Urteil des LG Limburg vom 16.05.2008

LG Limburg: fahrzeug, verkehrsunfall, höchstgeschwindigkeit, kollision, fahrspur, kreuzung, befragung, fahrstreifen, sicherheitsleistung, versuch

1
2
3
4
Gericht:
LG Limburg 2.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 O 398/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 5 StVO, § 41 Abs 3 Nr
5 StVO, § 7 Abs 1 StVG, § 17
Abs 1 StVG, § 17 Abs 2 StVG
Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall: Kollision eines
Linksabbiegers beim verspäteten Fahrspurwechsel mit
einem verkehrswidrig auf der Linksabbiegerspur und zu
schnell überholenden Pkw
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 86 % und die
Beklagten als Gesamtschuldner 14 % zu tragen.
Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-
fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages und für den Kläger ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen eine Vollstreckung des Klägers durch
Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des für den Kläger aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz
in Anspruch.
Der Kläger befuhr am 1.6.2006 gegen 18.30 Uhr die B 277 aus Fahrtrichtung
Dillenburg kommend in Fahrtrichtung Haiger. Der Beklagte zu 1. befuhr die B 277
mit einem bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversicherten Pkw der Beklagten zu 2.
hinter dem Kläger in dieselbe Fahrtrichtung. Die B 277 verfügt im Bereich der
Rechtsabzweigung in Richtung Sechshelden über eine Fahrspur für den
Geradeaus- und Rechtsabbiegerverkehr und eine Fahrspur für den
Linksabbiegerverkehr. Es kam im Bereich der Linksabbiegerspur zu einer Kollision
der vom Kläger und vom Beklagten zu 1. geführten Fahrzeuge. An der Unfallstelle
besteht eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h.
Dem Kläger entstand durch den Verkehrsunfall folgender Schaden:
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Die Beklagte zu 3. leistete auf eine anwaltliche Zahlungsaufforderung des Klägers
mit Schreiben vom 13.7.2006 unter Fristsetzung zum 25.7.2006 (in Kopie Anlage K
2, Bl. 37 f. d.A.) über Schadensbeträge in Höhe von insgesamt 7.600,09 Euro am
26.10.2006 2.533,36 Euro.
Der Beklagten zu 2. entstand durch den Unfall folgender Schaden:
Der Beklagte zu 2. hat im vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz vom
27.12.2006 hilfsweise die Aufrechnung mit entsprechenden
Schadensersatzansprüchen erklärt.
Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1. habe mit dem von ihm geführten
Fahrzeug zunächst das von dem Zeugen ... geführte Fahrzeug mit überhöhter
Geschwindigkeit überholt und sei dann vor dem Fahrzeug des Zeugen unmittelbar
hinter dem auf der rechten Fahrspur fahrenden Fahrzeug des Klägers eingeschert.
Der Beklagte zu 1. sei dann, um ein Auffahren auf das wesentlich langsamer
fahrende Fahrzeug des Klägers zu vermeiden, zum Überholen auf die
Linksabbiegerspur ausgeschert. Der Kläger habe sich im linken Außenspiegel über
möglichen nachfolgenden Verkehr vergewissert und sei dann auf die
Linksabbiegerspur eingebogen. Dem Beklagten zu 1. sei es aufgrund überhöhter
Geschwindigkeit nicht mehr gelungen, hinter dem Fahrzeug des Klägers zu
bremsen. Der Beklagte zu 1. sei deshalb mit dem von ihm geführten Fahrzeug auf
das Fahrzeug des Klägers aufgefahren. Der Kläger habe vor dem Einfahren auf die
Linksabbiegerspur links geblinkt.
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
6.302,88 Euro zzgl. 5 % Punkte Zinsen aus 7.949,23 Euro vom 26.07.2006 bis
25.10.2006 und 5 % Punkte Zinsen aus 5.415,87 Euro seit 26.10.2006 und weitere
5 % Punkte Zinsen aus 887,01 Euro vom Tage der Zustellung der Klage zu
bezahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger den
entstandenen Verzugsschaden (nicht anrechenbare RA-Kosten aus
vorgerichtlicher Tätigkeit) i.H.v. 333,85 Euro zzgl. 5 % Punkte Zinsen über dem
Basiszins hieraus seit Zustellung der Klage zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1. habe sich mit dem von ihm
geführten Fahrzeug nach dem Überholen eines vorausfahrenden Fahrzeugs auf
der rechten Fahrspur direkt hinter dem Fahrzeug des Klägers befunden. Der Kläger
habe den Fahrtrichtungsanzeiger nach rechts gesetzt und sei im Begriff gewesen,
sein Fahrzeug nach rechts in die Rechtsabbiegespur Richtung Haiger-Sechshelden
zu steuern. Als das Fahrzeug des Klägers bereits mit beiden rechten
Fahrzeugrädern in diese Spur eingefahren gewesen sei, habe der Kläger das
Fahrzeug plötzlich nach links über die geradeaus führende Fahrspur, auf der sich
der Beklagte zu 1. mit dem von ihm geführten Fahrzeug befunden habe,
herübergezogen, um nunmehr nach links abzubiegen. Der Beklagte zu 1. habe
das von ihm geführte Fahrzeug wegen des Fahrmanövers des Klägers nach links
auf die Linksabbiegerspur gezogen, um dem Fahrzeug des Klägers auszuweichen,
und zugleich eine Vollbremsung eingeleitet. Bei der Kollision habe sich das
Klägerfahrzeug quer zur Fahrtrichtung des Beklagten zu 1. befunden.
16
17
18
19
20
21
Das Gericht hat mit Einverständnis der Parteien eine Befragung des Zeugen ... per
E-Mail vorgenommen, ein schriftliches Sachverständigengutachten zum
Unfallhergang eingeholt und den Kläger sowie den Beklagten zu 1. informatorisch
zum Unfallhergang angehört. Anstelle einer Darstellung des Ergebnisses der
Befragung des Zeugen …………..wird auf den Ausdruck des E-Mails des Zeugen
(Bl. 137 d.A.) Bezug genommen. Daneben wird auf das Protokoll der Sitzung vom
9.5.2007 (Bl. 128 ff. d.A.) über die informatorische Anhörung des Klägers und des
Beklagten zu 1. sowie das schriftliche Sachverständigengutachten vom 11.1.2008
(Bl. 149 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Akte des Strafverfahrens der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Limburg
4 Js 11799/06 Jug – 3 Gs – war beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagten wegen des Verkehrsunfalls vom 1.6.2006
keine Schadensersatzansprüche gemäß den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 2, 17 Abs. 1,
Abs. 2 StVG, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB und § 3 Nr. 1 PflVersG zu. Die bei einer
Haftungsquote der Beklagten von 40 % in Höhe von 3.534,50 Euro entstandenen
Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten sind durch die von der Beklagten zu 3.
geleistete Zahlung von 2.533,36 Euro und im Übrigen in Höhe von 1.001,14 Euro
durch die von der Beklagten zu 2. erklärte Hilfsaufrechnung erloschen.
Die Beklagten haften dem Kläger bei einer Abwägung der beiderseitigen
Verursachungsanteile gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG mit einer Haftungsquote
von 40 % für den unfallbedingt entstandenen Schaden. Die Haftung der Beklagten
für den unfallbedingten Schaden ist nicht gemäß § 17 Abs. 3 StVG
ausgeschlossen, weil es sich bei dem Verkehrsunfall nicht um ein für den
Beklagten zu 1. unabwendbares Ereignis handelte. Zugleich ist auch eine
Mithaftung des Klägers nicht gemäß § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen, weil der
Verkehrsunfall auch für den Kläger nicht unabwendbar war. In die danach
erforderliche Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile sind zu Lasten
beider Parteien jeweils nur die unstreitigen und die nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme bewiesenen unfallursächlichen Umstände einzustellen.
Bei der Abwägung fällt zu Lasten der Beklagten ins Gewicht, dass der Beklagte zu
1. den Verkehrsunfall durch eine Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um mindestens 18 km/h sowie durch den
unzulässigen Versuch, das Fahrzeug des Klägers entgegen § 41 Abs. 3 Nr. 5 StVO
auf dem Fahrstreifen für Linksabbieger zu überholen, schuldhaft verursacht hat.
Nach dem Ergebnis des eingeholten schriftlichen Gutachtens des
Sachverständigen Dipl.-Ing. ... steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der
Beklagte zu 1. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h pro Stunde mit
einer Annäherungsgeschwindigkeit von mindestens 78 km/h um 18 km/h
überschritten hat. Der Sachverständige hat eine
Mindestannäherungsgeschwindigkeit von 78 km/h in seinem Gutachten anhand
der gegebenen Anknüpfungstatsachen überzeugend festgestellt. Die Parteien
haben gegen das Gutachten des Sachverständigen keine Einwendungen erhoben.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen war die Überschreitung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Beklagten zu 1. unfallursächlich, da
der Beklagte zu 1. die Kollision bei Einhaltung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h bei im Übrigen gleicher Reaktionsweise zeitlich
hätte vermeiden können. Der Sachverständige hat dazu festgestellt, dass der
Beklagte zu 1. die Kollisionsstelle bei Einhaltung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit erst ca. 1,4 Sekunden später erreicht hätte und damit der
Fahrer des Klägerfahrzeugs bereits um eine weitere Fahrzeuglänge weitergefahren
und somit nicht mehr in der Fahrschneise des Beklagtenfahrzeugs gewesen wäre.
Das Beklagtenfahrzeug wäre in diesem Falle nicht mehr mit dem Klägerfahrzeug
kollidiert. Die Tatsache, dass der Beklagte zu 1. den Fahrstreifen für Linksabbieger
unter Verstoß gegen die durch die Pfeilmarkierung für die folgende Kreuzung
vorgeschriebenen Fahrtrichtung unzulässigerweise zum Überholen des
Klägerfahrzeugs und Fortsetzung der Geradeausfahrt nutzen wollte, ergibt sich aus
den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... in
Verbindung mit dem Umstand, dass der Beklagte zu 1. seine Fahrt an der
Kreuzung geradeaus fortsetzen wollte. Nach dem Ergebnis des
Sachverständigengutachtens ist der Vortrag der Beklagten, dass der Beklagte zu
22
23
Sachverständigengutachtens ist der Vortrag der Beklagten, dass der Beklagte zu
1. erst aufgrund des Fahrmanövers des Klägers auf den Linksabbiegerstreifen
aufgefahren sei, widerlegt. Der Beklagte zu 1. befand sich mit dem von ihm
geführten Fahrzeug vielmehr nach den Feststellungen des Sachverständigen unter
Berücksichtigung der Lage der Bremsblockierspuren schon auf dem
Linksabbiegerstreifen, als für ihn von der Schrägfahrt des Klägers in Richtung
Linksabbiegerstreifen die Reaktionsaufforderung für eine Vollbremsung gegeben
war. Der Umstand, dass der Beklagte zu 1. den Linksabbiegerstreifen unter
Verstoß gegen die durch die Pfeilmarkierung vorgeschriebene Fahrtrichtung zum
Überholen des Klägerfahrzeugs nutzen wollte, folgt schon aus den eigenen
Angaben des Beklagten zu seinem Fahrvorhaben bei seiner informatorischen
Befragung. Der Beklagte zu 1. hat eingeräumt, er habe von Dillenburg in Richtung
Haiger fahren wollen. Die Beklagten haben dazu auch nichts Abweichendes
vorgetragen. Ferner spricht gegen eine Abbiegeabsicht des Beklagten zu 1. auch
die festgestellte Mindestgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs von 78 km/h.
Dem unfallursächlichen vorschriftwidrigen Fahrverhalten des Beklagten zu 1. steht
bei der Abwägung gegenüber, dass der Kläger seinerseits durch Verletzung von
Verkehrsvorschriften in wesentlichem Umfang schuldhaft mit zur Verursachung
des Verkehrsunfalls beigetragen hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger den Verkehrsunfall nicht
nur durch ein verspätetes Einordnen auf dem Fahrstreifen für Linksabbieger,
sondern auch durch Missachtung der bei einem Fahrstreifenwechsel gemäß § 7
Abs. 5 StVO gebotenen äußersten Sorgfalt herbeigeführt hat, indem er vor
Einleitung des Fahrstreifenwechsels auf die Linksabbiegerspur weder seiner
Rückschaupflicht genügt noch den Fahrstreifenwechsel durch Setzen des linken
Fahrtrichtungsanzeigers rechtzeitig und deutlich angekündigt hat. Der Verstoß des
Klägers gegen die ihm bei einem Fahrstreifenwechsel obliegende Rückschaupflicht
ergibt sich - ebenso wie das Unterbleiben eines rechtzeitigen Einordnens auf dem
Linksabbiegerstreifen - aus den überzeugenden Feststellungen des
Sachverständigen Dipl.-Ing. ... . Der Sachverständige hat ausgeführt, dass sich das
Beklagtenfahrzeug bei Beginn der Bewegung des Klägerfahrzeugs in Richtung
Linksabbiegerstreifen in einer Entfernung von nur noch ca. 25 m schräg links hinter
dem Klägerfahrzeug befand und daher für den Kläger bei einem Schulterblick oder
einem Blick in den linken Außenspiegel zweifelsfrei zu erkennen gewesen wäre. Der
Kläger hätte danach den Unfall bei Erfüllung der ihm obliegenden Rückschaupflicht
durch Unterlassen eines Einfahrens in den Linksabbiegerstreifen vermeiden
können. Der Kläger hat darüber hinaus nach den glaubhaften Angaben des
Zeugen ... vor dem Einfahren auf den Linksabbiegerstreifen den
linken Fahrtrichtungsanzeiger nicht gesetzt. Der Zeuge ... hat diesbezüglich per E-
Mail mitgeteilt, sich daran erinnern zu können, dass das Klägerfahrzeug "auf
einmal" ohne Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers auf die Linksabbiegerspur
gezogen sei. Die Angaben des Zeugen ... sind glaubhaft. Der Zeuge hat schon in
dem gegen den Kläger und den Beklagten zu 1. geführten Ermittlungsverfahren
der Staatsanwaltschaft Limburg zeitnah nach dem Verkehrsunfall eine schriftliche
Aussage vom 12.6.2006 gemacht, in der er ebenfalls angegeben hat, dass der
Kläger den Spurwechsel, ohne zu blinken, vorgenommen hat. Der Zeuge hat
zudem seine Angaben zum Fahrverhalten des Klägers und des Beklagten zu 1.
erkennbar nicht einseitig an den Interessen einer der Parteien ausgerichtet
sondern Fahrfehler beider Fahrer geschildert. Es bestehen auch keine Zweifel
daran, dass der Zeuge, der hinter dem Klägerfahrzeug fuhr, wahrnehmen konnte,
ob der Kläger den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigte. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass sich das Beklagtenfahrzeug bei Beginn des Einfahrens des
Klägerfahrzeugs auf den Linksabbiegerstreifen nicht zwischen dem Fahrzeug des
Zeugen ... und dem Klägerfahrzeug befand, sondern bereits auf dem
Linksabbiegerstreifen. Mit der Aussage des Zeugen ... sind die Angaben des
Klägers bei seiner informatorischen Anhörung, er habe links geblinkt, widerlegt.
Das Gericht hat keinen Anlass, aus den Angaben des Klägers Zweifel an der
Richtigkeit der Aussage des Zeugen ... herzuleiten, da der Kläger auch im Übrigen
unrichtige Angaben zum Unfallhergang gemacht hat. So hat der Kläger
angegeben, bei Beginn des Abbiegemanövers mit einer Geschwindigkeit von etwa
40 bis 50 km/h schon seit geraumer Zeit auf der Linksabbiegerspur gefahren zu
sein, während sich aus den Feststellungen des Sachverständigen ergibt, dass sich
das Klägerfahrzeug tatsächlich nicht auf dem Linksabbiegerstreifen befand und bei
der Kollision lediglich mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 17 km/h fuhr.
Bei der Haftungsquotelung erachtet das Gericht eine Haftungsquote der Beklagten
von 40 % für angemessen. Der Mitverursachungsanteil des Klägers überwiegt den
Mitverursachungsanteil des Beklagten zu 1. deutlich. Der Kläger hat gleich in
24
25
26
27
28
Mitverursachungsanteil des Beklagten zu 1. deutlich. Der Kläger hat gleich in
mehrfacher Hinsicht gegen die ihm beim Fahrstreifenwechsel bzw. beim Abbiegen
obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen, indem er sich weder rechtzeitig auf der
Linksabbiegerspur eingeordnet, noch den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt
und den nachfolgenden Verkehr durch Rückschau vor dem Einfahren in den
Linksabbiegerstreifen beobachtet hat. Die schuldhaften Pflichtverletzungen des
Klägers wiegen auch deshalb besonders schwer, weil der Kläger nach den
Feststellungen des Sachverständigen zur Kollisionsstelle das Fahrmanöver nach
links erst äußerst spät, fast schon im Bereich der Kreuzung eingeleitet hat. Der
Kläger musste erkennen, dass nachfolgender Verkehr auf dem
Linksabbiegerstreifen in Anbetracht seines Fahrverhaltens nicht mehr damit
rechnete, dass der Kläger noch links abbiegen würde. Dem gegenüber ist dem
Beklagten zu 1. zwar eine erhebliche Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit und der Versuch eines auf dem Linksabbiegerstreifen
unzulässigen Überholmanövers vorzuwerfen. Allerdings relativiert sich das Gewicht
des vom Beklagten vorgenommenen unzulässigen Überholmanövers dadurch,
dass das Fahrverhalten des Klägers in Anbetracht der geringen Geschwindigkeit
des Klägerfahrzeugs auch nachfolgenden ordnungsgemäßen Linksabbiegerverkehr
auf der Linksabbiegerspur hätte gefährden können.
Der dem Kläger unstreitig in Höhe von 8.836,24 Euro entstandene
Gesamtschaden ist unter Berücksichtigung der Haftungsquote der Beklagten von
40 % im Umfang von 3.534,50 Euro ersatzfähig.. Der entsprechende
Schadensersatzanspruch ist durch die von der Beklagten zu 3. vorprozessual
geleistete Zahlung von 2.533,36 Euro bis auf einen Restbetrag von 1.001,14 Euro
durch Erfüllung erloschen. In Höhe des verbleibenden Betrages von 1.001,14 Euro
führt die von der Beklagten zu 2. im vorliegenden Rechtsstreit erklärte
Hilfsaufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 2. wegen
des Fahrzeugschadens von 2.570,-- Euro zu einem Erlöschen der Forderung des
Klägers. Das Gericht legt die Hilfsaufrechnungserklärung der Beklagten zu 2.
dahingehend aus, dass in erster Linie mit dem unstreitig in Höhe von 2.570,-- Euro
entstandenen Fahrzeugschaden aufgerechnet werden soll. Der Fahrzeugschaden
ist unter Berücksichtigung der sich für den Kläger ergebenden Haftungsquote von
60 % und einem die Restforderung des Klägers von 1.001,14 Euro übersteigenden
Umfang ersatzfähig.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagten auch keine Zinsansprüche und kein
Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten zu.
Zu Gunsten des Klägers ist für den Zeitraum vom 26.7.2006 bis zu der von der
Beklagten zu 3. am 25.10.2006 geleisteten Zahlung von 2.533,36 Euro ein
Zinsanspruch in Höhe der nach dem Klageantrag geltend gemachten 5 % aus
dem Betrag von 2.533,36 Euro aus Verzug gemäß den §§ 284, 288 Abs. 1 BGB
entstanden. Im Übrigen ist ein Verzug wegen der Rückwirkung der erklärten
Hilfsaufrechnung im Hinblick auf die weitergehende Hauptforderung des Klägers
nicht eingetreten. Der durch das Anwaltsschreiben des Klägers vom 13.7.2006
bewirkte Verzugseintritt betrifft neben der Beklagten zu 3. auch die Beklagte zu 2.,
da die Mahnung gegenüber dem Kraftfahrzeugpflichtversicherer gemäß § 10 Abs.
4 AKB Gesamtwirkung hat (Palandt-Heinrichs, BGB 66. Aufl., § 425 Rn. 3). Der
Zinsanspruch ist durch die auch Nebenforderungen betreffende Aufrechnung der
Beklagten zu 2. in vollem Umfang erloschen.
Der wegen des Anwaltsschreibens vom 13.7.2006 aus einem Wert von 7.600,09
Euro berechnete Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten in Höhe von
333,85 Euro ist entsprechend der Haftungsquote für die Hauptforderung im
Umfang von 40 %, das heißt in Höhe von 133,54 Euro als Nebenforderung auch
gegenüber der Beklagten zu 2. gemäß § 280 Abs. 1 BGB unabhängig von einem
Verzugseintritt entstanden, weil der Geschädigte eines Verkehrsunfalls zur
Abwicklung der Unfallfolgen grundsätzlich die Hilfe eines Rechtsanwalts in
Anspruch nehmen darf. Der Anspruch ist durch die von der Beklagten zu 2.
erklärte Hilfsaufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch wegen des ihr
entstandenen Fahrzeugschadens ebenfalls erloschen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung
berücksichtigt, dass die Beklagte bei einem durch die Hilfsaufrechnung erhöhten
Streitwert von 7.304,02 Euro hinsichtlich der Hauptforderung im Umfang von
1.001,14 Euro unterlegen sind, weil sie insoweit lediglich aufgrund der
Hilfsaufrechnung obsiegt haben.
29 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO bzw.
aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.