Urteil des LG Köln vom 05.09.2002

LG Köln: schutz der persönlichkeit, üble nachrede, verfügung, vorrang, behörde, ausführung, rechtfertigung, meinungsfreiheit, bestandteil, verleumdung

Landgericht Köln, 27 O 385/02
Datum:
05.09.2002
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 O 385/02
Tenor:
Der Antrag vom 02.09.2002 auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf EUR 5.001,00 festgesetzt.
GRÜNDE
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Der Antragsteller begehrt den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, daß
die Antragsgegnerin es zu unterlassen hat, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung
aufzustellen und / oder zu verbreiten: "Dies wird von Ihnen immer wieder
wahrheitswidrig vorgetragen, in dem Sie sich auf die nicht mehr bestehende
Entscheidung des Landgerichts Ulm vom 19.09.2001 berufen". Hierzu trägt er vor, die
Antragsgegnerin verletze ihn damit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und
begehe eine falsche Verdächtigung im Sinne von § 164 StGB, indem sie einen anderen
bei einer Behörde, der Rechtsanwaltskammer, wider besseren Wissens einer
rechtswidrigen Tat oder der Verletzung von Dienstpflichten in der Absicht verdächtigt,
ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn
herbeizuführen. Weiter liege in dieser Aussage eine Beleidigung, üble Nachrede und
Verleumdung. Die Antragsgegnerin verstoße im Rahmen der allgemeinen auch
außergerichtlichen Verpflichtungen zudem gegen die Wahrheitspflicht nach § 138 ZPO
analog.
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Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist nicht begründet, denn der
denkbare Anspruch des Antragstellers aus §§ 1004, 823 BGB analog ist nach dem
eigenen Vorbringen in der Antragsbegründung aus Rechtsgründen zu verneinen. Es ist
bereits fraglich, ob das Schreiben der Antragsgegnerin vom 29.08.2002 überhaupt
Außenwirkung besitzt, da es allein an den Antragsteller gerichtet ist und nicht erkennbar
ist, daß es weiteren Dritten zugänglich gemacht worden ist. Es ist ebensowenig
erkennbar, daß die Antragsgegnerin diese Erklärung gegenüber Dritten wiederholen
wird. Dies kann der Darstellung des Antragstellers nicht entnommen werden. Darüber
hinaus handelt es sich nicht um einen wahrheitswidrigen Vortrag, sondern eine
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Meinungsäußerung, weil es sich um Bemerkungen zu den jeweiligen Urteilen des
Landgerichts Ulm und des Oberlandesgerichts Stuttgart handelt. In diesem
Zusammenhang ist jedoch zu sehen, daß der Antragsteller vorträgt, daß es sich nicht
um eine Einzelfallauseinandersetzung in der Sache M gegen die Antragsgegnerin
handelt, sondern um die grundsätzliche Klärung einer Rechtsfrage zwischen den
Parteien. Einen Unterlassungsanspruch gibt es aber nicht gegen das der
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen einer Partei oder ihres
Rechtsanwaltes innerhalb eines Zivilprozesses bis zum Abschluß des Verfahrens.
Angesichts der Darstellung des Antragstellers kann die Erklärung aber nur als Erklärung
im Rahmen eines Zivilprozesses gesehen werden. Zudem ist bei Meinungsäußerungen
zu berücksichtigen, daß bei Schmähkritik oder reinen Formalbeleidigungen der Schutz
der Persönlichkeit Vorrang hat; außerhalb davon hat jedoch die Meinungsfreiheit
Vorrang vor dem Personalschutz, soweit eine Äußerung, auch unter Angabe des
eigenen Namens, Bestandteil der ständigen geistigen Auseinandersetzung in
Angelegenheiten von öffentlicher Bedeutung ist, die für eine freiheitlich demokratische
Ordnung schlechthin konstituierend ist. Einschränkungen des Rechts auf freie
Meinungsäußerung bedürfen deshalb grundsätzlich einer Rechtfertigung durch
hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange oder schutzwürdige Rechte und Interessen
Dritter. Insgesamt ist aber vorliegend nicht erkennbar, daß die Interessen des
Antragstellers auf Grund der Meinungsäußerung der Antragsgegnerin derart
schützenswert sind, daß das Recht der freien Meinungsäußerung einzuschränken ist.
Ferner besteht kein.Unterlassungsanspruch gegen,das Einreichen von Strafanzeigen,
Beschwerden oder sonstigen Eingaben an die zuständige Behörde, es sei denn die
beeinträchtigende Äußerung steht offensichtlich ohne jeden inneren Zusammenhang
mit der Ausführung oder Verteidigung von Rechten, der sie dienen soll, oder es werden
bewußt unwahre oder leichtfertige Tatsachenbehauptungen aufgestellt, deren
Unhaltbarkeit ohne weiteres auf der Hand liegt. Hierzu liegen aber vorliegend keine
Anhaltspunkte vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 20 Abs. 1 GKG, 3 ZPO, wobei
berücksichtigt worden ist, daß eine Außenwirkung des Schreibens nicht erkennbar ist.
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