Urteil des LG Mainz vom 25.06.2002

LG Mainz: einkünfte, innenverhältnis, meinung, aufrechnung, aufteilung, steuerrückerstattung, veranlagung, gleichwertigkeit, güterstand, quelle

Eherecht
Sonstiges
Steuerrecht
LG
Mainz
25.06.2002
6 S 192/01
Erhält ein Ehegatte eine Steuerrückerstattung, weil er mit seinem Ehegatten, der nur negative Einkünfte
erzielt hat, gemeinsam veranlagt wurde, steht die Rückerstattung beiden Ehegatten zu gleichenTeilen zu (
Halbteilungsgrundsatz )
Landgericht Mainz
6 S 192/02
In dem Rechtsstreit
Jürgen K......., ..........straße 6, 55..... B......
-Beklagter und Berufungskläger-
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H........ & G.........., in B........
gegen
Annette H…….., ….........straße, 55…… B........
-Klägerin und Berufungsbeklagte-
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F........ und Kollegen, in B.......
hat
die 6. Zivilkammer
M.......... und die Richterinnen am Landgericht B....... und S......... auf die mündliche Verhandlung vom 28.
Mai 2002
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. Juli 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bingen, 2 C
160/01, abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.077,76 Euro (2.107,91 DM) zuzüglich 4% Zinsen hieraus
seit 20.5.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 2/3, die Klägerin 1/3 der Kosten beider Rechtszüge.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I.
Hinsichtlich des Tatbestandes wird zunächst Bezug genommen auf die angefochtene Entscheidung, §
543 Abs. 1 ZPO a.F..
Mit seiner Berufung führt der Beklagte nochmals aus, die Steuererstattungen des Finanzamtes für die
Jahre 1997 und 1998 stünden ihm im Innenverhältnis zu. Die Klägerin habe nämlich nur deswegen einen
Anspruch auf Lohnsteuerrückzahlung gemäß § 37 Abgabenordnung gehabt, weil sein, des Klägers,
negatives Einkommen im Rahmen der Zusammenveranlagung berücksichtigt worden sei. Wären beide
Parteien getrennt veranlagt worden, hätte die Klägerin keinen Erstattungsanspruch gehabt und keine
Steuerrückzahlung erhalten.
Darüber hinaus erkläre er für den Fall, dass die am 7.11.2000 ergangenen Grundsteuerbescheide über
die gemeinsam erworbene Wohnung in Berlin über 189,60 DM bzw. 182,04 DM nicht endgültig auf-
gehoben würden, hilfsweise die Aufrechnung mit der Hälfte dieser Beträge.
Die Klägerin erwidert hierauf, die Steuererstattung stehe ihr zu, da der Beklagte selbst überhaupt keine
Steuern gezahlt habe. Aus § 37 Abs. 2 Abgabenordnung ergebe sich eindeutig, dass derjenige
erstattungsberechtigt sei, der auch die Steuern gezahlt habe.
Aufrechenbare Forderungen stünden dem Beklagten nicht zu.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Kammer ist der Ansicht, dass nach dem sogenannten Halbteilungsgrundsatz im Innenverhältnis die
Lohnsteuerrückerstattung beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zusteht. In Rechtsprechung und Literatur
ist höchst umstritten, wie Steuererstattungen bei gemeinsam veranlagten Ehegatten, von denen nur einer
Steuern gezahlt und der andere sogenannte "negative Einkünfte" erzielt hat, aufzuteilen sind (vgl. zum
Meinungsstand Arens NJW 1996, Seite 704 f). Zum einen wird die Meinung vertreten, dass die Erstat-
tungsberechtigung im Innenverhältnis danach geregelt wird, zu welchem Anteil die Ehegatten im
Außenverhältnis gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung gegenüber dem Finanzamt erstattungsberechtigt
sind. Nach anderer Auffassung soll eine Verteilung entsprechend dem Verhältnis der Einkommen
vorgenommen werden. Soweit ein Ehegatte keine oder zumindest keine positiven Einkünfte erzielt, sei er
deswegen im Innenverhältnis an der Einkommensteuererstattung nicht zu beteiligen. Eine dritte Meinung
errechnet die Aufteilung entsprechend einer fiktiven getrennten Veranlagung entsprechend § 270 AO.
Nach anderer Ansicht, die die Kammer teilt, ist der Halbteilungsgrundsatz anzuwenden. Danach soll die
Erstattung grundsätzlich hälftig zwischen den Ehegatten verteilt werden, weil das Bild der intakten Ehe
durch den Halbteilungsgrundsatz geprägt sei und insbesondere auch bei unterschiedlichen
Einkommensverhältnissen der Ehegatten dennoch eine Gleichwertigkeit ihrer Beiträge zur Ehe, sei es
Haushaltsführung, Kinderbetreuung oder Erwerbstätigkeit, anzunehmen sei. Die Gewährung des
Splittingtarifs im Rahmen der Zusammenveranlagung beruhe gerade auf diesem Grundsatz, wonach trotz
unterschiedlich hoher Einkünfte unterstellt werde, dass beide Ehegatten diese Einkünfte jeweils zur Hälfte
erwirtschaftet bzw. ermöglicht hätten. Wenn für die Besteuerung im Rahmen der intakten Ehe diese
Grundsätze angewendet würden, müsse für die Steuererstattungen, die aus solchen Zeiträumen der Zu-
sammenveranlagung resultieren, ein gleicher Maßstab gelten.
Die Kammer hält die zuletzt dargestellte Meinung für zutreffend und sachgerecht, da der Anspruch der
Klägerin auf Steuererstattung gegenüber dem Finanzamt nur dadurch entstanden ist, dass ihr die
negativen Einkünfte ihres Ehemannes zugerechnet wurden. Somit haben beide Parteien letztlich die
Grundlage dafür gelegt, dass die Klägerin sämtliche gezahlten Steuern zurückerhalten hat. Dieses
Ergebnis der 50:50-Aufteilung entspricht auch dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Der Gesetzgeber geht von der gleichberechtigten Teilhabe jedes Ehegatten an den während der Ehe
erzielten Erwerbseinkünften aus. Zu diesem Ergebnis kann man auch mit Hilfe der BGB-Gesellschaft bei
Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer und einseitigen Verlusten kommen (vgl. Ott,
Betriebsberater 1997, Seite 185, 186).
Demgemäss hat der Beklagte der Klägerin lediglich die Hälfte der vereinnahmten Steuerrückerstattung
und somit 2.107,91 DM entsprechend 1.077,76 Euro zurückzuzahlen.
Dieser Anspruch wird durch die vom Beklagten bedingt erklärte Aufrechnung mit Grundsteuerzahlungen
nicht gemindert. Der Beklagte hat nämlich selbst dargetan, nur für den Fall, dass die Steuerbescheide
bestandskräftig würden, wolle er aufrechnen. Eine bedingte Aufrechnung ist jedoch nicht möglich, so dass
die Aufrechnungserklärung keine Wirkung entfaltet. Darüber hinaus hat der Beklagte selbst nicht
behauptet, insoweit schon irgendwelche Zahlungen geleistet zu haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren bis 27.5.2002 3.433,75
Euro (6.715,83 DM).
Ab 28.5.2002 2.155,52 Euro (4.215.83 DM).
K.......... –M........... B................ S................
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