vergütung, drucksache, räumung, genehmigung, rechtsmittelbelehrung, zustellung, beschwerdeschrift

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 69/06
Datum:
12.04.2006
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 69/06
Schlagworte:
Aufenthalt in einem Heim, Wohnungsauflösung
Normen:
§ 5 VBVG
Leitsätze:
Für den Ansatz der reduzierten pauschalen Stundenzahl gem. § 5 Abs. 1
S. 1 VBVB kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Wohnungsauflösung
an, sondern darauf, ab wann der Betreute seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in einem Heim hat.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen
I.
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Durch Beschlüsse vom 05.01. und 21.03.2005 bestellte das Amtsgericht
Mönchengladbach die Beteiligte zu 1. zunächst zur vorläufigen und dann zur
endgültigen Berufsbetreuerin für die Betroffene in den Angelegenheiten Vermögen,
Gesundheit und Aufenthalt.
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Die Betroffene wohnte zunächst in ihrer Wohnung XX in Mönchengladbach. Die
Beteiligte zu 1. teilte mit Schreiben vom 19.03.2005 mit, dass die Betroffene eigentlich in
einem Altenheim leben sollte, damit ihre Lebensqualität steigt. Sie sei derzeit aber dazu
noch nicht bereit.
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Im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt zog die Betroffene in das Altenheim K
um. Hier lebt sie seit dem 30.06.2005. Die Betreuerin beantragte die Genehmigung der
Wohnungskündigung. Diese wurde durch amtsgerichtlichen Beschluss vom 10.08.2005
erteilt. Das Mietverhältnis über die Wohnung ..... endete unter Berücksichtigung der
Kündigungsfristen zum 30.11.2005. Die Schlüsselübergabe erfolgte bereits am
11.10.2005.
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Die Beteiligte zu 1. hat unter dem 19.11.2005 einen Vergütungsantrag für den Zeitraum
01.07. bis 05.10.2005 in Höhe von insgesamt 603,00 € gestellt. Bei der Berechnung
betrachtet sie die Betroffene erst seit dem 06.10.2005 als Heimbewohnerin. Zur
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Begründung führt sie aus, dass es vergütungsrechtlich nicht auf den Zeitpunkt
ankomme, zu dem die Betroffene tatsächlich in das Heim eingezogen sei. Dabei werde
nicht berücksichtigt, dass erst ab diesem Zeitpunkt der Betreuer Tätigkeiten im Hinblick
auf die Beendigung des Mietverhältnisses bzw. den Verkauf eines Grundstücks tätigen
könne. So müsse die Genehmigung der Wohnungskündigung herbeigeführt werden. Es
müssten Versicherungsverträge gekündigt werden, die Räumung müsste organisiert
werden. Habe der Betreute ein eigenes Hausgrundstück bewohnt, so müsse dessen
Verkauf organisiert werden. Diesem deutlichen Mehraufwand werde nicht Rechnung
getragen, wenn vergütungsrechtlich allein auf den Zeitpunkt des tatsächlichen
Heimeinzuges abgestellt werde.
Das Amtsgericht ist der Argumentation der Betreuerin nicht gefolgt, und hat durch den
angefochtenen Beschluss vom 31.01.2006 lediglich einen Betrag von 428,80 €
festgesetzt. Es dabei einen Heimeinzug der Betroffenen am 30.06.2005 zugrunde
gelegt.
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Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. sofortige Beschwerde eingelegt. Sie
weist ergänzend darauf hin, dass zum Ablauf der Kündigungsfrist die Betreute weiterhin
als wohnhaft im Hause XX angesehen werden müsse. Dorthin sei z. B. auch der
Briefwechsel erfolgt.
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Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der
Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Die gemäß § 56g Abs. 5 FGG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen
Erfolg.
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Das Amtsgericht hat der Berechnung des Stundenansatzes für die Zeit ab dem
01.07.2005 zutreffend die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VBVG
zugrunde gelegt, da die Betroffene ab diesem Zeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in einem Heim hatte.
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Das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz hat zu einer Pauschalierung der
Vergütung und des Aufwendungsersatzes geführt. Die gesetzliche Regelung
differenziert in § 5 VBVG nach der Dauer der Betreuung und dem gewöhnlichen
Aufenthaltsort des Betreuten. Sie sieht für verschiedene Zeitabschnitte der Betreuung
einen differenzierten und pauschalierten Zeitbedarf für die Betreuungsführung vor. Das
Gesetz knüpft dabei an den Monat als Zeiteinheit an. Ändern sich vor Ablauf eines
vollen Monats Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, so ist der
Stundenansatz nach § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG zeitanteilig nach Tagen zu berechnen. Die
Vorschrift umfasst u.a. den Wechsel des Betreuten in ein Heim (BT-Drucksache
15/2494, Seite 34). Hat der Betreute seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim
genommen, so ergibt sich der Stundenansatz ab diesem Tag aus § 5 Abs. 1 Satz 1
VBVG.
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Ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem Heim liegt vor, wenn der Betreute nicht nur
vorübergehend oder versuchsweise in ein Heim umzieht, sondern aller Voraussicht
nach dauerhaft im Heim bleiben wird. Diese Voraussetzungen lagen hier zum Zeitpunkt
des Umzuges der Betreuten am 30.06.2005 vor. Die Beteiligte zu 1. hatte vor dem
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Umzug bereits selbst auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass die Betroffene in ein
Altenheim einziehe, dies aber zunächst an dem entgegenstehenden Willen der
Betroffenen gescheitert sei. Es kann kein Zweifel daran bestehen und wird von Seiten
der Beteiligten zu 1. im Ergebnis auch nicht bestritten, dass bereits im Zeitpunkt des
Umzuges in das K.- Stift klar war, dass die Betroffene nicht wieder in ihre alte Wohnung
K zurückkehren werde.
In diesem Fall verbleibt es vergütungsrechtlich bei der Bestimmung des
Stundenansatzes nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VBVG ab dem 01.07.2005. Die Vorschrift trägt
dem Umstand Rechnung, dass die laufende Betreuung im Falle des Heimaufenthaltes
weniger aufwändig ist als bei dem Aufenthalt in einer Privatwohnung. Aus diesem
Grunde hat der Gesetzgeber ab dem Zeitpunkt, zu dem der Betreute seinen
gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim hat, den Stundenansatz reduziert (BT-
Drucksache 15/2494, Seite 32).
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Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass nach dem Heimumzug noch
Abwicklungsarbeiten in nicht unerheblichem Umfang, wie die Kündigung der Wohnung,
die Organisation der Räumung oder bei einem selbst genutzten Haus dessen Verkauf,
notwendig werden können. Dies hat der Gesetzgeber aber nicht zum Anlass
genommen, eine gesonderte Vergütung für diese Tätigkeiten vorzusehen. Das
Pauschalierungssystem beruht auf der vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag
gegebenen "Rechtstatsächlichen Untersuchung zur Qualität von Betreuungen, Zur
Aufgabenverteilung im Bereich der Betreuung und zum Verfahrensaufwand" des
Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG-GA). Grundlage der
Untersuchung war eine repräsentative Auswahl von 1.808 Betreuungsakten (BT-
Drucksache 15/2494, Seite 31/32). Es ist daher anzunehmen, dass in einem Teil der
untersuchten Akten auch ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Betreuten in
ein Heim stattgefunden hat und dieser Umstand – einschließlich der notwendigen
Betreuungstätigkeiten für den Wechsel – bei der Bildung der Pauschalen
Berücksichtigung gefunden hat.
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III.
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Die sofortige weitere Beschwerde wird angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtsfrage und des Umstandes, dass bislang keine obergerichtliche Rechtsprechung
vorliegt, zugelassen.
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Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen diese Entscheidung ist die sofortige weitere Beschwerde zulässig. Sie kann bei
dem Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt, dem Landgericht Mönchengladbach oder
dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden. Geschieht dies schriftlich, so
muss die Beschwerdeschrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Die sofortige
weitere Beschwerde muss innerhalb einer Frist von 2 Wochen, die mit der Zustellung
dieses Beschlusses beginnt, bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein.
Mit der weiteren Beschwerde kann nur geltend gemacht werden, dass
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die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht.
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Jopen Dr. Biermann Fuchs
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