Urteil des LG Köln vom 16.09.2005

LG Köln: teilung, genehmigung, grundstück, grundbuchamt, bauland, behörde, zwischenverfügung, vollzug, zeugnis, abstimmung

Landgericht Köln, 11 T 173/05
Datum:
16.09.2005
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
11. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 T 173/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Brühl, Borr Blatt 0269
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Zwischenverfügung des
Rechts-pflegers des Amtsgerichts Brühl vom 6. Juni 2005 - G Blatt 269-6
- aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Anträge vom 11.
April 2005 an das Amtsgericht zurückgegeben.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Beteiligte zu 1) ist im Grundbuch von G Blatt 0269 als Eigentümerin des dort
verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Bei diesem handelt es sich um ein
Grundstück, das früher mit laufender Nr. 1 wie folgt im Bestandsverzeichnis eingetragen
war:
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Gemarkung G, Flur 5, Flurstück 86, Landwirtschaftsfläche, Waschmaar, Größe
72.619 qm.
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Ausweislich der mit lfd. Nr. 2 in Abt. II unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 20.
September 2002 erfolgten Eintragung vom 1. Oktober 2002 besteht als
Grundstücksbelastung eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Recht zur Errichtung
einer Transformatoren-Station und Kabelleitungsrecht einschließlich des Rechts,
erforderliche Maßnahmen zum Betrieb und der Unterhaltung der Anlagen
durchzuführen) für die RWE Net Aktiengesellschaft in E.
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Im Anschluss an eine beim Amtsgericht am 11. Januar 2005 eingegangene Mitteilung
des Landrates des Rhein-Erft-Kreises (62 Vermessungs- und Katasteramt) über die
Fortführung des Liegenschaftskatasters, anknüpfend an eine Flurstückszerlegung auf
Grund einer Vermessung (Bl. 47 und 48 d. A.), ist das Grundstück inzwischen mit
laufender Nr. 2 wie folgt eingetragen worden:
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Gemarkung G, Flur 5, Flurstück 118:
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Weg, Gartenland, Gehölz , Waschmaar, Größe 3.112 qm,
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Gemarkung G, Flur 5, Flurstück 119:
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Ackerland, Waschmaar, Größe 69.507 qm.
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Die betreffende Mitteilung über die Fortführung des Liegenschaftskatasters enthielt unter
anderem die folgenden Hinweise:
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Teilungsgenehmigung gemäß § 19 BauGB ist nicht erforderlich.
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Antrag des Eigentümers auf Teilung bzw. Vereinigung liegt vor.
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Die Beteiligte zu 1) hat mit den Beteiligten zu 2) und 3) am 9. März 2005 einen von Notar
Dr. T2 unter URNr. 302/2005 beurkundeten Vertrag geschlossen, der die Übertragung
des Flurstücks 118 auf eine von ihr selbst und den beiden anderen Beteiligten gebildete
BGB-Gesellschaft zum Inhalt hat (Bl. 53 bis 56 d. A.). Das Flurstück 119 soll alleiniges
Eigentum der Beteiligten zu 1) bleiben. Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit II/2
soll auf dem Flurstück 118 gelöscht werden.
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Abschnitt III der Urkunde (unter der Überschrift Gegenleistungen) lautet wie folgt:
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"Die Übertragung erfolgt mit Rücksicht auf die von Herrn T im Hinblick auf die
heutige Übertragung für die bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf dem
übertragenen Grundbesitz vorgenommene Gartengestaltung in Form der
gärtnerischen Aufbauten.
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Da Herr T für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die gesamte Gestaltung des
Gartens bezahlt bzw. auf eigene Kosten vorgenommen hat, erfolgt ansonsten keine
Gegenleistung."
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Mit Schreiben vom 11. April 2005 (Bl. 50 d. A.) hat der Notar namens der Beteiligten die
Eigentumsumschreibung und - unter Vorlage einer notariell beglaubigten
Löschungsbewilligung der RWE Rhein-Ruhr Aktiengesellschaft (Bl. 51 d. A.) – die
Löschung der Belastung II/2 auf dem Flurstück 118 beantragt.
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Der Rechtspfleger hat den Antrag dahin beanstandet, dass der Nachweis der
Teilungsgenehmigung nach § 8 Bauordnung NRW fehle.
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Der Notar hat demgegenüber geltend gemacht, die Teilungsgenehmigung sei nicht
erforderlich. Die Übertragung beziehe sich auf ein bereits katastertechnisch geteiltes
Grundstück. Es handele sich nach der im Jahre 2005 erfolgten Einschätzung durch das
Katasteramt und laut Eintragung von Wirtschaftsart und Lage im Bestandsverzeichnis
des Grundbuches um einen Weg, Gartenland und Gehölz. Bereits daraus und auch aus
dem mit nur 4.000,00 € angegebenen Wert sei zu erkennen, dass kein Bauland
übertragen worden sei.
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Mit Zwischenverfügung vom 6. Juni 2005 (Bl. 62 bis 63 d. A.) hat der Rechtspfleger die
Beanstandung aufrechterhalten und eine Frist zur Beseitigung des betreffenden
Eintragungshindernisses bestimmt. Hiergegen richtet sich die mit Schreiben des Notars
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vom 21. Juni 2005 (Bl. 66 d. A.) eingelegte Beschwerde, der das Amtsgericht gemäß
Verfügung vom 4. Juli 2005 (Bl. 66 d. A.) nicht abgeholfen hat.
II.
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Die Beschwerde ist nach den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 Abs. 1 GBO zulässig und hat auch
in der Sache Erfolg. Die angefochtene Zwischenverfügung ist aufzuheben, denn das in
ihr bezeichnete Eintragungshindernis besteht nicht.
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Die beantragte Umschreibung des Eigentums an dem Flurstück 118 nebst Freistellung
von der Grunddienstbarkeit setzt allerdings voraus, dass das mit lfd. Nr. 2 im
Bestandsverzeichnis eingetragene und katastermäßig aus zwei Flurstücken bestehende
Grundstück nach § 890 BGB geteilt wird, Flurstück 118 also grundbuchmäßig
abgeschrieben und als selbstständiges Grundstück eingetragen wird. § 19 BauGB
verlangt bundesrechtlich für eine solche in seinem Abs. 1 definierte Teilung nicht mehr
generell eine Genehmigung, sondern schreibt nur vor, dass durch die Teilung eines
Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplans keine Verhältnisse entstehen
dürfen, die den Festsetzungen des Bebauungsplans widersprechen. Nach § 8 Absatz 1
Satz 1 BauO NRW bedarf die Teilung eines bebauten Grundstücks zu ihrer Wirksamkeit
grundsätzlich der Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde. Die Teilung darf nach § 8
Abs. 3 BauO NRW in das Liegenschaftskataster erst übernommen werden, wenn ein
Genehmigungsbescheid vorgelegt ist. Bedarf sie keiner Genehmigung oder gilt sie als
genehmigt, so hat die Genehmigungsbehörde auf Antrag von Beteiligten darüber ein
Zeugnis auszustellen; das Zeugnis steht einer Genehmigung gleich.
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Das Grundbuchamt geht zu Recht davon aus, dass die Wirksamkeit der Teilung vor
ihrem grundbuchmäßigen Vollzug zu prüfen ist und es insoweit auf den Nachweis der
Genehmigung oder ihrer fehlenden Erforderlichkeit ankommt.
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Hier ist dieser Nachweis jedoch erbracht. Die nicht nur für die Führung des
Liegenschaftskatasters, sondern auch als Bauaufsichtsamt zuständige Behörde,
nämlich der Landrat des Rhein-Erft-Kreises, hat in der Mitteilung über die Fortführung
des Liegenschaftskatasters ausdrücklich bescheinigt, dass die Teilungsgenehmigung
gemäß § 19 BauGB nicht erforderlich ist. Die Bescheinigung durfte nur erteilt werden,
wenn nach Kenntnis des Vermessungs- und Katasteramtes die Voraussetzungen erfüllt
waren, unter denen die Teilung in das Liegenschaftskatasters übernommen werden
durfte, und diese Kenntnis konnte das Vermessungs- und Katasteramt nur nach
behördeninterner Abstimmung mit dem Bauaufsichtsamt haben. Vermessungs- und
Katasteramt einerseits und Bauaufsichtsamt andererseits mögen verschiedene
Dienststellen der gleichen Behörde - nämlich des Landrats des Rhein-Erft-Kreises –
sein; dies rechtfertigt es aber nicht, die betreffende Bescheinigung als unzureichend
etwa mit der Begründung anzusehen, das Grundbuchamt habe mit der Möglichkeit zu
rechnen, dass das Vermessungs- und Katasteramt ohne Abstimmung mit dem
Bauaufsichtsamt, also unter Verstoß gegen § 8 Abs. 3 BauO NRW, sowohl die Teilung
in das Liegenschaftskatasters übernommen als auch – demnach zu Unrecht - die
Erforderlichkeit einer Teilungsgenehmigung verneint habe. Vielmehr ist davon
auszugehen, dass anlässlich der Mitteilung über die Fortführung des
Liegenschaftskatasters auch das Negativattest im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 (2.
Halbsatz) BauO NRW von der hierfür zuständigen Behörde mit dem Hinweis, dass
keine Teilungsgenehmigung gemäß § 19 BauGB erforderlich sei, erteilt worden ist.
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Ein erneuter oder zusätzlicher Nachweis kann vom Grundbuchamt auch nicht mit der
Begründung gefordert werden, trotz der katastertechnisch ohne Teilungsgenehmigung
erfolgten Grundstückszerlegung, der oben genannten Bescheinigung und der in das
Grundbuch übernommenen Angaben über Wirtschaftsart und Lage sei mit der
Möglichkeit zu rechnen, dass es sich in Wirklichkeit um Bauland handele. Als
grundbuchmäßiger Nachweis muss im vorliegenden Fall die oben genannte
Bescheinigung ausreichen. Allein aus dem Zeitabstand zwischen ihrer Erteilung und
dem an den Vertrag vom 9. März 2005 anknüpfenden Antrag auf grundbuchmäßigen
Vollzug ergeben sich keine Bedenken gegen die Eignung dieses Nachweises. Auch
sonst bestehen keine Anhaltspunkte, die das Grundbuchamt berechtigen, ihn als
überholt bzw. nicht geeignet anzusehen. Dass das Grundbuchamt konkrete Kenntnis
von einer Nutzung des Flurstücks hat, die nicht den in das Grundbuch übernommenen
Angaben über Wirtschaftsart und Lage entspricht, sondern auf Nutzung als Bauland und
Unrichtigkeit der das Genehmigungserfordernis verneinenden Bescheinigung hindeutet,
ist nicht ersichtlich.
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