Urteil des LG Köln vom 05.09.2007

LG Köln: einstweilige verfügung, anfang, üble nachrede, unterbringung, versicherung, wohnung, bahnhof, wiederholungsgefahr, rechtswidrigkeit, herbst

Landgericht Köln, 28 O 244/07
Datum:
05.09.2007
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 244/07
Tenor:
1) Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 04.05.2007 – Az.: 28 O
244/07 – wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tenor wie folgt lautet:
Dem Antragsgegner wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetreten werden
kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für
jeden Fall der Zuwiderhandlung
v e r b o t e n,
die Behauptung aufzustellen und / oder aufstellen zu lassen, zu
verbreiten und / oder verbreiten zu lassen,
der Verfügungskläger sei in der fraglichen Zeit (27. – 29.09.1944) zu
Schanzarbeiten am Westwall eingesetzt und deshalb nicht in Köln
gewesen.
Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag
auf ihren Erlass zurückgewiesen.
2) Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungsbeklagte.
T A T B E S T A N D:
1
Der Verfügungskläger macht gegen den Verfügungsbeklagten einen
äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Diese Äußerung bezieht sich
auf die Geschichte der sog. "Edelweißpiraten" von Köln-Ehrenfeld.
2
In der Zeit vom 27. bis 29.09.1944 kamen in der T-Straße in Köln-Ehrenfeld bei einem
Hans Steinbrück und einer Cäcilie Serve drei verfolgte Juden mit den Namen Friedel
Krämer, Ruth Krämer und Paul Urbat unter. Der Verfügungskläger gehörte damals einer
3
Sülzer Gruppe an, die Kontakt mit der Gruppierung um Hans Steinbrück hatte. Am
Abend des 29.09.1944 entdeckte eine Heeres-Streife die Unterkunft in der T2 und nahm
die drei Verfolgten fest. Mitglieder der Steinbrück-Gruppe wurden am 10.11.1944
erhängt.
Der Verfügungskläger erhielt 1984 in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad
Vashem die Ehrung als "Gerechter unter den Völkern".
4
Der Verfügungsbeklagte befasste sich u. a. intensiv mit der Vergangenheit der Kölner
Polizei im Nationalsozialismus. Am 18.04.2007 hielt er in Brauweiler einen
Lichtbildvortrag zu dem Thema "Kölner Edelweißpiraten in Brauweiler". Hierbei äußerte
er sich kritisch gegenüber der Vergangenheit des Verfügungsklägers. Bereits im
Rahmen einer Vorberichterstattung äußerte der Beklagte gegenüber der Kölnischen
Rundschau, dass sich der Verfügungskläger die ihm im Jahre 1984 verliehene
Anerkennung "erschlichen" habe, da sie auf einer Täuschung des
Entscheidungskomitees beruhe.
5
Der Verfügungskläger war dabei unstreitig nicht derjenige, der das Verbergen der Juden
organisierte. Gegenstand seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist
jedoch die vom Kläger behauptete, angeblich in der Veranstaltung vom 18.04.2007
getätigte Äußerung des Verfügungsbeklagten, der Verfügungskläger habe vom 27. bis
29.09.1944 keinen Kontakt zu den verfolgten Juden haben können, da er sich zu dieser
Zeit zu Schanzarbeiten am Westwall befunden habe. Der Verfügungskläger war
zusammen mit seinem Freund Ferdinand T, genannt "Fän", im September/Oktober 1944
am Westwall, der genaue Zeitraum ist zwischen den Parteien jedoch streitig. Der
Verfügungskläger erhielt eine auf den 01.09.1944 ausgestellte sog.
"Notdienstverpflichtung", derzufolge er am 07.09.1944 zum Baueinsatz "Westwall" am
Westbahnhof zu erscheinen hatte. Der Verfügungskläger und Ferdinand T wurden am
10.10.1944 verhaftet und anschließend durch die Gestapo vernommen. In dem
Vernehmungsprotokoll vom 30.10.1944 wird als Aussage des Ferdinand T u. a.
festgehalten:
6
"(...) Ich gebe weiter zu, dass ich nach etwa drei Wochen mit K zu Steinbrück ging.
K blieb draußen stehen. Ich dagegen wollte die Wohnung des Steinbrück betreten.
Als ich schellte, öffnete mir die Frau des Steinbrück, deren Namen ich nicht kenne
(Serve). In ihrer Gesellschaft befand sich ein Polizeibeamter, der mich fragte, was
ich wollte. Als ich ihm erklärte, dass ich für den nächsten Tag zum Westwall
einberufen worden sei und mir bei Steinbrück noch 1 paar Schuhe holen wollte,
wurde ich nicht festgenommen, sondern des Hauses verwiesen.
7
Tatsächlich bin ich zum Westwall eingezogen worden. Samstags musste ich mich
am Deutzer Bahnhof stellen. Mittels Sammeltransports wurden wir nach E
gebracht. Dort verblieb ich bis dienstags. Dann bin ich fortgelaufen und habe ich
mich herumgetrieben. Nach 8 Tagen erfolgte meine Festnahme.
8
Sonst habe ich mit der Ehrenfelder Bande nichts zu tun."
9
In dem Protokoll der Vernehmung des Verfügungsklägers vom 01.11.1944 heißt es u. a.:
10
"(...) Etwa einer Woche von meiner Festnahme kam ich zum Schanzeinsatz zum
Westwall, von wo aus ich laufen gegangen bin. (...)
11
Ich selbst bin in der Folgezeit zweimal mit "Fän" in der T3. gewesen. "Fän" hatte
mich auf die Wohnung der T3. aufmerksam gemacht und mir erklärt, dass dort
Jungens verkehrten, die im Besitze von Pistolen seien. Von mir aus war es reine
Neugierde, was mich dorthin getrieben hat. Das Treiben dort gefiel mir allerdings
nicht und ich bin später nicht mehr hingegangen."
12
Zu den Vorgängen in der T2 verhält sich u. a. auch ein Buch von Bernd A. S aus dem
Jahr 1989 mit dem Titel "Gesellschaft in der Katastrophe". S schildert hierin u. a., dass
Hans Steinbrück Jugendlichen, währenddessen die rassisch Verfolgten versteckt
wurden, das Betreten des Gebäudes in der T2 verboten habe.
13
In einer 1991 erschienenen Veröffentlichung des NS-Dokumentationszentrums mit dem
Titel "Gegen den braunen Strom" wurde ein Interview mit dem Verfügungskläger mit
folgendem Inhalt abgedruckt:
14
"(...) Im Herbst 1944 wurde dann das Versteck der Widerstandsgruppe in der T2
aufgerieben. Das war in der Zeit, als ich mit dem Ferdi T beim Westwalschanzen
war, so dass wir von der Aktion zuerst nichts wussten, als wir zurückkamen. Als ich
dann kurz darauf zum Ferdi ging, stand in der Wohnung ein Gestapo-Mann hinter
der Tür."
15
Der Verfügungskläger selbst verfasste 2003 ein Buch mit dem Titel L,L und L. Auf S. 65
ist dort ausgeführt:
16
"(...) Anfang September 1944 war ich gerade auf dem Weg zur Apotheke, wo ich für
Ferdis Opa Medikamente holen sollte, als ich wiederum von einer Schar HJ-
Jungen aufgegriffen und in die Schule am Manderscheider Q-Platz gebracht wurde.
Dieses Mal wurde ich registriert und aufgefordert, am nächsten Tag am Deutzer
Bahnhof zu erscheinen und zum Schanzeinsatz am Westwall bereit zu sein. (...)
gingen wir abends noch einmal zur T2 (...). Dort war einiges geschehen. Die
Gestapo hatte zusammen mit der SS den Unterschlupf gestürmt (...) Hans selbst
und auch unser Freund Barthel Schink waren nicht gefasst worden (...) Wir aber
zeigten der Gestapo unsere Marschbefehle zum Westwall vor und erklärten, dass
wir uns nur eben von Tante Cilli hatten verabschieden wollen. So kam es, das von
uns wieder laufen ließ. (...) am nächsten Morgen trafen wir pünktlich am Deutzer
Bahnhof ein, und dann ging es ab zum Westwall. (...) da Samstag war, hatte man
auf der Bühne ein kleines Programm improvisiert (...)"
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In einem Katalog des Kölner NS-Dokumentationszentrums zur Ausstellung "Von
Navajos und Edelweißpiraten" aus dem Jahr 2004 heißt es zur Beziehung der Sülzer
Gruppe zu der Ehrenfelder Gruppe um Steinbrück:
18
"Die Sülzer Gruppe hielt sich häufig im Beethoven Park auf, suchte Mitte 1944 aber
auch das "Ehrenfelder Loch" auf, wo namentlich Ferdi T und Jean K Franz
Rheinberger kennen lernten. Der Kontakt beschränkte sich aber offenbar auf
wenige Treffen, nicht zuletzt deshalb, weil T und K Anfang September 1944 zum
Westwall verpflichtet wurden, von wo sie Anfang Oktober entwichen und nach Köln
zurück kehrten."
19
Der Verfügungsbeklagte ist unter dem 26.04.2007 abgemahnt worden. Auf den Antrag
20
des Verfügungsklägers vom 03.05.2007, ergänzt durch Schriftsatz vom 04.05.2007, hat
die Kammer mit Beschluss vom 04.05.2007 dem Verfügungsbeklagten bei Androhung
der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, die Behauptung aufzustellen und/oder
aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, der Antragsteller habe
einen Kontakt zu den (im September 1944) in der T2 in Köln-Ehrenfeld verborgenen
Juden Friedel und Ruth Krämer und Paul Urbat nicht gehabt, da er zur fraglichen Zeit zu
Schanzarbeiten am Westwall eingesetzt und deshalb nicht in Köln gewesen sei.
Hiergegen hat der Verfügungsbeklagte unter dem 08.05.2007 Widerspruch eingelegt.
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Der Verfügungskläger behauptet, Ende September Friedel und Ruth Krämer sowie Paul
Urbat getroffen und dabei von dem Wolfgang T2 erfahren zu haben, dass es sich um
Juden handele, die sich der Verfolgung zu entziehen versuchten. Der Anfang
September erhaltenen Notdienstverpflichtung sei er zunächst nicht gefolgt. Vielmehr sei
er erst Ende September bzw. Anfang Oktober mit seinem Freund Ferdinand T zum
Westwall gefahren. Hierbei habe es sich um einen Samstag, entweder den 30.09.1944
oder den 06.10.1944, gehandelt. Der Verfügungskläger bezieht sich für seine
gegenüber der einstweiligen Verfügung vom 04.05.2007 geänderte Antragsstellung auf
den Inhalt der von ihm vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen.
22
Der Verfügungskläger beantragt nun,
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die einstweilige Verfügung der Kammer vom 04.05.2007 zu bestätigen, und
zwar mit der Maßgabe, dass dem Verfügungsbeklagten (...) verboten werden
soll, die Behauptung aufzustellen und / oder aufstellen zu lassen, zu
verbreiten und / oder verbreiten zu lassen, der Verfügungskläger habe die im
September 1944 in der T2 in Köln-Ehrenfeld verborgenen Juden Friedel und
Ruth Krämer und Paul Urbat nicht gesehen bzw. sei ihnen nicht begegnet, da
er zur fraglichen Zeit zu Schanzarbeiten am Westwall eingesetzt und deshalb
nicht in Köln gewesen sei.
24
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
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die angegriffene einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren
Erlass zurückzuweisen.
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Er rügt die geänderte Antragstellung als nicht sachdienlich. Er wendet weiter ein, die
klägerseits vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen belegten, dass der
Verfügungsbeklagte eine Äußerung, so wie sie im Tenor des Beschlusses formuliert sei
("habe einen Kontakt ... nicht gehabt"), nicht aufgestellt habe. Er habe vielmehr die Rolle
Steinbrücks bei der Unterbringung der Juden gewürdigt und in Bezug auf den
Verfügungskläger ausgeführt: "Mit Sicherheit hatte Jean K damit nichts zu tun, denn er
war ja am Westwall." Im Übrigen hält er die Äußerung für zutreffend. Die
Schlussfolgerung, der Verfügungskläger habe die verfolgten Juden nicht treffen können,
stelle ein bloßes Werturteil dar. Die von Klägerseite vorgelegten eidesstattlichen
Versicherungen widersprächen zudem den vorgenannten Unterlagen sowie früheren
Äußerungen des Klägers. Dieser habe 1985 gegenüber Herrn S auch die Richtigkeit der
in den Vernehmungsprotokollen vom 01.11.1944 enthaltenen Äußerungen bestätigt. In
einem Interview 1992 habe Ferdinand T zudem geäußert, der Verfügungskläger habe
die verfolgten Juden nicht gekannt bzw. gesehen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden
Bezug genommen.
28
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung begründet, so dass diese zu bestätigen war.
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Dem Verfügungskläger steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 2, 1004
Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB wegen Verletzung seines allgemeinen
Persönlichkeitsrechts zu. Das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete
Persönlichkeitsrecht schützt jeden Einzelnen in seinem Anspruch auf Achtung seiner
Persönlichkeit und kann einen Abwehranspruch gegenüber ehrverletzenden
Äußerungen Dritter begründen, wobei auf Seiten des Äußernden ebenfalls
Grundrechtsverbürgungen, wie die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG oder auch
die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG, in die Betrachtung einzustellen sind.
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Die Behauptung des Verfügungsbeklagten, der Verfügungskläger sei in der fraglichen
Zeit (es geht um den 27. – 29.09.1944) zu Schanzarbeiten am Westwall eingesetzt und
deshalb nicht in Köln gewesen, verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des
Verfügungsklägers.
32
Unerheblich ist insoweit, dass der Verfügungskläger aus Sicht der Kammer nicht
hinreichend glaubhaft gemacht hat, wie der genaue Wortlaut der Äußerung des
Verfügungsbeklagten zu der Frage gewesen ist, welche Form eines – insoweit als
Oberbegriff verstandenen – "Kontakts" des Verfügungsklägers zu den verfolgten Juden
durch die Abwesenheit verhindert wurde. Die vorgelegten eidesstattlichen
Versicherungen belegen insoweit keinen eindeutigen Äußerungsinhalt und
widersprechen der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsbeklagten. Unstreitig
behauptete der Verfügungsbeklagte jedoch inhaltlich, der Verfügungskläger sei
während der Zeit der Unterbringung der rassisch Verfolgten in der T-Straße beim
Westwalleinsatz gewesen. Diese Äußerung stellt den eigentlichen Kern der
Auseinandersetzung dar. Dass er an der Unterbringung der Juden beteiligt gewesen
sei, behauptet selbst der Verfügungskläger nicht. Die Wahrheit der Behauptung des
Beklagten unterstellt konnte der Verfügungskläger jedoch weder die verfolgten Juden
gesehen bzw. angetroffen noch sonst einen irgendwie gearteten "Kontakt" zu ihnen
gehabt haben. Insoweit hält sich die nun getroffene Verbotsanordnung im Rahmen des
vom Verfügungskläger gestellten Antrages. Gem. § 938 ZPO bestimmt das Gericht nach
freiem Ermessen, welche Anordnung zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist. Dies
hebt den Grundsatz der Antragsbindung gem. § 308 ZPO zwar nicht auf, bedeutet
jedoch eine Lockerung, da der Antragsteller nur sein Rechtsschutzziel angeben muss
(vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 938 Rn. 2). Das Rechtsschutzziel des
Verfügungsklägers besteht jedoch ersichtlich in dem Verbot der Äußerung, er sei zur
fraglichen Zeit am Westwall gewesen.
33
Der Verfügungskläger ist durch diese Äußerung auch betroffen. Sie befasst sich mit der
Frage, wo sich der Verfügungskläger zur Zeit der Unterbringung der verfolgten Juden
aufgehalten hat. Die individuelle Betroffenheit ist gegeben, wenn sich die Darstellung
erkennbar mit dem Anspruchsteller als Individuum befasst (vgl. Burkhardt in Wenzel,
Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 43).
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An den Inhalt dieser Äußerung werden die für die Abwägung bei
Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen durch Werturteile oder
Tatsachenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und
Abwägungsmaßstäbe angelegt. Handelt es sich bei einer Äußerung um eine
Tatsachenbehauptung, ist in der Regel entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt.
Bei Werturteilen wird maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder
Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind, oder
wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem
Persönlichkeitsschutz vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241 ff.; 93, 266 ff.).
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Für die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil ist dabei der Inhalt
der Äußerung, ausgehend vom Wortlaut, unter Berücksichtigung des sprachlichen
Kontextes, in dem sie steht, sowie der für den Adressaten erkennbaren
Begleitumständen, unter denen sie gemacht wird, zu ermitteln (BGH, NJW 2004, 598).
Bei Mischtatbeständen – eine Äußerung enthält sowohl Tatsachenbehauptungen wie
auch Elemente der Meinungsäußerung – ist für die Abgrenzung entscheidend, ob die
Äußerung insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder
Meinens geprägt ist, weil ihr Tatsachengehalt so substanzarm ist, dass er gegenüber
der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt (dann Meinungsäußerung, BVerfG, NJW
1983, 1415) oder ob die Äußerung überwiegend durch den Bericht über tatsächliche
Vorgänge geprägt ist und bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten in
die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit
den Mitteln des Beweises zugänglich sind (dann Tatsachenbehauptung, BGH, NJW
1994, 2614).
36
Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung um
eine Tatsachenbehauptung, so dass es für deren Bewertung maßgeblich auf die (Un-)
Wahrheit des Aussageinhalts ankommt.
37
Zwar nimmt der Verfügungsbeklagte für seine Äußerung auch die Wissenschaftsfreiheit
des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG in Anspruch. Wissenschaftliche Darstellungen sind in der
Regel dann als Meinungsäußerungen zu qualifizieren, sofern sie lediglich die subjektive
Wahrnehmung und das daraus gewonnene Urteil des Wissenschaftlers wiedergeben
(vgl. BGH, NJW 1978, 751). Doch auch wenn der Verfügungsbeklagte aufgrund
quellenorientierter Recherchen die streitgegenständliche Behauptung als
"Schlussfolgerung" gezogen haben will, kann die Feststellung, der Verfügungskläger
sei in der fraglichen Zeit beim Westwall gewesen, nicht als Meinungsäußerung
qualifiziert werden. Für die Einordnung einer solchen Schlussfolgerungen als
Tatsachen- oder Meinungsäußerung bleibt letztlich entscheidend, ob die Äußerung dem
Adressaten Tatsachen mitteilt (BGH, GRUR 1970, 254) und ob sich die Darstellung
insoweit als definitive Behauptung oder als Ergebnis einer um Erkenntnis ringenden
Bemühung darstellt (vgl. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 3 Rn. 40 und Kap. 4 Rn. 58; vgl. auch OLG Köln,
NJW 1988, 2892 zum Vorwurf der "Geschichtsfälschung"). Die Aussage, dass sich eine
Person zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort befunden hat und sich
demzufolge an einem anderen Ort nicht befunden haben kann, vermittelt dem Zuhörer
jedoch eine dem Beweis zugängliche Information. Die seitens des Verfügungsbeklagten
behauptete Äußerung, der Verfügungskläger habe mit der Unterbringung der
betroffenen Juden schon deshalb nichts zu tun gehabt haben können, weil er ja beim
Westwallschanzen war, stellt sich nach dem Vorgesagten als definitive Behauptung dar.
38
Die getätigte Äußerung erweist sich des weiteren als rechtswidrig. Für die Frage der
Rechtswidrigkeit ist bei dem offenen Tatbestand des Persönlichkeitsrechts prinzipiell
eine umfassende Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung der
Ausstrahlungswirkung der durch Art. 5 GG geschützten Grundrechte des Äußernden
vorzunehmen. Bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren
Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht, liegen aber
außerhalb des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Alle übrigen
Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen prinzipiell Grundrechtsschutz,
auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (BVerfG, NJW 1999, 1322).
39
Für die Wahrheit der behaupteten Tatsachen trifft den Verfügungsbeklagten die
Darlegungs- und Beweislast. Im Ausgangspunkt ist die Unwahrheit einer Behauptungen
zwar grundsätzlich von demjenigen zu beweisen, der sich gegen die Äußerung wendet.
Allerdings tritt eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Wahrheitsbeweises dann ein,
wenn Streitgegenstand eine üble Nachrede ist. In diesem Fall trifft nach der über § 823
Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB
grundsätzlich den Schädiger die Beweislast für die Wahrheit der ehrbeeinträchtigenden
Behauptung (vgl. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung,
5. Aufl., Kap. 12 Rn. 139). Zwar ist die streitgegenständliche Äußerung für sich allein
betrachtet nicht ehrabschneidend. In einem weiteren Kontext ist sie jedoch geeignet, die
Grundlage für die an den Kläger verliehene Anerkennung als "Gerechter unter den
Völkern" zu erschüttern. Insoweit vermag die Äußerung den Kläger als Betroffenen
verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Sofern er
nämlich zu der fraglichen Zeit wegen des Einsatzes am Westwall nicht in Köln war,
kann ihm im Hinblick auf die in der T3. versteckten Juden noch nicht einmal aufgrund
einer Mitwisserschaft um die dortigen Vorgänge besonderer Mut oder Mitmenschlichkeit
zugesprochen werden. Von dieser Beweislastregel für das Hauptsacheverfahren
abzuweichen, besteht kein Anlass, wenn über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird (OLG Frankfurt, NJW-
RR 1991, 175; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5.
Aufl., Kap. 12 Rn. 145 m.w.N.).
40
Entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagen ergibt sich hinsichtlich der
Beweislast nichts anderes aus dem Umstand, dass die Darstellung des
Verfügungsklägers selbst in der Vergangenheit unklar bzw. in gewissen Einzelheiten
sogar widersprüchlich gewesen ist. Die Beweislast läge gegebenenfalls dann beim
Kläger, wenn er zuvor durchweg eine gegenteilige Position zu seiner jetzigen
Auffassung eingenommen hätte. Dies ist den vorgelegten Unterlagen jedoch nicht zu
entnehmen. Insbesondere stellt sich die Schilderung des Verfügungsklägers in seinem
eigenen Buch L,L und L in ihrer Gesamtheit als wenig stimmig dar. So erscheint bereits
die Einordnung der Geschehnisse um den Erhalt der Notdienstverpflichtung und den
letztmaligen Besuch des Verstecks auf S. 65 für "Anfang September" nach den
historisch unstreitigen Tatsachen als fehlgehend, weil das Versteck in der T3. durch
eine Heeresstreife erst am 29.09.1944 ausfindig gemacht wurde. Dies besagt jedoch
nicht, dass hierdurch die Sichtweise des Verfügungsbeklagten dergestalt gestützt
würde, dass der Verfügungskläger deren Unwahrheit zu beweisen hätte. Die
streitgegenständliche Äußerung ist in ihrer Zuspitzung bislang nicht Gegenstand von
Äußerungen des Verfügungsklägers gewesen, so dass es insoweit bereits an einer
eindeutigen Stellungnahme fehlt. Auch die Äußerung des Verfügungsklägers, wonach
das Versteck aufgerieben wurde, als er sich beim Westwallschanzen befand, steht dem
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nicht entgegen. Denn das Auffinden des Verstecks am Abend des 29.09.1944 stellte
erst den Anfang der Festnahmen der Steinbrück-Gruppe in den Folgetagen dar.
Die beklagtenseits vorgelegten Glaubhaftmachungsmittel sind nicht geeignet, die
Glaubhaftmachungsmittel des Verfügungsklägers zu erschüttern bzw. die Wahrheit der
Behauptung zu belegen. Vielmehr wird nach Auffassung der Kammer durch die bis zum
Termin der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen und eidesstattlichen
Versicherungen die Darstellung des Verfügungsklägers bestätigt.
42
Dies folgt insbesondere aus den Vernehmungsprotokollen des Jahres 1944. Hierin wird
als übereinstimmende Aussage des Verfügungsklägers und des Ferdinand T
festgehalten, dass diese erst ca. eine Woche vor ihrer Festnahme zum Westwalleinsatz
gekommen seien. Berücksichtigt man, dass im Zuge einer Vernehmung durch die
Gestapo das Bestreben bestanden haben dürfte, die Kontakte zu der Steinbrück-Gruppe
"kleinzureden", ist nichts dafür ersichtlich, warum dann der Zeitpunkt des
Westwalleinsatzes erst für eine Zeit nach der Unterbringung der verfolgten Juden
angegeben wurde. Des weiteren gaben sowohl der Verfügungskläger als auch der
Ferdinand T in ihrer Vernehmung an, dass es sich um einen Samstag gehandelt habe.
Diese Schilderung wird durch ihre eidesstattlichen Versicherungen wie auch durch die
insoweit übereinstimmende Darstellung des Verfügungsklägers in seinem Buch auf S.
66 bestätigt. Hiernach kommt allein der 30.09.1944 als Beginn des Westwall-Einsatzes
in Betracht.
43
Soweit sich demgegenüber die Ausstellung des NS-Dokumentationszentrums zum
Aufenthalt des Klägers verhält, steht dies der Einordnung durch den Kläger nicht
entgegen. Vielmehr stimmen die konkret benannten Daten – Verpflichtung Anfang
September, Rückkehr Anfang Oktober – gerade mit der Darstellung des
Verfügungsklägers überein. Soweit darüber hinaus der Eindruck vermittelt wird, der
Verfügungskläger habe sich auch während dieser gesamten Zeitspanne durchgängig
am Westwall befunden, steht dies den – aus den vorgenannten Gründen
überzeugenden Darstellungen – entgegen, wonach sich der Verfügungskläger nur kurze
Zeit am Westwall befunden hat.
44
Die von Beklagtenseite vorgelegte eidesstattliche Versicherung, wonach Herr T in
einem 1992 geführten Interview bestätigt haben soll, der Kläger habe die verfolgten
Juden nicht gesehen, ist in ihrer Pauschalität als Aussage eines Dritten vom
"Hörensagen" aus Sicht der Kammer nicht geeignet, die nun vorgelegte eidesstattliche
Versicherung des Herrn T selbst, die sich detailliert zu der streitgegenständlichen Frage
äußert, zu erschüttern. Dies gilt gleichermaßen für die in dem Buch von S enthaltene
Darstellung, wonach Hans Steinbrück gegenüber Jugendlichen ein Hausverbot erteilt
habe. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der Vortrag des Klägers, die verfolgten
Juden in der T3. angetroffen zu haben, durch die übereinstimmenden eidesstattlichen
Versicherungen der Zeitzeugen T und T2 bestätigt wird.
45
Die Rechtswidrigkeit scheidet auch nicht aufgrund des Umstandes aus, dass dem
Kläger nach seiner eigenen Darstellung kein besonderer Verdienst im Sinne einer
aktiven Mithilfe bei dem Verstecken und Versorgen der verfolgten Juden zukam. Auch
soweit der Kläger diese Darstellung gelten lässt und sich zu eigen macht, verbleibt es
dabei, dass die streitgegenständliche Äußerung, der Kläger sei in der fraglichen Zeit
beim Westwalleinsatz gewesen, eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen
vermag. Maßgeblich ist hierfür, ob die behauptete Abweichung von der Wahrheit den
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Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt (vgl. BGH NJW 2006,
609). Bereits die Kenntnis von der Existenz eines Verstecks für Juden aufgrund eines
tatsächlichen "Kontakts" mit ihnen dürfte eine Person im Herbst 1944 jedoch einer solch
erheblichen Gefahr ausgesetzt und sie aus der breiten Masse hervorgehoben haben,
dass eine positive Bewertung dieses "Verhaltens" in jedem Fall veranlasst ist.
Auch im Übrigen verbleibt es nach einer Gesamtabwägung mit den grundrechtlichen
Gewährleistungen auf Seite des Verfügungsbeklagten bei der Rechtswidrigkeit der
getätigten Äußerung.
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Insoweit lassen sich die Grundsätze zur Beachtung der "pressemäßigen Sorgfalt" auf
den vorliegenden Fall übertragen. Zwar ist dem Beklagten insoweit zuzubilligen, dass
generell ein hoch einzuschätzendes Bedürfnis und ein darauf begründetes berechtigtes
Anliegen im Sinne von § 193 StGB besteht, vor der Öffentlichkeit Fragen im
Zusammenhang mit den Kölner Edelweißpiraten anzusprechen und hierbei historische
Hintergründe aufzuzeigen. Das vermag den Verfügungsbeklagten aber nicht von der
Pflicht zur sorgfältigen Prüfung des Wahrheitsgehalts seiner Darstellung zu entbinden.
Grundsätzlich hat die Meinungsfreiheit bei unwahren ehrenrührigen oder
rufschädigenden Äußerungen zurückzutreten. Dabei muss aber bedacht werden, dass
die Unwahrheit vielfach im Zeitpunkt der Äußerung ungewiss ist und sich erst später
etwa durch eine gerichtliche Klärung herausstellt. Zur Vermeidung eines vom
Grundrechtsgebrauch abschreckenden Effekts, der mit der Sanktionierung einer erst
nachträglich als unwahr erkannten Äußerung einherginge, obliegen dem sich
Äußernden Sorgfaltspflichten. Dabei darf die Wahrheitspflicht nicht überspannt werden,
da der freie Kommunikationsprozess, den Art. 5 Abs. 1 GG im Sinn hat, nicht
eingeschnürt werden darf (BVerfG in NJW-RR 2000, 1209, m.w.N.). Die Abwägung
hängt von der Beachtung dieser Sorgfaltspflichten ab. Sind sie eingehalten, stellt sich
aber später die Unwahrheit der Äußerung heraus, ist die Äußerung als im
Äußerungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen, so dass eine Unterlassung nicht in
Betracht kommt. Dagegen gibt es kein legitimes Interesse, nach Feststellung der
Unwahrheit an der Behauptung festzuhalten. Besteht die Gefahr, dass die Äußerung
dessen ungeachtet aufrechterhalten wird (so genannte Erstbegehungsgefahr), kann der
sich Äußernde folglich zur Unterlassung verurteilt werden (BVerfG a.a.O., m.w.N.). Da
die Ermittlung der Wahrheit von Tatsachenbehauptungen oft außerordentlich schwierig
ist, muss derjenige, der sich nachteilig über einen Dritten äußert, darlegen, dass er die
erforderliche Sorgfalt eingehalten hat. Entsprechend hat er Belegtatsachen für seine
Behauptung anzugeben.
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Die von Beklagtenseite vorgelegten Dokumente sprechen aus Sicht der Kammer jedoch
bereits keine eindeutige Sprache, so dass in ihnen eine zuverlässige und
vertrauenswürdige Erkenntnisquelle nicht gesehen werden kann.
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Überdies ist es aufgrund der den Kläger erheblich belastenden Darstellung erforderlich
gewesen, diesem zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die überwiegende
Meinung in der Rechtsprechung hält dies für erforderlich, jedenfalls wenn eine
Rückfrage leicht möglich ist und Aufklärung verspricht (BGH, NJW 1977, 1288;
zurückhaltend Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5.
Aufl., Kap. 6 Rn. 146). Etwas anderes folgt auch nicht aus der Überlegung, dass der
Kläger bereits zuvor Gelegenheit hatte, sich zu den Vorgängen im Herbst 1944 zu
äußern (vgl. insoweit OLG Hamburg, NJW-RR 1996, 597). Denn die These des
Beklagten, ein Kontakt zu den verfolgten Juden habe wegen des Westwall-Einsatzes
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gar nicht bestehen können, ist – wie bereits dargelegt – soweit ersichtlich nicht in dieser
Zuspitzung thematisiert gewesen. Eine weitere Aufklärung oder Stellungnahme durch
den Kläger wäre bei einer Rückfrage insofern zu erwarten gewesen.
Schließlich besteht die für einen Unterlassungsanspruch notwendige
Wiederholungsgefahr. In der Regel begründet eine vorangegangene rechtswidrige
Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr, an deren
Widerlegung durch den Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (BGH, NJW 1994,
1281; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl.,
Kap. 12 Rn. 8, 17). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Wiederholungsgefahr
solange fortbesteht, bis der Behauptende bzw. der Verbreiter eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgegeben hat. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Jedenfalls
wäre auch eine Erstbegehungsgefahr gegeben, da der Verfügungsbeklagte an seiner
Äußerung festhält.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit der Beschluss
teilweise aufzuheben und der Antrag auf den Erlass der einstweiligen Verfügung
zurückzuweisen war, folgt hieraus keine kostenerhebliche Unterliegensquote für den
Verfügungskläger. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass Kern des Streits die Äußerung
des Verfügungsbeklagten ist, der Verfügungskläger sei in der fraglichen Zeit beim
Westwalleinsatz gewesen. Insoweit war der Antrag des Verfügungsklägers in vollem
Umfang erfolgreich. Die zusätzliche Äußerung, der Kläger habe die verfolgten Juden
nicht sehen oder antreffen können, stellt sich insoweit als verhältnismäßig geringe
"Zuvielforderung" des Verfügungsklägers im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dar, weil
sie als Schlussfolgerung auf der ersten Frage beruht und denklogisch von ihr abhängt.
Höhere Kosten sind durch diese zusätzliche Äußerung ebenso wenig veranlasst.
Wertbestimmend ist beim Unterlassungsanspruch die gemäß § 3 ZPO zu schätzende
Beeinträchtigung, die für den Antragsteller von dem beanstandeten Verhalten
verständigerweise zu besorgen ist und die mit der begehrten Unterlassung beseitigt
werden soll (vgl. Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16 "Unterlassung"). Wie bereits dargestellt ist
streitentscheidend und damit letztlich auch wertbestimmend jedoch allein das Verbot
der Äußerung, der Verfügungskläger sei im besagten Zeitraum am Westwall gewesen.
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Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche
einstweilige Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung
sofort vollstreckbar (Zöller, ZPO, § 925 Rn. 9; Thomas/Putzo, ZPO, § 925 Rn. 2).
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Streitwert: 15.000 €
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