Urteil des LG Krefeld vom 20.04.2006

LG Krefeld: kerze, zwinger, hund, fahrlässigkeit, haus, gefahr, brand, beendigung, sicherheitsleistung, subjektiv

Landgericht Krefeld, 5 O 422/05
Datum:
20.04.2006
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 O 422/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
2
Am Morgen des 12.12.2004 kam es zu einem Brandschaden im Wohnzimmer des
Klägers.
3
4
Der Kläger hatte die Kerze in dem Adventgesteck, das auf seinem Esstisch im
Wohnzimmer gestanden hatte, angezündet und das Wohnzimmer nach Beendigung des
Frühstücks durch die Terrassentür zum Garten verlassen, um nach seinem Hund zu
sehen, der dort, nur wenige Schritte vom Wohnzimmer entfernt, in einem Zwinger
untergebracht war. Am Zwinger angekommen, musste er feststellen, dass Hund und
Zwinger vollständig verkotet waren. Der Kläger entschloss sich in der Erregung über
diesen Vorfall sogleich, den Zwinger mit einem Schlauch auszuspritzen, den er in seiner
Garage aufbewahrt hatte. Er ging deshalb durch die Terrassentür zurück ins Haus, um
den Schlüssel für die vom Garten aus zugängliche Garagentür zu holen. Dabei fiel sein
Blick auf das Adventgesteck, dessen Kerze weiter brannte. Auch als der Kläger den
Schlüssel an sich genommen hatte und er das Haus erneut durch die Terrassentür
verließ, sah er im Wohnzimmer angekommen nochmals auf die brennende Kerze und
vergewisserte sich, dass alles in Ordnung war. Auch in dem Moment, in dem er den
Gartenschlauch an die Wasserleitung anschloss, sah er nochmals durch das
Wohnzimmerfenster zu dem Adventgesteck hinüber und ging nun dazu über, den
Zwinger auszuspritzen und den Hund zu reinigen. Auch als er den Schlauch wieder von
der Wasserleitung demontierte, blickte er abermals auf das Gesteck und stellte fest,
5
dass die Kerze regelgerecht brannte. Als er allerdings nach Beendigung aller Arbeiten
in sein Wohnzimmer zurückkehrte – insgesamt hatte sich der Kläger etwa 30 Minuten im
Garten aufgehalten -, stand das Adventgesteck in Flammen. Tisch und Teppich wurden
durch den Brand ebenso beschädigt wie zwei Brillen des Klägers, ein Deckchen und
eine Fernbedienung. Seinen Schaden beziffert der Kläger auf EUR 8.604,07.
6
Er ist der Ansicht, dass die Beklagte, bei der er unstreitig eine Hausratversicherung
unterhält, für diesen Schaden eintrittspflichtig ist. Ihr hatte er den Schaden noch am
selben Tage gemeldet.
7
8
Der Kläger beantragt,
9
10
die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 8.604,07 nebst Zinsen in Höhe von
vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2004 zu zahlen.
11
12
Die Beklagte beantragt,
13
14
die Klage abzuweisen.
15
16
Sie ist der Auffassung, von ihrer Leistungspflicht gem. § 61 VVG frei zu sein. Der Kläger
habe, so die Ansicht der Beklagten, den Versicherungsfall in grob fahrlässiger Weise
herbeigeführt. Denn die Entscheidung, die Kerze weiterbrennen zu lassen, obwohl er
sich einer Tätigkeit außerhalb des Wohnzimmer zugewandt habe, habe er bewusst
getroffen wie die mehrfachen Blicke zeigten, die er unmittelbar vor Beginn und während
seiner Arbeiten am Zwinger auf das Gesteck geworfen habe, um sich von dem
ordnungsgemäßen Abbrennen der Kerze zu überzeugen.
17
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und
zu den Gerichtsakten genommenen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19
20
Entscheidungsgründe
21
22
Die Klage ist unbegründet.
23
24
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der notwendigen Kosten zur Beseitigung der
durch den Brand vom 12.12.2004 verursachten Schäden gegen die Beklagte, §§ 1 Abs.
1 S. 1, 49 VVG i.V.m. §§ 1, 3 ProHB02/PR 07.2002.
25
26
Die Beklagte ist wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch
den Kläger gem. § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit.
27
28
Ausgelöst wurde das Schadensereignis durch das unbeaufsichtigte Brennenlassen der
Kerze. Hierin ist eine objektiv grob fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung begründet.
Zwar trägt der Kläger vor, auch während seiner Arbeiten im Zwinger noch zweimal
durch die Wohnzimmerscheibe auf den Adventskranz gesehen und sich davon
überzeugt zu haben, "dass alles in Ordnung sei". Unstreitig haben die Arbeiten aber
rund 30 Minuten in Anspruch genommen, in denen die Kerze nicht unter laufender
Aufsicht gestanden hatte und in denen der Kranz letztlich Feuer gefangen hat. In
objektiver Hinsicht muss sich der Kläger bei einem solchen Sachverhalt den Vorwurf
grober Fahrlässigkeit gefallen lassen. Grob fahrlässig nämlich handelt, wer die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer acht lässt. Das ist schon dann der
Fall, wenn einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und
dasjenige nicht beachtet wird, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten
müsste. Es entspricht bereits der allgemeinen Lebenserfahrung, dass gerade
Adventgestecke aufgrund des oftmals nicht mehr ganz frischen Grüns und des sonstigen
an ihm angebrachten Schmuckes regelmäßig leicht entzündlich sind und deshalb einer
besonderen Aufsicht bedürfen. Es liegt geradezu auf der Hand, dass das
Außerachtlassen eines solchen Gestecks bei brennender Kerze über einen Zeitraum
von rund 30 Minuten ein erhebliches Risiko birgt, wenn auch in dieser Zeit ein
zweimaliger Blick auf das Gesteck durch das Wohnzimmerfenster geworfen worden ist.
Vom Standpunkt eines objektiven Betrachters aus wäre der Kläger vielmehr aufgefordert
gewesen, die Kerze vor Aufnahme der Arbeiten, die ihn denknotwendig sehr in
Anspruch genommen haben, zu löschen.
29
30
Der selbe Vorwurf trifft den Kläger auch in subjektiver Hinsicht. Auch in persönlicher
Hinsicht ist sein Fehlverhalten unentschuldbar. Denn die Gefahr, die von der weiter
brennenden Kerze in dem Adventgesteck ausging, war dem Kläger bei Verrichtung
seiner Arbeiten im Zwinger sehr wohl bewusst wie sich aus seinem Vortrag ergibt, auch
während der Arbeiten noch zweimal durch die Wohnzimmerscheibe gesehen zu haben,
um das Gesteck im Blick zu halten. Dass er sich trotz dieses Wissens um die Gefahr, die
von dem Gesteck ausging, dazu entschied, die Kerze auch minutenlang unbeaufsichtigt
weiterbrennen zu lassen, macht seinen Fehler unverzeihlich.
31
Gerade in dem Gefahrenbewusstsein des Klägers unterscheidet sich dieser hier zu
entscheidende Fall von den Fällen, die das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner
Entscheidung vom 21.09.1999 ( 4 U 182/98) und das Oberlandesgericht Oldenburg in
32
seiner Entscheidung vom 29.09.1999 ( 2 U 161/99) zu beurteilen hatten und auf die der
Kläger für seine gegenteilige Rechtsansicht Bezug nimmt. Dort war ein subjektiv grob
fahrlässiger Sorgfaltsverstoß jeweils mit der Begründung verneint worden, dass das
Fehlverhalten des Versicherungsnehmers, das jeweils auch in einem unbeaufsichtigten
Brennenlassen einer Kerze bestanden hatte, auf eine momentane Ablenkung
zurückgegangen sei und damit als - in diesen Fällen - verständliche Nachlässigkeit und
mithin als einfache Fahrlässigkeit zu bewerten sei. So aber liegt dieser hier zu
entscheidende Fall eben nicht.
33
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 1. HS, 709 ZPO.
34