Urteil des LG Mönchengladbach vom 22.08.2007

LG Mönchengladbach: rechtsform, vergütung, anhörung, datum

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 326/07
Datum:
22.08.2007
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 326/07
Schlagworte:
Vergütung des isolierten Sachverständigen im
Insolvenzeröffnungsverfahren,
Normen:
JVEG § 9, InsO § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Leitsätze:
Dem Sachverständigen, der im Insolvenzeröffnungsverfahren mit einem
schriftlichen Sachverständigengutachten darüber beauftragt ist, ob und
gegebenenfalls welche Si-cherungsmaßnahmen zu treffen sind, ob ein
nach der Rechtsform der Schuldnerin maßgeblicher Eröffnungsgrund
vorliegt, welche Aussichten gegebenenfalls für eine Fortführung des
schuldnerischen Unternehmens bestehen und ob eine kostendecken-de
Masse vorhanden ist, steht gem. § 9 Abs. 1 JVEG ein Stundensatz von
80,00 € zu.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergericht-liche
Auslagen werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
I.
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Unter dem 05.01.2006 beantragte die Gläubigerin die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners.
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Durch Beschluss vom 09.11.2006 ordnete das Amtsgericht zur Aufklärung des
Sachverhaltes die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch die
Beteiligte zu 1. an. Die Gutachterin sollte sich u.a. dazu äußern, ob und ggfls. welche
Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, ob ein nach der Rechtsform der Schuldners
maßgeblicher Eröffnungsgrund vorliegt, welche Aussichten für eine Fortführung des
schuldnerischen Unternehmens bestehen und ob im Hinblick auf die angegebenen
Außenstände eine kostendeckende Masse vorhanden ist. Nachdem die Beteiligte zu 1.
mehrfach über ihre Tätigkeit berichtet hatte, erklärte die Insolvenzgläubigerin mit
Schreiben vom 16.03.2007 das Insolvenzverfahren für erledigt.
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Unter dem 04.04.2007 hat die Beteiligte zu 1. ihre Kosten und Auslagen dem Gericht
bekannt gemacht und mit Schreiben vom 02.05.2007 die gerichtliche Festsetzung mit
einem Stundensatz von 80,00 € beantragt, nachdem der Kostenbeamte unter Hinweis
auf eine Entscheidung der Kammer vom 19.01.2005 (5 T 628/04) lediglich einen
Stundensatz von 65,00 € für gerechtfertigt angesehen hat. Nach Anhörung des
Bezirksrevisors hat das Amtsgericht Mönchengladbach durch den angefochtenen
Beschluss vom 13.06.2007 die Vergütung antragsgemäß unter Berücksichtigung eines
Stundensatzes von 80,00 € festgesetzt. Dagegen hat die Beteiligte zu 2. die vom
Amtsgericht zugelassene sofortige Beschwerde eingelegt. Sie bezieht sich auf die o.a.
Entscheidung der Kammer. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und
die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
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II.
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1.
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Die Beschwerde ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG trotz Nichterreichens des
Beschwerdewertes von 200,00 € zulässig, da das Amtsgericht die Beschwerde
zugelassen hat.
7
2.
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Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
9
Die Kammer hält an ihrer Auffassung im Beschluss vom 19.01.2005 (5 T 628/04),
wonach der isoliert beauftragte Sachverständige mit einem Stundensatz von 65,00 € zu
vergüten sei, nicht fest. Die Kammer folgt vielmehr der neueren Rechtsprechung (OLG
München, NJW-RR 2006, 50; OLG Koblenz, ZInsO 2006, 31; OLG Frankfurt, ZInsO
2006, 540; AG Wolfsburg, ZInsO 2006, 764), wonach der Sachverständige, der nicht
zugleich Insolvenzverwalter ist, gem. § 9 Abs. 1 S. 2 JVEG mit einem Stundensatz von
80,00 € zu honorieren ist.
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Der Entscheidung der Kammer vom 19.01.2005 lag die Überlegung zugrunde, dass sich
die Aufgabenbereiche des als Sachverständigen beauftragten vorläufigen
Insolvenzverwalters nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO und die Aufgabenbereiche des
isolierten Sachverständigen weitgehend decken würden, so dass es gerechtfertigt
erschien, den Stundensatz von 65,00 € gem. § 9 Abs. 2 JVEG, der für den vorläufigen
Insolvenzverwalter gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorgesehen ist, auf den isoliert
beauftragten Sachverständigen im Rahmen des billigen Ermessens gem. § 9 Abs. 1 S. 3
JVEG entsprechend anzuwenden. Diese Auffassung wird auch vom OLG Bamberg (ZIP
2005, 819) und dem Landgericht Kassel (ZInsO 2005, 590) geteilt.
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Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die Anwendung des abgesenkten
Stundensatzes von 65,00 € gem. § 9 Abs. 2 JVEG voraussetzt, dass ein entsprechender
Gutachterauftrag von dem vorläufigen Insolvenzverwalter und damit von einer Person
wahrgenommen wird, die sich ohnehin mit der einschlägigen Problematik vertraut zu
machen hat (vgl. OLG Koblenz a.a.O.). Die Aufgabenbereiche des vorläufigen
Insolvenzverwalters und des zugleich gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO beauftragten
Sachverständen überschneiden sich zwangsläufig (OLG München a.a.O.). Das hat
offenbar der Gesetzgeber zum Anlass genommen, dem Sachverständigen gem. § 22
Abs. 1 Nr. 3 InsO, der sich seine Erfahrungen und Kenntnisse im Rahmen seiner
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Abs. 1 Nr. 3 InsO, der sich seine Erfahrungen und Kenntnisse im Rahmen seiner
Insolvenzverwaltertätigkeit zu Nutze machen kann, nur einen abgesenkten Stundensatz
von 65,00 € zuzubilligen. Die Ausnutzung solcher Kenntnisse und Erfahrungen ist dem
isoliert beauftragten Sachverständigen – wie im vorliegenden Verfahren – nicht möglich.
Es ist deshalb gerechtfertigt, in Übereinstimmung mit den Entscheidungen der
Oberlandesgerichte München, Koblenz und Frankfurt einen höheren Stundensatz,
nämlich in Anlehnung an die Honorargruppe 7 (Honorare Architekten und Ingenieure)
einen solchen von 80,00 €, als angemessen anzusehen.
III.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
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Die weitere Beschwerde wird gemäß § 4 Abs. 5 JVEG zugelassen. Die Frage, wie der
isolierte Sachverständige im Insolvenzeröffnungsverfahren zu vergüten ist, hat
grundsätzliche Bedeutung und wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht
einheitlich beantwortet.
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Jopen zum Bruch Fuchs
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