Urteil des LG Krefeld vom 14.09.2007

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Landgericht Krefeld, 1 S 39/07
Datum:
14.09.2007
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 S 39/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Nettetal, 17 C 354/06
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht Privatversicherungsrecht
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Nettetal
vom 02.03.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für die Berufungsinstanz: bis € 4.000,00 (€ 2.071,64 + €
1.518,01)
Entscheidungsgründe
1
I.
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Die Klägerin schloss am 01.02.1993 mit der Beklagten unter der Versicherungsnr.
309302 eine Renten-/Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 25 Jahren ab. Ihr
wurde neben dem Versicherungsschein eine Tabelle mit einer Übersicht über die
Rückvergütungen (Bl. 10 d. GA) sowie die Bedingungen für die Rentenversicherung (Bl.
11 ff. d. GA) ausgehändigt. In den Bedingungen ist unter § 15 zur "Kündigung und
Auszahlung der Rückvergütung" festgelegt:
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"(2) Nach § 176 VVG haben wir nach Kündigung – soweit bereits entstanden – den
Rückkaufswert zu erstatten. (...)
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Bei vertragsgemäßer Beitragszahlung erreicht die Rückvergütung mindestens einen
bei Vertragsschluss vereinbarten Garantiebetrag, dessen Höhe vom Zeitpunkt der
Beendigung des Vertrages abhängig (vgl. die mit dem Versicherungsschein
überlassene Übersicht der garantierten Rückvergütungen).
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Beträgt die Summe aus Rückvergütung und Überschussanteilen weniger als 20 DM,
wird der Betrag nicht ausgezahlt, sofern kein weiterer Zahlungsvorgang (z.B.
Beitragsrückzahlung) erfolgt."
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In § 20 ist zur "Überschussermittlung/Überschussbeteiligung" geregelt:
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"(1) Um zu jedem Zeitpunkt der Versicherungsdauer den vereinbarten
Versicherungsschutz zu gewährleisten, bilden wir Rückstellungen (...). Je größer die
Erträge aus den Kapitalanlagen sind, je weniger Versicherungsfälle eintreten und je
kostengünstiger wir arbeiten, um so größer sind dann entstehende Überschüsse, an
denen wir Sie und die anderen Versicherungsnehmer beteiligen. Die
Überschussermittlung folgt nach den Vorschriften des
Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Handelsgesetzbuches und den dazu
erlassenen Rechtsverordnungen.
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(2) Die Überschussbeteiligung nehmen wir nach Grundsätzen unserer bei der
Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftspläne vor. Deren Einhaltung wird von der
Aufsichtsbehörde überwacht.
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(3) Die Überschussanteile werden Ihnen in Prozent der überschussberechtigten
Deckungsrückstellung zum Ende eines jeden Versicherungsjahres gutgeschrieben."
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Nach Kündigung des Vertrages zum 20.02.2006 zahlte die Beklagte der Klägerin
gemäß Abrechnung vom 09.03.2006 insgesamt € 8.590,50 – bestehend aus einem
Rückkaufswert in Höhe von € 8.422,68 sowie einer Überschussbeteiligung in Höhe von
€ 167,82 – aus. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf ergänzende
Versicherungsleistung geltend. Dazu trägt sie vor, sie sei in Höhe von insgesamt
€ 2.239,46, d.h. weiteren € 2.071,64, an den Überschüssen zu beteiligen. Darüber
hinaus ist sie der Ansicht, die Beklagte habe zu Unrecht einen Stornoabschlag in Höhe
von € 1.518,01 einbehalten.
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Wegen der weiteren Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen.
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Das Amtsgericht Nettetal hat die Klage am 02.03.2007 abgewiesen. Hiergegen richtet
sich die Berufung der Klägerin, die ihren Antrag erster Instanz weiterverfolgt. Die
Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
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II.
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Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
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Zu Recht hat das Amtsgericht Nettetal die Klage auf Zahlung einer weitergehenden
Überschussbeteiligung abgewiesen.
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Die Berufung der Klägerin gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden
Bemerkungen:
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1. Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin aus dem zwischen den
Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag keinen Anspruch auf die von der
Klägerin geltend gemachte Überschussbeteiligung hat.
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Zwar sind dem Versicherungsnehmer gemäß § 20 Abs. 3 der
Versicherungsbedingungen der Klägerin jährlich Überschussanteile zum Ende eines
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jeden Versicherungsjahres gutzuschreiben. Dem Versicherungsnehmer steht jedoch ein
Anspruch auf Auszahlung der Überschussbeteiligung erst zu, wenn die
Überschussanteile ihm durch Direktgutschrift zugewiesen worden sind, d.h. die
Gutschrift erteilt ist. Vor einer solchen Zuteilung kann der einzelne
Versicherungsnehmer keine Ansprüche auf individuelle Überschussbeteiligung geltend
machen (vgl. BVerfG, Urteil v. 26.07.2005, 1 BvR 782/94 u. 1 BvR 957/96, NJW 2005,
2363 ff., 3266; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 16 ALB 86 Rn. 3). Damit hat die Klägerin
einen Anspruch auf Überschussbeteiligung nur in der Höhe, in der ihr gemäß § 20 Abs.
3 der Versicherungsbedingungen der Klägerin Überschussanteile gutgeschrieben
worden sind.
Ein weitergehender Anspruch auf eine individuelle Überschussbeteiligung, die über den
an die Klägerin gezahlten Betrag von € 167,82 hinausgeht, ist entgegen der Berufung
auch nicht aus § 20 Abs. 1 und 2 der Versicherungsbedingungen begründet. § 20 der
Versicherungsbedingungen erläutert insoweit nur, dass die Versicherungsnehmer an
den vom Versicherer erwirtschafteten Überschüssen entsprechend dem genehmigten
Geschäftsplan beteiligt werden. Der genehmigte Geschäftsplan beruht jedoch – wie das
Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – ausschließlich auf öffentlichem Recht. Auch
durch die Bezugnahme auf den Geschäftsplan wird dieser nicht derart Bestandteil des
Versicherungsvertrages, dass der einzelne Versicherungsnehmer daraus individuelle
Ansprüche herleiten kann. Ein solcher Anspruch des einzelnen Versicherungsnehmers
ergibt sich schon nicht aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen. Darüber
hinaus steht einem zivilrechtlichen Anspruch entgegen, dass dem Geschäftsplan
ausschließlich öffentlich-rechtliche Wirkung zukommt (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl.,
§ 16 ALB 86 Rn. 3).
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Demnach hat die Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf
eine weitergehende Überschussbeteiligung gegen die Beklagte.
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2. Soweit das Amtsgericht die Klage auf Erstattung eines unberechtigt einbehaltenen
Stornoabzugs abgewiesen hat, hat die Berufung der Klägerin ebenfalls keinen Erfolg.
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Weder aus den Schriftsätzen der Klägerin noch aus dem von ihr vorgelegten Gutachten
wird ersichtlich, dass die Beklagte einen Stornoabzug einbehalten hat. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus der Berufungsbegründung vom 26.04.2007, in der lediglich
erneut auf das Gutachten verwiesen wird. Danach soll – ohne nähere Erklärung – ein
rechnerischer Stornoabschlag in Höhe von € 1.518,01 gegeben sein, der jedoch nicht
nachvollziehbar ist.
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Nach alledem hat das Amtsgericht die Klage insgesamt zu Recht abgewiesen.
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Die Berufung der Klägerin hat demnach keinen Erfolg.
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III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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