Urteil des LG Köln vom 05.10.2004

LG Köln (obiter dictum, zpo, beschwerde, reisekosten, braunschweig, gesetz, gkg, höhe, gewicht, streitwert)

Landgericht Köln, 9 T 114/04
Datum:
05.10.2004
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 T 114/04
Vorinstanz:
Amtsgericht Gummersbach, 1 C 322/01
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 25.05.2004 gegen den
Kostenfest-setzungsbeschluß des Amtsgerichts Gummersbach vom
26.04.2004 - 1 C 322/01 --wird dieser abgeändert und wie folgt teilweise
neu gefaßt:
Auf Grund des Urteils des Landgerichts Köln vom 21.01.2004 sind von
der Klägerin und Berufungsklägerin an Kosten 243,76 EUR
(zweihundertdreiundvierzig und 76/100 EUR) nebst Zinsen in Höhe von
5 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2004 an die Be-klagten und
Berufungsbeklagten zu 2) zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagte
gesamtschuldnerisch zu 50 % und die Klägerin zu 50 % zu tragen.
G r ü n d e:
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Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet, soweit es die Reisekosten anbelangt.
Im Anschluß an OLG Köln, Beschluß vom 26.11.2001, 17 W 107/01, JurBüro 2002, 425-
428, ist § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F., welcher erst durch das Gesetz zur
Kostenrechtsmodernisierung vom 5.5.2004 (BGBl. I S. 718) mit Wirkung ab dem
1.7.2004 aufgehoben wurde, durch die Neuregelung des Berufsrechts der
Rechtsanwälte durch Gesetz vom 17.12.1999 obsolet geworden und auf den
vorliegenden Fall nicht mehr anwendbar. Die Partei kann die Reisekosten des am Sitz
des Gerichts zugelassenen und dort nicht ansässige Rechtsanwalt nach Maßgabe von
§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO erstattet verlangen. In diesem Sinne kann auch die zitierte
Entscheidung des BGH vom 16.12.2002 - VIII ZB 30/02 - interpretiert werden, welcher
die nur obiter dictum erwähnte vorliegende Fallgestaltung allerdings im Ergebnis offen
läßt.
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Soweit es die Erhöhungsgebühr anbelangt, ist die Beschwerde unbegründet. Im
Anschluß an OLG Braunschweig (7. Zivilsenat, Beschluß vom 17. April 2001, Az: 7 W
6/01, OLGR Braunschweig 2001, 181-182; AGS 2001, 224) Ist es für die Frage, ob eine
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Auftraggebermehrheit vorliegt, unerheblich, daß die auftraggebende Beklagte nicht nur
Mitbeklagte sondern auch Streithelferin der anderen Mitbeklagten ist, wenn aufgrund
des identischen Streitgegenstandes kein Mehraufwand gegeben ist.
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) sind nicht für beide Beklagte, sondern
nur für die Beklagte zu 2) tätig geworden. Also haben diese Rechtsanwälte keinen
Anspruch auf einen Erhöhungsbetrag gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO. Folglich hat die
Beklagte zu 2) auch keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Erstattung eines solchen
Betrages. Dass die Beklagte zu 2) im Rechtsstreit nicht nur Mitbeklagte sondern auch
Streithelferin der Beklagten zu 1) war, ändert nichts daran, dass allein die Beklagte zu 2)
Auftraggeberin gegenüber den Rechtsanwälten A. war (vgl. BGH JurBüro 1988, Spalte
64 und 1984 Spalte 377; v. Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO, 14. Aufl.
1999, § 6 Rdnr. 4; Göttlich/Mümmler BRAGO 19. Aufl. 1997, Stichwort "Mehrere
Auftraggeber" unter Ziffer 1.; Hartmann Kostengesetze 30. Aufl. 2001, § 6 BRAGO Rdnr.
19).
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Allenfalls könnte eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 1 BRAGO in Betracht
gezogen werden. Solche Entscheidungen sind bekannt geworden in Fällen, in denen
ein Anwalt einen Angeklagten verteidigte, ihn gleichzeitig als Nebenkläger gegen einen
Mitangeklagten vertrat und deshalb eine so umfangreiche Tätigkeit zu entfalten hatte,
dass sie im Rahmen der §§ 83 bis 86, 95 und 12 BRAGO nicht angemessen vergütet
werden konnte (vgl. Landgericht Krefeld AnwBl. 69, 374; Landgericht Bochum AnwBl.
68, 235; Landgericht Tübingen AnwBl. 67, 166; vgl. auch Fraunholz in Riedel/Sußbauer
BRAGO 8. Aufl. 2000 § 6 Rdnr. 17 m. w. N.). Ob diesen Entscheidungen beizupflichten
ist, mag dahinstehen, weil im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine
entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 1 BRAGO ohnehin fehlen. Die Klage gegen
beide Beklagte betraf ein und den selben Sachverhalt. Ein ins Gewicht fallender
zusätzlicher anwaltlicher Arbeitsaufwand ist dadurch, dass die Beklagte zu 2) nicht nur
Mitbeklagte sondern auch Streithelferin der Beklagten zu 1) war, nicht entstanden.
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Nach alledem war wegen der unberücksichtigt gebliebenen Reisekosten die
Kostenfestsetzung um den der Sache nach berechtigten Betrag in Höhe von 21,14 EUR
zzgl. 16 % MWSt zu erhöhen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 12 Abs. 1, 22 Abs. 3 GKG a.F.
i.V.m. § 72 GKG, 3 ZPO.
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Streitwert für die Beschwerde: 53,93 EUR
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