Urteil des LG Krefeld vom 04.08.2010

LG Krefeld (bundesamt für migration, antrag, entlassung aus der haft, tschechische republik, beschwerde, haft, abschiebung, kreis, republik, bundesrepublik deutschland)

Landgericht Krefeld, 7 T 289/09
Datum:
04.08.2010
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
7. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 T 289/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Krefeld, 29 XIV 37/09/B
Tenor:
Die befristete Beschwerde der Betroffenen vom 13.11.2009 wird
kostenpflichtig teilweise als unzulässig verworfen und im Übrigen als
unbegründet zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
I.
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Das Amtsgericht Krefeld hat auf Antrag der Ausländerbehörde des Kreises X am
08.09.2009 einen Abschiebehaftbefehl gegen die Betroffene erlassen. Bis zu ihrer
Abschiebung am 25.11.2009 saß die Betroffene in der JVA X.
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Die Betroffene hat am 10.11.2009 gemäß § 426 Abs. 2 FamFG beantragt, den
Haftbefehl aufzuheben und die Rechtswidrigkeit ihrer Inhaftierung festzustellen. Gegen
den diesen Antrag ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 11.11.2009
hat die Betroffene am 13.11.2009 befristete Beschwerde eingelegt.
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II.
5
Am Montag, den 07.09.2009 wandte sich die Betroffene gegen 13.00 Uhr an die Polizei
X und meldete den Verlust ihres Rucksacks und Passes. Sie war der deutschen
Sprache nicht mächtig. Die Beamten versuchten ihr Begehren zu verstehen. Es ergab
sich für sie der Verdacht eines illegalen Aufenthalts. In das Vernehmungsprotokoll
wurde aufgenommen, die Betroffene sei im Jahr 2001 über Tschechien in die
Bundesrepublik Deutschland eingereist und halte sich derzeit wohl in den Niederlanden
an einer ihr unbekannten Adresse auf. Die Angaben zur Person konnten nicht überprüft
werden. Die Betroffene wurde daraufhin wegen des Verdachts des illegalen Aufenthalts
in der Bundesrepublik gegen 14:20 Uhr festgenommen und der Ausländerbehörde des
Kreises X überstellt. Der Kreis X verbrachte die Betroffene wegen des Verdachts einer
Straftat gegen 15:15 Uhr zur Kreispolizeibehörde X.
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Die Kreispolizeibehörde X hat die Angaben der Betroffenen zu ihrer Person gegen
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15:23 Uhr in das Fahndungssystem eingegeben und festgestellt, dass eine Person mit
gleichen Personalien durch tschechische Behörden zur Einreiseverweigerung
ausgeschrieben war. Ob die Betroffene mit dieser Person identisch war, konnte zu
diesem Zeitpunkt nicht festgestellt werden. Im Anschluss daran wurden die
erkennungsdienstlichen Maßnahmen durchgeführt und um 16:30 Uhr im
Vorgangssystem erfasst. Lichtbilder der Betroffenen wurden um 16:46 Uhr gespeichert.
Gegen 17.00 Uhr erschien der von der Kreispolizeibehörde angeforderte Dolmetscher,
der aus X anreiste. Von 17:17 Uhr bis 18:49 Uhr wurde die Betroffene als Beschuldigte
vernommen. Sie gab an, sie sei 2001 in die Tschechei eingereist und habe einen
Asylantrag gestellt; den Ausgang des Verfahrens kenne sie nicht. 8 Jahre habe sie dort
gelebt. Ihr seien dann ihre Dokumente gestohlen worden, deshalb habe sie am
13.05.2009 die Tschechei verlassen müssen und für drei Jahre nicht wieder einreisen
sollen. Ihr Anwalt habe ihr gesagt, sie dürfe mit den Passersatzpapieren durch ganz
Europa reisen. Bereits am 10.05.2009 sei sie dann mit ihrem Freund im Auto über Polen
nach Deutschland gereist. Sie hätte sich in dieser Zeit in Berlin und Hannover
aufgehalten und in einem Zelt geschlafen. Die letzten drei Wochen habe sie in Venlo
verbracht; dort habe sie aber keine Arbeit gefunden. In der vergangenen Nacht habe sie
mit ihrem Freund in einem Zelt in Kaldenkirchen übernachtet, ihr Rucksack sei danach
verschwunden gewesen.
Nach dem Ende der Vernehmung (18.49 Uhr) verblieb die Betroffene in polizeilichem
Gewahrsam. Ihr wurde mitgeteilt, dass die Ausländerbehörde die Vernehmung auch
zum Gegenstand des ausländerrechtlichen Verfahrens machen und weitere Schritte
einleiten werde.
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Um 18:47 Uhr gingen bei der Kreispolizeibehörde X die Ergebnisse der Überprüfung
der Fingerabdrücke durch das BKA Wiesbaden ein; dort lagen keine identischen
Fingerabdrücke vor. Das BKA Wiesbaden wurde daraufhin fernmündlich gebeten,
dringend bei den tschechischen Behörden nachzufragen, ob Fingerabdrücke oder
Lichtbilder vorhanden seien und übersandt werden könnten. Gegen 19:45 Uhr wurde
die Betroffene, die bis dahin immer noch nicht identifiziert war, in das Polizeigewahrsam
X eingeliefert. Um 22:52 Uhr teilte das BKA Wiesbaden mit, dass die tschechischen
Behörden lediglich Lichtbilder übermittelt hätten. Aufgrund dieser Lichtbilder war keine
sichere Identifizierung möglich, es schien sich aber um die Betroffene zu handeln. Das
Ausländeramt X entschied, die Betroffene auf dieser Grundlage dem Haftrichter zum
Erlass eines Abschiebehaftbefehls vorzuführen; sie wurde am 08.09.2009 um 09:10 Uhr
abgeholt und dem Haftrichter vorgeführt.
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Am 08.09.2009 wurde beim Fundbüro der Stadt X der Passersatz der Betroffenen
abgegeben. Dabei handelte es sich um ein seit dem 13.04.2009 ungültiges ukrainisches
Passersatzpapier, das in ukrainischer Sprache den Hinweis enthielt, es sei nur für die
Rückkehr in die Ukraine gültig. Ebenso fanden sich ein Dokument der Tschechischen
Republik vom 02.03.2009 sowie weitere Dokumente der Polizei der Tschechischen
Republik aus dem Jahr 2008.
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Am selben Tag erließ die Ausländerbehörde des Kreises X eine Ordnungsverfügung,
mit der die Betroffene ausgewiesen und ihr die Abschiebung angedroht wurde.
Gleichzeitig stellte die Behörde den Antrag auf Erlass eines Abschiebehaftbefehls
gemäß § 62 Abs. 2 Ziffer 1 und 5 AufenthaltG. Die Betroffene wurde anschließend dem
Haftrichter vorgeführt.
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In ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht hat die Betroffene keine Angaben gemacht. Der
Richter hat im Anschluss an die Verhandlung Haftbefehl erlassen. Als Grundlage sind
dort die §§ 3,13 FEG sowie § 62 Abs. 2 AufenthG genannt. Die Betroffene wurde in die
JVA X überführt.
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Der Kreis X beantragte am 09.09.2009 Amtshilfe der Stadt X zur Durchführung der
Abschiebung. Am 14.09.2009 beantragte die Stadt X bei der Außenstelle der Botschaft
der Ukraine die Ausstellung eines Rückreisedokumentes nach dem
Rückübernahmeabkommen für die Betroffene.
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Am 21.09.2009 schrieb die Betroffene an den Kreis X mit der Bitte, ihr Asyl zu
gewähren. Mit Schreiben vom 22.09.2009 teilte der Kreis X der Ausländerbehörde X mit,
dass die Betroffene einen Asylantrag gestellt hat; auf die Rechtsfolgen des § 14 Abs. 3
AsylVfG wurde in diesem Schreiben ausdrücklich hingewiesen. Diesen Antrag sowie
die tschechischen Dokumente und eine Kopie des ukrainischen Passersatzpapiers der
Betroffenen leitete die Behörde am 23.09.2009 an das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) weiter. Am 29.09.2009 ging der Antrag beim BAMF ein.
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Noch am 23.09.2009 hielt die Stadt X mit dem Konsul der Außenstelle der ukrainischen
Botschaft Rücksprache wegen des noch unbeantworteten Antrags auf Ausstellung von
Passersatzpapieren. Auf die Fristen im Rückübernahmeabkommen zwischen
Deutschland und der Ukraine wurde hingewiesen; der Konsul erklärte, dass diese
Fristen in der Praxis unrealistisch seien. Auch ein weiteres Telefonat am 06.10.2009
sowie eine Anfrage am 12.10.2009 und erneute Telefonate am 23.10. und 04.11.2009
ergaben keine weiteren Informationen. Erst am 10.11.2009 wurde mitgeteilt, dass
Rückreisedokumente übersandt würden.
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Am 02.10.2009 hörte das BAMF die Betroffene an. Dabei gab sie an, seit 2002 illegal in
der Tschechischen Republik gelebt zu haben.
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Am 08.10.2009 teilte das BAMF dem Kreis X mit, dass es ein Übernahmeersuchen nach
dem Dublin-Übereinkommen an die Tschechische Republik versandt habe (Bl. 74 ff. der
Akte des BAMF). Auf diesem Schreiben in der Ausländerakte des Kreises X findet sich
der handschriftliche Vermerk: "Wenn keine Übernahme erfolgt, wird Haftverlängerung
von uns nicht beantragt."
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Am 16.10.2009 teilte die Staatsanwaltschaft X mit, dass ein Strafbefehl gegen die
Betroffene beantragt worden sei.
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Am 21.10.2009 lehnte die Tschechische Republik die Übernahme der Betroffenen ab.
Da das Asylverfahren bereits 2001 geführt und (negativ) abgeschlossen worden ist, sei
das Abkommen, dem Tschechien erst 2004 beigetreten sei, nicht anwendbar. Das
Schreiben wurde offensichtlich am 22.10.2009 in die Post gegeben. Am 03.11.2009
fertigte das BAMF einen Vermerk, aus dem sich ergibt, dass das Schreiben der
Tschechischen Republik eingegangen ist und die Behörde das Asylverfahren selbst
weiterbetreibt.
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Mit Bescheid vom 03.11.2009 lehnte das BAMF den Asylantrag als offensichtlich
unbegründet ab. Die Betroffene erklärte, auf Rechtsmittel gegen diesen Beschluss zu
verzichten.
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Am 10.11.2009 bestellte sich für die Betroffene Rechtsanwalt X. Er beantragte, den
Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 08.09.2009 aufzuheben und festzustellen,
dass die Inhaftierung in Abschiebungshaft rechtswidrig war. Eine Begründung des
Antrages wurde angekündigt; sie sollte unmittelbar nach Durchführung der beantragten
Akteneinsicht erfolgen. Mit Beschluss vom 11.11.2009 wurde der Antrag abgelehnt,
ohne zuvor Akteneinsicht zu gewähren.
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Mit Schriftsatz vom 13.11.2009 legte die Betroffene sofortige Beschwerde gegen den
Beschluss vom 11.11.2009 ein und rügte die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil die
beantragte Akteneinsicht nicht gewährt worden sei. Für eine Begründung der
Beschwerde wurde wiederum um Akteneinsicht gebeten. Am 17.11.2009 hat das
Amtsgericht die Sache mit dem Vermerk, der Beschwerde werde nicht abgeholfen –
wiederum ohne zuvor Akteneinsicht zu gewähren - der Kammer vorgelegt.
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Am 16.11.2009 benachrichtigte die Stadt X den Kreis X davon, dass die Abschiebung
am 25.11.2009 erfolgen werde. Am 25.11.2009 wurde die Betroffene abgeschoben.
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Mit Verfügung vom 18.11.2009 hat das Landgericht die Ausländerakte angefordert.
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Mit Schreiben vom 26.11.2009, bei Gericht eingegangen am 02.12.2009, hat der Kreis X
mitgeteilt, dass die Betroffene am 25.11.2009 in die Ukraine abgeschoben worden ist.
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Mit Schriftsatz vom 04.12.2009 hat die Betroffene beantragt festzustellen, dass die
Inhaftierung in Abschiebehaft rechtswidrig war.
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Dem Prozessbevollmächtigten ist Akteneinsicht gewährt worden. Am 11.12.2009 bat der
Prozessbevollmächtigte um Verlängerung der Begründungsfrist, weil er Einsicht in die
Akte des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nehmen wollte.
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Mit Schriftsatz vom 11.01.2010 hat die Betroffene ihre Beschwerde begründet. Dazu
führt sie an, der Beschluss des Amtsgerichts vom 11.11.2009 sei unter Verstoß gegen
Art. 103 Abs. 1 GG ergangen, da man ihr keine Akteneinsicht gewährt habe.
Desweiteren liege ein Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. §§ 38 Abs. 3, 421
FamFG vor. Denn der Haftbeschluss vom 08.09.2009 enthalte keine Haftgründe und sei
auf die Normen des Gesetzes über das Verfahren bei Freiheitsentziehung (FEG)
gestützt worden, die zu diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft waren.
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Desweiteren rügt sie einen Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG. Zwar sei hier ein
Rücknahmeersuchen gemäß der europäischen Verordnung VO-EG 343/2003 (Dublin II
Verordnung) gestellt worden. Dieses Ersuchen sei aber offensichtlich unbegründet und
damit nicht zulässig gewesen; ansonsten könnte durch "Pro-Forma"
Rücknahmeersuchen immer die 4-Wochen-Frist des § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG
ausgehebelt werden. Die Haft hätte somit 4 Wochen nach Eingang des Asylantrages
enden müssen.
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Der Kreis X hat am 09.02.2010 hierzu Stellung genommen. Er hat vorgetragen, dass
Rücknahmeersuchen sei nicht missbräuchlich erfolgt; bei der Betroffenen hätten sich
Schreiben der Tschechischen Republik aus den Jahren 2008, 2009 gefunden, so dass
nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden konnte, dass es sich nicht um
Asylfolgeanträge gehandelt hat.
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Mit Schriftsatz vom 08.04.2010 hat die Betroffene einen Verstoß gegen den
Beschleunigungsgrundsatz gerügt; die Fristen im deutsch-ukrainischen
Rückübernahmeabkommen seien nicht eingehalten worden. Zudem hätte sie nicht
festgenommen werden dürfen, weil sie freiwillig bei der Polizei vorgesprochen und
keine Kenntnis davon gehabt habe, dass sie mit ihren Papieren nicht reisen durfte.
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In seinem Schriftsatz vom 03.05.2010 hat der Kreis X vorgetragen, dass aus dem
Passersatzpapier der Betroffenen eindeutig hervor gegangen sei, dass er nur für die
Rückreise in die Ukraine gültig sei. Darüber hinaus habe die Betroffene bei der Polizei
nicht erklärt, in die Ukraine zurückkehren zu wollen; vielmehr habe sie angegeben, in
den Niederlanden oder in Spanien Arbeit zu suchen. Hinsichtlich des
Rückübernahmeabkommens sei es so, dass der ersuchende Staat nicht einseitig die
Abschiebung berteiben könne, wenn der angefragte Staat die Fristen für die
Beantwortung der Anfrage nicht einhalte.
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III.
33
Die befristete Beschwerde ist gemäß der §§ 58, 62, 426 Abs. 2 FamFG statthaft und
gemäß der §§ 567 ff. ZPO grundsätzlich zulässig eingelegt worden.
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Der Antrag vom 04.12.2009 ist jedoch teilweise bereits unzulässig und insgesamt
unbegründet.
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1.
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Der Antrag ist insofern bereits unzulässig, als die Betroffene beantragt, auch die
Inhaftierung vor dem 10.11.2009 für rechtswidrig zu erklären.
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Die Betroffene hat keine befristete Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 08.09.2009
eingelegt. Am 10.11.2009 war das Rechtsmittel bereits verfristet. Die Betroffene konnte
nur einen Antrag nach § 426 Abs. 2 FamFG stellen. Dies hat sie am 10.11.2009 auch
getan. Allerdings hat sie den Antrag mit dem Feststellungsantrag verbunden, dass die
Inhaftierung insgesamt rechtswidrig gewesen sei. Dieser zweite Antrag war zu diesem
Zeitpunkt unzulässig.
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Denn der Prüfungsumfang bei einem Antrag nach § 426 Abs. 2 FamFG ist beschränkt.
Der Antrag nach § 426 Abs. 2 FamFG soll nicht die Rechtskraft des Beschlusses
umgehen, sondern nur verhindern, dass ein Betroffener unrechtmäßig in Haft bleibt. Ein
darüberhinausgehendes Feststellungsbegehren, das außerhalb eines
Beschwerdeverfahrens gestellt wird, ist unzulässig (Budde in Keidel, 16.Aufl., § 426
RNr. 3 und § 62 Rnr. 5).
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Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts über den Antrag nach § 426 Abs. 2 Satz 1
FamFG hat die Betroffene am 13.11.2009 Beschwerde eingelegt. Dies ist gemäß § 426
Abs. 2 Satz 2 FamFG zulässig, ändert aber am Prüfungsumfang nichts.
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Durch die Abschiebung am 25.11.2009 hat sich die Beschwerde erledigt. Insofern
konnte die Betroffene ihren Antrag gemäß § 62 FamFG auf Feststellung der
Rechtswidrigkeit umstellen. Zu prüfen ist auch in diesem Verfahrensstadium aber nur,
ob zum Zeitpunkt der Antragstellung, also am 10.11.2009, die Voraussetzungen für eine
weitere Inhaftierung vorlagen; nur insoweit kann auch festgestellt werden, ob die
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Inhaftierung, also vom 10.11. bis zum 25.11.2009, rechtswidrig war oder nicht. Der
Feststellungsantrag ist und bleibt im Übrigen unzulässig.
2.
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Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
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Die Inhaftierung der Betroffenen vom 10.11. bis 25.11.2009 war nicht rechtswidrig.
44
Am 10.11.2009 bestand keine Veranlassung, die Betroffene aus der Haft zu entlassen.
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Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 3 AsylVfG ist eine Person, die aus der Haft heraus einen
Asylantrag gestellt hat (§ 14 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG), ohne Weiteres aus der
Abschiebehaft zu entlassen, wenn seit Eingang des Asylantrages beim Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge vier Wochen verstrichen sind und das Bundesamt nicht über
den Antrag entschieden hat.
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Hier ist der Asylantrag der Betroffenen am 29.09.2009 beim BAMF eingegangen.
Dementsprechend hätte sie am 27.10.2009 entlassen werden müssen. Dies gilt jedoch
nicht, wenn das Bundesamt auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen
Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren ein
Aufnahmegesuch an einen anderen Staat gerichtet hat. Dies hat das BAMF unstreitig
getan. Soweit der Prozessbevollmächtigte rügt, dass auf diese Weise durch völlig
aussichtslose und sinnlose Übernahmegesuche die gesetzlich vorgeschriebene 4
Wochenfrist ausgehebelt werden könnte, so ist ihm damit Recht zugeben. Jedoch haben
der Haftrichter und damit auch das Beschwerdegericht nur eine eingeschränkte
Prüfungskompetenz. Gemäß Art. 104 Abs. 2 GG hat der Haftrichter nur über Zulässigkeit
und Fortdauer einer Freiheitsentziehung und nicht über die sonstigen Entscheidungen
der Ausländerbehörde zu befinden. Diese zu überprüfen, ist allein Sache der
Verwaltungsgerichte. Läuft ein Asylverfahren, ist der Haftrichter an die Entscheidungen
des BAMF gebunden (vgl. OLG Karlsruhe 11 WX 24/93, Beschluss vom 13.04.1993).
Das Beschwerdegericht geht daher davon aus, dass die Entscheidung des BAMF,
einen Anfrage nach Dublin II zu stellen, nicht zu überprüfen ist, es sei denn die
Entscheidung ist ganz offensichtlich missbräuchlich gestellt worden. Dies liegt hier nicht
so. Die Betroffene hat sich bis 2009 in Tschechien aufgehalten und führte Dokumente
der Tschechischen Republik aus den Jahren 2008 und 2009 bei sich. Damit war die
Entscheidung des BAMF nicht offensichtlich ungerechtfertigt.
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Die Betroffene war auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das
Beschleunigungsgebot aus der Haft zu entlassen. Auch insofern trifft den Haftrichter nur
eine eingeschränkte Prüfungspflicht. Ein Gericht, das gegen einen Ausländer
Abschiebehaft verhängt hat, ist verpflichtet zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die
Aufrechterhaltung der Haft vorliegen oder aufgrund nachträglich eingetretener
Umstände, durch welche die Durchführbarkeit der Abschiebung für längere Zeit oder auf
Dauer gehindert wird, entfallen sind (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). So ist eine
Haftanordnung unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Betroffene nicht
zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der von der Ausländerbehörde
beantragten Frist durchgeführt werden kann; die weitere Vollstreckung von Haft ist
insbesondere dann unzulässig, wenn die Botschaft des Zielstaates jede weitere
Befassung mit dem Passbeschaffungsantrag ablehnt (Renner, Asylverfahren, § 14 Rnr.
101, 102). So lag es hier nicht. Aus der Ausländerakte des Kreises X ergibt sich, dass
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die Behörde unverzüglich sämtliche Maßnahmen für eine zügige Abschiebung getroffen
hat. Wie die Behörde vorzugehen hat, wenn die Fristen des Abkommens über die
Rücknahme von Personen (Amtsblatt der EU, L 332/48 vom 18.12.2007), hat der
Haftrichter nicht zu entscheiden. Es lagen aber keinerlei Gründe vor, um anzunehmen,
dass die Abschiebung nicht innerhalb der dreimonatigen Frist hätte durchgeführt werden
können.
Auch ansonsten lag kein Grund für die Entlassung aus der Haft vor.
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Die Tatsache, dass der Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 08.09.2009 lediglich
die §§ 3, 13 FEG und § 62 Abs. 2 AufenthG nennt, wäre zum einen mit der befristeten
Beschwerde anzugreifen gewesen. Tatsächlich ist der Beschluss aber in Rechtskraft
erwachsen. Im Übrigen ergibt sich aus den §§ 38, 421 Nr. 1 FamFG lediglich die
Verpflichtung, die Art der Haft zu bezeichnen. Die Art der Haft (Abschiebungshaft) nennt
der Beschluss jedoch. Damit liegt keine Verletzung des Art. 104 Abs. 1 GG vor.
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Zwar ist es in der Tat unverständlich, weshalb der Betroffenen in der ersten Instanz
keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist. Der Beschluss vom
11.11.2009 war insoweit angreifbar. Die Möglichkeit zur Stellungnahme ist jedoch
nachgeholt worden. Letztlich hat die tatsächlich erfolgte Stellungnahme jedoch nicht zu
einer Entscheidung im Sinne der Betroffenen geführt, so dass die Verletzung des
rechtlichen Gehörs für die Entscheidung letztlich nicht kausal geworden ist. Die
Nennung der §§ 3, 13 FEG statt der entsprechenden Normen des FamFG ist ebenfalls
nicht für eine Verletzung der Rechte der Betroffenen kausal geworden.
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Soweit der Prozessbevollmächtigte vorträgt, die Betroffene hätte am 07.09.2009 erst gar
nicht in Haft genommen werden dürfen, ist dies zwar auch im Hinblick auf eine
Haftentlassung am 10.11.2009 zu prüfen (vgl. hierzu Budde in Keidel, a.a.O. zu § 426).
Die Auffassung kann aber nicht geteilt werden. Die Betroffene war offensichtlich keine
deutsche Staatsangehörige und aus einem sicheren Drittstaat eingereist. Sie hatte
keinerlei Identitätsdokumente bei sich und gab an, sich bereits in Tschechien, Polen,
Deutschland und den Niederlanden aufgehalten zu haben. Sie gab an, in den
Niederlanden oder Spanien nach Arbeit suchen zu wollen. Sie konnte keine
Kontaktdaten angeben. Demnach lag ein begründeter Verdacht der illegalen Einreise
vor. Von der Bereitschaft freiwillig auszureisen, konnte nicht ausgegangen werden. Die
Behauptung, die Betroffene habe geglaubt, mit den Papieren aus der Tschechischen
Republik in ganz Europa reisen zu können, kann nach dem eindeutigen Wortlaut der
Papiere nur als Schutzbehauptung angesehen werden.
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IV.
53
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 128 c, 131 Abs. 1 KostO, 81 FamFG.
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Beschwerdewert: 3.000,00 EUR (§ 30 Abs. 2 KostO).
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