Urteil des LG Mainz vom 15.01.2004

LG Mainz: unternehmen, europäische kommission, selektives vertriebssystem, europäischer gerichtshof, restriktive auslegung, wettbewerber, brauerei, firma, eugh, verfälschen

Bürgerliches Recht
Kartellrecht
LG
Mainz
15.01.2004
12 HK.O 52/02 kart
1.) Art. 81 EG-Vertrag ist ein Schutzgesetz im Sinne § 823 Abs. 2 BGB. 2. ) Anspruchsberechtigt hieraus
sind nur die Personen und Personengruppen, gegen die ein Preiskartell abzielt und gegenüber denen
sich ein Preiskartell unmittelbar auswirkt. 3.) Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "
Courage Ltd. " vom 20.09.2001 ( Rechtssache C-453/99 ) ergibt sich keine von Ziffer 2 abweichende
Bewertung.
Landgericht Mainz
12 HK.O 52/02 KART
Verkündet am: 15.01.2004
In dem Rechtsstreit
1. d. Deutsche Tiernahrung GmbH & Co., W.straße 20, 4. D., vertreten durch die d. Deutsche
Kraftfutterwerke Verwaltungs GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Dieter T., Bernd F. und
Hans T.,
- Klägerin zu 1) -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. in K.
2. a.M. international GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Herbert S., R.weg 51-53, in F.,
- Klägerin zu 2) -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L. in K.
gegen
B. AG, C.-B-Straße 38, in L., vertreten durch die Mitglieder des Vorstandes Prof. Dr. Jürgen S., Max Dietrich
K., Dr. John F., Dr. Jürgen H., Dr. Stefan M., Peter O., Eggert V. und Klaus Peter L.,
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. in F.
F. H.-L. AG, vertreten durch den Vorstand, in B.,
- Streitverkündete zu 1) -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. in. B,
A. S.A., Avenue de. E., E. E. de E., in Sch., Frankreich, vertreten durch den Vorstand,
- Streitverkündete zu 2) -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. in M.,
wegenSchadensersatzes
hat die
12. Zivilkammer -2. Kammer für Handelssachen-
Landgerichts Mainz durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Endell, den Handelsrichter
Steinbronn und den Handelsrichter
Kistenpfennig auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2003
für
R e c h t
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerinnen zu 1) und zu 2) haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, einschließlich der
Kosten der Streitverkündeten zu 1) und zu 2).
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung der Beklagten in Höhe von 68.000,--
Euro und gegen Sicherheitsleistung der Streitverkündeten zu 1) und zu 2) in Höhe von jeweils 68.000,--
Euro vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische und unwiderrufliche Bürgschaft einer
deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einem geltend
gemachten weltweiten Preiskartell auf dem Gebiet der synthetischen Herstellung von Vitaminen.
Die Klägerin zu 1) ist ein mittelständisches Unternehmen, welches hauptsächlich im Bereich der
Herstellung und des Vertriebes von Misch- und Mineralfuttermitteln tätig ist. Mischfuttermittel werden bei
der Ernährung von Nutztieren eingesetzt und werden daher vom Landwarenhandel und Landwirten als
Endverbrauchern von der Klägerin zu 1) und ihren Wettbewerbern nachgefragt. Unentbehrlicher
Bestandteil der Mischfuttermittel sind Vitamine, welche den einzelnen Produkten zugesetzt werden, um so
die Versorgung der Tiere zu sichern.
Die Klägerin zu 2) beschäftigt sich mit dem Handel von Futtermittel und Futtermittelzusätzen. Ihre
Geschäftsanteile werden von 16 Unternehmen gehalten, die vorwiegend im Bereich der Herstellung von
Futtermitteln, Mineralstoffmischungen und Premixen tätig sind. Rund 50% ihres Gesamtumsatzes
erwirtschaftet die Klägerin zu 2) mit dem Vitaminhandel und erzielte 2001 einen Gesamtumsatz von 46,2
Mio. Euro.
Die Beklagte ist ein auf der Welt führendes Chemieunternehmen mit ca. 90.000 Mitarbeitern und einem
weltweit konsolidierten Jahresumsatz (vgl. Geschäftsbericht 2001) von ca. 32,5 Mrd. Euro. Die Beklagte
gehört zu den größten Herstellern synthetischer Vitamine und hat einen Anteil von ca. 25% am globalen
Vitaminmarkt. Die Herstellung der synthetischen Vitamine durch die Beklagte erfolgt in industriellen
Anlagen mittels chemischer und biotechnologischer Verfahren.
Die europäische Kommission hat in ihrer Entscheidung vom 22.11.2001 (Sache COMP/E-1/37512-
Vitamine; Az.: K(2001)3695; Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 10.1.2003 DE; L6/1) gegen die
Beklagte eine Geldbuße von 296,16 Mio. Euro, gegen die Streitverkündete zu 1) (F. H.-L. AG) eine
Geldbuße von 462 Mio. Euro und gegen die Streitverkündete zu 2) (A. S.A.) eine Geldbuße von 5,04 Mio.
Euro verhängt. Die Europäische Kommission hat in ihrer zurzeit noch nicht rechtskräftigen Entscheidung
vom 22.11.2001 ausgeführt, dass nach ihren Ermittlungen die Beklagte sowie die Streitverkündeten
neben anderen europäischen und außereuropäischen Unternehmen seit 1989 bis Februar 1999 aktiv an
Kartellen beteiligt gewesen seien, die auf eine Ausschaltung des Wettbewerbes auf den Produktmärkten
hinsichtlich der Vitamine A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, Biotin (H), Folsäure (M), Beta-Carotin und
Carotinoide abzielte. Nach den Feststellungen der Europäischen Kommission hätten die Kartellmitglieder
für die diversen Vitaminprodukte jeweils Preise festgelegt und Absatzquoten zugewiesen,
Preissteigerungen vereinbart und umgesetzt sowie einen Mechanismus geschaffen, durch den die
Einhaltung ihrer Kartellvereinbarung überwacht und gesichert würden. Die Kartellmitglieder seien
regelmäßig zusammengekommen, um die Umsetzung ihrer Pläne zu besprechen und zu überwachen.
Nach den Feststellungen der Europäischen Kommission hätten sich die Kartellabsprachen auf die als
Bulkware vertriebenen synthetischen Substanzen bezogen, die zu den oben genannten Vitamingruppen
und verwandten Produkten gehören. Nach den Schätzungen der Kommission seien 1998 im europäi-
schen Wirtschaftsraum (EWR) Produkte der Vitamingruppen, welche Gegenstand der
Kartellrechtsentscheidung der Europäischen Kommission sind, im Wert von ca. 800 Mio. Euro abgesetzt
worden.
Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22.11.2001 (Anlage zur Klageschrift K48) enthält
ausführliche und ins Detail gehende Ausführungen zu den einzelnen Vitaminen und Vitaminprodukten,
welche Gegenstand der festgestellten Kartellvereinbarung sind, ferner im Einzelnen Ausführungen zu den
jeweiligen Beteiligungen der jeweiligen Unternehmen und zum jeweiligen Tatzeitraum sowie zu den
getätigten den jeweiligen Unternehmen zuzuordnenden Umsätzen. Die Entscheidung der Kommission ist
nicht rechtskräftig, da die Beklagte hiergegen Klage eingereicht hat (Anlage K28).
Die Klägerinnen erhielten über den damals vorgegebenen Vertriebsweg synthetisch hergestellte
Vitamine, die von der Beklagten im Zeitraum 1989 bis Februar 1999 produziert wurden.
Die Klägerinnen tragen vor:
Die Beklagten, die Streitverkündeten und die übrigen an dem weltweiten Preiskartell beteiligten
Unternehmen hätten 1989 bis 1999 ein weltweites Preiskartell im Vitaminsektor hergestellt. Dies stünde
auch aufgrund der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22.11.2001 bindend fest (vgl.
insbes. die dortigen Randnummern 589, 667 und 669 (Anlage K48)). Zwar habe es im Vitaminsektor auch
individuelle Preisvereinbarungen gegeben, diese hätten aber infolge des getroffenen weltweiten
Preiskartells stets die überhöhten Kartellpreise, nicht aber den wahren Marktpreis zum Gegenstand
gehabt. Sowohl die Preise der von den Klägerinnen bezogenen Vitamine als auch die Preise der
erworbenen Vitamingemische seien aufgrund der weltweiten Preisabsprachen höher gewesen, als dies
bei funktionierendem Wettbewerb der Fall gewesen wäre. Die Klägerinnen errechnen im Übrigen ihren
Schaden auf der Grundlage der Differenz zwischen den tatsächlich bezahlten Preisen für Vitamine und
den Preisen, die bei Bestehen eines funktionsfähigen Wettbewerbes bezahlt gewesen wären (Bl. 29, 30,
43 GA). Die Klägerinnen tragen hierzu vor, hypothetische Wettbewerbspreise seien sehr wohl feststellbar
und ermittelbar und errechnen auf diese Grundlage die in den Klageanträgen bestimmten Schadens-
beträge (Mindestschadenssummen). Auf die Darstellung der Klägerinnen zu den Lieferbeziehungen zu
der Beklagten und zu den Streitverkündeten (Bl. 8 bis 19, 26 GA) wird Bezug genommen. Auf der
Grundlage dieser Auflistungen errechnen die Klägerinnen die Umsätze, die sie mit Vitaminherstellern
getätigt haben und multiplizieren deren Bezugsmengen mit den für die jeweiligen Zeiträume ange-
nommenen Wettbewerbspreisen (Bl. 29, 30, 43 GA).
Die Klägerinnen tragen darüber hinaus vor:
Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22.11.2001 und ihre tatsächlichen Feststellungen
entfalte für sämtliche nationalen Gerichte zwingende Bindungswirkung, sodass davon abweichende
Feststellungen der nationalen Gerichte unzulässig und unwirksam seien. Dies stünde jedenfalls nach der
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 14.12.2000 (Masterfoods) fest. Auch seien sie, die
Klägerinnen, aktuelle Nachfrager eines an einer Wettbewerbsbeschränkung beteiligten Anbieters, sodass
sie, die Klägerinnen, materiell anspruchsberechtigt gemäß §§ 1, 33 GWB und § 823 BGB i.V.m. Art. 81
Abs. 1 EG-Vertrag seien.
Die Klägerinnen beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an
die Klägerin zu 1) (d. Deutsche Tiernahrung GmbH & Co.) mindestens 2.122.628 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5% über dem Basiszinssatz hieraus ab Klageerhebung, und an
die Klägerin zu 2) (aniMedica International GmbH) mindestens 6.892.664,-- Euro nebst Zinsen aus
6.040.931 Euro in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz hieraus ab Klageerhebung und Zinsen aus
weiteren 851.733,-- Euro in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz ab Zustellung des Schriftsatzes vom
15.4.2003
zu zahlen (Bl. 590 GA).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:
Sie sei nicht zu Schadensersatz verpflichtet. Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom
22.11.2001 enthalte keine Feststellungen, wonach die erhobenen Preise im Vitaminsektor über den
hypothetischen Marktpreisen lägen. Im Übrigen bestreitet die Beklagte, ein Preiskartell im Vitaminsektor
getroffen zu haben und behauptet, es seien stets individuelle Preisvereinbarungen zwischen den
Vertragsschließenden ausgehandelt worden und keine gleichförmig vorgegebenen Preise zur
Vertragsgrundlage gemacht worden. Die von ihr, der Beklagten, berechneten Preise würden den
Marktpreisen entsprechen und seien nicht überteuert (Bl. 471, 472 bis 490 GA). Auch seien
Schadensersatzansprüche der Klägerinnen gemäß § 33 GWB i.V.m. § 1 GWB deshalb nicht berechtigt,
weil auch nach dem Sachvortrag der Klägerinnen Preisabsprachen mit einer die Klägerinnen
schädigenden unmittelbaren Zielrichtung nicht angenommen werden können. Die behaupteten
Preisabsprachen, wenn sie denn vorlägen, würden sich allenfalls reflexiv gegen alle bestehenden und
zukünftigen Abnehmer der Vitamine und Vitaminprodukte objektiv auswirken, hätten aber keine
Zielrichtung gegen einen oder einige Abnehmer der Vitamine. Da sich die Preisabsprachen nicht
unmittelbar und gezielt gegen die jeweiligen Vitaminabnehmer richten, entfalle eine Haftung aus §§ 1, 33
GWB und ebenso eine solche aus § 823 BGB i.V.m. Art. 81 EG-Vertrag.
Hinzu komme: Die Klägerinnen hätten die Preise, die sie für Vitamine und Vitaminprodukte gezahlt haben,
vollständig als Kostenfaktor in ihren Verkaufspreisen berücksichtigt; die Klägerinnen hätten daher keine
Vermögenseinbuße infolge der behaupteten überhöhten Preise erlitten. Würde man ihnen
Schadensersatz zuerkennen, wäre dies ein Verstoß gegen das Prinzip der erfolgten Vorteilsausgleichung
und im Ergebnis eine ungerechtfertigte Bereicherung der Klägerinnen (Bl. 149 bis 158 GA).
Überdies erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung (Bl. 159 GA).
Die Streitverkündeten zu 1) und zu 2) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Streitverkündeten schließen sich im Wesentlichen dem Sachvortrag der Beklagten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen. Dies gilt insbesondere auch für die Anträge der Klägerinnen gemäß
Schriftsatz vom 15.4.2003 (Bl. 308 ff. GA).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerinnen haben gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz infolge des
geltend gemachten der Beklagten und den Streitverkündeten zur Last gelegten weltweiten Preiskartells im
Vitaminsektor.
Ob die Beklagte zusammen mit den Streitverkündeten und den übrigen europäischen und
außereuropäischen Unternehmen ein das Preisniveau im Vitaminsektor weltweit anhebendes Preiskartell
vereinbart und eingehalten haben, wie von den Klägerinnen behauptet und wie in der nicht
rechtskräftigen Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22.11.2001 zugrunde gelegt, oder ob
ein solches Preiskartell nicht getroffen wurde, wie von der Beklagten behauptet, kann letztlich
dahinstehen. Selbst wenn ein weltweites Preiskartell im Sinne der Feststellungen der Entscheidung der
Europäischen Kommission vom 22.11.2001 getroffen wurde, haben die Klägerinnen gegen die Beklagte
keinen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 1, 3 GWB und gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 81 Abs. 1
EG-Vertrag.
Die Kammer lässt sich hierbei von folgenden Erwägungen leiten:
I.
Wenngleich in dem vorliegenden Prozess die Frage, ob ein die Marktpreise im Vitaminsektor künstlich
anhebendes weltweites Preiskartell getroffen wurde oder nicht, offen bleiben kann, weist die Kammer auf
Folgendes hin:
Die Kammer ist wie jedes andere nationale Gericht an rechtskräftige Entscheidungen der Europäischen
Kommission gebunden, wenn sie, die Kammer, nach Art. 81 oder 82 EG-Vertrag über Vereinbarungen,
Beschlüsse oder Verhaltensweisen zu befinden hat, die bereits Gegenstand einer Entscheidung der
Kommission sind. Diese Bindungswirkung von rechtskräftigen Kommissionsentscheidungen über wettbe-
werbs- und kartellrechtliche Entscheidungen gemäß Art. 81 Abs. 1 und 82 EG-Vertrag gegenüber
sämtlichen nationalen Gerichten hat seine Grundlage in der Entscheidung des Europäischen Gerichts-
hofes vom 14.12.2000 (Rs.C-344/98 "MasterfoodsLimited"; NJW 2001, 1265 bis 1267). Nach dieser
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, welche Eingang gefunden hat in Art. 16 der neuen
Kartellverfahrensverordnung EG Nr. 1/2003 (Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EUZW, Beilage zu
NJW Heft 8/2003) ist von einem grundsätzlichen Vorrang der Entscheidung der Europäischen
Kommission gegenüber Entscheidungen der nationalen Gerichte zu den wettbewerbs- und
kartellrechtlichen Fragen der Art. 81 und 82 EG-Vertrag auszugehen (vgl. auch Kamann, Kommission Ver-
sus nationale Gerichte -Kooperation oder Konfrontation im Kartellverfahren in WuW 2001, 458 bis 468;
vgl. auch Bartels, Kooperation zwischen EU-Kommission und nationalen Gerichten im Europäischen
Wettbewerbsverfahren, einige Anmerkungen zum Masterfoods-Urteil des EUGH, ZfRV 2002, 83 bis 94;
vgl. Malferrari in EuR 2001, 605 bis 616). Daher darf ein nationales Gericht, wenn es zu einer
Vereinbarung oder einer Verhaltensweise Stellung nimmt, deren Vereinbarkeit mit den Artikeln 81 und 82
EG-Vertrag (früher Art. 85 Abs. 1 und 86 EG-Vertrag) bereits Gegenstand einer Entscheidung der
Kommission ist, keine Entscheidung erlassen, die der Entscheidung der Kommission zuwider läuft, selbst
wenn die Entscheidung der Kommission im Widerspruch zu einer Entscheidung eines erstinstanzlichen
nationalen Gerichtes steht (EUGH "Masterfoods" NJW 2001, 1265, 1266). Dementsprechend verfährt die
Kammer. Sie geht bei ihrer Entscheidung von der -nicht rechtskräftigen- Entscheidung der Europäischen
Kommission vom 22.11.2001 und den darin getroffenen Feststellungen zum weltweiten Preiskartell aus,
gelangt aber aus Rechtsgründen (unten II und III) dazu, dass den Klägerinnen gegen die Beklagte ein
Schadensersatzanspruch nicht zusteht.
II.
Die Klägerinnen haben gegenüber der Beklagten keinen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 1, 33 GWB.
Indessen sind nach § 1 GWB Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unterneh-
men, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die
eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, ver-
boten. Gemäß § 33 GWB muss derjenige, der gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes (GWB) verstößt,
sofern die Vorschrift den Schutz eines anderen bezweckt, diesem (dem anderen) Schadensersatz leisten
und ist diesem auch zur Unterlassung verpflichtet. Voraussetzung für eine Schadensersatzpflicht der
Beklagten ist daher, dass die Klägerinnen in den Schutzbereich des Kartellverbots des § 1 GWB
einzubeziehen sind. Hierzu hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine
restriktive Auslegung vorgenommen: In den Schutzbereich des Kartellverbotes sind außer den
Konkurrenten auch die Lieferanten und Abnehmer der Kartellmitglieder einzubeziehen, allerdings nur,
wenn sich die Kartellvereinbarung gezielt gegen sie wendet, um ihre Konditionen zu verschlechtern oder
um sie am Marktzutritt zu hindern. Beispiele für derartige Kartellvereinbarungen sind boykottähnliche
Absprachen, Kartelle von Nachfragern, mit dem Ziel, den Preis zu drücken. So hat der Bundesgerichtshof
in seiner Entscheidung vom 4.4.1975 ("Zuschussversicherung" GUR 1976, 153 bis 157) ausgeführt, dass
§ 1 GWB den Schutz derjenigen Wettbewerber der Kartellpartner bezweckt, die infolge der Beschränkung
des Wettbewerbes schon am Zutritt zu dem durch den Vertrag beeinflußten Markt behindert werden. Der
Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung die Zielgerichtetheit der den Wettbewerb unzulässig
verschiebenden Kartellvereinbarung gegenüber dem durch das Kartell benachteiligten Wettbewerber
oder Nachfrager als Voraussetzung für einen kartellrechtlichen Anspruch postuliert. Diese
Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof fortgesetzt in seiner Entscheidung vom 25.1.1983 ("Fa-
milienzeitung", GRUR 1983, 259 f.). Auch hierin ist höchstrichterlich entschieden worden, dass das
Kartellverbot des § 1 GWB den Schutz der Marktgegenseite dann und insoweit bezweckt, als sich die
Kartellabsprache gezielt gegen bestimmte Abnehmer und Lieferanten richtet. Ebenso die Entscheidung
des Bundesgerichtshofes ("Depot-Kosmetik" EuZW, 1998, 766, 767), wo ausgeführt wird, dass auch
Wiederverkäufer und aktuelle Nachfrager zu den vom Kartellverbot geschützten Personenkreis gehören,
wenn sie vom Hersteller nicht beliefert werden, obwohl sie alle qualitativen Voraussetzungen für ein
selektives Vertriebssystem erfüllen. Auch in dieser Entscheidung ist ein gezieltes, unmittelbares Boykottie-
ren/bewusstes Nichtbeliefern von Marktteilnehmern Tatbestandsvoraussetzung für einen kartellrechtlichen
Schadensersatzanspruch.
Die Kammer schließt sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung an und folgt nicht der in der Literatur
vertretenen Auffassung, die Zielgerichtetheit der Kartellabsprache als Anspruchsvoraussetzungen fallen
zu lassen (vgl. insbesondere Immenga/Mestmäcker/Emmerich, GWB, 3. Aufl., § 33, Rn. 16). Denn eine Zu-
lassung von Deliktsansprüchen der gesamten Marktgegenseite ohne die weitere
Anspruchsvoraussetzung der Zielgerichtetheit des Kartells würde zu einer völlig unübersehbaren und
weitgehend vom Zufall abhängigen Anzahl von Anspruchsberechtigten führen. Welche und wie viele
Personen Ansprüche geltend machen können, hinge weitgehend vom Zufall ab. Denn vom weltweiten
Preiskartell betroffen ist jedes Unternehmen und jeder Verbraucher, der die entsprechenden Produkte
erwirbt. Auch eine Beschränkung der anspruchsberechtigten Personen auf die "unmittelbare" Marktgegen-
seite (so genannte aktuelle Nachfrager), also auch für diejenigen, die die jeweiligen Produkte direkt bei
den Kartellmitgliedern erworben haben, ist vor dem Hintergrund des Schutzgedankens des
Kartellverbotes kein überzeugendes Abgrenzungskriterium. Denn es ist nicht einzusehen, dass es einen
Unterschied machen soll, ob eine Person oder ein Unternehmen die Vitamine bzw. Vitaminprodukte
unmittelbar von einem Kartellmitglied erwirbt (unmittelbare Marktgegenseite) oder, was bei der im
Vitaminsektor längeren Vertriebs- und Handelskette eher die Regel ist, nicht unmittelbar von einem
Kartellmitglied die Vitamine erwirbt.
Die Klägerinnen sind daher lediglich mittelbar und reflexiv durch das weltweite Preiskartell (dessen
Vorliegen unterstellt) objektiv betroffen; eine konkrete Zielrichtung des Preiskartells gegen die beiden
Klägerinnen ist auch nach dem Klägervortrag nicht festzustellen.
Hinzu kommt die folgende Erwägung:
Ein weltweites Preiskartell führt dazu, dass auf dem gesamten Weltpreis die Preise angehoben werden,
sodass sich jeder Wettbewerber demselben Sachverhalt ausgesetzt sieht; alle Wettbewerber sind daher
hinsichtlich der Preiserhöhung gleichgestellt, ohne dass eine Verschiebung zum Nachteil des einen oder
anderen Wettbewerbers erfolgt ist. An dem Merkmal der individuellen Zielgerichtetheit gegen einen oder
einige Wettbewerber fehlt es daher im vorliegenden Fall, sodass ein Schadensersatzanspruch gemäß §§
1, 33 GWB entfällt.
III.
Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerinnen gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag
ist nicht begründet.
Artikel 81 Abs. 1 a EG-Vertrag besagt Folgendes:
" Mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen
Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltens-
weisen, welche den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine
Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbes innerhalb des gemeinsamen Marktes
bezwecken oder bewirken, insbesondere
die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstige
Geschäftsbedingungen. "
Die genannte Vorschrift ist unstreitig Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (vgl. Langen/Bunte,
Kartellrecht, 9. Aufl., Band 1, Art. 81 EG-Vertrag, Rn. 226, m.w.N.; vgl. Immenga/Mestmäcker/ Karsten
Schmidt, EG-Wettbewerbsrecht, Kommentar, Band I, Art. 85 Abs. 2, Rn. 76, m.w.N.).
In den Schutzbereich der Vorschrift des Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag und daher in die Aktivlegitimation
gemäß § 823 Abs. 2 BGB gelangen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der des Eu-
ropäischen Gerichtshofes indessen nur die Personen oder Personenkreise, gegen die zielgerichtet und
unmittelbar sich ein Preiskartell auswirkt. Auch Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag setzt, um eine An-
spruchsberechtigung feststellen zu können, das Erfordernis der Zielgerichtetheit des Preiskartells gegen
die beeinträchtigten Wettbewerber oder beeinträchtigten Angehörigen einer Marktgegenseite voraus, was
im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.
So hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "BMW-Importe (NJW 1980, 1224, 1225) ausgeführt,
dass zur Erfüllung des Tatbestandes einer Wettbewerbsbeschränkung die in dem die Wett-
bewerbsverschiebung bewirkenden Kartellhandlung zum Ausdruck kommende Zielrichtung
hinzuzurechnen sei. Weder ein Boykott noch ein zum Schadensersatz verpflichtender Verstoß gegen Art.
85 EG-Vertrag (nunmehr Art. 81 EG-Vertrag) lassen sich nämlich feststellen, ohne dass die Maßnahme auf
die Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation eines bestimmten Wettbewerbers abzielt (BGH a.a.O.).
Dies bedeutet: Nur in dem Fall des gezielten Vorgehens gegen bestimmte Konkurrenten oder Abnehmer
oder Mitglieder der Marktgegenseite, um diese vom Markt zu drängen, ihnen Marktchancen
abzuschneiden oder ihnen die Chance zu nehmen, überhaupt am Wettbewerb teilzunehmen, ist eine
materielle Anspruchsberechtigung gemäß Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag gegeben und daher eine Aktiv-
legitimation gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der genannten Vorschrift (BGH a.a.O.). Ebenso verhält es sich
mit der Entscheidung des BGH "Depot-Kosmetik" (EuZW 1998, 766, 767). Auch hier wurde
höchstrichterlich festgestellt, dass ein Anspruch gemäß § 823 BGB i.V.m. Art. 85 EG-Vertrag (nunmehr Art.
81) die sich gegen den Anspruchsteller richtende zielgerichtete wettbewerbs- und kartellrechtswidrige
Verhaltensweise voraussetzt. Art. 81 EG-Vertrag teilt daher nicht jedem reflexiv geschädigten
Marktteilnehmer subjektive Abwehr- und Schadensersatzrechte zu. Dies gilt insbesondere bei einer
Kartellierung auf höheren Wirtschaftsstufen, die sich insgesamt und umfassend auf die nachfolgenden
Wirtschaftsstufen und auf die Verbraucher (nachteilig, da preiserhöhend) auswirkt (vgl.
Immenga/Mestmäcker/Karsten Schmidt, EG-Wettbewerbsrecht, Band 1, Art. 85 Abs. 2, Rn. 81 m.w.N.).
Ebenso verhält es sich mit der Entscheidung des BGH "Familienzeitschrift" (GRUR 1983, 259).
Auch die Entscheidung des OLG Stuttgart "Car Partner II" (WuW 1998, 881, 882) enthält keine
grundsätzlich andere Einstufung von Art. 81 EG-Vertrag. Denn auch in dieser Entscheidung wird ausge-
führt, dass als Schutzgesetz der Normbereich der kartellrechtlichen Vorschrift jedenfalls dann gilt, wenn
sich das Kartell gezielt gegen Lieferanten und Abnehmer wendet, um sie am Marktzutritt zu hindern oder
deren Konditionen zu verschlechtern. Die genannte Entscheidung des OLG Stuttgart steht daher im
Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Zielgerichtetheit des Kartellverstoßes
Anspruchsvoraussetzung ist, auch im Rahmen von Art. 81 EG-Vertrag.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes "Courage
Ltd." vom 20.9.2001 (Rechtssache C-453/99). Der Leitsatz Ziff. 2 des Urteils "Courage Ltd." hat folgenden
Wortlaut:
" Die volle Wirksamkeit des Art. 85 EG-Vertrag (jetzt Art. 81 EG) und insbesondere die praktische
Wirksamkeit des in Art. 85 Abs. 1 ausgesprochenen Verbotes wären beeinträchtigt, wenn nicht jedermann
Ersatz des Schadens verlangen könnte, der ihm durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken
oder verfälschen kann, oder durch ein entsprechendes Verhalten entstanden ist. Ein solcher
Schadensersatzanspruch erhöht nämlich die Durchsetzungskraft der gemeinschädlichen Wettbewerbs-
regeln und ist geeignet, von -oft verschleierten- Vereinbarungen oder Verhaltensweisen abzuhalten, die
den Wettbewerb beschränken oder verfälschen können. "
Die Analyse des Sachverhaltes, der dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes "Courage Ltd." zugrunde
liegt, ist erforderlich, um den Leitsatz des genannten Urteils zutreffend zu interpretieren.
In dem genannten Fall war eine in England ansässige Brauerei Klägerin. Die klagende Brauerei hatte in
Großbritannien einen Marktanteil von 19% und vereinbarte mit der Firma Grand Met im Jahre 1990, die
von ihnen verpachteten Schankwirtschaften zu fusionieren. Zu diesem Zweck wurden die jeweiligen Pubs
auf die IEL-Ltd. übertragen. In dem Vertrag zwischen der Klägerin (Brauerei) und der IEL wurden alle
Pächter der Firma IEL verpflichtet, ihr Bier ausschließlich bei der Klägerin zu beziehen. Die Klägerin
wiederum war verpflichtet, die bestellten Biermengen zu den Preisen zu liefern, die in den für die von der
IEL verpachteten Pubs geltenden Tarifen festgesetzt waren. Die Firma IEL legte daraufhin ihren
sämtlichen Pächtern einen entsprechenden Pachtvertrag vor und im Jahre 1991 schloss die Beklagte des
dortigen Verfahrens mit der Firma IEL einen eine Bezugsverpflichtung zugunsten der klagenden Brauerei
zum Gegenstand habende Pachtvertrag. 1993 schließlich erhob die Brauerei gegen den Beklagten des
dortigen Verfahrens eine Klage auf Zahlung von 15.000,-- GBP für Bierlieferungen, deren Bezahlung offen
geblieben war. Der britische Court of Appeal hatte in einem früheren Urteil entschieden, dass Art. 85 Abs.
1 EG-Vertrag (nunmehr Art. 81) Dritte, Wettbewerber oder Verbraucher schützen solle, aber nicht die
Parteien der rechtswidrigen Vereinbarung. Die Parteien einer als rechtswidrig eingestuften Vereinbarung
seien nämlich Verursacher und nicht Opfer der Wettbewerbsbeschränkung. Der britische Court of Appeal
hat in dem Verfahren "Courage Ltd." dem Europäischen Gerichtshof die entsprechenden Fragen zur
Entscheidung vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof hat daraufhin in seiner Entscheidung vom
20.9.2001 ausgeführt, dass die volle Wirksamkeit des in Art. 81 EG-Vertrag ausgesprochenen Verbotes
beeinträchtigt wäre, wenn nicht jedermann Ersatz des Schadens verlangen könnte, der ihm durch einen
Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, entstanden ist (vgl. Europäischer
Gerichtshof in GRUInt 2002, 54 ff.).
In seiner Entscheidung "Courage Ltd." hat daher der Europäische Gerichtshof die Bewertung des
britischen Court of Appeal aufgehoben. Derjenige, der Partner eines als rechtswidrig eingestuften
Vertrages ist, kann entgegen der früheren Bewertung des Court of Appeal Ersatz des Schadens
verlangen, der ihm durch einen wettbewerbsbeschränkenden oder verfälschenden Vertrag entstanden ist.
Jedermann, der durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, einen
Schaden erlitten hat, kann diesen ersetzt verlangen.
Eine Ausweitung des Kreises der materiell anspruchsberechtigten Personen im Sinne von § 823 Abs. 2
BGB i.V.m. Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag ist daher der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes
"Courage Ltd." nicht zu entnehmen. Lediglich die Korrektur der früheren Rechtsprechung des britischen
Gerichtes ist erfolgt: Auch wenn eine Person an einem Vertrag beteiligt ist, der als rechtswidrig eingestuft
wird, ist er infolge des früheren Vertragsabschlusses mit Schadensersatz- und Abwehransprüchen aus
Kartell nicht präkludiert, sondern kann einen hieraus resultierenden Schaden ersetzt verlangen, wenn die
übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine Ausweitung des anspruchsberechtigten
Personenkreises im Sinne des Klägervorbringens kann daher der Entscheidung des EuGH vom
20.9.2001 nicht entnommen werden. Die Kammer folgt daher insoweit der höchstrichterlichen
Rechtsprechung und schließt sich nicht der von Lettl (ZHR 167 (2003), 473 bis 493; Anlage K 43)
formulierten Forderung der Ausweitung der anspruchsberechtigten Personen infolge der Entscheidung
des EuGH vom 20.9.2001 an.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus den bei dem Europäischen Gerichtshof anhängigen
aber nicht abgeschlossenen Verfahren C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01 (AOK Bundes-
verband und andere Betriebskrankenkassen und Krankenkassen). Denn dort streitgegenständlich ist nicht
ein Angebotspreiskartell, das für die Gestaltung der wirtschaftlichen Beziehungen der Kartellmitglieder
gegenüber einer unübersehbar großen Zahl von Abnehmern von Relevanz war, sondern gerade eine
gezielte Festsetzung des Ankaufspreises für eine genau definierte Arzneimittelgruppe durch die
Spitzenverbände der Krankenkassen. In dem Verfahren AOK Bundesverband ist daher gerade ein
wettbewerbsrechtlich und kartellrechtlich zu beanstandendes Verhalten streitgegenständlich, welches
sich -gerade im Gegensatz zu dem vorliegenden Verfahren- gegen einen deutlich abgrenzbaren und
daher individualisierbaren Kreis von Arzneimittelherstellern richtet.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO -Belz-, 2.
Aufl., § 101, Rn. 7 m.w.N.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
Der Streitwert beträgt 9.015.292,-- Euro (= 2.122.628 Euro + 6.892.664,-- Euro).
Endell Steinbronn Kistenpfennig
Vors. Richter Handelsrichter Handelsrichter
am Landgericht