Urteil des LG Köln vom 10.03.2006

LG Köln: aktie, börsenkurs, squeeze out, gesellschaft, ertragswert, rente, verkehrswert, unternehmen, billigkeit, abfindungsbetrag

Landgericht Köln, 82 O 126/05
Datum:
10.03.2006
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
2. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
82 O 126/05
Tenor:
Die Anträge auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Abfindung
werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten, die außergerichtlichen
Kosten der Antragsgegnerin sowie ihre eigenen außergerichtlichen
Kosten.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gemeinsamen Vertreters der
au-ßenstehenden Aktionäre.
G r ü n d e :
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I.
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Die außerordentliche Hauptversammlung der T AG, Köln, hat am 30.04.2003 die
Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionären, d.h. die
Antragsgegnerin, gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von
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295,-- € je Stückaktie der Gesellschaft beschlossen.
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Der Übertragungsbeschluss ist am 06.04.2005 in das Handelsregister beim Amtsgericht
Köln eingetragen worden.
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Die Bekanntmachung der Registereintragung erfolgte am 00.00.00 im Bundesanzeiger,
am 00.00.00 im Kölner Stadtanzeiger sowie der Kölnischen Rundschau und am
00.00.00 im Handelsblatt. Nach der Satzung der T AG erfolgen Bekanntmachungen der
Gesellschaft im Bundesanzeiger.
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Die T AG besteht seit 1902. Gegenstand des Unternehmens sind laut Satzung die
fabrikmäßige Herstellung und der Vertrieb im In- und Ausland von Kakao,
Schokoladenerzeugnissen, Zuckerwaren, Nahrungs- und Genussmitteln und anderen
Waren sowie die Beteiligung an Unternehmen. Das Kerngeschäft der Gesellschaft
entfällt auf Deutschland. Darüber hinaus ist die T AG in 5 weiteren europäischen
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Ländern aktiv.
Das Grundkapital der T AG beträgt 20.500.000,-- € und ist eingeteilt in 800.000 auf den
Inhaber lautende Stückaktien. Die Antragsgegnerin hielt zum Zeitpunkt der
außerordentlichen Hauptversammlung am 30.04.2003 98,656 % der Aktien der
Gesellschaft. Der verbleibende Rest von 1,344 % befand sich im Streubesitz.
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Die Aktien der T AG waren zum Handel mit amtlicher Notierung an der Wertpapierbörse
in Düsseldorf und Frankfurt am Main zugelassen.
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Dem Hauptversammlungsbeschluss über die Übertragung der Aktien auf die
Hauptaktionärin lag ihr schriftlicher Bericht vom 21.03.2003 zugrunde. Danach beträgt
der aus dem Unternehmenswert hergeleitete Wert pro Aktie 93,65 €. Zur näheren
Darlegung hat sich die Antragsgegnerin auf ein Bewertungsgutachten der F & Z
Revisions- und Treuhand Gesellschaft mbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
Steuerberatungsgesellschaft, Hamburg, (nachfolgend: F & Z) bezogen. Dennoch hat die
Antragsgegnerin die zu zahlende Abfindung auf einen Betrag von 295,-- € je Stückaktie
festgelegt im Hinblick auf ein Pflichtangebot der Antragsgegnerin vom 17.09.2002, in
dem eine Abfindung in vorgenannter Höhe angeboten worden war.
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Mit Beschluß vom 18.09.2002 hat das Landgericht Köln die U und Partner oHG
Wirtschaftprüfungsgesellschaft, Hamburg, (nachfolgend: U und Partner) zum
sachverständigen Prüfer über die Angemessenheit der Barabfindung für den
beabsichtigten Ausschluß der Minderheitsaktionäre der T AG gem. §§ 327c Abs. 2, 293c
Abs. 1 Satz 3 - 5, 293d AktG bestellt. U und Partner kommt in ihrem Prüfungsgutachten
vom 21.03.2003 zu dem Ergebnis, dass die angemessene Barabfindung in Höhe von
295,-- € je Aktie angemessen sei. Der Ertragswert pro Aktie in Höhe von 93,65 Euro
wurde bestätigt.
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Im Rahmen einer Anfechtungsklage von Aktionären der T AG gegen die Gesellschaft
erklärte sich die Antragsgegnerin vergleichsweise bereit, die angebotene Barabfindung
um 100,-- € auf insgesamt 395,--€ je Aktie zu erhöhen.
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Die Antragsteller halten die angebotene Barabfindung für zu niedrig.
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Sie beanstanden zunächst, dass sowohl der Bericht der Antragsgegnerin einschließlich
des Gutachtens von F & Z sowie das Prüfgutachten von U und Partner nichts sagend
seien. Die Darstellung der Zukunftsplanung fehle völlig. Vergangenheit und Zukunft
seien nicht miteinander in Verbindung gebracht worden. Die Erträge seien verschleiert
bzw. durch überproportionale Aufwendungen herunter gerechnet worden.
Pensionsverpflichtungen seien wertmäßig mit 36 % der Zuflüsse berücksichtigt worden,
ohne dass dies finanzmathematisch gesichert sei. Insgesamt seien die
Pensionsverpflichtungen überhöht. Sonderwerte vieler bekannter Marken (Sarotti und
andere) seien nicht berücksichtigt worden. Schließlich seien die Leistungsbeziehungen
zwischen den Konzerngesellschaften in der Vergangenheit sowie die Planung der
internen Verrechnungspreise im Konzernverbund nicht offen gelegt worden.
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Ferner sei auf Grund eines unzulässig hohen Kapitalisierungszinssatzes von
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10,64 % ein zu geringer Barwert der Erträge errechnet worden. Der Basiszinssatz sei
zum Stichtag zu ermitteln. Er habe allenfalls 4,2 % betragen. Die verwendete
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Marktrisikoprämie von 5 % sei zu hoch. Das Risiko habe allenfalls zwischen 1,5 bis 2 %
gelegen. Auch der Betafaktor in Höhe von 0,991 % sei zu hoch bzw. nicht ausreichend
erläutert. Der Betafaktor hätte aus den Kursdaten der T AG ermittelt werden können,
statt, wie geschehen, vergleichbare Unternehmen heranzuziehen. Der
Wachstumsabschlag betrage mindestens 3 %.
Schließlich rügen die Antragsteller, dass das betriebsnotwendige Vermögen nicht
erläutert worden sei. Es bestehe der Verdacht, dass solches Vermögen vorhanden sei.
Das habe sich bereits in der Hauptversammlung herausgestellt.
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Schließlich wird gerügt, dass der Börsenkurs nicht ermittelt worden sei.
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Die Antragsteller beantragen,
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gem. § 327f AktG in Verbindung mit § 1 Nr. 3 SpruchG die Barabfindung für die
ausgeschiedenen Aktionäre der T AG wegen der zwangsweisen Übertragung
ihrer Aktien an die C AG & Co. KG (Squeeze-Out) durch gerichtliche
Entscheidung zu erhöhen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Anträge zurückzuweisen.
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Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre hat keinen Antrag gestellt.
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Die Antragsgegnerin rügt die Antragsberechtigung der Antragsteller zu 2) - 8). Die von
diesen Antragstellern vorgelegten Urkunden seien nicht geeignet, ihre Aktionärsstellung
zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Übertragungsbeschlusses zu belegen.
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In der Sache ist die Antragsgegnerin der Meinung, dass die mehrfach über den
ermittelten Ertragswert pro Aktie liegende angebotene Abfindung in Höhe von
insgesamt 395,-- € pro Aktie angemessen sei. Sie bezieht sich insoweit auf die
vorgelegten Gutachten von F & Z und U und Partner. Die Antragsgegnerin ist der
Ansicht, dass eine weitere Erhöhung der Barabfindung über den Betrag von 395,-- €
hinaus selbst dann ausgeschlossen sei, wenn sämtliche Rügen der Antragsteller
zutreffend seien.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie auf die dazu eingereichten Anlagen
Bezug genommen.
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II.
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Die Anträge der Antragsteller auf Bestimmung einer erhöhten Barabfindung gem.
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§ 327 f AktG in Verbindung mit § 1 Nr. 3 SpruchG sind zurückzuweisen.
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Es kann offen bleiben, ob die Anträge der Antragsteller zu 2) - 8) bereits unzulässig sind
mangels Nachweis der Antragsberechtigung. In diesem Zusammenhang ist allerdings
darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller zu 2) - 8) übliche Bankbescheinigungen
vorgelegt haben und die Kammer insofern keine grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich
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ihrer Antragsberechtigung hat.
Die Anträge sind jedoch in der Sache ohne Erfolg.
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Nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung und der Literatur ist der Aktionär, der
seine Aktien durch die Übertragung auf den Hauptaktionär verloren hat, angemessen
zum wahren Wert der Beteiligung am lebenden Unternehmen, mindestens aber zum
Verkehrswert, abzufinden. Der Verkehrswert ist in der Regel deckungsgleich mit dem
Börsenkurs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 - 1 BVR 1613/94, AG 1999, 566ff
"DAT/Altana"). Vor diesem Hintergrund wird nach derzeitig gängiger Rechtspraxis der
Ertragswert des Unternehmens sowie der Börsenkurs der Aktie durch ein
Sachverständigengutachten ermittelt. Die ausscheidenden Aktionäre können eine
Abfindung zum Ertragswert pro Aktie, mindestens aber zu ihrem Verkehrswert, d.h. dem
Börsenkurs, verlangen.
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Die Antragsgegnerin hat eine Abfindung in Höhe von 395,-- € angeboten. Zwar lag die
angebotene Abfindung zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 30.04.2003 nur bei
295,--€ pro Aktie. Doch ist die nachträgliche Erhöhung im Rahmen des aktienrechtlichen
Anfechtungsverfahrens zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hatte sich gegenüber
allen Aktionären, die von der Einleitung eines Spruchverfahrens absehen, verpflichtet,
die erhöhte Abfindung zu zahlen. Das galt auch für die Antragsteller. Das heißt, die
Abfindung war auch für die Antragsteller, falls sie auf die Einleitung des
Spruchverfahrens verzichtet hätten, realisierbar. Darauf kommt es an.
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Die angebotene Abfindung in Höhe von 395,--€ pro Aktie ist angemessen. Sie liegt
einerseits über dem von den Sachverständigen F & Z sowie U und Partner ermittelten
Ertragswert pro Aktie in Höhe von 93,65 € als auch auf oberhalb des Börsenkurses in
einem Reverenzzeitraum von 3 Monaten vor dem Stichtag.
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Im Einzelnen:
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Es kann offen bleiben, ob der von den Wirtschaftsprüfern ermittelte Ertragswert pro Aktie
in Höhe von 93,65 € zutreffend ermittelt worden ist. Jedenfalls sind die
Sachverständigen von zutreffenden Prämissen ausgegangen und auch die Methode zur
Berechnung des Unternehmenswertes ist zutreffend. Die Anwendung der
Ertragswertmethode ist allgemein anerkannt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom
14.01.2004 - 19 W 1/03, AG 2004, 614 "Agrippina Versicherung - AG/Zürich
Versicherung AG").
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Auch die von den Sachverständigen aus der Anwendung der Methode gezogenen
Schlussforderungen sind plausibel.
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Die Einwände der Antragsteller gegen die Ertragswertberechnungen der
Sachverständigen sind jedoch nicht geeignet, die angebotene Abfindung in Höhe von
395,--€ pro Aktie in Frage zustellen. Die Kammer sieht sich ohne Einholung eines
weiteren Sachverständigengutachtens in der Lage, die Auswirkungen möglicher
Veränderungen der Ertrags- und Zinsparameter aus eigener Sachkunde zu beurteilen.
Dabei hat sich die Kammer von folgendem Gedanken leiten lassen:
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Die Kammer hat Alternativberechnungen auf der Grundlage der im Gutachten von F & Z
aufgeführten Formeln bezüglich der Phase 1 und 2 wie folgt vorgenommen:
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Phase I:
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E (k)
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B (k) = (1+ Re1) n
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Der Barwert B für das Jahr (k) ergibt sich, indem der Ertrag E(k) dieses Jahres durch den
Abzinsungsfaktor (1+Re1)n dividiert wird. Dabei stellt Re1 den Kapitalisierungszinssatz
(Phase I) dar und n die Anzahl der Diskontierungsperioden.
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Phase II:
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E (R)
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B (R) = Re2 X (1+Re1)n
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Der Barwert der unendlichen Rente B (R) ergibt sich durch Division des Ertrages E (R)
durch den Kapitalisierungszinssatz Re2 (Phase II) und der anschließenden
Diskontierung mit dem Abzinsungsfaktor (1+Re1)n auf den Bewertungsstichtag.
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Diese Berechnung beruht auf den IDW-Grundsätzen (vgl. dazu Peemöller/Kunowski in:
Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 3. Aufl., 2005, S 233).
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Danach werden die jährlichen Erträge in der Phase I auf den Barwert abgezinst. In der
Phase II wird zunächst die ewige Rente ermittelt und diese wiederum auf den Stichtag
abgezinst.
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Auf dieser Grundlage haben die Sachverständigen bei einem Unternehmenswert zum
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30.04.2003 in Höhe von 74.920.000,-- € und 800 000 Aktien einen Wert je Aktie in Höhe
von 93,65 € errechnet. Der vorgenannte ermittelte Unternehmenswert zum 30.04.2003
ergibt sich aus dem ermittelten Barwert zum 31.08.2002 in Höhe von 111.837.000,-- €
abzüglich eines Sonderwertes wegen "Pensionsverpflichtungen" in Höhe von
40.243.000,-- € und eines Sonderwertes "Restrukturierung Gubor" in Höhe von
10.330.000,-- € sowie zuzüglich eines Sonderwertes wegen "Sonderposten mit
Rücklagenanteilen" in Höhe von 10.472.000,-- €. Der danach verbleibende
Unternehmenswert zum 31.08.2002 in Höhe von 71.736.000,-- € wurde mit einem
Kapitalisierungszins von 6,76% bis zum Stichtag am 30.04.2003 auf 74.920.000,-- €
aufgezinst. Bei der Berechnung des Barwertes wurden für die Phase 2002/03 ein
Nettokapitalisierungszins von 6,76 %, für 2003/04 bis 2004/05 ein
Nettokapitalisierungszins von
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6,80 % und für die ewige Rente ein Nettokapitalisierungszins von 6,30 % verwendet.
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Die Kammer hat die Parameter bei ihren Berechnungen erheblich verändert und dabei
mehrere Szenerien berücksichtigt. Selbst wenn die Kapitalisierungszinssätze für
sämtliche Phasen um 50 % reduziert werden, d.h. für die Phase 2002/2003 auf
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3,38 % für 2003 bis 2005 auf 3,40 % und für die ewige Rente auf 3,15 %, ergibt sich bei
sonst unveränderten Parametern ein Unternehmenswert von 246,73 € pro Aktie zum
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30.04.2003. Dabei wurden die Nettoausschüttungen entsprechend S. 32 des
Gutachtens F & Z berücksichtigt. Selbst wenn bei der Berechnung des
Unternehmenswertes der Sonderwert wegen Pensionsverpflichtungen in Höhe von
40.000.000,-- € nicht vom Ertrag abgezogen wird, ergibt sich bei den vorgenannten
reduzierten Kapitalisierungszinssätzen ein Wert pro Aktie von 299,28 € zum 30.04.2003.
Schließlich ergäbe sich selbst bei reduzierten Kapitalisierungszinssätzen (50%), einer
Nichtberücksichtigung des Abzugs für Pensionsverpflichtungen in Höhe von
40.000.000,-- € sowie schließlich einer Erhöhung der jährlichen Erträge in 2002/03 auf
5.000.000,-- € (statt 3.696.000,-- €), in 2003 bis 2004 auf 5.500.000,-- € (statt 3.617.000,--
€), in 2004/05 auf 6.000.000,-- € (statt 5.179.000,-- €) und für die ewige Rente auf
9.000.000,-- € (statt 7.743.000,-- €) lediglich ein Wert pro Aktie in Höhe von 350,33 €
zum 30.04.2003.
Aus diesen Berechnungsbeispielen resultiert, dass bei der Ermittlung angemessener
Abfindung erheblicher Spielraum bis zur Erreichung der gewährten Abfindung in Höhe
von 395,-- € pro Aktie besteht. Nahezu sämtliche Parameter der Berechnung können
erheblich, auch kumulativ, zu Gunsten der Minderheitsaktionäre verändert werden, ohne
dass der gewährte Abfindungsbetrag in Höhe von 395,-- € pro Aktie erreicht wird.
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Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch eine eingehende Erörterung der Einwände
der Antragsteller zu den Planungsrechnungen bzw. zu den Kapitalisierungszinssätzen.
Die Einwendungen zu den Planungsrechnungen sind allgemeiner Art und lassen
substanziellen Gehalt nicht erkennen. Der Einwand zu den Pensionsverpflichtungen
wurde berücksichtigt. Auch die Einwände zu den Kapitalisierungszinssätzen wurden
durch die Halbierung der Zinssätze hinreichend berücksichtigt.
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Der von den Antragstellern geäußerte Verdacht, es sei betriebsnotwendiges Vermögen
vorhanden, gibt der Kammer keine Veranlassung, einen weiteren Gutachter mit der
Ermittlung des Unternehmenswertes zu beauftragen. Es sind keine Anhaltspunkte
dargelegt worden, die die Aussage der bisherigen Bewerter erschüttern könnten, dass
nicht betriebsnotwendiges Vermögen im nennenswerten Umfang nicht vorhanden sei.
Zudem würde die angebotene Abfindung in Höhe von 395,-- € pro Aktie selbst noch in
dem Fall angemessen sein, dass zu dem oben beschriebenen günstigsten Szenario
zusätzlich ein nicht betriebsnotwendiges Vermögen in Höhe von 30.000.000,-- €
hinzugerechnet würde. Es ergäbe sich dann anstelle eines Wertes von 350,33 € pro
Aktie ein Wert von 389,74 € pro Aktie zum 30.04.2003.
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Eine Überschreitung der angebotenen Abfindung in Höhe von 395,-- € pro Aktie der T
AG ist auch nicht im Hinblick auf den Börsenkurs dieser Aktie geboten. Es ist nicht
erkennbar, dass der Börsenkurs im hier relevanten Zeitraum vom 30.01.2003 bis zum
30.04.2003 die angebotene Abfindung in Höhe von 395,-- € pro Aktie überstiegen hat.
Das Pflichtangebot der Antragsgegnerin vom 17.09.2002 über 295,-- € je Aktie basierte
im wesentlichen auf dem damaligen Börsenkurs. Dass sich der Börsenkurs nachfolgend
bis zum Stichtag auf 395,-- € pro Aktie oder sogar höher entwickelt hat, haben die
Verfahrensbeteiligten nicht vorgetragen. Insofern bestand auch für die Kammer keine
Veranlassung, von Amts wegen den Börsenkurs im Reverenzzeitraum durch einen
Gutachter ermitteln zu lassen. Eine Internetabfrage hat ergeben, dass der Kurs an der
Börse Düsseldorf am 30.04.2003 bei 298,-- € pro Aktie lag. Exakt 1 Jahr später lag der
Kurs bei 307,67 €. Am 06.04.2005 lag der Kurs schließlich bei 390,-- €. Dies hing
höchstwahrscheinlich zusammen mit der ad-hoc-Mitteilung der T AG vom 04.04.2005,
mit dem die Einigung in dem Anfechtungsrechtsstreit auf eine Abfindung von 395,-- €
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pro Aktie mitgeteilt worden ist. Aus der Kursübersicht ergibt sich, dass der Kurs in der
Zeit vom 30.01.2003 bis zum 30.04.2003 zwischen 320,-- € und 290,-- € lag pro Aktie
(Quelle: www.wallstreet-online.de).
Schließlich ist dem Antrag der Antragsteller, die Antragsgegnerin zur Vorlage der
Arbeitspapiere der Bewertungsgutachter zu verpflichten, um die Antragsteller in die
Lage zu versetzen, zu den Einwänden weiter substantiell vortragen zu können, nicht zu
entsprechen. Schon nach altem Recht bestand kein uneingeschränktes Recht der
Antragsteller auf Vorlage von Planungsunterlagen bzw. Arbeitspapieren der
Sachverständigen. Den Verfahrensbeteiligten stand das Recht zu, Einsicht in die
Unterlagen zu nehmen, die dem Gericht vorliegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie
verlangen können, dass ihnen sämtliche Unterlagen zugänglich gemacht werden, die
der Sachverständige bei seiner Begutachtung verwertet hat. Ein Anspruch besteht nicht,
wenn das Gericht die Vorlage der Unterlagen nicht für erforderlich hält (vgl. OLG
Düsseldorf, AG 2004, 212, 214 m. w. Nachweisen zur Rechtsprechung). Auch nach
neuer Rechtslage ist nicht anders zu verfahren. Nach § 7 Abs. 7 SpruchG kann das
Gericht die Vorlage bestimmter Unterlagen fordern und diese den Antragstellern offen
legen, soweit die Unterlagen für die Entscheidung behilflich sind. Diese
Voraussetzungen liegen hier aber auf Grund der geschilderten besonderen Umstände
nicht vor.
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Der Geschäftswert wird gem. § 15 Abs. 1 SpruchG auf 200.000,--€ festgesetzt.
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Die Gerichtskosten sind den Antragstellern aufzuerlegen. Gem. § 15 Abs. 1 SpruchG
sind für die Gerichtskosten die Vorschriften der Kostenordnung anzuwenden. Gem. § 30
KostO sind die Kosten nach Billigkeitsgesichtspunkten zu verteilen. Es entspricht der
Billigkeit, die Antragsteller mit den Kosten zu belasten. Dabei ist nicht
ausschlaggebend, dass die Anträge im Ergebnis ohne Erfolg geblieben sind.
Entscheidend ist die Tatsache, dass die Anträge auch für den Laien erkennbar zum
Scheitern verurteilt waren. Diese Erkenntnis mußte sich auch für die Antragsteller
aufdrängen bei einem ermitteltem Unternehmenswert von 93,65 € pro Aktie und einem
angebotenen Abfindungsbetrag von 395,-- € pro Aktie. Zwar hat es in der Vergangenheit
durchaus Fälle gegeben, in denen ermittelte Unternehmenswerte im Rahmen eines
Spruchverfahrens um mehrere hundert Prozent erhöht wurden. Allerdings sind dies
Sonderfälle. Ein solcher Sonderfall lag hier aber nicht vor. Die Planungsergebnisse
lagen im wesentlichen in der Reihe der Vergangenheitswerte und die
Kapitalisierungszinssätze waren jedenfalls im Vergleich zu sonst in der Praxis
verwendeten Kapitalisierungszinsen nicht so deutlich überhöht, dass auch nur
ansatzweise mit einer Erhöhung der Abfindung auf mehr als 395,-- € pro Aktie gerechnet
werden konnte. Folglich entspricht die Kostentragung seitens der Antragsteller der
Billigkeit im Sinne von § 15 Abs. 2 SpruchG.
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Die außergerichtlichen Kosten sind gem. § 13a FFG ebenfalls von den Antragstellern zu
tragen. Auch hier entspricht es der Billigkeit, dass die Antragsteller die Kosten tragen.
Insofern kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen
zu den Gerichtskosten Bezug genommen werden.
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Die Kosten des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre hat gem. § 6
Abs. 2 Satz 1 SpruchG die Antragsgegnerin zu tragen.
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