Urteil des LG Köln vom 28.11.2003

LG Köln: einstweilige verfügung, juristische person, passivlegitimation, firma, unternehmensgruppe, anfang, anschrift, verkehr, rechtspersönlichkeit, karte

Landgericht Köln, 81 O 198/02
Datum:
28.11.2003
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
1. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
81 O 198/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen eine auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik
Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu
erbringende Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages.
T A T B E S T A N D:
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Die Klägerin behauptet, Herstellerin der Handtaschen der Marke I zu sein; insbesondere
diejenigen Handtaschen von I, die unter der Bezeichnung Kelly veräußert werde, sei
berühmt - auf ihre diesbezüglichen Ausführungen wird Bezug genommen - und als
Klassiker noch heute von besonderer wettbewerblicher Eigenart. Sie legt dies näher
dar.
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Sie nimmt die Beklagte des vorliegenden Verfahrens in Anspruch, weil diese jedenfalls
auch (neben den bisherigen Beklagten zu 1. und 2., die sich beide in Insolvenz befinden
und deren Verfahren abgetrennt worden ist) mitgewirkt habe am Vertrieb von Taschen,
bei denen es sich um unlautere Nachahmungen des Modells Kelly handele und deren
Aussehen sich aus dem Klageantrag ergibt.
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Diesem Klageverfahren voraufgegangen ist u.a. das Verfügungsverfahren (81 O 74/02
Landgericht Köln), in dem Antragsgegner waren die bisherige Beklagte zu 2. und die
jetzt noch allein verklagte juristische Person. Durch Urteil vom 12.7.2002 hat die
Kammer die zuvor erlassene einstweilige Verfügung mangels Passivlegitimation
aufgehoben; diese Entscheidung hat der Senat abgeändert und die Passivlegitimation
der damaligen Antragsgegner bejaht.
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In Wiederholung ihres damaligen Vortrages weist die Klägerin darauf hin, dass ihre
Prozessbevollmächtigen bei dem Testkauf am 11.4.2002 eine Visitenkarte mit dem
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Aufdruck 'M' erhalten habe, auf deren genaues Aussehen Bezug genommen wird; die
Beklagte sei deshalb ebenfalls Störerin.
Die Klägerin beantragt,
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I. die Beklagte zu verurteilen,
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1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,- zu
unterlassen,
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Damen-Handtaschen - wie nachstehend fotografisch abgebildet -
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- es folgen Abbildungen von 2 Taschen -
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2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen,
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in welchem Umfang sie Handlungen gemäß I.1. vorgenommen hat, und
zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus welchem - gegliedert nach
Kalendermonaten - Werbeaufwand (unter Nennung der Art der Werbeträger,
der Auflage, der Erscheinungszeit, des Verbreitungsraumes und der
Werbekosten), Lieferzeiten, Lieferorte, Liefermengen und Umsätze sowie
Gewinne - unter Benennung und Bezifferung aller Kostenfaktoren -
ersichtlich sind
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3. der Klägerin Angaben zu machenüber Namen und Anschrift des Herstellers
und/oder des Lieferanten der Taschen gemäß I.1.
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II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu
ersetzen, der ihr aus Handlungen der im Tenor zu I.1. beschriebenen Art bereits
entstanden ist oder noch entstehen wird.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält die Klägerin nicht für aktivlegitimiert und den beanstandeten Vertrieb für
rechtmäßig; unabhängig davon leugnet sie ihre Passivlegitimation.
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Sie trägt vor, zu keinem Zeitpunkt mit dem Lederwarenhandel befasst gewesen zu sein;
lediglich ganz zu Anfang der Neugliederung der Unternehmensgruppe sei "angedacht"
gewesen, sie auch mit einzubeziehen. Aus dieser Zeit stammten die Visitenkarten, auf
die sich die Klägerin berufe.
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Betreiberin des Lederwarenhandels sei zum Zeitpunkt des Testkaufs die Firma M 1
GmbH & Co. KG [= frühere Beklagte zu 1.] gewesen, nicht mehr die Firma M 2 GmbH &
Co. KG [= frühere Beklagte zu 2.] und erst recht nicht die damals gerade erst gegründete
jetzt allein Beklagte, die andere Aufgaben innerhalb der Firmengruppe habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
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Die Klage ist unbegründet.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich die Klage schon deshalb
als nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte nicht passivlegitimiert ist.
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Ebenso wie im Verfügungsverfahren ist für die Entscheidung davon auszugehen, dass
der Verkauf der Tasche jedenfalls nicht durch die jetzt noch allein beklagte Partei erfolgt
ist, denn die Klägerin hat sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht nur auf den
Inhalt der Visitenkarte zu stützen vermocht.
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Für sich allein betrachtet sieht auch die Kammer die Visitenkarte als ein Indiz an für die
Beteiligung der Beklagten am Vertrieb u.a. der Taschen, denn eine in einem Ladenlokal
zur Verteilung/Mitnahme ausliegende Visitenkarte dient der Förderung des Absatzes
und eine auf der Karte genannte Rechtspersönlichkeit ist in aller Regel diejenige, die
diesen Absatz auch tatsächlich fördern will; bei Erlass einer einstweiligen Verfügung
ohne mündliche Verhandlung reicht derartiges ohne weiteres aus.
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Nunmehr aber liegen mit dem Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 26.2.2002 sowie
mit dem Fehlen jedweden weiteren Auftretens der Beklagten im Vertriebsgeschäft
genügend Umstände gegen die Annahme einer Vertriebstätigkeit der Beklagten vor, um
die Indizwirkung der Visitenkarte als neutralisiert anzusehen. Es ist ordnungsrechtlich
sicher nicht einwandfrei, im geschäftlichen Verkehr inhaltlich unzutreffende
Visitenkarten einzusetzen, nur weil sie nun einmal gedruckt sind; ein solches Verhalten
kommt aber ohne weiteres vor und begründet für sich allein keine Störereigenschaft.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
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Streitwert: EUR 100.000,-.
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