Urteil des LG Mönchengladbach vom 21.02.2007

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Landgericht Mönchengladbach, 4 S 64/06
Datum:
21.02.2007
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
4. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 S 64/06
Schlagworte:
Kündigung des Reisevertrages; Höhere Gewalt; Erstattungsanspruch
des Reiseveranstalters, Umfang des Rückzahlungsanspruchs des
Reisenden
Normen:
§ 651 j BGB; Art. 4 Abs. EG-Pauschalreiserichtlinie
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 09.02.2006 verkündete Ur-teil
des Amtsgerichts Mönchengladbach unter Zurückweisung der Berufung
im übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 73,50 Euro nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
26.07.2005 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des
Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 1) und 2) jeweils 45 % und die
Beklagte 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
1
Die Kläger buchten am 09.02.2004 bei der Beklagten eine Jagdreise für den Zeitraum
07. bis 16.05.2005 auf den Frühjahresbären in das in Sibirien gelegene Voraltai
(Russische Republik). Gegenstand des Vertrags war u.a. eine seitens der Beklagten
übernommene sogenannte "Abschussgarantie", nach der die Kläger 3.000,00 Euro des
Reisepreises zurückerhalten sollten, wenn sie "wider Erwarten und bei waidmännischer
Entfernung von 200 m, keine Möglichkeit haben, auf einen Braunbär zum Schuss zu
kommen."
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Die Kläger bezahlten den Reisepreis von je 5.218,00 Euro komplett im Voraus an die
Beklagte. Kurz vor geplantem Reisebeginn stornierte die Beklagte – einer schriftlichen
Ankündigung vom 28.04.2005 entsprechend – mündlich die Reise gegenüber den
Klägern, weil die Jagdsaison in Russland erstmals seit dem Jahre 1989 zu diesem
Zeitpunkt ohne sachlichen Grund noch nicht eröffnet worden war.
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Die geleistete Vorauszahlung zahlte die Beklagte an die Kläger zum überwiegenden
Teil zurück, behielt jedoch je Kläger 850,33 Euro für bereits erbrachte Reiseleistungen
ein. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Visumgebühren in Höhe von 60,33 Euro,
Bearbeitungsspesen in Höhe von 200,00 Euro, Gebühren für eine Stornokostenzusage
in Höhe von 153,00 Euro, für eine Waffeneinfuhrgenehmigung in Höhe von 90,00 Euro,
für die Erlaubnis zur Ausfuhr von Jagdtrophäen in Höhe von 200,00 Euro sowie den
Kosten für die Stornierung zweier Flüge in Höhe von 95,00 Euro bzw. 52,00 Euro. Die
Auszahlung dieser seitens der Beklagten einbehaltenen Beträge verfolgen die Kläger
mit der vorliegenden Klage.
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Die Kläger haben geltend gemacht,
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die Kündigung der Beklagten lasse sich nicht auf höhere Gewalt stützen, da die
Beklagte mit der Abschussgarantie auch die Garantie für die Durchführung der Jagd
übernommen habe. Es sei angesichts der Verhältnisse innerhalb der Russischen
Republik, die von Korruption geprägt seien, auch vorhersehbar gewesen, dass bei nicht
geleisteten Schmiergeldzahlungen die Jagdsaison möglicherweise nicht eröffnet
werden würde.
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Die Kläger haben beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an
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1. den Kläger zu 1) 850,33 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
seit 26. Juli 2005 zu zahlen;
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2. den Kläger zu 2) 850,33 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
seit 26. Juli 2005 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat geltend gemacht,
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sie sei zur Kündigung des Vertrags wegen der nicht vorhersehbaren verspäteten
Jagdsaison berechtigt gewesen und habe daher einen Anspruch auf Vergütung der bis
zu diesem Zeitpunkt bereits erbrachten Reiseleistungen.
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Das Amtsgericht hat die Klage mit am 09.02.2006 verkündetem Urteil insgesamt
abgewiesen, weil die Kündigung der Beklagten auf höhere Gewalt gestützt werden
könne und es sich bei den von der Beklagten einbehaltenen Beträgen um Kosten für
bereits erbrachte Reiseleistungen handle, zu deren Erstattung die Kläger der Beklagten
gem. §§ 651j Abs. 2, 651e Abs. 3 S. 1 und 2 BGB verpflichtet seien.
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Mit der vorliegenden Berufung verfolgen die Kläger den erstinstanzlich geltend
gemachten Anspruch weiter. In Ergänzung zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen
machen sie ferner geltend, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung der
gesamten Vorauszahlung sich bereits aus Art. 4 Abs. 6 Buchstabe b) der Europäischen
Richtlinie für Pauschalreisen (EG-Pauschalreiserichtlinie) ergebe. Eine hiervon
abweichende Auslegung des § 651j BGB dahingehend, dass der Reiseveranstalter
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Einbehalte wegen bereits erbrachter Reiseleistungen vornehmen dürfe, sei generell
unzulässig.
Die Kläger beantragen,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen
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1. an den Kläger zu 1) 850,33 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit 26. Juli 2005,
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2. an den Kläger zu 2) 850,33 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit 26. Juli 2005
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zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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II.
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Die zulässige Berufung ist lediglich in Höhe eines Betrags von 73,50 Euro je Kläger
begründet, die weitergehende Berufung ist demgegenüber unbegründet.
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Der Rückerstattungsanspruch des Reisenden, der im Falle einer auf § 651j BGB
gestützten Kündigung des Reisevertrags mehr bezahlt hat, als der Veranstalter gem.
§ 651e Abs. 3 S. 1, 2 BGB beanspruchen kann, ergibt sich unmittelbar aus § 651j BGB
(Palandt/Sprau, § 651j, Rn. 8 m.w.N.), sofern der Reiseveranstalter berechtigterweise
wegen höherer Gewalt kündigt.
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Die verzögerte Eröffnung der Jagdsaison in der Russischen Republik stellte höhere
Gewalt i.S.d. § 651j BGB dar. Höhere Gewalt liegt vor bei einem von außen
kommenden, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisenden, auch durch die
äußerste vernünftige Sorgfalt nicht abwendbaren Ereignis (Palandt/Sprau, § 651j, Rn. 3
m.w.N.). Die Eröffnung oder Nichteröffnung der Jagdsaison ist zunächst weder dem
betrieblichen Bereich der Beklagten noch der Sphäre der Kläger zugewiesen. Etwas
anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht aus der von der
Beklagten übernommenen Abschussgarantie. Denn diese Garantie setzte die Eröffnung
der Jagdsaison voraus. Sie sollte ersichtlich allein in dem Falle greifen, dass die Reise
zwar angetreten worden ist, aber kein Bär in einer zum Abschuss tauglichen Entfernung
gesichtet würde. Die Abschussgarantie bezieht sich somit auf die Häufigkeit des Wilds
im Jagdgebiet, nicht hingegen auf den rechtlichen Rahmen, unter dem die Jagd
stattfinden konnte. Die Entscheidung über die Eröffnung der Saison durch die
russischen Behörden ist der Einflussnahme der Parteien entzogen und von der
Beklagten auch nicht durch vorbeugende Maßnahmen beeinflussbar. Zu Recht hat
daher das Amtsgericht eine Vergleichbarkeit des vorliegenden Falls mit den Fällen, in
denen aufgrund behördlicher Entscheidung Einreise- oder Gesundheitsbestimmungen
geändert worden waren (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2005, 282), bejaht.
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Die höhere Gewalt führte zu einer erheblichen Erschwerung, Gefährdung oder
Beeinträchtigung der Reise. Eine solche liegt vor, wenn der vertraglich vorgesehene
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Nutzen der Reise als ganzes bei objektiver Betrachtung im Zeitpunkt der Kündigung in
Frage gestellt ist. Dies kann insbesondere auch dann der Fall sein, wenn wesentliche
Teile der Reise nicht durchführbar sind (Palandt/Sprau, § 651j, Rn. 2 m.w.N.). Dies ist
hier der Fall, weil bei einer ausdrücklich als "Jagdreise" angebotenen Reise die
Jagdsaison nicht rechtzeitig eröffnet wurde, so dass keine Jagd stattfinden konnte.
Die verzögerte Eröffnung der Jagdsaison war bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar.
Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie selbst von der verspäteten
Eröffnung der Jagdsaison erst unmittelbar, bevor sie die Kläger am 28.04.2005 über
eine mögliche Stornierung der Reise informierte, erfahren habe. Die Kläger wiederum
tragen nicht vor, dass die konkreten Schwierigkeiten im Frühjahr 2005 bei
Vertragsabschluss für die Beklagte vorhersehbar gewesen seien, sondern lediglich,
dass diese aufgrund allgemeiner Erfahrungen mit dem Reiseland Russland jederzeit
damit habe rechnen müssen, dass bürokratische Versäumnisse die Reise gefährden
würden. Diese Behauptung ist jedoch zu pauschal, sofern sie sich nicht auf konkrete
Vorkommnisse in der Vergangenheit stützen kann. Aus dem Umstand, dass im Jahre
1989 unter einem anderen Regime die Jagdsaison nicht eröffnet worden ist, lässt sich
eine Vorhersehbarkeit für das Jahr 2005 ebenfalls nicht herleiten. Hier lagen
grundsätzlich andere Voraussetzungen vor. Auch die von den Klägern angeführte
Überlegung, dass in Russland bekanntermaßen Korruption in erheblichem Umfang bis
in die Behörden vorkommt, ändert diese Beurteilung grundsätzlich nicht. Denn die bloß
abstrakte Möglichkeit, dass die Eröffnung der Saison aufgrund Korruption unterbleibt,
genügt nicht, die Vorhersehbarkeit zu bejahen. Dies um so mehr, als die Saison
unstreitig 15 Jahre lang problemlos eröffnet worden ist.
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Im Übrigen ist auch zu beachten, dass dann, wenn das zur Kündigung der Reise
führende Ereignis sowohl für den Veranstalter wie für den Reisenden vorhersehbar war,
der Veranstalter ausnahmsweise seinen Erstattungsanspruch nicht verliert (vgl. Tempel,
NJW 1997, 621, 623). Es wäre nicht angemessen, in einem solchen Falle das Risiko
einseitig auf den Veranstalter zu verlagern. Solange die Kläger, wie hier, die
Vorhersehbarkeit für die Beklagte mit dem Hinweis auf allgemein zugängliche Quellen
hinsichtlich der politischen Lage in Russland stützen, müssen sie sich entgegenhalten
lassen, dass sie dann bei der Planung ihrer exotischen Reise mit Abenteuercharakter
das Risiko einer Nichtdurchführbarkeit der Reise genauso in Kauf genommen haben
wie die Beklagte.
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Eine Kündigung seitens der Beklagten ist mündlich unmittelbar vor Antritt der Reise
unstreitig erfolgt.
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Die Rechtsfolgen der Kündigung wegen höherer Gewalt richten sich nach den §§ 651j
Abs. 2, 651e Abs. 3 S. 1 und 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Kläger ist eine an Art. 4
Abs. 6 Buchst. b) der EG-Pauschalreiserichtlinie ausgerichtete einschränkende
Auslegung der §§ 651j Abs. 2; 651e Abs. 3 S. 1 BGB dahingehend, dass ein
Erstattungsanspruch des Reiseveranstalters wegen bereits erbrachter Reiseleistungen
bei Kündigung vor Reiseantritt entfällt, nicht vorzunehmen. Die Kläger berufen sich im
Ergebnis erfolglos darauf, dass Art. 4 Abs. 6 Buchst. b EG-Pauschalreiserichtlinie dem
Reisenden die Möglichkeit eröffnet, bei Stornierung des Reisevertrags vor Reiseantritt
die "schnellstmögliche Erstattung aller von ihm aufgrund des Vertrags gezahlten
Beträge" zu verlangen. Denn diese Bestimmung regelt lediglich, dass dem Reisenden
bei Reisestornierung die auf den Reisepreis bereits geleistete Zahlung
zurückzuerstatten ist. Sie regelt aber nicht, ob und unter welchen Voraussetzungen der
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Reiseveranstalter einen Ausgleichsanspruch wegen von ihm bereits erbrachter
Reiseleistungen hat. Also ist zwar in der Richtlinie die Rückzahlbarkeit der auf den
Vergütungsanspruch seitens des Reisenden bereits erbrachter Leistungen geregelt, der
Entschädigungsanspruch des Veranstalters, der infolge der Kündigung entsteht (vgl.
Palandt/Sprau, § 651j, Rn. 5) wird durch die Richtlinie aber nicht eingeschränkt. Dieser
Entschädigungsanspruch kann gegenüber dem Rückzahlungsanspruch zur
Aufrechnung gestellt werden. Selbst wenn man durch in der Richtlinie ein
Aufrechnungsverbot begründet sehen wollte, stünde dem Rückzahlungsanspruch des
Reisenden zumindest die aus § 242 BGB resultierende "dolo-agit-Einrede" entgegen,
die verbietet, eine Leistung zu verlangen, die sofort wieder herauszugeben man
verpflichtet ist.
Dass dieses Verständnis zutreffend ist, ergibt sich zum einen daraus, dass in der
Literatur, wenngleich ohne Begründung, geäußert wird, § 651j BGB sei von der
Richtlinie überhaupt nicht erfasst (MünchKomm/Tonner, Vor § 651a, Rn. 27a a.E.). Zum
anderen ließe sich ein nach – unterstellt – vollständiger Rückzahlung des Reisepreises
geltend gemachter Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters mit einer Berufung
auf die Richtlinie nicht begründen, weil ersichtlich deren Regelungsbereich nicht
tangiert ist.
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Der Umfang des Rückzahlungsanspruchs bemisst sich nach § 651e Abs. 3 S. 1, 2 BGB.
Zu ersetzen sind die bereits erbrachten Reiseleistungen, soweit sie auf dem Vertrag
zwischen Reisenden und Reiseveranstalter beruhen. Nicht hinreichend sind solche
Leistungen, die im Verhältnis zwischen Reiseveranstalter und seinen Leistungsträgern
ihren Grund haben (BGH NJW 1990, 572). Insoweit ist wie folgt zu differenzieren:
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Als bereits erbrachte Reiseleistungen sind anzusehen die Ausstellung der Visa (jeweils
60,33 €), der Waffeneinfuhrgenehmigungen (je 90,00 €), der sogenannten CITES, der
Genehmigungen für die Ausfuhr von Trophäen (je 200,00 €), die sämtlich bereits
ausgestellt waren. Die Beklagte hat Anspruch auf den Anteil der insoweit vereinbarten
Vergütung, der demjenigen der erbrachten an den vorhergesehenen Leistungen
entspricht (vgl. Palandt/Sprau, § 651e, Rn. 5). Da die genannten Leistungen bereits
vollständig erbracht wurden, geht der Anspruch auf die volle vereinbarte Vergütung.
Insbesondere der Anspruch auf Erstattung der Kosten der sogenannten CITES besteht
unabhängig davon, ob die Beantragung der Ausfuhrgenehmigung zum damaligen
Zeitpunkt bereits erforderlich war, jedenfalls handelt es sich um eine seitens der
Beklagten bereits erbrachte Reiseleistung. Da § 651j Abs. 2 S. 1 BGB nicht auf § 651e
Abs. 3 S. 3 BGB verweist, kommt es auf einen Interessenwegfall bei den Klägern nicht
an. Ein Gegenanspruch aus § 280 BGB aufgrund der Überlegung, dass die Kläger die
CITES zu früh gebucht haben, würde Verschulden voraussetzen. Mangels
Vorhersehbarkeit der Nichteröffnung der Jagdsaison ist Verschulden aber nicht
gegeben.
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Auch die Bearbeitungsspesen sind zu erstatten, da Spesen in die Berechnung der
vereinbarten Vergütung für die gesamte Reise eingehen. In diesem Falle sind sie in
voller Höhe von jeweils 200,00 € erstattungsfähig, da die Beklagte unwidersprochen
vorgetragen hat, dass sie bereits alle, nicht nur die oben aufgeführten Leistungen
vollständig erbracht hatte.
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Die Beklagte hat darüber hinaus auch Anspruch auf die Kosten für die
Stornokostenzusage in Höhe von jeweils 153,00 €. Denn die Beklagte hat ihre Leistung
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dadurch erbracht, dass die Kläger in der Zeit zwischen Abschluss der
Reiserücktrittsversicherung am 12.02.2004 und der Absage durch die Beklagte Anfang
Mai 2005 gegen das Risiko versichert waren, dass sie ihrerseits die Reise aus von
ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht angetreten hätten. Soweit die Kläger
nunmehr in der Berufungsinstanz einwenden, die Beklagte als xxxxxxx habe
Versicherungsleistungen nicht anbieten dürfen, ist dies unbeachtlich. Denn der Sache
nach beinhaltete die Stornokostenzusage lediglich die Verlagerung des Risikos einer
seitens der Kläger unverschuldeten Absage der Reise von den Klägern auf die
Beklagte, also keine "Reiserücktrittskostenversicherung" im engeren Sinne.
Die der Beklagten entstandenen Stornokosten für die Absage der Flüge in Höhe von
jeweils 95,00 € und 52,00 € stellen hingegen keine Reiseleistungen im Sinne von
§ 651e Abs. 3 Satz 2 BGB dar, da sie nicht auf dem Reisevertrag beruhen, sondern
alleine in dem Verhältnis der Beklagten zu ihren Leistungsträgern begründet sind (vgl.
dazu BGH NJW 1990, 572, 573). Allerdings führt der Bundesgerichtshof in der zitierten
Entscheidung aus, dass es in Anlehnung an die der Regelung des § 651j II 2 BGB über
den Ausgleich der Mehrkosten für die Rückbeförderung zugrunde liegende
Risikoverteilung angemessen sei, etwaige aufgrund einer Kündigung wegen höherer
Gewalt entstandene Stornokosten beiden Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen, da
Reisender wie Reiseveranstalter dem Risiko einer wegen höherer Gewalt gescheiterten
Reise gleichermaßen fernstünden. Die Kammer folgt dieser Auffassung, weil nur so eine
gerechte Risikoverteilung hinsichtlich der Stornokosten in den Fällen der Kündigung
aufgrund höherer Gewalt zu gewährleisten ist.
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Der nicht nachgelassene und nach Schluss der mündlichen Verhandlung
eingegangene Schriftsatz der Kläger vom 15.02.2007 gab zu einer abweichenden
Beurteilung keinen Anlass.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung
noch gebietet die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung die Zulassung der Revision. Insbesondere angesichts des Umstands,
dass die Bestimmung des § 651j Abs. 2 BGB vom Regelungsbereich der EG-
Pauschalreiserichtlinie gar nicht betroffen ist, besteht ein Anlass zur Zulassung der
Revision nicht.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.700,66 € festgesetzt (850,33 Euro
je Kläger, § 39 Abs. 1 GKG).
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