Urteil des LG Krefeld vom 11.12.2008

LG Krefeld (unterlagen, kläger, treu und glauben, herausgabe, interesse, antrag, objekt, anlage, ausfertigung, stadt)

Landgericht Krefeld, 2 O 56/08
Datum:
11.12.2008
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Schlussurteil
Aktenzeichen:
2 O 56/08
Tenor:
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 15 % und die
Beklagte 85 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Die Parteien schlossen am 06.12.2005 einen notariellen Vertrag (Anlage K 2), aufgrund
dessen die Kläger von der Beklagten das Grundstück X in Krefeld erwarben und die
Beklagte sich zur schlüsselfertigen Errichtung eines Wohnhauses auf diesem
Grundstück nach Maßgabe der anliegenden Baubeschreibung (Anlage K 3, K4)
verpflichtete. Zwischenzeitlich haben die Kläger das Objekt bezogen. Am 23.04.2008
wurde die Teil-Fertigstellungsbescheinigung (Blatt 153 d.A.) von der Stadt X erteilt. Die
Kläger zahlten von dem mit 175.400,- € vereinbarten Kaufpreis insgesamt 161.900,- €
an die Beklagte. Der Restbetrag von 13.500,- € wurde von den Klägern wegen von
ihnen gerügter Mängel einbehalten.
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Am 24.01.2008 beantragte die Beklagte die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung
des notariellen Vertrages, sowie am selben Tag die Einleitung der Zwangsvollstreckung
aus der Ausfertigung wegen einer Geldforderung in Höhe von 7.200,- €.
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Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrer Vollstreckungsabwehrklage, wegen der am
10.06.2008 ein Teil-Anerkenntnisurteil erging. Den weiteren Antrag der Kläger auf
Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung haben die Parteien übereinstimmend für
erledigt erklärt.
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Die Kläger verfolgen nun noch ihren Antrag auf Herausgabe der im Antrag näher
bezeichneten Unterlagen.
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Sie sind der Auffassung, die Beklagte schulde die Übergabe dieser Unterlagen
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aufgrund des Bauträgervertrages. Sie hätten ein besonderes Interesse an der baldigen
Herausgabe, weil in dem Gutachten des von ihnen beauftragten Privatsachverständigen
(Anlage K 9) Mängel festgestellt worden seien und die Unterlagen zur
Mängelbeseitigung erforderlich seien. Insbesondere die im Antrag unter 1. e. – q., aber
auch die unter 1.b. – 1.d. aufgeführten Unterlagen seien erforderlich, um Maßnahmen
zur Unterhaltung des Bauwerks oder dessen Bewirtschaftung zu planen. Das
Erfordernis der geltend gemachten Unterlagen ergebe sich ferner aus öffentlich-
rechtlichen Normen
Nachdem die Beklagte den unter ursprünglich Ziffer 1.a. aufgeführten Lageplan
überreicht hat, haben die Parteien den Rechtsstreit auch insoweit übereinstimmend für
erledigt erklärt.
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Die Kläger beantragen nunmehr,
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die Beklagte zu verurteilen, folgende, das auf dem Grundstück
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X, Gemarkung X, Flur X, Flurstück X
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errichtete Gebäude betreffende, Unterlagen an die Kläger
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herauszugeben:
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b) EnEV-Berechnung
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c) Erklärung des Entwurfverfassers zum Brandschutz
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d) Statik für die verwendeten Betonfertigteile und Positionspläne
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e) Detailzeichnungen
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f) Unternehmerbescheinigung für Sanitärinstallation
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g) Unternehmerbescheinigung für Heizungsinstallation
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h) Unternehmerbescheinigung für Elektroinstallation
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i) Revisionspläne / Unterlagen für Sanitärinstallation
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j) Revisionspläne / Unterlagen für Heizungsinstallation
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k) Revisionspläne / Unterlagen für Elektroinstallation
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l) Abdrückprotokolle für Leitungen für Ver- und Entsorgung
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von Wasser und Gas
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m) Nachweis über die stichprobenhafte Kontrolle der Einhaltung
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des Wärmeschutzes
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n) Nachweise über die eingesetzten Bauprodukte, die für die
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tragenden Bauteile nach Statik sowie für den Brandschutz
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eingesetzt worden sind
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o) Bautechnische Nachweise des Dachdeckers für die
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verwendeten Baustoffe und Ausführungen nach dem Regelwerk
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p) Technische Nachweise des Zimmermanns für verwendete
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Baustoffe und Ausführungen nach den anerkannten
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Regelwerk usw.
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q) Abbundpläne des Dachstuhls,
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hilfsweise,
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die Beklagte zu verurteilen, den Klägern die im Hauptantrag
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aufgeführten bautechnischen Nachweise für das Objekt X,
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Gemarkung X, Flur X, Flurstück X in den Geschäftsräumen der
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Beklagten zur Einsichtnahme vorzulegen und die Anfertigung von
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Vervielfältigungen hiervon durch die Kläger zu dulden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält den Herausgabeanspruch nicht für gegeben, weil die Unterlagen zu 1.b.-d. Teil
der Baugenehmigung seien und beim Bauamt der Stadt X eingesehen werden könnten.
Die Bezeichnung "Detailzeichnungen" (1.e.) sei zu unbestimmt; diese befänden sich im
Übrigen bei dem Architekten des Vorhabens. Wegen der
Unternehmernehmerbescheinigungen und Revisionspläne (1. f.-k.) fehle es an einem
rechtlichen Interesse der Kläger an der Vorlage. Durch die
Fertigstellungsbescheinigung sei dokumentiert, dass diese Unterlagen, ebenso wie die
unter 1.l. und m. aufgeführten, vorgelegen hätten. Die Nachweise zu n. – q. lägen bei der
Beklagten nicht vor.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze
nebst Anlage Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig, aber hinsichtlich des nach Teilanerkenntnis und Erledigung noch
streitigen Herausgabeantrags und des hilfsweise geltend gemachten Antrags auf
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Einsichtsnahme unbegründet.
Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Herausgabe der im Antrag
aufgeführten Unterlagen aus dem Bauträgervertrag in Verbindung mit den Grundsätzen
von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu.
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Ob und gegebenenfalls welche Bau- und Planungsunterlagen ein Bauträger an die
Erwerber herausgeben muss, ist umstritten. Bis zur Schuldrechtsmodernisierung wurde
ein Anspruch des Erwerbers auf Herausgabe der das Bauvorhaben betreffenden Pläne
und Unterlagen teilweise aus § 444 BGB abgeleitet (AG Traunstein NJW-RR 89,598;
OLG Hamm NJW RR 00,867; dagegen: OLG Karlsruhe NJW 75,694 mit zust. Anm. von
Koeble; OLG München BauR 92,95). Teilweise wird die Auffassung vertreten, es ergebe
sich ein ein Anspruch auf Herausgabe unmittelbar aus der Übernahme von Planungs-
und Architektenleistungen im Rahmen des Bauträgervertrages, bzw. aus einer aus §
242 BGB abzuleitenden Nebenpflicht des Bauträgers (Basty, Der
Bauträgervertrag,5.Aufl.,S.207; OLG Köln NZBau 00,78 für
Unternehmerbescheinigungen nach § 66 II BauO NW). Nach anderer Ansicht besteht
kein genereller Anspruch des Erwerbers von Wohnungseigentum gegen den Bauträger
auf Herausgabe von Bau- und Planungsunterlagen; danach kann Herausgabe vielmehr
nur dann verlangt werden, wenn entweder eine entsprechende Abrede in den
Erwerbervertrag aufgenommen worden ist (so lag der vom OLG Celle, BauR 95,261,
entschiedene Fall) oder wenn ein besonderes, konkret begründetes rechtliches
Interesse des Erwerbers besteht (OLG München BauR 92,95; LG München I BauR
07,1431 , zustimmend Feser – BTR 07,127 – und Hillmann – jurisPR-PrivBauR 2/08
Anm.4 -; Werner/Pastor, Der Bauprozess,12.Aufl.,Rn 1195).
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Das Gericht schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Der Erwerber im
Rahmen eines Bauträgervertrages ist eher einem Käufer als einem Bauherrn
gleichzusetzen. Die geschuldete Leistung ergibt sich aus dem Bauträgervertrag und
nicht aus anderen Verträgen oder Plänen. Auf eine Dokumentation des Entstehens der
Leistung besteht grundsätzlich kein Anspruch. Die Bejahung einer solchen Pflicht würde
zu einem nicht absehbaren Umfang von Auskunfts- und Bereithaltungspflichten führen.
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Mangels vertraglicher Abrede könnten die Kläger einen Herausgabeanspruch daher nur
dann geltend machen, wenn ein besonderes, konkret begründetes Interesse besteht.
Ein derartiges Interesse haben die Kläger nicht dargetan. Zwar machen sie konkrete
Mängel geltend, die aufgetreten sind und beseitigt werden sollen. Jedoch ist nicht
erkennbar, inwiefern zur Beseitigung der in dem zur Akte gereichten Gutachten
festgestellten Mängel die von den Klägern mit dem Herausgabeantrag begehrten Pläne
notwendig sein sollten. Die theoretische Möglichkeit von zukünftigen Änderungen am
Objekt, die Tatsache, dass das Objekt zu verwalten ist und auch die Besorgnis des
Entstehens von Baumängeln in der Zukunft rechtfertigen nicht die Annahme eines
solchen Interesses (vgl. OLG München BauR 92,95,96). Soweit die Kläger vortragen,
dass bestimmte Unterlagen nach den öffentlich rechtlichen Bauvorschriften erforderlich
und vorzulegen sind, ist inzwischen die Abnahme erfolgt und durch die
Fertigstellungsbescheinigung der Stadt Krefeld hinreichend dokumentiert, dass diese
Nachweise vorgelegen haben. Ein besonderes Interesse an der Herausgabe besteht
nicht.
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Den Klägern steht auch der mit dem Hilfsantrag verfolgte Antrag auf Einsichtnahme
gemäß § 810 BGB nicht zu. Denn der Anspruch aus § 810 BGB richtet sich gegen den
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unmittelbaren Besitzer, sowie nach herrschender Ansicht auch gegen den mittelbaren
Besitzer, sofern dieser die Sache jederzeit von dem unmittelbaren Besitzer
herausverlangen kann. Nach unstreitigem Vorbringen der Beklagten ist diese aber nicht
im Besitz der herausverlangten Unterlagen. Diese befinden sich ihren Angaben nach,
sofern sie überhaupt vorhanden sind, beim Bauamt, beim Architekten oder bei den
ausführenden Unternehmern. Dass die Beklagte insoweit mittelbaren Besitz hat, ist nicht
erkennbar.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.1, 91 a, 708 Nr.11 ZPO. Das
Anerkenntnis der Beklagten bezüglich der Zwangsvollstreckungsabwehrklage sowie die
Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung erfolgten nicht innerhalb der
Klageerwiderungsfrist, so dass kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO
vorliegt.
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Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien geben keinen Anlass zur
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
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Streitwert: 8.000,-€ bis zum 10.06.2008; danach: 800,- €
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