Urteil des LG Köln vom 05.05.2004

LG Köln: krankenversicherung, einwendung, klinik, privatversicherung, avb, tarif, versorgung, aufenthalt, rehabilitation, versicherungsnehmer

Landgericht Köln, 23 S 124/03
Datum:
05.05.2004
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
23. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 S 124/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 146 C 100/03
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 4.11.2003 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Köln – 146 C 100/03 – abgeändert und wie folgt neu
gefasst :
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1. 265,05 € und an die
Klägerin zu 2. 162,36 €, jeweils nebst fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 2.7.2003, zu zahlen.
Die weitergehende Klage und Berufung des Klägers zu 1. wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 1. zu 75 % und der
Beklagten zu 25 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 1152,52 €.
G r ü n d e :
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(gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)
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Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Klägerin zu 2. ist im vollen
Umfang, die des Klägers zu 1. teilweise begründet. Aufgrund der gemäß § 513 Abs. 1
ZPO vorgebrachten Berufungsgrügen ist folgendes festzustellen :
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1. Soweit es zunächstdie Erstattung der restlichen Zahnarztkosten betrifft, besteht die
Einwendung der Beklagten, aus der sie ihre Rechnungskürzungen hergeleitet hat,
allein in dem Argument, die zahnlabortechnischen Leistungen müßten nach den
Sätzen der sogen. BEL II – Liste abgerechnet werden. Das Amtsgericht ist dem zu
Unrecht gefolgt. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer gilt folgendes :
Die Erstattungsfähigkeit zahntechnischer Laborleistungen und Materialien ist nach den
AVB in Verbindung mit dem Tarif Z [vorliegend Text GA 97 R] zu bejahen, soweit sie
im Rahmen der in Deutschland üblichen Preise berechnet sind. Die Üblichkeit nach
dem Tarif Z richtet sich in erster Linie nach § 9 GOZ. Danach erstreckt sich der Ersatz
auf die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für
zahntechnische Leistungen. Die Angemessenheit kann entgegen der Auffassung der
Beklagten nicht anhand des BEL ermittelt werden. Dieses Leistungsverzeichnis ist
nach § 88 SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung geschaffen worden.
Dementsprechend beruht es auf Gesichtspunkten, die mit den Maßstäben der
Privatversicherung nicht einschränkungslos vereinbar sind. In der amtlichen
Begründung zu § 9 GOZ wird zwar ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass auch
bei Privatpatienten die in der gesetzlichen Krankenversicherung für gewerbliche
Labors und Praxislabors unterschiedlich vereinbarten Höchstpreise für zahntechnische
Leistungen nicht überschritten werden dürften, da dies nicht angemessen wäre. Doch
entfaltet diese vereinzelte Auffassung keine Bindungswirkung. Sie hat zudem im Text
des § 9 GOZ keinen Niederschlag gefunden. Ebenso wenig findet sie in den
vereinbarten Tarifbedingungen einen Ansatz. Dort ist von den in Deutschland üblichen
Preisen die Rede. Daraus kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer einer
Privatversicherung nicht ohne weiteres ableiten, dass lediglich das bei gesetzlichen
Krankenversicherungen geltende Qualitätsniveau von Laborleistungen im Sinne des
BEL gelten soll. Dies gilt um so mehr, als Privatversicherungen, wie auch die Beklagte,
in der Öffentlichkeit damit werben, dass sie eine bessere Versorgung als die der
gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen wollen. Die Auffassung, dass sich die
Üblichkeit an den Maßstäben des BEL ausrichten müsse, ist schließlich nicht
sachgerecht. Sie verkennt die Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater
Krankenversicherung. Die Beiträge und Leistungen werden in der gesetzlichen und in
der privaten Krankenversicherung nach jeweils unterschiedlichen Gesichtspunkten
errechnet und erbracht. Das BEL gilt zudem bundeseinheitlich, so dass örtliche
Abweichungen aufgrund kalkulatorischer Besonderheiten der Zahnlabors nicht
berücksichtigt werden können. Das Argument, 90% aller zahntechnischen Leistungen
würden im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und nach diesem
Leistungsverzeichnis abgerechnet , verkennt, dass die Üblichkeit auf die jeweilige
Leistung und Qualität des Produkts bezogen ist, und dass der Privatversicherte eine
höhere Qualität der Leistung erwarten darf (OLG Köln VersR 99, 302).
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Vor diesem Hintergrund ist die Berufung der Klägerin zu 2. im vollen Umfang, und
die des Klägers zu 1. – zunächst - im Umfang von 3,29 € + 121,47 € = 124,76 €
begründet.
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2. Soweit es die Erstattungsfähigkeit der noch ausstehenden Kosten aus dem
Klinikaufenthalt des Klägers zu 1. in der Klinik St. I, C im Zeitraum 14.7.2002 bis
4.8.2002 betrifft, ist dem Amtsgericht im Ergebnis darin zu folgen sein, dass es sich
hierbei um eine Rehabilitationsmaßnahme gehandelt hat, was allerdings nicht aus
dem Briefkopf der Klinik, sondern vielmehr aus der konkreten Ausgestaltung des
Aufenthaltes herzuleiten ist (vgl. BGH, VersR 1995, 1040). Der Aufenthalt diente
gerade der Rehabilitation nach der erfolgten Hüftprothese, wie auch der Rechnung
vom 9.8.2002 (GA 14 f.) deutlich zu entnehmen ist.
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Allerdings ist übersehen worden, dass die Beklagte vor dem Klinikaufenthalt eine,
wenn auch eingeschränkte, Leistungszusage erteilt (Schreiben vom 4.7.2002, GA 51
f.) und dementsprechend einen wesentlichen Teil der Kosten erstattet hat. Daher
kann sich die Beklagte nicht mehr auf § 5 I d ihrer AVB berufen, da sie sich insoweit
bereits vorprozessual gebunden hatte. Die Leistungszusage betrifft freilich nur die
vorliegend noch ausstehenden
140,29 €,
begründen, nicht jedoch das noch im Umfang von 698,11 € geltend gemachte
Krankenhaustagegeld. Insoweit hat die Beklagte im Schreiben vom 16.9.2002
abschließend abgerechnet.
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Die weitere Einwendung der Beklagten, die durch die Klinik angesetzten Preise seien
überhöht (vgl. bereits in erster Instanz GA 47 f., aufrechterhalten GA 180) greift nicht
durch . Auch diese Einwendung stützt sich auf das Argument, die gesetzlichen
Krankenkassen würden geringere Leistungen erbringen ; auf dieser Grundlage
müsse abgerechnet werden. Die Einwendung ist mit derselben Argumentation wie
oben zur BEL-Liste ausgeführt zurückzuweisen.
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Die zuerkannte Zinsforderung beruht auf den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10
analog, 713 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen
nicht vor.
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Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf den §§ 14 Abs.
1 Satz 1 GKG, 3 ZPO.
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