Urteil des LG Krefeld vom 10.09.2009

LG Krefeld (gefahr im verzug, stpo, beschwerde, beweiserhebung, anordnung, gefahr, verzug, beweisverwertungsverbot, bak, entziehung)

Landgericht Krefeld, 21 Qs-16 Js 928/09-171/09
Datum:
10.09.2009
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
1. Strafkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 Qs-16 Js 928/09-171/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Krefeld, 23 Gs 1531/09
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kos¬ten der Beschwerdeführerin (§ 473 Abs. 1
StPO) als unbegründet ver¬wor¬fen.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Die Voraussetzungen für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111 a
StPO liegen vor. Die Beschuldigte ist aus den Gründen, die das Amtsgericht in seinem
Beschluss vom 29.07.2009 dargelegt hat, einer Straftat gem. § 316 StGB dringend
verdächtig, die nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB einen Regelfall für die Entziehung der
Fahrerlaubnis darstellt.
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2. Soweit die Beschwerde geltend macht, die der Beschuldigten um 01.45 Uhr
entnommene Blutprobe sei wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt des § 81 a
Abs. 2 StPO als Beweismittel unverwertbar, greift dieser Einwand nicht durch.
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a) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen aus einem Verstoß gegen den
Richtervorbehalt des § 81 a Abs. 2 StPO ein Beweisverwertungsverbot folgt, ist
umstritten (vgl. Dencker, DAR 2009, 257; OLG Köln, NStZ 2009, 406). Auf diese Frage
kommt es hier jedoch nicht an, denn ein (unselbständiges) Beweisverwertungsverbot
setzt zunächst voraus, dass die Beweiserhebung rechtswidrig war (Dallmeyer, in:
Heghmanns/Scheffler, Handbuch zum Strafverfahren, 2008, Kap. II; Rn. 387). Daran
fehlt es hier, denn es liegt kein Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81 a II StPO
vor.
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b) Die Strafprozessordnung weist die Anordnung der Blutprobenentnahme zwar für den
Regelfall, aber gerade nicht ausnahmslos dem Ermittlungsrichter zu. Bei Gefahr im
Verzug kann die Anordnung durch die Polizeibeamten getroffen werden. Gefahr im
Verzug liegt dann vor, wenn aufgrund der Verzögerung, die durch die Einschaltung des
Richters zu besorgen wäre, eine Vereitelung oder wesentliche Erschwerung des
Beweiserfolges zu befürchten ist. Diese Voraussetzungen lagen im vorliegenden Fall
vor, denn die Blutprobe wurde um 01.45 Uhr entnommen. Zwar muss nach der
Rechtsprechung - insbesondere des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 103, 142) -
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die Erreichbarkeit des Richters gegebenenfalls durch die Errichtung eines Eil- und
Notdienstes gesichert werden. Dies gilt jedoch nicht schrankenlos, sondern in erster
Linie für die Tageszeit außerhalb der üblichen Dienstzeiten (BVerfG, NJW 2004, 1442).
Insbesondere muss zur Nachtzeit i.S.d. § 104 Abs. 3 StPO nicht ohne weiteres ein
richterlicher Eil- und Notdienst eingerichtet werden (BVerfG, NJW 2004, 1442), sondern
lediglich dann, wenn ein praktischer Bedarf besteht, der über den Ausnahmefall
hinausgeht.
Im vorliegenden Fall war zur Nachtzeit um 01.45 Uhr ein richterlicher Eildienst nicht
erreichbar. Ein Zuwarten bis zum Tagesanbruch hätte die Beweiserhebung aufgrund
des Alkoholabbaus vereitelt. Etwas anderes kann gelten, wenn der durch
Atemalkoholmessung ermittelte BAK-Wert so hoch ist, dass durch Zeitablauf keine
Unsicherheit im Hinblick auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen entstehen
kann (Dencker, DAR 2009, 257, 258). So liegt der Fall hier aber nicht, denn der
festgestellte BAK-Wert lag mit 1,25 Promille nur geringfügig über der Schwelle der
absoluten Fahruntüchtigkeit, so dass es einer unverzüglichen Beweissicherung
bedurfte.
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Da also der anordnende Polizeibeamte gem. § 81 a Abs. 2 StPO zur Anordnung der
Blutprobeentnahme aufgrund des Vorliegens von Gefahr im Verzug befugt war, war die
Beweiserhebung nicht rechtswidrig, weshalb sich die umstrittene Frage eines
Beweisverwertungsverbotes nicht stellt.
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Die Beschwerde war nach alledem vielmehr zurückzuweisen.
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