Urteil des LG Köln vom 25.03.2010

LG Köln (höhe, leichtes verschulden, anhänger, führer, fahrbahn, fahrzeug, geschwindigkeit, zeuge, verkehr, totalschaden)

Landgericht Köln, 29 O 112/09
Datum:
25.03.2010
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
29. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
29 O 112/09
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin
EUR 9.619,66 nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 11.06.2009 abzüglich am 02.07.2009 gezahlter
EUR 9.000,00 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und die
Beklagten als Gesamtschuldner zu 75 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
TATBESTAND
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Kraftfahrzeuge Fiat Punto mit dem amtlichen
Kennzeichen ####, das am 17.12.2008 von dem Zeugen K auf der K 41 zwischen F und
H geführt wurde.
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Bei der Beklagten zu 1. ist der Lastkraftwagen mit Anhänger Fabrikat MAN mit dem
amtlichen Kennzeichen ###, der an diesem Tag von dem Beklagten zu 2. geführt wurde,
haftpflichtversichert. Der Beklagte zu 2. fuhr mit dem Lastkraftwagen auf der X-Straße in
C und fuhr auf die K 41 auf, um dort zu wenden und in entgegengesetzter Fahrtrichtung
in die X-Straße wieder einzubiegen. Das Anhängerfahrzeug stand auf der K 41 quer zur
Fahrbahn als der Zeuge K mit dem klägerischen Fahrzeug die leicht abschüssige
Kreisstraße befuhr und mit dem Anhänger kollidierte. Das klägerische Kraftfahrzeug
erlitt einen Totalschaden über EUR 10.575,00. Die Klägerin wendete für die
Gutachtenerstattung EUR 866,92 auf. Für Abschleppkosten und Unterstellkosten
wurden ihr EUR 546,40 und für die Reinigung der Unfallstelle durch die Feuerwehr
wurden ihr EUR 401,29 in Rechnung gestellt. Die Klägerin ließ ein neues Fahrzeug
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gemäß Zulassungsbescheinigung vom 29.09.2009 zu und wendete an Abmeldekosten
EUR 5,60 auf.
Die Klägerin macht daneben eine Nutzungsentschädigung für 14 Tage á EUR 29,99
sowie die allgemeine Auslagenpauschale in Höhe von EUR 25,00 geltend. Sie ist der
Auffassung, dass das Unfallereignis allein und ausschließlich auf das grob
verkehrswidrige Verhalten des Beklagten zu 2. zurückzuführen sei. Hierzu trägt sie vor,
der Zeuge K habe, als er die K 41 leicht abschüssig herabkam, ein ihm
entgegenkommendes Fahrzeug mit zwei Lichtern bemerkt, das sich nicht bewegt habe.
Erst im letzten Augenblick habe er bemerkt, dass sich hinter dieser Zugmaschine quer
über die Fahrbahn ein dunkler nicht sichtbarer LKW-Anhänger befunden habe.
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Nachdem die Beklagte zu 1. am 02.07.2009 einen Betrag in Höhe von 70 % des
erstattungsfähigen Schadens nebst entsprechender außergerichtlicher Anwaltskosten
sowie Kosten des Verfahrens an die Klägerin geleistet hat, beantragt die Klägerin
nunmehr,
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1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die
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Klägerin EUR 12.826,21 nebst 5 Prozentpunkten über dem
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Basiszinssatz ab Zustellung zu zahlen, abzüglich eines am
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02.07.2009 gezahlten Betrages von EUR 9.000,00;
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2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die
10
die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR
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865,49 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
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ab Zustellung zu zahlen, abzüglich eines am 02.07.2009
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gezahlten Betrages von EUR 775,00.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten behaupten, der Zeuge K sei mit hoher Geschwindigkeit, wobei unstreitig
ist, dass an der Unfallstelle 70 km/ h erlaubt sind, und offensichtlich nicht angepasster
Geschwindigkeit gefahren, so dass es ihm nicht mehr gelungen sei, dass von ihm
geführte Fahrzeug vor dem quer stehenden Anhänger zum Stillstand zu bringen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das
wechselseitige Vorbringen der Parteien nebst der von ihnen überreichten Anlagen
Bezug genommen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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Die zulässige Klage ist in dem noch geltend gemachten Umfang nur zu einem geringen
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Teil begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus dem
Unfallereignis vom 17.12.2008 auf der K 41 zwischen F und H gemäß §§ 7, 18 StVG,
115 Abs. 1 S. 1 VVG, 823 BGB in Höhe von EUR 9.619,66 zu.
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Zwar hat der Führer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Lastkraftwagens den
Verkehrsunfall vom 17.12.2008 erheblich verschuldet, weil er entgegen § 9 Abs. 5 StVO
bei Dunkelheit einen Einmündungsbereich in eine bevorrechtigte Straße zum Wenden
genutzt hat, so dass sich der Anhänger des von ihm geführten Gespanns quer über
beide Fahrbahnen der K 41 befand. Denn gemäß § 9 Abs. 5 StVO musste er sich beim
Wenden so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
ausgeschlossen war. Die damit geforderte höchstmögliche Sorgfalt ist eindeutig nicht
eingehalten, wenn zum Wenden in der Dunkelheit eine Stelle benutzt wird, die von dem
bevorrechtigten Verkehr mit einer Höchstgeschwindigkeit von 70 km / h genutzt werden
kann, an der jedoch auf Grund der Ausmaße des geführten Gespanns dieses stecken
bleibt und dadurch den Verkehr auf der bevorrechtigten Straße blockiert.
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Auf der anderen Seite ist jedoch auch dem Führer des klägerischen Kraftfahrzeuges ein
nicht nur leichtes Verschulden vorzuwerfen. Er hat jedenfalls die gebotene
Sichtgeschwindigkeit nicht eingehalten und ist in den Anhänger hineingefahren. Damit
spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er entweder unter Verstoß gegen
das Sichtfahrgebot zu schnell oder unaufmerksam gefahren ist. Das Auffahren auf ein
die Fahrbahn versperrendes anderes Fahrzeug erlaubt grundsätzlich eine alternative
Schuldfeststellung dahin, entweder der Bremsweg des Auffahrenden länger als die
Sichtweite oder seine Reaktion auf die rechtzeitig erkennbare Gefahr unzureichend
gewesen sein muss ( BGH VersR 1987, 1241 ). Ein Kraftfahrer darf gerade auch bei
Dunkelheit nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke
rechtzeitig vor einem Hindernis, das sich auf seiner Fahrbahn befindet, anhalten kann.
Dabei muss ein Kraftfahrer seine Geschwindigkeit auch auf unbeleuchtet auf der
Fahrbahn befindliche Fahrzeuge einrichten ( BGH VersR 1988, 412 ). Dies trifft gerade
auch auf liegengebliebene Anhänger zu. Nur bei Gegenständen, deren Erkennbarkeit in
atypischer Weise besonders erschwert ist, kann etwas anderes gelten. Für auf der
Straße liegengebliebene Fahrzeuge, mögen sie auch unbeleuchtet und mit dunklem
Aufbau versehen sein, greift diese Ausnahme jedoch nicht ein. Hier ist vom Kraftfahrer
zu fordern, seine Fahrweise so zu wählen, dass er rechtzeitig anhalten kann ( BGH
VersR 1987, 1241 ). Dass der Führer des klägerischen Kraftfahrzeuges diesen
Anforderungen gerecht geworden ist, hat die Klägerin weder unter Beweis gestellt noch
dargelegt. Hingegen ist dem Führer des klägerischen Kraftfahrzeuges keine weitere
Pflichtverletzung vorzuwerfen, da weder erkennbar ist noch von der Beklagten geltend
gemacht worden ist, dass dieser mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist.
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Bei der gebotenen Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge muss der
Beklagten der überwiegende Haftungsanteil zugemessen werden. Der Führer des
Beklagtenfahrzeuges hat durch sein misslungenes Wendemanöver die auslösende
Ursache für die Kollision gesetzt. Sein Fehlverhalten macht die entscheidende und
deutlich überwiegende Unfallursache aus. Unter Berücksichtigung der höheren
Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges und aller Umstände erscheint es angemessen,
eine Haftungsverteilung von 75 % zu 25 % zu Lasten der Beklagten vorzunehmen.
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Der erstattungsfähige Schaden der Klägerin beläuft sich auf EUR 12.826,21 und setzt
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sich aus dem Totalschaden des klägerischen Fahrzeuges in Höhe von EUR 10.575,00,
den Gutachterkosten in Höhe von EUR 866,92, den Abschleppkosten in Höhe von EUR
546,40, den Kosten der Feuerwehr in Höhe von EUR 401,29, den Abmeldekosten in
Höhe von EUR 5,60, dem Nutzungsausfall in Höhe von EUR 406,00 und der
allgemeinen Unkostenpauschale in Höhe von EUR 25,00 zusammen. Die Klägerin hat
den Nachweis der Anschaffung eines neues Kraftfahrzeuges durch Vorlage der
Zulassungsbescheinigung vom 28.09.2009 geführt, so dass der Klägerin sowohl der
Bruttowiederbeschaffungswert als auch die Nutzungsausfallentschädigung zusteht.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Haftungsquote und der bereits erfolgten
Zahlung der Beklagten in Höhe von EUR 9.000,00 steht der Klägerin noch eine
Restforderung in Höhe von EUR 619,66 zu.
Der Zinsanspruch ist aus § 291 BGB begründet.
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Der Klägerin steht aus Verzug kein weitergehender Anspruch auf Erstattung der
außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu, denn auch nach einem Streitwert von EUR
9.619,66 hat sie durch die Zahlung der Beklagten bereits ausreichenden Ersatz erlangt.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: bis 21.08.2009: EUR 12.826,21
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danach: EUR 3.826,21
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