Urteil des LG Limburg vom 16.03.2007

LG Limburg: reisekosten, zivilprozessrecht, quelle, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, sicherheitsleistung, drucksache, verrechnender, dokumentation

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Gericht:
LG Limburg 4.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 O 355/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 46 RVG
Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des beigeordneten
auswärtigen Prozessbevollmächtigten
Tenor
wird auf die Erinnerung des Klägervertreters der Kostenfestsetzungsbeschluss vom
20.12.2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbaren Urteils des
Landgerichts Limburg vom 29.08.2006 in Verbindung mit § 126 ZPO sind von dem
Beklagten als Gesamtschuldner an Kosten 670,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2006
an ...
Gründe
Die zum Gegenstand der Erinnerung erhobenen Reisekosten sind
erstattungsfähig.
Mit der Einführung des RVG sind die §§ 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO und 91 Abs. 2
Satz 2 ZPO a.F. ersatzlos wegfallen. Damit ist der beim Prozessgericht
zugelassene aber nicht ortsansässige Rechtsanwalt grundsätzlich nicht mehr
gehindert, seine Reisekosten geltend zu machen.
Nach § 46 Abs. 1 RVG, der inhaltlich dem alten § 126 Abs. 1 Satz 1 BRAGO
entspricht, werden Auslagen, insbesondere Reisekosten des beigeordneten
Rechtsanwalts zwar nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der
Angelegenheit nicht erforderlich waren. Die Wahrnehmung eines Gerichtstermins
durch den beigeordneten Rechtsanwalt ist aber zur sachgemäßen Durchführung
der Angelegenheit stets erforderlich (OLG Oldenburg NJW 2006, 851, 852). Aus der
Gesetzesbegründung zur Änderung des § 91 ZPO (BT-Drucksache 15/1971, Seite
233) ergibt sich ausdrücklich, dass der Gesetzgeber die unterschiedliche
Erstattungsfähigkeit von Reisekosten für nicht ortsansässige Rechtsanwälte je
nachdem, ob sie bei dem Prozessgericht zugelassen sind oder nicht, in dem Sinne
beseitigen wollte, dass auch der zugelassene Rechtsanwalt künftig Erstattung
seiner Reisekosten verlangen können sollte, allerdings – wie seine nicht
zugelassenen Kollegen – nur so weit seine Zuziehung zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Durch die Streichung
des § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist gerade einer Ungleichbehandlung der
zugelassenen, aber nicht am Gerichtsort praktizierenden Rechtsanwälte der Boden
in der Weise entzogen, dass diese nunmehr, wie auswärtige Rechtsanwälte
notwendige Reisekosten beanspruchen können.
Das Vorhaben des Gesetzgebers ist dabei gesetzestechnisch misslungen.
Nachdem der früher in Satz 2 enthaltene völlige Ausschluss der
Erstattungsfähigkeit der Reisekosten zugelassener, aber nichts ortsansässiger
Rechtsanwälte gestrichen worden ist, erfährt nunmehr der § 91 Abs. 2 Satz 1
Halbsatz 1 ZPO festgehaltene Grundsatz, wonach die Auslagen des Rechtsanwalts
der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind, in Halbsatz 2 nur
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der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind, in Halbsatz 2 nur
noch insoweit eine Einschränkung, als dort geregelt ist, dass Reisekosten eines
Rechtsanwalts, der nicht bei dem Prozessgericht zugelassen ist und am Ort des
Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit zu erstatten sind, als die
Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
notwendig war. Diese Einschränkung bezieht sich ausschließlich auf nicht beim
Prozessgericht zugelassene Rechtsanwälte. Es kann nicht Aufgabe der Gerichte
sein, Fehler im Gesetzgebungsverfahren durch extensive Interpretation von
Gesetzen entgegen deren klaren Wortlaut zu korrigieren. Eine Auslegung dahin,
dass § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO auf am Prozessgericht zugelassene
Rechtsanwälte entsprechend anzuwenden sei, kommt daher nicht in Betracht (vgl.
OLG Oldenburg a.a.O.). Schließlich gibt es auch keinen Grund, Änderungen des §
91 ZPO nicht der Regelung im PK-Vergütungsrecht (§ 121 Abs. 3 ZPO)
gleichzustellen. Muss ein am Gericht zugelassener Anwalt uneingeschränkt
beigeordnet werden, erhält er auch seine Auslagen nach § 46 RVG, zu denen
Reisekosten gehören, erstattet.
Nach alledem hatte die Erinnerung Erfolg und es ergibt sich folgender Ausgleich:
Abzüglich des übergegangenen Anspruchs gemäß § 59 RVG in Höhe von 19,43
EUR verbleibt ein Erstattungsanspruch in Höhe von 670,01 EUR.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.