Urteil des LG Köln vom 07.07.2004

LG Köln: drehbuch, verfügung, regierung, mexiko, trips, prozesskostensicherheit, flucht, katastrophe, urheberrecht, anfang

Landgericht Köln, 28 O 303/04
Datum:
07.07.2004
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 303/04
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Verfügungskläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Verfügungskläger wird
nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden,
wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Der Antrag der Verfügungsbeklagten auf Leistung von
Prozesskostensicherheit wird zurückgewiesen.
T A T B E S T A N D :
1
Der Verfügungskläger macht im einstweiligen Verfügungsverfahren
Unterlassungsansprüche wegen behaupteter Verletzung seines
Urheberpersönlichkeitsrechts geltend.
2
Er ist Professor für Fremdsprachen an der I in D, USA. Vor seiner Professorentätigkeit
war er in der US-Armee als Meteorologe tätig. Zudem ist der Verfügungskläger Autor
verschiedener Bücher. Er behauptet, er habe unter dem Pseudonym E 1993
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den Science-Fiction Roman "Q" (Anlage A 3 zur Antragsschrift) veröffentlicht, aus dem
das von der Verfügungsbeklagten vervielfältigte und verbreitete Filmwerk mit dem Titel
"U " urheberrechtlich schutzfähige Teile übernommen habe.
4
Die Verfügungsbeklagte ist ein deutscher Filmverleiher. Sie ist Teil der amerikanischen
G, einer Tochter der britischen O.
5
Das Buch "Q" erschien 1993 bei dem US-amerikanischen C Verlag unter dem Label "
E2 ", New York.
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Der Film "U" lief weltweit am 28. Mai 2004 an. Er beruht auf einem Drehbuch, das von S
und K verfasst wurde (Anlage A 5 zur Antragsschrift in der Fassung vom 01.05.2002).
Alle wesentlichen im Drehbuch vorhandenen Elemente wie die Rahmenhandlung,
Charaktere und Szenerie finden sich auch im Film. Weder im Vorspann noch im
Abspann wird der Verfügungskläger als Mitautor des Filmstoffes benannt. Im Hinblick
auf ein Sachbuch mit dem Titel " D 2" (deutscher Titel "T") wurden demgegenüber
Rechte erworben; das Werk wird im Abspann des Films genannt.
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Sowohl im Buch als auch im Film (Drehbuch) geht es um eine rasche Abkühlung des
Erdklimas und die Folgen, die sich hieraus für die Bevölkerung ergeben. Beide spielen
im Wesentlichen in den USA. Was jeweils in Buch und Film als zentrale
Rahmenhandlung anzusehen ist, ist zwischen den Parteien streitig.
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Der Verfügungskläger behauptet, der Roman "Q" und der Film "U " wiesen inhaltlich
erhebliche Übereinstimmungen im Hinblick auf Rahmenhandlung, Szenen und
Charaktere auf. Er macht geltend, die Übereinstimmungen in Drehbuch
beziehungsweise Film seien aus seinem Roman entnommen; durch die
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unterbliebene Nennung seiner Person im Zusammenhang mit der Verbreitung und
Vorführung des Films werde sein Urheberrecht verletzt.
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Er behauptet, zentrales Motiv seines Romans sei die Abkühlung des Erdklimas und der
Eintritt eines plötzlichen Klimawechsels ("Sudden Climate Change") mit der Folge, dass
Nordamerika und Europa nach nur kurzer Zeit unter eiszeitlichen Bedingungen zu
leiden hätten. Dabei sei der Klimawandel zunächst auf einer amerikanischen
Arktisstation spürbar, jedoch seien die Auswirkungen bald auch in den gemäßigten
Regionen Europas und Nordamerikas festzustellen. Das rapide Abfallen der
Temperatur, Schneestürme und andere Katastrophen bedrängten die gesamte westliche
Zivilisation. Schreckensszenen mit vielen Todesopfern spielten sich in amerikanischen
Städten wie Washington D.C., New York oder Chicago ab. Eine groß angelegte
Evakuierung der nördlichen Regionen der USA werde erforderlich und von der
amerikanischen Regierung anordnet. Der Protagonist Cliff Lorenz, ein amerikanischer
Wissenschaftler, nehme sich dieser neuen Herausforderungen an. Er sei er mit der
wetterbestimmenden Wirkung des Golfstroms im Nordatlantik vertraut. Er könne den
Präsident der USA und von der Notwendigkeit überzeugen, dass die klimatische
Verhältnisse auf der Erde durch eine Manipulation des Golfstroms zurückverändert
werden müssten. Nur dadurch könne die Bedrohung der amerikanischen Zivilisation
abgewendet werden.
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Dieses Leitmotiv des Romans sei fiktiv und basiere nicht auf wissenschaftlich fundierten
Modellen. Zu beachten sei dabei, dass das verwendete Leitmotiv eines "Sudden
Climate Change" fiktiv der Fantasie des Verfügungsklägers entsprungen sei und es
hierfür keine wissenschaftliche Basis gebe und sich nicht wie im Roman dargestellt
vollziehen könne.
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Insgesamt sei das Katastrophenszenario in Roman und Film weitgehend identisch. Der
plötzliche Eintritt einer neuen Eiszeit, der rapide Temperaturabfall, Stürme in
Nordamerika und Europa und die Belastung der Zivilbevölkerung würden in ähnlicher
Weise dargestellt einschließlich der ironischen Umkehr der Realität in eine Flucht
amerikanischer Staatsbürger nach Mexiko. Sogar im Hinblick auf die Bedeutung des
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Golfstroms für diesen Klimawandel fänden sich Übereinstimmungen.
Insbesondere gebe es im einzelnen folgende Übereinstimmungen zwischen Roman
einerseits und Drehbuch/Film andererseits:
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Vor einer raschen Veränderung des Weltklimas mit katastrophalen Folgen vollziehe sich
innerhalb von nur wenigen Tagen und Wochen ein vollständiger Klimawandel; eine
neue Eiszeit beginne. Von zentraler Bedeutung in Roman und Film sei die
wetterbestimmende Bedeutung des Golfstroms für den nordatlantischen Raum. Dieser
sei der Schlüssel für die Klimaveränderung. Die Abkühlung werde übereinstimmend
dadurch verstärkt, dass das Sonnenlicht von der Erdoberfläche reflektiert und in das All
zurückgestrahlt werde. Innerhalb kürzester Zeit manifestierten sich Anzeichen einer
neuen Eiszeit, und zwar jeweils von Norden nach Süden. Erste Vorzeichen der
Katastrophe im Norden würden von Polarforschern beobachtet, deren
Überlebensbedingungen an den Polen unerträglich würden, nachdem in der polaren
Eiskappe Risse und Verwerfungen auftreten. Tiefste Gletscherspalten führen zur
Instabilität der Polaroberfläche, die Besatzung und Gerätschaften der Forschungsstation
bedrohe.
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Bald danach seien die Auswirkungen der neuen Eiszeit im gesamten nordatlantischen
Raum festzustellen. Schneefälle ungekannten Ausmaßes führten zu chaotischen
Bedingungen. Die Bevölkerung werde von heftigen Stürmen, insbesondere von
Blizzards, geplagt. Städte der USA (Chicago im Roman, New York im Film) würden
Opfer dieser gewaltigen Schneestürme, denen viele Menschen zum Opfer fallen. Die
Eiszeit erweise sich als eine Bedrohung für die gesamte westliche Zivilisation, die
Vorkehrungen erfordere. Es gebe eine Flüchtlingsbewegung aus den amerikanischen
Nordstaaten. Der Präsident ordne eine Evakuierung an, die wegen ihrer Dimension
erhebliche Probleme mit sich bringe. Insbesondere werde ein Großteil der
amerikanischen Bevölkerung nach Mexiko verbracht. Die mexikanische Regierung
beschließe, ihre Grenze in Richtung USA zu schließen.
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Es fänden sich weiterhin Übereinstimmungen in den verwendeten Charakteren.
Protagonist sei in beiden Fällen ein sehr anerkannter Klimaforscher, der sich mit einem
ganz eigenen Modell zum Klimawandel beschäftigt habe. Dieser Protagonist - im
Roman Cliff Lawrence, 44 Jahre alt, im Film (Drehbuch, Stand 01.05.2002) Adrian Hall,
45 Jahre alt - arbeite übereinstimmend in einer regierungsnahen wissenschaftlichen
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Behörde mit Sitz in Washington D.C. Im Zentrum seines wissenschaftlichen Interesses
stünde der Golfstrom mit seiner Bedeutung für das nordatlantische Klima. Das von ihm
entworfene Modell sei wissenschaftlich einzigartig. Auf Grund des plötzlichen
Klimawandels müsse das existierende Modell überarbeitet werden, um den
Wissenschaftlern als Arbeitsgrundlage zu dienen. Der Protagonist nehme
übereinstimmend diese Herausforderung an. Zur Erarbeitung eines neuen Modells bilde
er in beiden Fällen eine 4-köpfige Task Force, in der neben ihm zwei Männer und eine
Frau tätig seien. Die Erkenntnisse des Protagonisten fänden die nötige Anerkennung
unter Kollegen und würden auch in Regierungskreisen ernst genommen. Bei einer
Begegnung mit dem Präsidenten der USA könne der Protagonist diesen vom Ernst der
Lage überzeugen. Übereinstimmend sei der Protagonist vom Charakter her rational und
entschlussfreudig. Auf Grund seiner wissenschaftlichen Erfahrung könne er die
Anzeichen verstehen, sie einordnen und die Katastrophe prognostizieren. Er sei
souverän und glaubwürdig. Er sei kein Zauderer und wisse, was im richtigen Augenblick
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zu tun sei. Dabei handle er nicht kopflos und impulsiv. Er stehe mit beiden Beinen im
Leben.
Der Protagonist habe in beiden Fällen eine menschliche und private Seite. Er sei
alleinstehend und habe einen Sohn, der Teenager sei. Diese Sohn bedürfe des
besonderen Schutzes durch den Vater. Der Vater versuche in beiden Fällen, den Sohn
vor der Klimakatastrophe in Sicherheit zu bringen. Der Protagonist hege in beiden
Fällen Gefühle für seine langjährige Partnerin, bei der sich im Film um seine Ex-Frau
Lucy, im Roman um seine Kollegin Pamela handele. Beide erwiderten schließlich ihre
Liebe zu dem Protagonisten. Man käme sich durch die Katastrophe näher. In beiden
Geschichten rette die von dem Protagonisten verehrte Frau ein krankes wehrloses Kind
und lasse sich mit diesem evakuieren. So gelinge im Roman Pamela mit dem
behinderten Butch die Flucht nach Texas, während sie im Film mit dem krebskranken
Peter nach Mexiko fliehe.
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Es gebe Parallelen bis hin zu einzelnen Namen: so heiße der beste Freund des
Protagonisten im Roman Fritz, im Film Frank. Beide kämen bei einem gefährlichen
Einsatz ums Leben. Der Vorgesetzte heiße im Roman Roscoe, im Film heiße ein
hochrangiger Professor Rapson. Während der Protagonist des Films (im Drehbuch)
Adrian Hall heiße, sei im Roman einer der Wissenschaftler Adrian Scott. Dieser Adrian
Scott im Ro-
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man sei wie Adrian Hall im Drehbuch ein Wissenschaftler, der sich mit den
Bewegungen des Golfstroms beschäftige. Ein leitender Glaciologe in der Polarstation
des Romans heiße Peter Hall. In Übereinstimmung mit dem Protagonisten des
Drehbuches sei er entschlossen, hemdsärmelig und rauhbeinig. Es sei kein Zufall, dass
der Name des Protagonisten im Film - Adrian Hall - aus den Namen zweier Forscher im
Roman und zusammengesetzt worden sei, nämlich Adrian Scott und Peter Hall. Die
Charaktere beider vereinigten sich im Drehbuch zu einer Figur.
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Auch hinsichtlich der Szenen bestünden Übereinstimmungen. Am Anfang von Roman
und Film stehe jeweils eine amerikanische Polarstation, wo sich die dargestellten
Veränderungen enorm schnell vollzögen, Eismassen lösten sich, es bildeten sich 400
Fuß tiefe Spalten. In Roman wie im Drehbuch würden Proben vom und Eis durch
Forscher genommen. Die Proben dienten der Analyse der kristallinen Eisstruktur im
fossilen Kern und könnten vorzeitliche Klimaverhältnisse belegen. Im Roman wie im
Film gebe es Bilder von erfrierenden Menschen. Als Vorboten der Katastrophe würden
in Film und Drehbuch jeweils Tiere verwendet. So gebe es jeweils einen Vogelzug als
Hinweis auf den bevorstehenden Sturm. Während im Drehbuch Schmetterlinge erfrören,
seien es im Roman Schnecken.
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Auch die Flutwelle des Films habe ihr Vorbild im Roman. Beide entstünden gleichsam
aus dem Nichts. Nach starken, tagelangen Regenfällen erhebe sich das Wasser
scheinbar ohne sichtbare Einwirkung von außen. In beiden Fällen zerstöre die Flutwelle
zahllose Gebäude und Menschen kämen um. Der einzige Unterschied sei, dass die
Flutwelle im Roman aus einem Stausee entstehe, während im Film New York überflutet
werde.
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Trotz der zunehmenden Erkenntnis unter Forschern und Politikern, dass eine
Katastrophe drohe, werde der Versuch unternommen, diese aus den Medien
herauszuhalten. Auch finde sich übereinstimmend der Börsencrash als Motiv. Bei
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Bekanntwerden der bevorstehenden Klimaveränderung fallen die Aktienkurse. Bei der
Evakuierung der amerikanischen Nordstaaten sei die maßgebende geographische Linie
gleich, nämlich von San Francisco nach Washington in Richtung Süden. Die südlichste
evakuierte Staat sei in beiden Fällen Washington D.C. Die Ziele der Flüchtenden seien
gleich,
nämlich Texas, Florida und Mexiko. Die Szenen flüchtender US-Amerikaner nach
Süden über die mexikanische Grenze und die damit dargestellte Ironie einer gegenüber
der Gegenwart umgekehrten Flüchtlingsbewegung finde sich sowohl im Roman als
auch im Film. Die Reaktion der mexikanischen Regierung, nämlich die Schließung der
Grenze, sei ein Bild, das sich ebenfalls sowohl in Roman als auch Film wiederfände. Im
Blickpunkt beider stünde die Evakuierung großer Städte. Übereinstimmend werde auch
die Flucht der Menschen dadurch erschwert, dass Autos feststeckten, der Flugverkehr
ausgesetzt werde und kein Zug fahre. Übereinstimmend gebe es herumstreunende
Arktiswölfe. In Roman und Film tauche ein russisches Geisterschiff auf. Auch die Szene,
in der der Protagonist den Präsidenten der USA trifft und er als sachkundiger Berater
diesen überzeuge, so dass er dessen Empfehlungen folge, sei gleich.
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Schließlich seien die Schlussszenen identisch. In beiden Fällen fliege ein Orion P3-
Flugzeug über eine gänzlich verschneite Stadt und lande dort. Dies sei im Roman
Augusta, im Film Manhattan; beide Städte seien im Schnee versunken.
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In Film und Roman gebe es ferner übereinstimmende Orte: am Anfang stünden in
beiden Fällen eine Polarstation. New York sei übereinstimmend ein Opfer der
Zerstörung, es gebe Flüchtlingsbewegungen von da aus. In Washington D.C. wohne
und arbeite der Protagonist, von dort aus finde die Interaktion zwischen dem
Protagonisten und den Regierungsbehörden statt und von dort werde schließlich die
Evakuierung organisiert. Die mexikanische Grenze sei ein Brennpunkt, der ebenfalls in
beiden Werken auftauche.
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Insgesamt seien Übereinstimmungen unverkennbar. Der Film übernehme nicht nur die
fiktive Handlung des Romans und dessen wesentliche Elemente, sondern vor allem
würden auch identische Motive und Figuren in den Mittelpunkt der Geschichte gerückt.
Neben der Rahmenhandlung fänden sich deutliche Parallelen bis hin zu einzelnen
Charakteren, Namen, Motiven und Orten der Handlung.
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Der Verfügungskläger behauptet weiterhin, der Autor des Drehbuches und Regisseur
des Films S habe offensichtlich Kenntnis von dem Roman des Verfügungsklägers
gehabt. Er habe 1998 durch seinen Berater dem Büro von S seinen Roman zugesandt
mit der Bitte zu prüfen, ob eine Verfilmung in Be-
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tracht komme. Zu diesem Zweck habe sein Berater mehrmals mit einem Mitarbeiter und
Produktionspartner von S, nämlich Herrn F gesprochen. Herr F habe sich in einem erst
im Mai 2004 geführten Telefongespräch sofort an die Unterredungen mit dem Berater
des Verfügungsklägers erinnert. Hierdurch erklärten sich die frappierenden Parallelen
zwischen dem Roman "Q" und dem Film "U".
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Demgegenüber gebe es keine wesentlichen Übereinstimmungen mit dem Sachbuch
"D2 " (mit dem deutschen Titel "T"), von dem Herr S mitgeteilt habe, es sei die Basis
seines Films gewesen. Hier ergäben sich nur wenige Anknüpfungspunkte, zumal das
Buch " T " ein Sachbuch sei. Teilweise stünden Film und Sachbuch auch in krassem
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Widerspruch, z.B. im Hinblick auf die Auswanderung mexikanische Bürger in den
Süden der USA, von dem im Buch "T" ausgegangen werde. Im Übrigen sei dieses Buch
erst 1999 erschienen, während der Roman des Verfügungsklägers bereits 1993
erschienen sei.
Der Verfügungskläger vertritt die Ansicht, Drehbuch und Film übernähmen die Fabel
und Teile des Inhalts seines urheberrechtlich geschützten Werkes. Es handele sich
keinesfalls um eine freie Benutzung im Sinne von § 24 UrhG. Hierdurch werde sein
Nennungsanspruch gemäß § 13 UrhG verletzt.
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Der Verfügungskläger macht geltend, es fehle auch nicht an der Eilbedürftigkeit: Zwar
habe er - unstreitig - das Drehbuch am 3. April 2004 erhalten und es bis zum 17. April
2004 erstmals vollständig gelesen. In den darauf folgenden Wochen habe er sich an
einen detaillierten Vergleich von Roman und Drehbuch gemacht und erhebliche
Übereinstimmungen zwischen beiden Werken festgestellt. Dass eine Verletzung seines
Nennungsrechts vorgelegen habe, habe er jedoch erst feststellen können, nachdem der
Film in den Kinos angelaufen sei. Insgesamt sei er ohne Zögern tätig geworden, sowie
er hinreichende Sicherheit darüber habe erlangen können, dass das Drehbuch ohne
Abweichungen gegenüber dem Roman filmisch umgesetzt worden sei.
33
Der Verfügungskläger beantragt,
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der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes von EUR 2,50 bis zu EUR 250.000,-, an
dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6
Monaten tritt, zu verbieten,
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an der Vorführung und Verbreitung des Films mit dem Titel "U ", Regie: S,
mitzuwirken, soweit dies ohne Nennung des Verfügungsklägers als einer der
Urheber des dem Film zugrunde liegenden Stoffes geschieht.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt,
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1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen,
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2. dem Verfügungskläger aufzugeben, innerhalb einer von dem Gericht zu
setzenden Frist eine in der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellte
Prozesskostensicherheit zu leisten,
39
3.
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hilfsweise für den Fall der Anordnung einer einstweiligen Verfügung, dass die
Anordnung, hilfsweise die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer in
der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellten Sicherheitsleistung abhängig
gemacht wird.
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Die Verfügungsbeklagte bestreitet die amerikanische Staatsangehörigkeit des
Verfügungsklägers und dessen Identität mit dem Autor des Buches, E. Sie behauptet,
Rahmenhandlung von Film und Roman seien völlig unterschiedlich. Insbesondere rügt
die Verfügungsbeklagte, dass der Verfügungskläger den Kern des Romanes nicht
erwähne, der in Wahrheit davon handele, wie eine prognostizierte Vergletscherung
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durch künstliche Beeinflussung des Wetters verhindert werde. Insbesondere sei ein
plötzlicher Klimawechsel nicht eine Erfindung des Verfügungsklägers, sondern
allgemeiner Diskussionsgegenstand der Klimaforschung, zumal es einen plötzlichen
Klimawechsel in der Entwicklungsgeschichte der Erde mehrfach gegeben habe.
Dessen Ursachen und Wirkungen seien Gegenstand einer Vielzahl von
Veröffentlichungen. Im Übrigen seien der Klimawechsel in Buch und Film
unterschiedlich dargestellt worden.
Die Rahmenhandlung von Film und Roman stimmten nicht überein. Während im Film
eine Veränderung einhergehend mit Tornados, sintflutartigen Regenfälle und Stürmen
in nur wenigen Tagen vor sich gehe, vollziehe sich dies im Roman über längere Zeit
hinweg: Während im Januar ein Erdbeben in Kalifornien stattfinde, gebe es im Frühjahr
einfach niedrigere Temperaturen und im August sei es wie im Herbst. So könne im
Norden der USA zu dieser Zeit noch Golf gespielt werden. Die Bevölkerung lebe mit
einem deutlich zu kühlen, aber nicht mit schwerem oder unerträglichen Wetter.
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Im August finde die Sprengung der unterirdischen Insel Hull, durch die die drohende
Vergletscherung schliesslich abgewendet werden könne, statt. Im Roman gebe es erste
Schneestürme im hohen Norden erst ab Seite 307 von insgesamt 349 Seiten.
Schließlich werde auch die Vergletscherung durch künstliche Klimaveränderung
abgewendet. Auch die Schilderung der Vorgänge auf den Polarstationen sei ganz
unterschiedlich. Zwar gebe es in beiden Werken Evakuierungen, was jedoch in
Hunderten von Filmen und Büchern geschildert werde. Die Zusammenhänge seien
indes in Film und Buch unterschiedlich dargestellt worden. Während im Film die
Evakuierung erst angeordnet werde, als die Folgen des Wetterumschwungs schon so
stark seien, dass den Verantwortlichen nichts mehr anderes übrig bleibe als die
überhaupt noch evakuierungsfähigen Menschen - diejenigen die südlich einer Linie von
Washington nach San Francisco leben - zu evakuieren, sei dem Präsidenten im Roman
schon nach den Meldungen über die Polarstation klar, dass eine Vergletscherung
drohe. Daraufhin solle eine Wetterveränderung versucht werden, weshalb zunächst von
einer Evakuierung abgesehen werde. Die Vergletscherung bleibe auch aus und erst als
der russische Botschafter auf einer Pressekonferenz erkläre, eine Vergletscherung
stehe unmittelbar bevor, entstünde Panik, worauf dann die Evakuierung die Folge sei.
Während im Buch die Grenze nach Mexiko geschlossen werde, bleibe diese im Film
offen.
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Der Umstand, dass beide Protagonisten Wissenschaftler sind, sei urheberrechtlich nicht
schutzfähig. Beide arbeiteten für unterschiedliche Behörden; dass regierungsnahe
Behörden ihren Sitz in Washington D.C. haben, sei naheliegend und nicht von
schöpferischer Kraft. Während der Protagonist des Buches sich mit den Möglichkeiten
einer Wetterveränderung befasse, sei der Protagonist des Filmes Paläoklimatologe, der
vor dem Treibhauseffekt warne und ein wissenschaftliches Modell zur Erklärung früherer
Eiszeiten entwickelt habe. Mit positiven Eingriffen in das Wetter habe er sich
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nicht beschäftigt. Auch sei der Golfstrom aus unterschiedlichen Gründen für den
Protagonisten von Bedeutung. Während im Buch sofort Klarheit bestehe, dass eine
Vergletscherung bevorstehe und eine Wetterveränderung anordnet werde, tappe man
im Film zunächst im Dunkeln. Auch die Rolle des Protagonisten sei dementsprechend
unterschiedlich: während er im Film warne und erst spät Gehör finde, müsse im Buch
die Regierung nicht überzeugt werden. Der Protagonist beteilige sich an der
Wetterveränderung freilich erst auf Druck der Regierung. Dementsprechend sei der
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Protagonist des Buches auch nicht entschlussfreudig.
Auch die Darstellung der Söhne des Protagonisten sei unterschiedlich. Während im
Buch der 12-jährige Sohn eigentlich keine Rolle spiele, werde der Sohn des
Protagonisten im Film von diesem unter Einsatz des eigenen Lebens gerettet.
Demgegenüber sei der Sohn im Buch nie in Gefahr gewesen. Auch hinsichtlich des
Verhältnisses des Protagonisten zu einer Frau finde sich eine völlig unterschiedliche
Darstellung. Desgleichen sei die Schilderung des jeweils besten Freundes
unterschiedlich. Während Fritz im Roman ein Geheimagent Russlands aus
Ostdeutschland sei, der die Aktivitäten von Cliff ausspionieren und ihn ausschalten solle
und nach einem Unterwasserkampf mit Cliff an der Taucherkrankheit sterbe, sei Frank
im Film ein treuer Freund des Protagonisten, dem mit ihm das Wagnis aufnehme, sich
von Washington auf den Weg nach New York zu machen, um dessen Sohn zu retten. Er
komme ums Leben, als die Gruppe auf dem Glasdach einer Shopping Mall einbreche.
Er schneide sich selber vom Sicherheitsseil, um seine beiden Gefährten nicht in die
Tiefe zu reißen.
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Auch die übrigen vom Verfügungskläger gezogenen Parallelen hinsichtlich der Namen
der Beteiligten seien in keiner Weise vergleichbar. Dies wird im Einzelnen ausgeführt.
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Anders als vom Verfügungskläger behauptet seien die Anfangsszenen unterschiedlich,
genauso wie das Geschehen auf der Polarstation. Der Roman beginne nämlich mit
einer Dammkatastrophe in Idaho, während am Anfang des Films eine Sequenz stehe, in
der ein Eisberg in der Größe von Rhode Island vom arktischen Schelfeis abbreche. Der
Protagonist werde mit seinen Freunden Jason und Frank in der Polarstation gezeigt, die
aus einem Container und drei Polarzelten bestehe. Demgegenüber nehme in dem
Roman die Schilderung des Schicksals der mit 75 Mann besetzten Polarstation breiten
Raum ein. Sie bestehe aus 16 Containern und verfüge über einen nuklear be-
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triebenen Atomreaktor. Geschildert werde das sich ständig verschlechternde Wetter,
dessen Auswirkungen auf die Station und die dort befindlichen Menschen, die
Entscheidung, die Station zu evakuieren, den Atomreaktor herunterzufahren und
schließlich die vergeblichen Versuche, die Besatzung der Station zu retten bis hin zur
Explosion des Atomreaktors und das Zurücklassen der verstrahlten Überlebenden.
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Die Flutwelle habe in Buch und Film eine unterschiedliche Ursache. Ihre Schilderung im
Film sei einzigartig.
51
Dass die Flucht durch stecken gebliebene Autos und Staus erschwert werde, sei
insgesamt bei schlechtem Wetter normal. Während im Buch Wölfe nach Süden
wanderten, würden im Film Wölfe aus dem Zoo von New York durch eine offene Käfigtür
fliehen. Die vom Verfügungskläger herangezogene Parallele zwischen dem "russischen
Geisterschiff" sei in Film und Roman nicht vergleichbar. Weiterhin gebe es keine
Übereinstimmung der Handlungsorte, wobei zu berücksichtigen sei, dass fast alle in den
USA spielenden Geschichten in den Hauptstädten wie New York, Washington, Los
Angeles oder Chicago spielten. Auch die mexikanische Grenze bilde eine natürliche
Grenze zum Süden hin.
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Insgesamt stimmten weder Handlungsstränge noch Figurenkonstellationen überein. Es
gebe keine sich gleichenden dramatischen Konflikte. Vielmehr würden zwei
unterschiedliche Geschichten zum Thema Klimaveränderung in Buch einerseits und
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Film andererseits geschildert.
Der Verfügungskläger habe das Buch nie an das Büro von S gesandt. Der Empfänger,
F, sei seit 1998 nicht mehr für S Firma tätig gewesen. F habe das Buch auch nicht an S
oder dessen Firma weitergegeben und auch den Roman nicht mit diesem diskutiert.
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Die Verfügungsbeklagte rügt fehlende Eilbedürftigkeit und beruft sich darauf, dass der
Film bereits seit November 2003 beworben werde. Über einen Großteil der
beanstandeten Szenen sei seit Monaten berichtet worden. Auch sonst habe der
Verfügungskläger nach Erhalt des Drehbuches zu lange Zeit zugewartet.
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Die Verfügungsbeklagte behauptet, für den Fall des Erlasses einer einstweiligen
Verfügung entstünden erhebliche Kosten und Schäden. Alleine die Technik- und
Logistikkosten für die Einfügung des Namens des Verfügungsklägers in die Filmkopien
beliefen sich auf etwa EUR 500.000,-. Während der Änderung des letzten und ersten
Akts des Films könnten keine Einspielkosten erzielt werden, so dass insofern Ausfälle in
Millionenhöhe drohten.
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Die Verfügungsbeklagte macht geltend, angesichts der im vorliegenden Fall
notwendigen Klärung besonders umfangreicher tatsächlicher und rechtlicher Fragen
könne das Unterlassungsbegehren des Verfügungsklägers nicht im einstweiligen
Verfügungsverfahren verfolgt werden.
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Im Hinblick auf die von der Verfügungsbeklagten dargestellte Kostenfolge für den Fall
des Erlasses einer einstweiligen Verfügung macht der Verfügungskläger geltend, es
liege nicht in seinem Interesse, die Auswertung des Films vollständig zu stoppen.
Seinem Anspruch auf Urhebernennung sei bereits dann Genüge getan, wenn er durch
Einblenden eines Dias, einen schriftlichen Hinweis am Kinoeingang oder Mitteilung
durch den Vorführer am Anfang oder Ende der jeweiligen Vorführung genannt werde.
58
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf
die von ihnen eingereichten Urkunden und eidesstattlichen Versicherungen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
60
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, jedoch unbegründet.
61
I.
62
Der Antrag der Verfügungsbeklagten auf Leistung von Prozesskostensicherheit ist nicht
begründet, da eine Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Absatz 1 ZPO von der einem
Mitgliedstaat des TRIPS-Abkommens angehörenden ausländischen Partei nicht
verlangt werden kann. Ein Zwischenurteil über diese Frage war daher nicht geboten.
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Es ist bereits in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich umstritten, ob §110 ZPO im
Eilverfahren anwendbar ist. Zwar muss auch in Eilfällen die Anforderung einer
Prozesskostensicherheit nicht zwangsläufig zu Verzögerungen führen, wenn der
Antragsteller sich hierauf einstellt und die Sicherheit unverzüglich erbringt. Da jedoch -
wie auch vorliegend geschehen - die Einrede der Prozesskostensicherheit
64
grundsätzlich bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung erhoben werden kann, führt
dies regelmäßig durch das in §§ 112, 113 ZPO vorgeschriebene Verfahren zu
Verzögerungen, insbesondere durch die Anfechtbarkeit eines wie ein Endurteil
anfechtbaren Zwischenurteils (§ 280 Abs. 2 ZPO) über eine den Antrag auf
Prozesskostensicherheit verwerfende Zwischenentscheidung. Angesichts der
Bedeutung einer schnellen Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren und der
dieser besonderen Eilbedürftigkeit besser entsprechenden Möglichkeit der Anordnung
einer Sicherheitsleistung als Voraussetzung für die Anordnung oder Vollziehung der
einstweiligen Verfügung (§§ 936, 921 Satz 2 ZPO) bedarf es nicht der zusätzlichen
Voraussetzung, die Zulässigkeit des Verfahrens von einer zuvor zu leistenden
Sicherheit abhängig zu machen. Das gilt auch dann, wenn wie vorliegend der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von der Eingangsinstanz im Ergebnis als nicht
begründet angesehen wird, da auch in diesen Fällen eine rasche Entscheidung
erforderlich ist, um diese gegebenenfalls mit einem Rechtsmittel angreifen zu können.
Hinzu kommt insbesondere in Eilverfahren zum gewerblichen Rechtsschutz oder - wie
vorliegend - im Rahmen der Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche, dass durch
zwischenstaatliche Abkommen den Angehörigen der Mitgliedstaaten jeweils
Inländerbehandlung zugesichert wird und die Berücksichtigung der Einrede der
Prozesskostensicherheit der Rechtsdurchsetzung im Eilverfahren diesem Grundsatz
widerspricht. Das ist der Fall für das TRIPS-Abkommen (vgl. hierzu OLG Frankfurt,
IPRax 2002, 222 f.), das für die Urheberrechtsbeziehungen zwischen der Bundesre-
65
publik Deutschland und den USA seit seinem Inkrafttreten maßgeblich ist. Der Umstand,
dass dieses Abkommen im Hinblick auf das vorliegend geltend gemachte
Urheberpersönlichkeitsrecht gerade ein Defizit aufweist und insofern auf die RBÜ (Art 6
bis. RBÜ) zurückzugreifen ist, ändert daran nichts, da auch die Verbandsländer der
Revidierten Berner Übereinkunft den Grundsatz der Inländerbehandlung vereinbart
haben, Art. 5 RBÜ (vgl. hierzu Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor § 120 ff., Rn.
47, 71). Zwar wird auch für den Anwendungsbereich von TRIPS und RBÜ das
Erfordernis einer Sicherheitsleistung für Prozesskosten als zulässig angesehen (vgl.
Nachweise hierzu: OLG Frankfurt a.a.O.), jedoch ist darauf zu verweisen, dass in Bezug
auf das Urheberrecht sich die Inländerbehandlung bereits aus der Inkorporation von Art.
5 RBÜ durch Art. 9 TRIPS ergibt. Hieraus folgt die Anwendung der RBÜ-Regel für alle
TRIPS-Mitglieder. Es ist davon auszugehen, dass Art. 3 TRIPS eine gegenüber den
bisherigen Konventionen noch bestehende Schutzlücke hinsichtlich der
Durchsetzbarkeit der Rechte des geistigen Eigentums geschlossen werden sollte. Dies
umfasst nach dem Text des Übereinkommens (Fußnote 3 zu Art. 3 Abs. 1 Satz 1 TRIPS)
die Verfügbarkeit, den Erwerb, den Umfang und die Durchsetzung von Rechten des
geistigen Eigentums und ist als Gleichbehandlung auch in verfahrensrechtlicher
Hinsicht zu verstehen (vgl OLG Frankfurt a.a.O.).
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Der Verfügungskläger hat durch Einreichung einer Kopie seines Passes (Bl. 129 d.A.)
und seiner Einbürgerungsurkunde vom 17. Januar 1955 (Bl. 130 d.A.) glaubhaft
gemacht, dass er amerikanischer Staatsbürger und damit Bürger eines Mitgliedsstaates
des TRIPS-Übereinkommens ist.
67
II.
68
Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war nicht
bereits wegen fehlender Eilbedürftigkeit zurückzuweisen. Zwar ist grundsätzlich davon
69
auszugehen, dass ein Untätigbleiben beziehungsweise Zuwarten des
Anspruchsstellers über vier bis sechs Wochen im Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung auf dem Gebiet des Urheberrechts dazu führt, dass ein
Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO nicht mehr als gegeben angesehen
werden kann. Jedoch kann dem
Verfügungskläger ein solches Zuwarten nicht vorgeworfen werden. Richtig ist zwar,
dass er das Drehbuch zu dem Film bereits am 03.04.2004 erhielt, es nach seiner
Darlegung bis zum 17.04.2004 erstmals vollständig durchlas, die Verfügungsbeklagte
erstmals am 01.06.2004 abmahnte und den Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung am 03.06.2004 bei dem Landgericht Köln stellte. Hierauf allein kann im
Hinblick auf das besondere Begehren des Verfügungsklägers, den Film in Deutschland
nicht ohne Nennung seiner Person als Urheber zu vervielfältigen und zu verbreiten,
nicht abgestellt werden. Dem Verfügungskläger war nämlich die unterbliebene Nennung
seines Namens als eines Miturhebers erst mit dem Kinostart des Films hinreichend
sicher feststellbar. Auch wenn er nach dem von ihm vorgetragenen Hergang überhaupt
nicht von seiner Nennung ausgehen durfte, ändert dies nichts daran, dass die
behauptete Verletzung seines Urheberrechts erst mit dem Start des Films bemerkbar
war.
70
III.
71
Soweit die Verfügungsbeklagte bestritten hat, dass der Verfügungskläger identisch mit E
ist, unter dessen Namen der streitgegenständliche Roman erschienen ist, ist dies nicht
erheblich. Ausweislich der vorgelegten Kopien des Romans (Anlage A 3 zur
Antragsschrift) ist darin aufgeführt "All rights reserved. Copyright (c) 1993 by V". Die
Frage, ob der Copyright-Vermerk eine Urheberbezeichnung im Sinne von § 10 UrhG
darstellt und die gesetzliche Vermutungswirkung auslöst, hängt davon ab, ob es sich bei
der Verwendung des Copyright-Vermerks um eine übliche Urheberbezeichnung handelt
(vgl. Wandtke/Bullinger-Thum, UrhR, § 10, Rn 47). Dies ist angesichts der konkreten
Umstände zu bejahen. Die Bezeichnung findet sich an der üblichen Stelle mit dem
üblichen Inhalt. Im übrigen gilt, dass im Zweifel zugunsten des Urhebers und damit
zugunsten einer Anwendung von § 10 UrhG zu entscheiden ist (vgl. Wandtke/Bullinger-
Thum a.a.O., Rn 12 m.w.N.). Die Namensangabe einer natürlichen Person im Copyright-
Vermerk löst jedenfalls dann die Vermutung aus, wenn sich der Copyright-Vermerk an
der üblichen Stelle befindet und andere Angaben fehlen. Damit ist der Verfügungskläger
sowohl unter seinem Pseudonym als auch seinem bürgerlichen Namen in der üblichen
Weise als Urheber bezeichnet, § 10 UrhG, so
72
dass diese Urheberbezeichnung eine Vermutungswirkung erzeugt hat. Diese bezieht
sich in concreto auch mit hinreichender Sicherheit darauf, dass der Verfügungskläger
identisch mit E ist, dem auf dem Titelblatt des Romans genannten Urheber. Diese
Annahme wird auch durch die Autorenbeschreibung des Buches "Q" (Anlage 1 zur
Antragsschrift) gestützt, in der aufgeführt ist, dass der Verfügungskläger unter dem
Namen E schreibt.
73
Die Verfügungsbeklagte ist dem nicht entgegengetreten.
74
IV.
75
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedoch deshalb nicht begründet,
76
weil der Verfügungskläger einen Verfügungsanspruch zwar vorgetragen, diesen jedoch
mit den von ihm eingereichten Mitteln der Glaubhaftmachung - insbesondere der Kopie
des Romans und des Drehbuches - nicht glaubhaft gemacht hat. Diese wesentlichen
Mittel der Glaubhaftmachung stützen inhaltlich nämlich seinen von der
Verfügungsbeklagten bestrittenen Sachvortrag im Hinblick auf den schutzfähigen Inhalt
seines Romans und die behaupteten Übereinstimmungen von Drehbuch und Film nicht.
Dies gilt sowohl für die geschützte Kernfabel als auch für die sonstigen vom
Verfügungskläger behaupteten Übereinstimmungen. Der Antrag des Verfügungsklägers
war insbesondere deshalb nicht begründet, weil die Übereinstimmungen, auf die er sich
beruft, entweder nicht schutzfähige Ideen sind oder aber diejenigen Teile des Romans
betreffen, die als gemeinfrei anzusehen sind. Die schöpferische Ausgestaltung dieser
gemeinfreien Teile erfolgte zudem in Roman und Drehbuch in unterschiedlicher Weise.
In einer Vielzahl der behaupteten Übereinstimmungen waren diese zudem überhaupt
nicht zu finden. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
77
Der Verfügungskläger kann grundsätzlich den Schutz des § 97 UrhG in der Form des
Unterlassungsanspruches wegen Verletzung seines Rechts aus § 13 UrhG in Anspruch
nehmen. Bei dem von ihm verfassten Roman handelt es sich um ein Sprachwerk gemäß
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Für den Fall, dass - wie er behauptet - das Drehbuch
beziehungsweise der Film eine Bearbeitung seines Romans im Sinne von § 23
78
UrhG darstellt, besteht eine Wiederholungsgefahr der Verletzung seines
Nennungsrechts gegenüber der Verfügungsbeklagten als Unterlassungsschuldnerin, da
diese für den exklusiven Verleih des Films "U " in Deutschland verantwortlich ist.
79
Der Verfügungskläger als US-amerikanischer Bürger ist in den Schutzbereich
Urheberrechtsgesetzes einbezogen. Er genießt über § 121 Abs. 4 UrhG
Inländerbehandlung nach Art. 6 bis. RBÜ für das von ihm geltend gemachte
Urheberpersönlichkeitsrecht, auf das wegen der insoweit bestehenden Lücke des
TRIPS-Abkommens zurückzugreifen ist (Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor §
120 ff., Rn. 71).
80
2.
81
Hinsichtlich der Kernfabel des Romans ist davon auszugehen, dass unter Würdigung
des Inhalts des Romans (der bis auf die Seiten 322 und 323 hier vorliegt) dessen
schutzfähiger Inhalt sich unter Berücksichtigung dessen, was als Gemeingut anzusehen
ist, deutlich von dem unterscheidet, was der Verfügungskläger behauptet.
82
Nicht urheberrechtlich schutzfähig ist die Idee des Verfügungsklägers, eine sich schnell
ausbreitende Eiszeit in den USA zu unterstellen und die - grundsätzlich weitgehend
vorhersehbaren - Reaktionen einer Gesellschaft in der Jetztzeit. Wenn sich auch der
Verfügungskläger darauf beruft, dass eine derartige Wetterkonstellation
naturwissenschaftlich nicht möglich und deshalb reine Fiktion sei, so ist ihm
entgegenzuhalten, dass die bloße Idee regelmäßig nicht Gegenstand
urheberrechtlichen Schutzes sein kann. Ideen müssen im Interesse der Allgemeinheit
frei bleiben; sie werden durch den Urheberrechtsschutz nicht monopolisiert (vgl.
Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 2, Rn. 50 m.w.N.).
83
3.
84
Die darüber hinaus schutzfähige Kerngeschichte des Romans des Verfügungsklägers
ist durch den Film beziehungsweise das Drehbuch jedoch in keiner maßgeblichen
Weise benutzt worden.
85
Sprachwerke können urheberrechtlichen Schutz sowohl für den Inhalt als auch für die
86
Form und für eine Verbindung von beidem erlangen. Der Inhalt ist allerdings nur
begrenzt schutzfähig, weil er regelmäßig Gemeingut ist. Er kann aber bei einem
fantasievollen Gang der Handlung, der Charakteristik und Rollenverteilung der
handelnden Personen, der Ausgestaltung von Szenen und in der Szenerie eines
Romans geschützt sein (Döring/Nicolini, UrhG, § 2 Rn. 53).
87
Bei einem Roman als Werk der Literatur i.S. des § 2 Absatz 1 Nr. 1 UrhG ist nicht nur die
konkrete Textfassung oder die unmittelbare Formgebung eines Gedankens
urheberrechtlich schutzfähig. Auch eigenpersönlich geprägte Bestandteile und
formbildende Elemente des Werkes, die im Gang der Handlung, in der Charakteristik
und der Rollenverteilung der handelnden Personen, der Ausgestaltung von Szenen und
in der Szenerie des Romans liegen, genießen Urheberrechtsschutz (vgl. BGH GRUR
1999, 984, 987 - Laras Tochter; BGH GRUR 1959, 379, 381 - Gasparone). Es sind die
Teile des Inhalts eines literarischen Werkes geschützt, die auf der schöpferischen
Fantasie des Urhebers beruhen und seine Individualität zum Ausdruck bringen.
Schutzunfähig sind demgegenüber diejenigen Teile des Inhalts, die der Urheber nicht
geschaffen, sondern aus reinem Gemeingut oder fremden Schöpfungen übernommen
hat (OLG München NJW-RR 2000, 268, 269).
88
Nach Kenntnisnahme von den Inhalt des Romans " Q " ist davon auszugehen, dass
folgende Teile des Romaninhalts Gemeingut sind:
89
Das Szenario einer nahenden Eiszeit ist zweifellos nicht schutzfähig, sondern
Allgemeingut. Es beruht auf geologischen Daten, die aus allgemein zugänglichen
Quellen für jedermann erreichbar sind. Das gilt auch für die Reaktion der Menschen in
einer entwickelten Zivilisation hierauf, hier konkret bei einem in den USA spielenden
Roman. Eine derartige Naturkatastrophe zieht grundsätzlich die Flucht von Menschen
vor der Kälte - hier nach Süden - nach sich und damit auch die - in der modernen Zeit zu
erwartenden - Probleme wie Verkehrsstau, Panik, Kriminalität oder Energiemangel.
Vergleichbare klimatische oder aus anderen Ursachen herrührende (Natur-)
Katastrophen sind Basis einer Vielzahl von Filmen oder Romanen.
90
Allgemeingut sind auch vorgegebene Bedingungen wie der Verlauf des Golfstroms
91
und seine Auswirkungen auf das Weltklima sowie eine mögliche Klimaveränderung
aufgrund menschlicher Einwirkung, wie z.B. durch den Treibhauseffekt. Aus allgemein
zugänglichen Quellen wie Lexika oder ähnlichem ist der Verlauf der letzten Eiszeit in
den USA zu entnehmen sowie die möglichen Ursachen der großen Kälte. Das gilt auch
für die Möglichkeit der Reflektion des Sonnenlichts durch Eruptionen (im Buch: St.
Andreas Graben) oder den Schnee (im Film) (vgl. Brockhaus-Lexikon in 24 Bänden, 19.
Auflage, Stichwörter "Eiszeit", "Klimaänderung") und die Möglichkeit einer durchaus
schnell voranschreitenden Vergletscherung. Das ist Allgemeingut genauso wie die
ebenfalls aus Lexika zu entnehmenden Wirkungen des Golfstroms für das Klima (vgl.
92
Brockhaus-Lexikon in 24 Bänden, 19. Auflage, Stichwort "Golfstrom"). Das gilt auch für
die Linie der Evakuierung, die der Verfügungskläger anführt, die in etwa der
Maximalvergletscherung bzw. der Treibeisgrenze der letzten Eiszeit vor etwa 18.000
Jahren entspricht.
Unter Berücksichtigung dessen, was in dem Roman des Verfügungsklägers an
gemeinfreien Elementen enthalten ist, ist davon auszugehen, dass hinsichtlich des
Inhaltes folgende Kerngeschichte schutzfähig ist:
93
Zu Beginn verursacht ein Klimaveränderer - der Protagonist - eine
Überschwemmungskatastrophe durch eine fehlgeschlagene Klimaveränderung. Dies
veranlasst ihn dazu, diese Wissenschaft für zu gefährlich zu halten, um sie weiter zu
praktizieren. Durch Eruptionen im St. Andreas Graben kommt es zu einer Abkühlung,
die im Norden beginnt. Dies wird am Beispiel einer Polarstation dargestellt, die
evakuiert werden soll und während deren Evakuierung es durch eine menschliche
Fehlleistung zu einer nuklearen Katastrophe kommt. Als dies bei der Regierung der
USA bekannt wird, befürchtet man eine globale Abkühlung und erinnert sich des
Wissenschaftlers Cliff Lorenz, der nun an seiner Theorie (Umlenkung eines Teils des
Golfstroms durch Beseitigung einer unterirdischen Insel namens Hull) arbeiten soll.
Wegen seiner generellen Bedenken gegen die Wetterveränderung weigert er sich
zunächst, sieht jedoch schließlich Notwendigkeit der Mitarbeit. So ist er beispielsweise
bei einer Anhörung erleichtert, als auch andere brauchbare Möglichkeiten der
Klimaveränderung präsentiert werden. Der Protagonist versieht sich dann mit einem
Team von drei Leuten, zwei Männern und einer Frau. Diese Frau liebt er schon lange
unerwidert. Die Gruppe arbeitet eine Theorie aus, wie die unterirdische Insel gesprengt
werden kann. Es sollen
94
Bohrlöcher in die Insel getrieben werden, in die das Sprenggut eingebracht werden
kann. Wegen des Zeitdrucks kommt der Protagonist auf die Idee, nukleares
Sprengmaterial zu verwenden, um die Anzahl der zu bohrenden Löcher zu verringern.
Es wird nämlich schon deutlich kälter. Nachdem dieser Plan theoretisch erstellt ist, wird
die Verwirklichung der Sprengung und ihrer Vorbereitung geschildert. Ein wesentliches
Element der Geschichte ist auch der Hintergrund des amerikanisch-russischen Konflikts.
Die Russen befürchten auch eine Eiszeit und insbesondere negative Auswirkungen der
Klimaveränderung durch die Amerikaner auf ihr eigenes Klima. Um Näheres
herauszufinden, setzen sie ihre Spione ein (Schläfer), unter ihnen Fritz Hoffmeister,
einen engen Freund von Cliff. Dieser arbeitet an dem Projekt insofern mit, als er ein für
die Bohrung notwendiges Schiff reparieren helfen soll. Er erhält Instruktionen, Cliff zu
beobachten und fürchtet Schlimmes. Er möchte ihn bei einem Tauchgang durch
Injektion eines Mittels insoweit ausschalten, dass Cliff scheinbar verwirrt ist und in ein
psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden soll. Den Angriff missversteht Cliff,
es kommt zu einem Kampf unter Wasser. Beim zu schnellen Auftauchen erleidet Fritz
tödliche Verletzungen.
95
Das Buch behandelt bis zu seinem Schluss in den verschiedenen Kapiteln im
Wesentlichen den Ablauf des von Cliff geplanten Wetterveränderungsexperiments.
Dieses endet in Kapitel 27 damit, dass die Wetterveränderung erfolgreich durchgeführt
wird, jedoch die Passagiere auf einem in der Nähe befindlichen russischen Schiff - der
Dokholov - von der atomaren Strahlung erfasst werden; das Schiff wird daraufhin in
keinem Hafen mehr angenommen. Im Epilog des Romans wird geschildert, dass die
USA und Russland über die Wettermanipulation zu einer besseren Zusammenarbeit
96
gekommen seien, dass im folgenden Juni bereits über 75 Prozent der evakuierten
Personen wieder zu Hause seien und mit Hilfen der Regierung die Wirtschaft aufgebaut
werde. Das Leben des Protagonisten normalisiert sich, er heiratet Pamela und vertritt
die USA bei internationalen Konferenzen, insbesondere bei der Bekämpfung der
Wetterveränderer. Die Dokholov fährt als Geisterschiff über die Meere.
Im Hinblick auf die Kerngeschichte konnte der Anspruch des Verfügungsklägers konnte
nur dann begründet sein, wenn der Film bzw. das Drehbuch eine Bearbeitung und keine
freie Benutzung seines Werkes darstellt (§ 23 UrhG).
97
Bei der Frage, ob in freier Benutzung eines geschützten älteren Werkes eine
selbstständiges neues Werk geschaffen worden ist, kommt es entscheidend auf den
Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des
benutzten Werkes hält. Dabei ist kein zu milder Maßstab anzulegen. Eine freie
Benutzung im Sinne von § 24 UrhG setzt daher voraus, dass angesichts der Eigenart
des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren
Werkes verblassten (BGH a.a.O. Laras Tochter). Der für eine freie Benutzung
erforderliche Abstand zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten
Werkes kann - selbst bei deutlichen Übernahmen - auch dadurch gegeben sein, dass
das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des älteren Werkes einen
so großen inneren Abstand hält, dass das neue Werk seinem Wesen nach als
selbstständig anzusehen ist. Auch in einem solchen Fall verblassen in einem weiteren
Sinn die entlehnten eigenpersönlichen Züge des älteren Werkes in den neuen; sie
werden von dessen eigenschöpferischem Gehalt überlagert (vgl. BGHZ 122, 53, 60 f. =
GRUR 1994, 206 - Alcolix).
98
Gegenüber dem urheberrechtlich schutzfähigen Inhalt des Buches hat der Plot des
Films einen völlig anderen Inhalt. Die oben geschilderten urheberrechtlich
schutzfähigen Inhalte des Buches kommen ausweislich des vom Verfügungskläger zur
Glaubhaftmachung eingereichten Drehbuchs (Anlage A 5 zur Antragsschrift) darin
überhaupt nicht vor.
99
Die Rahmenhandlung des Films erzählt die Geschichte des Klimaforschers Jack Hall
(im Drehbuch Stand 01.05.2002 noch Adrian Hall), der ein Modell zur Interpretation
früherer Eiszeiten entwickelt hat. Die Handlung beginnt auf einer Polarstation, auf der
auch seine Kollegen Jason und Frank arbeiten; ein riesiges Stück Eis bricht vom
antarktischen Schelfeis ab. Monate später befindet sich der Protagonist auf einer
Klimakonferenz in Neu Delhi (in der Anlage A 5: Genf) und referiert über eine globale
Abkühlung durch den Treibhauseffekt. Zu dieser Zeit begeben sich gewaltige Unwetter
rund um den Globus. Hieraus und aus einer Nachricht seines englischen Kollegen
Rapson schließt der Protagonist auf eine drohende rapide Klimaänderung. In dieser Zeit
hat der 17-jährige Sohn des Protagonisten, Sam, schlechte Schulleistungen und ein
Drogenproblem. Aus diesem Grund nimmt Jack Hall telefonischen Kontakt mit sei-
100
ner geschiedenen Ehefrau auf, die Ärztin in einem Krankenhaus ist. Beide kommen
überein, dass man dem Sohn nicht eine Reise nach New York zu einem Schulwettbe-
101
werb verbieten solle, zu dem er mit Schulfreunden (Brian, Laura) fahren will. Während
des Fluges geraten die Jugendlichen in Turbulenzen. Weiterhin werden starke Stürme,
so Tornados in Los Angeles, gezeigt. Der Protagonist und seine Kollegen diskutieren
die Wettererscheinungen, der Protagonist erklärt seine Theorie zum Klimawechsel.
102
Wegen der Stürme sagt man im Weißen Haus die Zivilflüge ab. Jack tritt in Kontakt mit
seiner geschiedenen Ehefrau wegen des Sohnes und rät ihr, Lebensmittel und Batterien
zu lagern, weil dies erst der Anfang sei. In England gibt es derweil Blizzards,
Hubschrauber stürzen ab, weil der Treibstoff gefriert. In New York gibt es eine riesige
Flutwelle, die die Stadt überflutet. Die Jugendlichen können sich in die Bücherei in
Manhattan retten. Der Protagonist sagt eine rapide Vereisung voraus. Seine Prognose
trägt er auch dem amerikanischen Präsidenten vor; er rät zu einer Evakuierung der
Menschen, für die, die im Norden leben, sei es allerdings zu spät. Nach einer Debatte
ordnet der Präsident die Evakuierung an. Autoschlangen bilden sich in Richtung Süden;
ein Mitarbeiter des Präsidenten berichtet von der Schließung der mexikanischen
Grenze. Die Aufnahme der US-Amerikaner wird durch einen Schuldenerlass ermöglicht.
Während alles, einschließlich der Regierung, nach Süden flieht, macht sich Jack mit
seinen Kollegen Jason und Frank nach New York auf, um seinen Sohn zu retten, der mit
anderen Überlebenden der extremen Kälte nur dadurch trotzen kann, dass man Bücher
verbrennt. Auf dem schließlich zu Fuß fortgesetzten Weg nach New York bricht das
schneebedeckte Dach eines Einkaufszentrums ein; die Freunde drohen abzustürzen.
Frank verhindert dies, indem er sein Leben opfert, indem er die Leine durchschneidet,
die ihn mit den anderen verbindet. Schließlich kann Jack in New York die Jugendlichen
finden. Jack kann der Regierung im Flüchtlingscamp in Mexiko melden, dass es in New
York Überlebende gibt. Als sie per Flugzeug gerettet werden, ergibt sich, dass überall in
der Stadt Überlebende sind. Daraufhin soll auch in anderen großen Städten nach
Überlebenden gesucht werden.
103
Hieraus ergibt sich, dass der Film die geschützte Kernfabel des Romans nicht aufgreift.
Es werden, wie die Verfügungsbeklagte zutreffend vorträgt, zwei im Kern völlig
unterschiedliche Geschichten vor dem Hintergrund einer nahenden Eiszeit geschildet.
104
4.
105
Soweit der Verfügungskläger geltend macht, entscheidend für die Frage der Übernahme
seien auch Übereinstimmungen in der Rahmenhandlung, den Charakteren, einzelnen
Szenen, den Personen oder den Orten gegeben, so kann dem unter Berücksichtigung
des Inhalts von Roman (Anlage A 3 zur Antragsschrift) und Drehbuch (Anlage A 5 zur
Antragsschrift) ebenfalls nicht zugestimmt werden.
106
Zwar können auch Teile oder Handlungsabschnitte bzw. Charakterdarstellungen
urheberrechtlich schutzfähig seien (vgl. LG Hamburg GRUR-RR 2003, 233 ff.), jedoch
setzt dies wie grundsätzlich im Urheberrecht voraus, dass es sich insoweit um eigene
Schöpfungen des Urhebers und nicht um gemeinfreie Teile handelt. Die vom
Verfügungskläger für die behauptete Übereinstimmung herangezogenen Indizien,
nämlich die raschen Veränderung des Weltklimas, die Bedeutung des Golfstroms, die
Verstärkung der Abkühlung durch Reflexion des Sonnenlichts, der Vereisung von
Norden nach Süden und die im gesamten nordatlantischen Raum feststellbaren
Auswirkungen sind wie bereits dargestellt allesamt auch für sich betrachtet gemeinfrei.
Gemeinfrei ist ebenfalls die Szenerie der sich aus der Massenflucht ergebenden
Probleme unter den Bedingungen der Abkühlung.
107
So weit der Verfügungskläger sich darüber hinaus darauf beruft, die Ausgestaltung sei
im Einzelnen in gleicher Weise erfolgt, kann ihm nicht zugestimmt werden.
108
Die von ihm angeführte Übereinstimmung der Charaktere ist oberflächlich betrachtet
vielleicht verblüffend, im Detail jedoch nicht überzeugend. Allein der Umstand, dass die
Hauptperson Wissenschaftler, ungebunden und im Alter von etwa Mitte 40 mit einem
heranwachsenden Sohn ist, reicht hierzu nicht aus. Insoweit handelt es sich um eine
bloße Handlungsidee, die als typisches Grundmuster gängig erscheint. Derartiges ist
aber urheberrechtlich nicht schutzfähig, sondern jeweils nur in ihrer konkreten
Ausgestaltung (vgl. OLG München, GRUR 1990, 674, 676 - Forsthaus Falkenau). Die
Ausgestaltung der Charaktere des Protagonisten ist in Roman und Drehbuch aber
durchaus unterschiedlich. Während der Wissenschaftler im Film seine Kenntnisse
109
über klimatische Bedingungen, insbesondere den Golfstrom, dazu nutzt die
Kälteentwicklung vorherzusagen, nutzt der Protagonist in dem Roman seine Kenntnisse
um aktiv eine Wetterveränderung herbeizuführen. Der Protagonist im Film setzt sich aus
eigenem Antrieb mit den gezeigten dramatischen Wetterveränderungen auseinander,
während der Held des Buches erst zum Tätigwerden im Sinne einer Abwendung der
Vereisung veranlasst werden muss.
110
Auch das Verhältnis zu einer Partnerin ist in Roman und Film unterschiedlich. Während
im Buch der Witwer Cliff Lorenz schon länger seiner Kollegin Pamela zugetan ist,
erwidert sie dessen Werben um eine Liebesbeziehung zunächst nicht, sondern widmet
sich intensiv ihrer Arbeit. Die Gefühlslage des Protagonisten ist im Roman ein wichtiges
Thema. Demgegenüber ist Jack Hall im Film geschieden; seine einzige Bindung an
seine frühere Ehefrau ist über den gemeinsamen Sohn, der beiden Sorgen bereitet. Erst
im Angesicht der drohenden Katastrophe und der Evakuierung erkennen sie ihre
Gefühle; dies wird jedoch in der folgenden Geschichte, die sich weitestgehend um die
Rettung von Sam dreht, nicht weiter thematisiert.
111
Gänzlich unterschiedlich ist das Verhältnis des Protagonisten zu seinem Sohn in
Roman und Film dargestellt. Der Sohn des Romanhelden ist 12 Jahre alt und
zuckerkrank, was ihn jedoch nicht weiter beeinträchtigt. In einer Szene überhaupt nur
kommt es zu einer persönlichen Begegnung mit dem Vater. Der macht sich wegen der
zu erwartenden Medikamentenknappheit und einer Evakuierung des Sohnes zwar
Sorgen, jedoch ist dies kein beherrschendes Thema. Der Sohn wird, als die
Wetterveränderung geplant ist und in ihr Ausführungsstadium gelangt, ohne große
Dramatik von Pamela in einem Bus mit nach Süden gebracht. Demgegenüber ist das
Vater-Sohn-Verhältnis im Film ein gewichtiges Thema, auch ist hier die Rolle des
Sohnes als eine Hauptrolle zu bewerten. Dieser ist 17 Jahre alt und hat Schul- und
Drogenprobleme. Im Laufe der Geschichte entwickelt er aus dem, was er von seinem
Vater gelernt hat, ganz erstaunliche Fähigkeiten. Ein erheblicher Teil des Films befasst
sich dann mit der Rettung des Sohnes durch den Vater.
112
Richtig ist zwar, dass im Roman und im Film jeweils die Frau ein Kind in Sicherheit
bringt, jedoch ist dies nicht in vergleichbarer Weise ausgestaltet. Während im Film die
113
geschiedene Ehefrau des Protagonisten, eine Ärztin, in letzter Minute einen eigenen
Patienten evakuieren kann, wird die spätere Ehefrau des Protagonisten im Roman mit
einem Bus nach Texas gebracht; sie nimmt dessen Sohn mit.
114
Dass die Namen der besten Freunde der jeweiligen Protagonisten - Fritz und Frank -
nicht übereinstimmen, trägt der Verfügungskläger selbst vor. Auch zwischen den
Lebensumständen und Charakteren dieser Freunde bestehen keine Parallelen. Dass
115
beide ums Leben kommen ist urheberrechtlich für sich gesehen noch nicht schutzfähig.
Die Umstände, unter denen sie jedoch zu Tode kommen, unterscheiden sich deutlich.
Dies ist bereits dargelegt worden. Auch eine entfernte phonetische Ähnlichkeit der
Namen des Vorgesetzten des Protagonisten im Roman - Roscoe - mit einem im Film
auftretenden englischen Meteorologen namens Rapson ist kein Indiz für eine
Übernahme. Fern liegend erscheint schließlich die vom Verfügungskläger
herangezogene Parallele der Namen "Adrian" und "Hall". Im Roman ist Adrian Scott
Geologe und Computerfachmann, der computeranimierte geologische Modelle erstellen
kann - in diesem Fall der unterirdischen Insel Hull. Peter Hall ist eine der Personen, die
schließlich in der Polarstation umkommen. Er spielt eine völlig untergeordnete Rolle
und gibt sich in der Tat raubeinig. Dennoch ist nicht nachvollziehbar, dass die
Charaktere dieser beiden Personen im Roman zu dem Charakter des Protagonisten im
Film geworden sein könnten. Weder ist Jack Hall Geologe und Computerfachmann
noch raubeinig wie Peter Hall.
5.
116
Soweit der Verfügungskläger sich auf die Übereinstimmung einiger Szenen beruft, ist
ihm zuzugeben, dass in Roman und Film Teile der Handlung auf einer Polarstation
beziehungsweise in den Städten New York und Washington spielen. Dieser Umstand
allein ist ebenfalls nicht von urheberrechtlich relevanter Schöpfungshöhe, genauso
wenig wie der Umstand, dass die Kälte sich dort überall auswirkt. Entgegen dem Vortrag
des Verfügungsklägers beginnt der Roman gerade nicht auf einer Polarstation, sondern
mit einem für die Entwicklung des Protagonisten wichtigen Schlüsselerlebnis, nämlich
der Herbeiführung einer Überschwemmung in Idaho durch die Mittel der
Wetterveränderung.
117
Der Vortrag des Verfügungsklägers ist auch insofern widerlegt, als er geltend macht, in
Buch und Film entstünde eine Flutwelle jeweils sozusagen aus dem Nichts. Im Buch
entsteht die Flutwelle - was auch erklärt wird - durch einen berstenden Damm, weil
118
der durch die Wetterveränderung herbeigeführte übermäßige Regen den Pegel des
Stausees hat ansteigen lassen.
119
Auch das von ihm als Parallele herangezogene russische Geisterschiff, das als Motiv
insbesondere am Schluss des Romans auftaucht, ist im Film nicht entsprechend
gestaltet. Dort strandet im Zuge der Überflutung der Stadt New York lediglich ein
russischer Ozeandampfer in den Straßen von New York.
120
Entgegen dem Vortrag des Verfügungsklägers sind auch die Schlussszenen nicht
gleich. Richtig ist zwar, dass im Film am Ende ein Orion P3 Flugzeug über die vereiste
Landschaft fliegt. Am Ende des Romans, im Epilog, schildert jedoch der
Verfügungskläger selbst die durch die Wetterveränderung wieder eingetretene
Normalisierung des Wetters und der Lebensumstände der Menschen. Auch die im
Kapitel zuvor dargestellten Umstände des Fluges - die Zündung der Atomraketen vom
Flugzeug aus - ist mit der Schlussszene im Film nicht vergleichbar.
121
Die vom Verfügungskläger als besonders wichtig angeführte Parallele der Flucht der
Menschen in Richtung Süden und nach Mexiko und insbesondere die Schließung der
mexikanischen Grenze ist auch für sich gesehen nicht als Übernahme seines Romans
zu sehen. Dass bei einer von Norden herannahenden Kältewelle eine Flucht nach
122
Süden einsetzt, ist nicht mehr als ein Handlungsansatz und als solcher nicht
urheberrechtlich schutzfähig. Bei einem in den USA spielenden Szenario ist als einzige
südliche Grenze schon geographisch Mexiko vorgegeben. Die Schließung der Grenze
eines armen Landes vor einer sich nähernden Massenflucht ist indes im Film anders
dargestellt. Das vom Verfügungskläger vorgelegte Drehbuch besagt zwar, dass die
Grenze geschlossen wird, jedoch wird sie wieder eröffnet, als die USA dem Staat
Mexiko die Schulden erlassen. So kann sogar die amerikanische Regierung einreisen.
Demgegenüber findet sich eine Erwähnung über die Schließung der mexikanischen
Grenze im Roman nur in einem Satz auf Seite 259, als die entsprechende Aufschrift
eines Schildes an der Grenze beschrieben wird ("border closed"). Das Merkmal der
herumstreunenden Wölfe ist ebenfalls unterschiedlich ausgestaltet.
Während im Roman tatsächlich Wölfe mit der Kälte nach Süden ziehen, brechen im Film
solche Tiere aus dem Zoo aus.
123
Die vom Verfügungskläger schließlich herangezogene Parallele der Titel von Roman
und Film im Hinblick auf das Wort "Day" als Synonym für die Zuspitzung des
Geschehens auf einen bestimmten Tag besagt ebenfalls für eine Übernahme nichts.
Mag dies auf den Film zutreffen, scheint es aber für den Roman diese Bedeutung nicht
zu haben. Wie dort auf Seite 16 ausgeführt wird, steht "Q" für eine bestimmte Wetterlage
in einer von dem Forscher Ned Gray entwickelten Skala für Wetterbedingungen in der
Antarktis in den Stufen 1 bis 10. "Q" bezeichnet hiernach einen ausgedehnten polaren
Schneesturm (Blizzard).
124
So weit im übrigen einzelne Elemente sowohl in Film als auch im Buch auftreten mögen
(z.B. Zugvögel als Zeichen herannahender Kälte, erfrierende Tiere, erfrierende
Menschen, Verkehrsprobleme durch Wetterbedingungen) erreichen sie nicht die
schöpferische Höhe und sind insbesondere gemeinfreie Elemente. Auch eine
Gesamtschau kann mithin nicht dazu führen, dass der Film als eine unfreie Bearbeitung
des Romans des Verfügungsklägers anzusehen ist.
125
6.
126
Angesichts des Fehlens urheberrechtlich relevanter Übereinstimmungen zwischen Film
und Buch kann es dahinstehen, ob den Verfassern des Drehbuches der Roman seitens
des Verfügungsklägers bekannt gemacht worden ist. Dass dies positiv so sein könnte,
ist allerdings auch nicht glaubhaft gemacht. Zwar belegt die vom Verfügungskläger
eingereichte eidesstattliche Versicherung des Zeugen Dr. I2, dass das Buch Herrn F
zugesandt worden ist. Hieraus folgt jedoch noch nicht, dass die Verfasser des
Filmdrehbuchs den Roman des Verfügungsklägers erhalten und in irgendeiner Weise
zur Kenntnis genommen haben. Dass dies nicht so sei, belegen die von der
Verfügungsbeklagten eingereichten eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen K, S
und F.
127
7.
128
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.
129
Streitwert: EUR 250.000,-
130