Urteil des LG Köln vom 12.05.2005

LG Köln: versicherer, versicherungsnehmer, abrechnung, begriff, entschädigung, vorschuss, aufwand, versicherter, entwendung, anzeige

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 S 36/04
12.05.2005
Landgericht Köln
24. Zivilkammer
Urteil
24 S 36/04
Amtsgericht Köln, 120 C 331/03
Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 30.4.2004
(120 C 331/03) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zu den tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen die vom Amtsgericht vertretene
Rechtsansicht, dass im Rahmen des § 2 VHB eine fiktive Abrechnung ausgeschlossen sei.
Die Klägerin beantragt,
1.) das Urteil des Amtsgerichtes Köln vom 30.4.2004 - Az.: 120 C 331/03 - mit der
Maßgabe abzuändern, die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.360,48 € zuzüglich 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 6.7.2003 zu zahlen
2.) hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen abzurechnenden Vorschuss in
Höhe von 2.360,48 € zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.7.2003 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
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1.
Das Amtsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten
kein Anspruch auf Ersatz fiktiver Kosten aus dem Hausratsversicherungsvertrag zusteht.
Die Hausratversicherung deckt den mit einem Versicherungsfall verbundenen
Kostenaufwand nur, soweit dies in § 2 VHB 92 bestimmt ist. Hier heißt es unter der
Überschrift "Versicherte Kosten", dass die infolge des Versicherungsfalles notwendigen
Kosten versichert sind. Dem lässt sich entnehmen, dass § 2 VHB keine Schadens-,
sondern eine reine Kostenversicherung beinhaltet. Der Begriff "Kosten" ist
auslegungsfähig. Die Auslegung ergibt, dass mit dem Begriff "Kosten" Vermögensopfer
gemeint sind, die ein Versicherungsnehmer in Form einer Geldzahlung oder einer
wirtschaftlich gleichgestellten Handlung erbringt (AG Hamburg, Urteil vom 15.7.2003, Az.
910 C 530/03). Der Begriff der "Kosten" impliziert dabei, dass das Vermögensopfer
tatsächlich bereits entstanden sein muss. Verspricht der Versicherer in der Vorschrift des §
2 VHB 92 lediglich die Regulierung notwendiger "Kosten", ist dem deshalb zu entnehmen,
dass versicherte Kosten nur dann ersetzt werden, wenn sie tatsächlich angefallen sind
(Martin, Sachversicherungsrecht, W I Rdn. 25). Eine fiktive Abrechnung ermöglicht § 2 VHB
deshalb nicht (AG Hamburg, Urteil vom 15.7.2003, Az. 910 C 530/03; AG Dortmund, Urteil
vom Az. 136 C 7702/98; Höra in Handbuch VersR, Hrsg. v. Bühren, 2. Aufl., § 3 Rdn. 61).
Auch der Kommentierung von Prölss/Martin (VVG, 27. Aufl., § 2 VHB 92 Rdn. 3) ist zu
entnehmen, dass im Rahmen des § 2 VHB 92 nur entstandene Kosten ersetzt werden.
Zwar mag das betreffende Zitat im Zusammenhang mit der kommentierten Ziffer 2) zu
Transport- und Lagerkosten (§ 2 Nr. 1 c) VHB 92) stehen. Wenn sich aber die
Kommentierung nur auf § 2 Nr. 1 c) VHB 92 beziehen sollte, wäre unverständlich, weshalb
am Ende der Kommentierung auf die Entscheidung des AG Trier, NJW-RR 2003, 889 mit
dem Hinweis "für Nr. 1" verwiesen wird.
Der Auffassung des AG Trier (Urteil vom 31.1.2003, NJW-RR 2003, 889), welches im
Rahmen des § 2 Nr. 1 f) und g) VHB 92 eine fiktive Abrechnung für möglich hält, vermag
sich die Kammer nicht anzuschließen. Aus der Vorschrift des § 18 Nr. 5 VHB 92, der auf §
18 Nr. 1 b) VHB 92 verweist, lässt sich solches nicht folgern. § 18 Nr. 5 VHB 92 bestimmt
lediglich eine entsprechende Berechnung der Entschädigung für versicherte Kosten nach §
2 VHB 92. Damit verweist die Vorschrift lediglich zum Umfang der Entschädigungspflicht
auf die Vorschrift des § 18 VHB 92. Dem Grunde nach soll die Haftung nach § 2 VHB 92
durch § 18 Nr. 5 VHB 92 nicht erweitert werden. Es bleibt dann dabei, dass § 2 VHB 92
begrifflich gerade den Anfall von Kosten voraussetzt.
Die gefundene Auslegung erscheint auch interessengerecht. Insoweit ist zu
berücksichtigen, dass der Versicherer im Rahmen des § 2 VHB lediglich eine zusätzliche
Leistung verspricht, die über die eigentlich geschuldete Versicherungsleistung, nämlich die
Deckung des Vermögensverlustes wegen Zerstörung, Beschädigung oder Entwendung
versicherter Sachen, hinausgeht. Auch vor diesem Hintergrund erscheint eine
einschränkende Auslegung des § 2 VHB 92 geboten. Würde der Versicherer zu einer
Abrechnung auf Basis eines Kostenvoranschlages verpflichtet sein, wäre nicht
sichergestellt, dass der Versicherungsnehmer den entschädigten Aufwand tatsächlich
überhaupt betreibt.
2.
Der Klägerin stand schließlich auch nicht der in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend
gemachte Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zu. Denn dem Versicherungsnehmer
steht ein Anspruch auf Vorschusszahlung nur in den gesetzlich oder vertraglich bestimmten
Fällen zu. Ein solcher war vorliegend nicht gegeben. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2
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VVG lagen nicht vor. Hiernach kann der Versicherungsnehmer in Anrechnung auf die
Gesamtforderungen Abschlagszahlungen verlangen, wenn die Erhebungen des
Versicherers bis zum Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalles nicht
beendet sind, der Versicherer aber nach Lage der Sache eine Entschädigung zu zahlen
hat. Vorliegend stand eine solche Leistungspflicht der Beklagten aber nicht fest, weil
bereits Streit über den Versicherungsfall als solchen bestand. Auch stellte die begehrte
Reparatur keine Aufwendung zur Minderung des Schadens dar, so dass der Klägerin auch
nach § 63 Abs. 1 S. 3 VVG kein entsprechender Anspruch auf Vorschuss zustand. § 2 VHB
92 sieht eine Verpflichtung des Versicherers zur Leistung eines Vorschusses nicht vor.
Fehlt aber eine entsprechende Bestimmung, die den Versicherer zum Ersatz eines
Vorschusses verpflichtet, muss der Versicherungsnehmer zunächst selbst die
erforderlichen Aufwendungen erbringen, bevor er vom Versicherer Erstattung verlangen
kann.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung
hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderten. Die dem
Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsfrage ist nach Auffassung der Kammer als geklärt
anzusehen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.360,48 €