Urteil des LG Köln vom 10.11.2004

LG Köln: fahrzeug, beschädigung, verkehrsunfall, spiegel, anhörung, kennzeichen, kunststoff, rücklicht, sachverständiger, beteiligter

Landgericht Köln, 28 O 599/03
Datum:
10.11.2004
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 599/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D:
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Der Kläger macht Ansprüche aus einem von ihm behaupteten Schadensfall vom
00.00.00 geltend. Er war Halter des PKW Mercedes-Benz Vito mit dem amtlichen
Kennzeichen ####. Die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt Haftpflichtversicherer des
LKW VW mit dem amtlichen Kennzeichen ##.
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Der Kläger behauptet, er sei an 00.00.00 gegen 21:00 Uhr mit seinem PKW in Köln-Porz
die G- Straße entlanggefahren. Als er die U-Straße gekreuzt habe, sei von rechts unter
Mißachtung der Vorfahrt des Klägers Herr P mit dem vorbezeichneten, bei der
Beklagten versicherten LKW VW von der Abbiegerspur der U-Straße auf die G- Straße
aufgefahren und habe dabei das Fahrzeug des Klägers auf der rechten Seite gerammt.
Der Kläger habe aufgrund des Gegenverkehrs nicht nach links auf die Gegenfahrbahn
ausweichen können. Der Kläger macht auf der Basis des von ihm in Auftrag gegebenen
Gutachtens H vom 18. Dezember 2002 (Blatt 6 bis 17 der Akten) Reparaturkosten in
Höhe von 10.050,33 € netto sowie einen Nutzungsausfall für sechs Tage zu jeweils 59
€, insgesamt 354 €, sowie eine Auslagenpauschale von 25 € und
Sachverständigenkosten von 713,17 € geltend. Sämtliche von dem Sachverständigen
festgestellten Schäden seien durch diesen Verkehrsunfall vom 17. Dezember 2002
verursacht worden.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.142,50 € nebst 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz aus 10.788,50 € seit dem 11. Februar 2003 und aus 354 €
seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte behauptet, es handele sich um einen gestellten Unfall. Dazu führt sie aus,
daß das Fahrzeug erst kurz vor dem behaupteten Unfallgeschehen von einem H gekauft
worden sei, es zu diesem Zeitpunkt 40.747 Kilometer aufgewiesen habe und über 20
Jahre alt gewesen sei. Auch nach dem Unfallereignis habe es der Erwerber nicht für
notwendig gehalten, das Fahrzeug abzumelden. Der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs,
Herr P, habe bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Vor allem jedoch
seien die von dem Kläger behaupteten Schäden nicht mit dem Unfallereignis in
Einklang zu bringen. Dazu beruft sich die Beklagte auf ein von ihr eingeholtes
unfallanalytisches Gutachtens des Büros M vom 28. Mai 2003, das sie als Anlage B 3
(Blatt 40 bis 55 der Akten) vorlegt und auf das Bezug genommen wird.
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Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 9. Dezember
2003 (Blatt 67 und 68 der Akten) durch Sachverständigengutachten. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des
Sachverständigen O vom 14. April 2004 (Blatt 74 bis 83 der Akten) sowie wegen der
mündlichen Anhörung des Sachverständigen auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung
vom 29. September 2004 (Blatt 93 bis 99 der Akten) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den
Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
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Die Klage ist unbegründet.
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Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu. Denn
aufgrund der Schadensbildes ist bewiesen, dass die von dem Kläger geltend
gemachten Schäden nicht durch den behaupteten Verkehrsunfall vom 00.00.00
verursacht worden sind. Es wäre Voraussetzung für einen materiellen
Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte gewesen, daß er darlegen
und beweisen kann, daß durch das Unfallgeschehen vom 00.00.00 der nun geltend
gemachte Schaden insgesamt verursacht worden ist (vgl. insbesondere OLG Köln,
VersR 1999,865). Diesen Beweis hat der hierzu darlegungs- und beweisbelastete
Kläger nicht führen können. Es steht im Gegenteil fest, daß die Schäden zu dem
behaupteten Unfallgeschehen nicht passen.
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Der Sachverständige O hat in seinem schriftlichen Gutachten und in seiner mündlichen
Erläuterung ausgeführt, dass die Fahrzeuge Schäden aufweisen, die keinesfalls mit
dem behaupteten Unfallgeschehen in Einklang zu bringen sind. Dies gilt vor allem im
Hinblick auf die Kompatibilität der Schäden. Dabei mag zunächst, wie dies der
Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung auf den entsprechenden Einwand des
Klägers dargelegt hat, die von ihm in seinem schriftlichen Gutachten als nicht zu dem
behaupteten Unfallgeschehen passende Endstellung der Fahrzeuge dicht beieinander
darauf basieren, daß eines der Fahrzeuge zurückgesetzt wurde. Zur fehlenden, davon
unabhängigen Kompatibilität der Schäden hat der Sachverständige indes überzeugend
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dargelegt, daß an dem Mercedes des Klägers die Schädigung vor dem Rücklicht zwar
gering gewesen sei, sie jedoch ungefähr in Griffhöhe vorhanden sei. Anhand des Fotos
auf Blatt 44 der Akten hat der Sachverständige aufgezeigt, daß sowohl vorne als auch
an den rechten Türen deutliche Schäden entstanden sind, die im unteren Bereich der
Karosserie vorhanden sind und fast bis zu dem Fenstergläsern reichen. Insbesondere in
diesem unteren Bereich ist in der Höhe, wo typischerweise die Stoßfänger sind, ein
entsprechender Schaden entstanden. Es leuchtet dem Gericht ein, daß eine solche
Schädigung dann auch unterhalb der ganz hinten am Fahrzeug befindlichen
Beschädigung vorhanden sein müßte, nämlich unterhalb des rechten Rücklichts. Denn
es erscheint überzeugend, wenn der Sachverständige dies damit begründet, daß die
Fahrzeuge im Bereich des Stoßfängers breiter und auch stabiler sind und daß deshalb
eine Schädigung lediglich im oberen Bereich zu einem späteren Zeitpunkt ausscheidet.
Aufgrund dieser Bauweise der Fahrzeuge erscheint die obere Schädigung an dem
klägerischen Fahrzeug ohne eine auch im unteren Bereich vorhandene Schädigung
durch das behauptete Unfallgeschehen ausgeschlossen.
Dabei hat das Gericht berücksichtigt, daß - wie auch von dem Sachverständigen
dargelegt - ein Schwanken der Fahrzeuge aufgrund des Unfallgeschehens in Betracht
kommt. Der Sachverständige hat indes die Möglichkeit der Schädigung aufgrund eines
Schwankens der Fahrzeuge ausgeschlossen, da dieses nicht zu der auf den Fotos
erkennbaren Spurenlage passt. Die Unfallspuren an den Fahrzeugen verlaufen nämlich
horizontal. Wäre eine Schädigung durch Schwankungen des Fahrzeuges entstanden,
hätten die Spuren nicht gerade, also horizontal verlaufen dürfen, sondern wären in
Wellenform zu erwarten gewesen.
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Darüber hinaus überzeugen das Gericht auch die Ausführungen des Sachverständigen
zur fehlenden Beschädigung des Außenspiegels am Fahrzeug des Klägers. Denn an
dem Spiegel sind keine Spuren ersichtlich, die einen stärkeren Kontakt von vorne
belegen könnten. Aufgrund der kastenförmigen Bauweise beider angeblich am Unfall
beteiligter Fahrzeuge wäre aber mit einem verstärkten Maße an Schäden zu rechnen,
da das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug den vorderen Kotflügel des klägerischen
Fahrzeuges fast bis zur Spiegelhöhe massiv beschädigt hat, was sich eindeutig aus den
vorliegenden Fotos ergibt. Vor diesem Hintergrund folgt das Gericht der
Schlußfolgerung des Sachverständigen, daß auch eine beträchtliche Schädigung der
Spiegel zu erwarten gewesen wäre, wenn aufgrund des von dem Kläger behaupteten
Unfallgeschehens nicht nur der vordere, sondern auch der weiter hinten am Fahrzeug
des Klägers vorhandene Schaden durch den von ihm behaupteten Unfall verursacht
worden sein sollte. Hinzukommt, daß der Kunststoffspiegel am Fahrzeug des Klägers
hätte abgerissen werden müssen, da der Außenspiegel am bei der Beklagten
versicherten Fahrzeug einen Eisenbügel besitzt und dieser wegen seiner
Schwergängigkeit das Kunststoffgehäuse an klägerischen Außenspiegel hätte kaputt
schlagen müssen.
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Darüber hinaus hätte - auch hier folgt das Gericht dem Sachverständigen - bei einem
Wanken der Fahrzeuge nach dem Wegstoßen erneut ein heftiger Zusammenstoß
erfolgen müssen. Damit zusammenpassende Schäden im Bereich der Beifahrertür
zeigen sich jedoch gerade nicht, denn in dem mittleren Bereich der Beifahrertür sind nur
Schäden in geringem Umfang vorhanden.
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Ferner kann es zu der Beschädigung im Bereich der Schiebetür nur durch einen Kontakt
kommen, wenn dieser von schräg hinten her erfolgt. Ein solches Geschehen ist mit dem
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von dem Kläger behaupteten Unfallverlauf nicht zu vereinbaren.
Auch eine Schädigung durch die Stoßstange, vorausgesetzt, daß an dieser zuvor die
äußere Stoßfängerschale aus Kunststoff abgerissen worden ist, paßt nicht zu dem
Schadensbild. Denn der Sachverständige hat zu Recht ausgeführt, daß die Stoßstange
an diesem Fahrzeuges wie ein feststehender Eisenträger angebracht ist. Es leuchtet
dem Gericht ein, daß mit diesem nur starke Schäden erzeugt werden können, wenn es
zum Kontakt kommt. Vor diesem Hintergrund können die Schäden im unteren
Karosseriebereich an dem Fahrzeug des Klägers durch einen solchen Kontakt nicht
erzeugt worden seien, da ihre Konturen dafür zu abgerundet und gleichmäßig sind, was
bei einem scharfkantigen Eisenteil, wie es die Stoßstange darstellen würde, nicht zu
erwarten gewesen wäre.
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Ist jedoch davon auszugehen, daß wie im vorliegenden Fall auf Grund überzeugender
sachverständiger Feststellungen nicht sämtliche Schäden, die das Fahrzeug aufweist,
auf das Unfallereignis zurückzuführen sind und macht der Kläger zu den nicht
kompatiblen Schäden keine Angaben beziehungsweise bestreitet er das Vorliegen
solcher Vorschäden, so ist ihm auch für diejenigen Schäden, die dem Unfallereignis
zugeordnet werden könnten, kein Ersatz zu leisten. Denn aufgrund dieses Vorschadens
lässt sich nicht ausschließen, dass auch die kompatiblen Schäden durch das frühere
Ereignis verursacht worden sind und/oder dass dort bereits erhebliche Vorschäden
vorhanden waren (vgl. OLG Köln aaO.).
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Vor diesem Hintergrund waren die zum Unfallhergang angebotenen Beweise nicht mehr
zu erheben. Diese hätten ggf. bestätigt, dass der Unfall sich wie vom Kläger geschildert
abgespielt haben soll. Dass es zum Zusammenstoß gekommen ist, unterstellt indes
auch der Sachverständige. Unabhängig davon ist jedoch die Frage, inwieweit sämtliche
der geltend gemachten Schäden durch ein solches Unfallereignis verursacht worden
sind.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.
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Streitwert: 11.142,50 €
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