Urteil des LG Mainz vom 15.05.2002

LG Mainz: verzicht, vergleich, absichtserklärung, scheidung, quelle, nichtigkeitsklage, verein, leasing, vollstreckungskosten, zwangsvollstreckungsverfahren

Bürgerliches Recht
Zwangsvollstreckung
LG
Mainz
15.05.2002
8 T 391/01
Die Kosten einer im Zwangsvollstreckungsverfahren abgeschlossenen Teilzahlungsvereinbarung sind nur
dann als Kosten der Zwangsvollstreckung beitreibbar, wenn ein gegenseitiges Nachgeben von Schuldner
und Gläubiger vorliegt.
Landgericht Mainz
8 T 391/01
In der Zwangsvollstreckungssache
M..... Leasing GmbH,
- Gläubigerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte K.....pp.
gegen
J..... H....,
- Schuldner -
hier: Notwendigkeit von Vollstreckungskosten gemäß
§ 788 ZPO
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz
durch den Präsidenten des Landgerichts Dr. H..., den Richter am Landgericht E... und die Richterin am
Landgericht St....
am
15. Mai 2002
beschlossen:
1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bingen vom 9.
Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 867,92 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Gläubigerin vollstreckt gegen den Schuldner aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts
Stuttgart in Verbindung mit einem Urteil des Landgerichts Mainz in Verbindung mit einem Urteil des
Oberlandesgerichts Koblenz wegen einer noch offenen Forderung in Höhe von 27.591,66 DM. Am
19.1.2000 schloss die Gläubigerin mit dem Schuldner eine Teilzahlungsvereinbarung. Danach
verpflichtete sich der Schuldner zu einer ratenweisen Tilgung der Gesamtschuld einschließlich der Kosten
dieser Teilzahlungsvereinbarung gemäß einer nachfolgenden Aufstellung. Dabei handelt es sich um eine
Vergleichsgebühr gemäß § 23 Abs. 1 BRAGO in Höhe von 1.657,50 DM.
Mit Schreiben vom 16.8.2000 teilte die mit der Vollstreckung beauftragte Gerichtsvollzieherin der
Gläubigerin mit, dass die Kosten des Vergleichs vom Schuldner nicht zu erstatten seien. Ein Vergleich
liege nicht vor, da auf Seiten des Schuldners ein Nachgeben nicht erkennbar sei. Im Übrigen seien die
Kosten nicht notwendig im Sinne des § 788 ZPO.
Die Gläubigerin hat Erinnerung eingelegt und beantragt, die Gerichtsvollzieherin anzuweisen, den
Zwangsvollstreckungsauftrag auch hinsichtlich der noch offenen Kosten des Vergleichs in Höhe von
1.636,89 DM zu erledigen. Das Amtsgericht hat die Erinnerung mit Beschluss vom 9.10.2001
zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kosten des im Zwangsvoll-
streckungsverfahren abgeschlossenen Ratenzahlungsvergleichs nicht zu den notwendigen Kosten der
Zwangsvollstreckung gehörten. Ein Vergleich im Sinne des § 779 BGB liege nicht vor. Im Übrigen sei
zweifelhaft, ob überhaupt eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO entstanden sei.
Die Gläubigerin hat gegen den am 31.10.2001 zugestellten Beschluss mit am 7.11.2001 bei Gericht
eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Die Kosten seien beizutreiben, da sich der
Schuldner in der Vereinbarung ausdrücklich dazu verpflichtet habe, die Kosten zu übernehmen. Über die
Notwendigkeit dieser Kosten sei daher nicht zu entscheiden.
Die gemäß § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die geltend
gemachten Kosten sind nicht entstanden und können daher auch nicht im Rahmen des § 788 ZPO
beigetrieben werden. Voraussetzung eines Vergleichs und damit des Entstehens der Vergleichsgebühr
nach § 23 BRAGO ist, dass der Schuldner, dem im Rahmen des Teilzahlungsvergleichs Ratenzahlungen
zugebilligt werden, seinerseits konkret Zugeständnisse macht, die über die bloße Erklärung, zahlen zu
wollen, hinausgehen. Ein Vergleich kann nur bei beiderseitigem Nachgeben der Parteien angenommen
werden. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 779 Abs. 1 BGB. Die abgeschlossene
Teilzahlungsvereinbarung beinhaltet lediglich ein Nachgeben der Gläubigerin, die sich hinsichtlich der
titulierten Forderung auf Ratenzahlungen des Schuldners einlässt. An einem Nachgeben des Schuldners
fehlt es, da dieser bereits durch die Titulierung der Forderung zur Zahlung des Betrages verpflichtet ist.
Weitergehende Zugeständnisse sind nicht ersichtlich. Der in Ziffer 3 der Vereinbarung niedergelegte
Verzicht des Schuldners auf Einwendungen hinsichtlich des Grundes und der Höhe der Schuld ist uner-
heblich, da bereits ein Schuldtitel vorliegt. Die Erklärung des Schuldners, er werde auf die Erhebung der
Vollstreckungsgegenklage, der Nichtigkeitsklage bzw. Restitutionsklage verzichten, stellt ebenfalls kein
Nachgeben dar, denn es ist nicht ersichtlich, dass der Schuldner entsprechende Einwendungen
irgendwann einmal geäußert hat oder überhaupt mit einiger Aussicht auf Erfolg hätte geltend machen
können. Es handelt sich daher lediglich um einen vorformulierten, nicht auf den Einzelfall bezogenen,
Verzicht, der keine tatsächliche Substanz hat und damit auch kein der Gläubigerin vorteilhaftes Nach-
geben des Schuldners darstellen kann (vgl. OLG Stuttgart, Rechtspfleger 1994, 367). Auch der
angekündigte Verzicht auf gerichtlichen Vollstreckungsschutz stellt kein Nachgeben dar. Denn aus der
Vereinbarung ergibt sich, dass der Schuldner insoweit lediglich eine Absichtserklärung abgibt, die keinen
verbindlichen Verzicht auf dieses Rechtsmittel, soweit dies überhaupt rechtlich zulässig sein sollte,
abgegeben hat.
Die in Ziffer 7 der Vereinbarung übernommene Verpflichtung des Schuldners zur Tragung der Kosten der
Teilzahlungsvereinbarung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Die Vereinbarung kann sich
nämlich nur auf Kosten beziehen, die tatsächlich entstanden sind. Da ein Vergleich, wie bereits
ausgeführt, nicht abgeschlossen wurde, liegt auch der Gebührentatbestand des § 23 BRAGO nicht vor.
Damit ist der Kostennote, auf die sich die Verpflichtung des Schuldners bezieht, die Grundlage entzogen.
Die Erklärung des Schuldners kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er sich zur Übernahme
von Kosten verpflichtet hätte, die tatsächlich gar nicht entstanden sind. Der Gerichtsvollzieher hat im
Rahmen des § 788 ZPO die Notwendigkeit der Kosten zu überprüfen. In diese Prüfungskompetenz fällt
auch die Frage, ob die Kosten überhaupt entstanden sind. Diese Frage ist der Privatautonomie entzogen.
Es würde sich um eine unzulässige vollstreckungserweiternde Vereinbarung handeln, wenn ein
Schuldner bindend das Entstehen von Gebühren für das Vollstreckungsverfahren zugestehen könnte, die
nach der Gesetzeslage nicht entstanden sind (LG Limburg, DGVZ 1996, 43, 44).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
Den Beschwerdewert hat die Kammer gemäß § 3 ZPO entsprechend dem Kosteninteresse festgesetzt.
Dr. H... St... E....
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