Urteil des LG Köln vom 07.04.2004
LG Köln: einstweilige verfügung, künstlervertrag, vorschuss, exemplar, datum, kündigung, akte, drohung, video, adresse
Landgericht Köln, 28 O 58/04
Datum:
07.04.2004
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 58/04
Tenor:
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 06.02.2004 - 28 O 58/04 -
wird bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
T A T B E S T A N D : Die Parteien streiten über Zustandekommen, Bestand und
Wirksamkeit eines vom Verfügungskläger vorgelegten Künstlervertrages vom
01.08.2003, der von der Verfügungsbeklagten am 01.08.2003 auf Seite 14 an zwei
Stellen unterzeichnet wurde, wobei streitig ist, was genau sie unterschrieb. Die
Verfügungsklägerin ist ein Tonträgerunternehmen, die Verfügungsbeklagte ist
Künstlerin. Durch Vertrag aus dem Jahr 2002 hatte sich die Verfügungsbeklagte durch
Künstlerexklusivvertrag gegenüber der Q Group vertraglich gebunden, diesen Vertrag
indes mit Schreiben vom 09.07.2003 gekündigt unter anderem unter Bezugnahme auf
eine Mitteilung seitens Q, dass dort kein weiteres Interesse an einer Zusammenarbeit
mit der Verfügungsbeklagten bestehe. Sie suchte daher im Sommer 2003 einen Partner,
der mit ihr Produktionen machen wollte und kam so mit dem Verfügungskläger in
Kontakt. Bei einem Gespräch am 01.08.2003 erhielt die Verfügungsbeklagte einen
Vorschuss in Höhe von 2000 €, dessen Erhalt sie auf einem mit Künstlervertrag
überschriebenen Vertragsentwurf auf Seite 14 quittierte. Mit gleichem Datum
unterschrieb sie in der Zeile darunter (über "Ort, Datum"), nicht dort, wo "Künstler"
vorgesehen war. Wegen der Einzelheiten des Textes wird auf die Anlage K 1 zur
Antragsschrift Bezug genommen sowie auf das Originalexemplar, das der
Verfügungskläger im Termin eingereicht hat (in Hülle Bl. 118 d.A.).
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Unmittelbar nach der Unterzeichnung begab sich die Verfügungsbeklagte nach Bremen
und erbat von dort aus telefonisch die Übersendung eines Vertragsexemplars per Fax.
Sie erhielt in diesem Zusammenhang ein nicht unterschriebenes Exemplar eines
Vorentwurfs.
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In der Folge fertigte der Verfügungskläger mit der Verfügungsbeklagten Tonaufnahmen
und auch ein Musikvideo. Die Veröffentlichung des Tonträgers steht unmittelbar bevor.
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Für die Februar-Ausgabe des Magazins "Q2" ließ sich die Verfügungsbeklagte - unter
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anderem für die Titelseite - mit der Ankündigung ablichten: "O, Deutschlands schönster
Popstar ganz nackt". In einem Interview kündigte sie zudem das Erscheinen ihrer
nächsten Schallplatte an und berichtete über das in Miami gedrehte Video. Zudem
kündigte sie auf ihrer Homepage an, anlässlich der Miss-Germany-Wahl am 31.01.2004
einen Musiktitel zu veröffentlichen, den sie mit einem anderen Produzenten
aufgenommen hatte.
Auf den Antrag des Verfügungsklägers vom 31.01.2004/05.02.2004 hat die Kammer -
nach teilweiser Antragsrücknahme - am 06.02.2004 der Verfügungsbeklagten im Wege
der einstweiligen Verfügung verboten, das Musikwerk ”B” ohne Einwilligung des
Verfügungsklägers als ihre neue Single anzukündigen und/oder aufzuführen.
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Der Verfügungskläger behauptet, dem Unterzeichnungstermin vom 01.08.2003 seien
mehrere Gespräche vorangegangen. Wegen der Fassung des Vertrages habe die
Verfügungsbeklagte einen Rechtsanwalt beauftragt gehabt um die Verträge zu
entwerfen; dieser sei irrig davon ausgegangen, die Verfügungsbeklagte sei
minderjährig. Diesen Entwurf hätte die Verfügungsbeklagte etwa drei Wochen vor
Vertragsunterzeichnung erhalten. Etwa zwei Wochen vor dem 01.08.2004 habe die
Verfügungsbeklagte 2.000 € Vorschuss erbeten, um ihre Miete bezahlen zu können. Der
Verfügungskläger habe ihr dies in Aussicht gestellt, jedoch erst bei
Vertragsunterzeichnung. Das Dokument sei ohne Vorbehalte von der
Verfügungsbeklagten so unterzeichnet worden, wie es vorgelegt worden sei;
insbesondere habe weder die Adresse gefehlt und die Ziffern 1.8, 16.8 und 16.9 seien
durchgestrichen gewesen. Auf jeder Seite finde sich die Paraphe der
Verfügungsklägerin. Einen Vorbehalt hinsichtlich ihres Vertrages mit Q habe die
Verfügungsbeklagte nicht gemacht; insbesondere habe es den Auflösungsvertrag vom
09.07.2003 gegeben. Allerdings sei das angegebene Enddatum hinsichtlich der
Vertragsdauer ein Schreibfehler; richtigerweise hätte es heißen müssen, dass der
Vertrag bis 01.08.2004 laufe. Einen Kündigungsgrund habe es nicht gegeben. Der
Verfügungskläger habe lediglich geäußert, die Verfügungsbeklagte werde
Schwierigkeiten bekommen, wenn sie sich vertragswidrig verhalte. Auch im übrigen sei
der Vertrag wirksam.
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Der Verfügungskläger beantragt, die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt, die einstweilige Verfügung vom 06.02.2004
aufzuheben und den Antrag auf
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ihren Erlass zurückzuweisen.
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Sie behauptet, ein Vertrag zwischen den Parteien sei überhaupt nicht zustande
gekommen. In dieser Form sei er ihr im übrigen nicht bekannt. Am 01.08.2003 habe sie
auf den noch bestehenden Künstlervertrag mit Q hingewiesen und mitgeteilt, dass dort
sämtliche Rechte lägen. Erst wenn der Vertrag gelöst sei, könne sie einen
Künstlervertrag mit dem Verfügungskläger abschließen. Herr U habe zugesichert, er
werde sich darum kümmern. Zwischen den Parteien habe Einigkeit bestanden, dass der
Künstlervertrag noch nicht abgeschlossen werden solle. Herr U habe ihr 2.000 €
Vorschuss angeboten, um ihr Misstrauen auszuräumen und ihr zu signalisieren, dass
der Verfügungskläger mit der Verfügungsbeklagten arbeiten wolle und sie keine
Veranlassung habe, mit einem anderen Produzenten in Kontakt zu treten. Bis zur
Auflösung des Vertrags mit Q habe sich Herr U um potentielle Investoren bemühen
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wollen; zur Legitimation Dritten gegenüber und zur Quittierung des Erhalts des
Geldbetrages habe die volljährige Verfügungsbeklagte den Entwurf eines
Künstlervertrages unterzeichnen sollen, der für die minderjährige G entworfen worden
sei. Die Verfügungsbeklagte sei einverstanden mit der Quittierung des Geldbetrages
gewesen und auch damit, gegenüber Dritten kundzutun, dass sie mit dem
Verfügungskläger in Kontakt stehe. Herr U habe darauf vorgeschlagen, sie solle den
Entwurf des Künstlervertrages für G unterschreiben; die endgültigen
Vertragsverhandlungen würden geführt, wenn er die vertragsauflösung mit Q
herbeigeführt habe. Sie habe, seinem Vortrag Glauben schenkend, hinter dem Hinweis
”Vorschuss in bar erhalten” unterzeichnet. An der Stelle ”Künstler” habe sie nicht
unterschrieben, um bei Q nicht den Eindruck zu erwecken, sie habe mit dem
Verfügungskläger bereits einen Künstlervertrag geschlossen. Die Paraphierungen
stammten nicht von ihr. Den für die minderjährige G entworfenen Künstlervertrag habe
sie an dem Tag nicht unterschrieben. Sie habe auch kein Vertragsexemplar erhalten.
Das von ihr unterschriebene Dokument sei nicht der als Anlage K 1 überreichte Vertrag;
das von ihr unterzeichnete Dokument habe nicht auf ihren Namen gelautet, es habe ihre
Adresse gefehlt und die Passagen 1.8, 16.8 und 16.9 seien nicht durchgestrichen
gewesen.
Aus Bremen habe sie um die Übersendung des von ihr unterzeichneten Dokuments
gebeten; statt dessen habe sie den für G entworfenen Vertrag erhalten. Auf ihre Bitten
gegenüber Herrn U, den Vertrag mit Q zu lösen habe dieser sie immer wieder vertröstet.
Am 09.01.2004 habe sie nochmals um Übersendung des am 01.08.2003
unterzeichneten Dokuments gebeten und nochmals den auf die minderjährige G
entworfenen Kunstlervertrag erhalten. Am 12.01.2004 habe es einen Termin zwischen
den Parteien geben sollen, in dem die Parteien den Inhalt des Künstlervertrages
aushandeln wollten; den Termin habe Herr U nicht eingehalten. Letzten Endes habe er
damit gedroht, die Verfügungsbeklagte fertig zu machen, so dass sie in der
Musikbranche erledigt sei. Der Künstlerexklusivvertrag mit der Q sei erst am 16.02.2004
mit Hilfe von Rechtsanwalt C2 aufgelöst worden.
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Sie macht geltend, der Vertrag sei wegen Verstoßes gegen §§ 305 ff. BGB nichtig.
Hilfsweise sei er spätestens mit Anwaltschreiben vom 12.01.2004 fristlos gekündigt
worden, was mit Rücksicht auf die Aussage des Verfügungsklägers, er werde die
Verfügungsbeklagte fertig machen, gerechtfertigt sei. Jedenfalls könne das
Aufführungsrecht der Verfügungsbeklagten nicht untersagt werden.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen N; wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.03.2004
verwiesen.
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.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf
die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
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Die einstweilige Verfügung der Kammer war zu bestätigen.
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Auch nach Verhandlung und Beweiserhebung über den Widerspruch der
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Verfügungsbeklagten gegen die einstweilige Verfügung der Kammer ergibt sich, dass
diese ungeachtet der Einwände der Verfügungsbeklagten zu Recht ergangen ist, weil
der Verfügungskläger ihr gegenüber einen entsprechenden Unterlassungsanspruch aus
dem Vertrag hat.
Soweit die Verfügungsbeklagte rügt, dass eine Schutzschrift ihres damaligen
anwaltlichen Bevollmächtigten seitens der Kammer nicht berücksichtigt worden sei, ist
dem entgegenzuhalten, dass hier ersichtlich eine Schutzschrift in dieser Sache
überhaupt nicht eingegangen ist.
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Die Eilbedürftigkeit einer einstweiligen Regelung ist gegeben. Die Verfügungsbeklagte
verhält sich, wie noch darzulegen sein wird, vertragsbrüchig, wenn sie nunmehr mit
anderen Produzenten Songs einspielt und veröffentlicht und hierfür Werbung betreibt.
Hierdurch gefährdet sie die Investitionen, die der Verfügungskläger mit bislang etwa
75.000 € glaubhaft gemacht hat. Durch das Ankündigen und Aufführen ihrer mit einem
anderen Produzenten hergestellten neuen Single ”B” gefährdet sie den geschäftlichen
Erfolg des Verfügungsklägers hinsicht lich des dort aufgenommenen und zudem bereits
mit einem Video produzierten Titels ”C”. Der Verfügungskläger hat seit
Kenntniserlangung von dem Vertragsbruch auch nicht zu lange zugewartet, sondern
zügig – nach Scheitern einer außergerichtlichen Regelung – um gerichtlichen
Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Verfügung ersucht.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der darin durchgeführten
Beweisaufnahme geht die Kammer davon aus, dass der Vertrag vom 01.08.2003
wirksam und unbedingt zustande gekommen ist und noch Bestand hat. Den entgegen
der unterzeichneten Schriftform von ihr erhobenen Vorbehalt hat die
Verfügungsbeklagte nicht beweisen können. Bereits der Vortrag der
Verfügungsbeklagten ist schwer nachvollziehbar. Er besagt, dass sie einen auf eine
Frau G lautenden Vertrag unterzeichnen sollte, dies aber deshalb nicht getan habe – nur
so kann sie verstanden werden – weil sie den mit dem Ihr später gefaxten Exemplar (Bl.
62 ff. d.A.) identischen Entwurf nur hinsichtlich der Quittierung und ein weiteres Mal
neben der Zeile ”Künstler” unterschrieben habe; letzteres, um potentiellen Investoren ihr
Interesse am Vertragsschluss mit dem Verfügungskläger zu signalisieren.
Demgegenüber ist ihr Vortrag bereits insofern widerlegt, als sie geltend macht, das ihr
übersandte Exemplar habe jedes Mal auf G gelautet, während diese von ihr selbst
vorgelegte Unterlage (Bl. 62 ff. der Akte) auf ihren Namen lautet.
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Dass sie wegen des noch laufenden Vertrags mit der Q auch keine vertragliche Bindung
mit dem Verfügungskläger habe eingehen können und diesen Vorbehalt auch gemacht
habe, ist ebenfalls bereits nach dem Vortrag der Verfügungsbeklagten zweifelhaft. Zum
einen hat der Verfügungskläger im Termin als zweites bei ihm verbliebenes Exemplar
eine Kündigungserklärung der Verfügungsbeklagten selbst an die Q vom 09.07.2003
vorgelegt, die dann von ihr auch nicht weiter bestritten worden ist. Zum anderen ist die
einvernehmliche Auflösung dieses Vertrages nach ihren Darlegungen bezogen auf
genau dieses Datum erfolgt, so dass davon auszugehen ist, dass eine einvernehmliche
– nach dem Wortlaut auch von Q gewünschte – Vertragsbeendigung schon vor
Unterzeichnung des Vertrages mit dem Verfügungskläger von ihr in die Wege geleitet
worden war. Unerklärlich ist, warum die Verfügungsbeklagte diese Unterlage nicht
selbst erwähnt, sondern vorgetragen hat, die Vertragsauflösung hätte durch den
Verfügungskläger erst herbeigeführt werden sollen.
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Dagegen, dass sie sich nicht gegenüber dem Verfügungsklägerin vertraglich gebunden
fühlte, spricht auch der weitere Gang der Dinge. So ist bei dem Verfügungskläger eine
Single eingespielt worden und die Verfügungsbeklagte ist zur Aufnahme eines Videos
immerhin nach Miami gefahren. Wie dies bei einer weiter bestehenden vertraglichen
Bindung gegenüber Q und ohne abgeschlossenen Künstlervertrag mit dem
Verfügungskläger geschehen sein soll ist bereits schwer nachvollziehbar.
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Auch die Vernehmung des von ihr gestellten Zeugen N hat ihren Vortrag nicht bestätigt.
Hiernach soll die Verfügungsbeklagte nur eine einzige Unterschrift geleistet haben,
nämlich die Quittierung des erhaltenen Vorschusses. Darüber hinaus weist die Aussage
des Zeugen eine Reihe von Widersprüchen auf, die dazu führen, dass die Kammer
Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage hat. So hat der Zeuge bekundet, dass der
ihm gezeigte Vertrag in vielerlei Hinsicht anders sei als das von seiner Schwester
unterzeichnete Exemplar. Das, was man nach Bremen gefaxt habe, sei das, was die
Verfügungsbeklagte unterschrieben habe. Dennoch hat er bekundet, dass der in Ziffer 8
abgedruckte Passus aus der Anlage K 1 zu dem Vorschuss von 2.000 € dort nicht so
niedergelegt gewesen sei. Dennoch ist Ziffer 8 in dem von der Verfügungsbeklagten
eingereichten Exemplar wortgleich – wenn auch in falschem Deutsch – mit der
unterzeichneten Version. Gleiches gilt für Punkt 7.2 des Vertrages, der ebenfalls in
beiden Versionen gleich ist und dem Erwähnen eines DM-Betrages auf Bl. 2 unten in
beiden Exemplaren. Im übrigen konnte der Zeuge zu den Paraphen auf dem Vertrag
keine Angaben machen; schließlich hat er auch bekundet, dass er nicht die gesamte
Zeit über anwesend gewesen sei, so dass er auch gar nicht beobachtet habe, wie die
Verfügungsbeklagte unterschrieben habe.
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Mit den im summarischen Verfahren möglichen Beweismitteln ist daher davon
auszugehen, dass zwischen den Parteien ein Künstlervertrag zustande gekommen ist.
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Soweit die Beklagte geltend macht, dieser sei jedenfalls hilfsweise fristlos gekündigt
worden, geht die Kammer nicht davon aus, dass eine außerordentliche Kündigung
wirksam gewesen ist. Die Kammer verkennt nicht, dass die Verfügungsbeklagte eine
eidesstattliche Versicherung von Rechtsanwalt C2 vorgelegt hat, in der dieser bekundet
hat, dass der Verfügungskläger in einem Telefonat am 12.01.2004 mitgeteilt habe, dass
er von der Verfügungsbeklagten betrogen worden sei und gedroht habe, dass er sie
”fertig” machen wolle. Sie dürfe in der Musikbranche keinen Vertrag mehr bekommen
und solle für die Musikbranche erledigt sein. Dennoch ist sein Schreiben vom
12.01.2004 nicht so zu verstehen, als hätten er oder die Verfügungsbeklagte diese
Äußerung als Drohung aufgefasst oder besonders ernst genommen, so dass jedenfalls
zweifelhaft ist, ob ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung
nunmehr darauf gestützt werden kann. In dem genannten Schreiben (Bl. 78 ff. der Akte)
führt Rechtsanwalt C2 zunächst umfassend aus, dass der Vertrag nicht zustande
gekommen, jedenfalls aber sittenwidrig sei. Erst dann führt er in einem Satz aus: ”Rein
vorsorglich kündige ich hiermit Namens und im Auftrage meiner Mandantin den
Künstlervertrag vom 1. August 2003”, um darauf auszuführen, dass die
Verfügungsbeklagte daran interessiert sei, kurzfristig mit dem Verfügungskläger über
das weitere Vorgehen in Bezug auf die Auswertung der gemeinsam erstellten Ton- und
Bildtonaufnahmen aufzunehmen. Eine Drohung, die Kündigungsgrund hätte sein
können, ist hierin nicht erwähnt. Auch das Schreiben von Rechtsanwalt C2 vom
30.01.2004, das die Hoffnung auf eine einverständliche Vertragsauflösung erwähnt,
spricht nicht dafür, dass Rechtsanwalt C2 eine Äußerung des Verfügungsklägers
besonders ernst genommen haben könnte, sonst hätte er sich auf eine erfolgte
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außerordentliche Kündigung berufen.
Soweit die Verfügungsbeklagte geltend macht, der Vertrag sei sittenwidrig und verstoße
gegen §§ 305 ff. BGB, kann dem so nicht gefolgt werden, weil nicht davon auszugehen
ist, dass es sich um Geschäftsbedingungen im Sinne der genannten Vorschriften
handelt. Zum einen stehen sich die Behauptungen der Parteien, ob es sich um einen
vom Verfügungskläger vorformulierten Text oder aber einen von einem von ihr
beauftragten Rechtsanwalt ausgearbeiteten Text handelt, unvereinbar gegenüber.
Soweit die Verfügungsbeklagte dies durch Zeugnis/eidesstattliche Versicherung ihres
Bruders belegen will, gelingt ihr dies im Hinblick auf die Zweifel der Kammer an der
Glaubhaftigkeit seiner Aussage nicht. Auch im übrigen gibt es im summarischen
Verfahren keine Hinweise, die die eine oder andere Version zwangsläufig belegen,
während es allerdings gewichtige Indizien gibt, die zugunsten des Verfügungsklägers
sprechen. Richtig ist sicher, dass z.B. der Passus unter Ziffer 8 des Vertrages betreffend
den Vorschuss in einem derart eklatant schechten Deutsch formuliert ist, dass er
sicherlich kaum aus der Feder eines Rechtsanwalts stammen dürfte. Andererseits
könnte diese Passage – folgt man im übrigen dem Vortrag des Verfügungsklägers – auf
den Wunsch der Verfügungsbeklagten nach einem Vorschuss kurz vor dem Termin vom
01.08.2003 von den Beteiligten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, hinzugefügt
worden sein. Dafür, dass vor dem 01.08.2003 der Vertragstext vorbereitet worden ist,
spricht ebenfalls der Umstand, dass entgegen dem Vortrag der Verfügungsbeklagten ihr
Name dort vorgedruckt erscheint. Auch, dass einzelne Passagen durchgestrichen sind,
belegt eher, dass die Beteiligten den Vertrag im einzelnen durchlasen und besprachen,
einzelnes durchstrichen und die Seiten mit ihrem Paraphen versahen – Herr U in der
Mitte der Seite, die Verfügungsbeklagte jeweils unten auf der Seite. Insgesamt ist der
Vortrag des Verfügungsklägers, ein Rechtsanwalt habe den Vertrag in der Meinung
vorformuliert, die Vertragschließende sei minderjährig, plausibel. Wer sich auf den
Schutz der §§ 305 ff. BGB beruft, muss im Streitfall beweisen, dass die zum
Vertragsbestandteil gemachten Klauseln Geschäftsbedingungen im Sinne der
gesetzlichen Vorschriften sind. Der Fall, in dem dies prima facie anzunehmen ist, weil
ein gedrucktes oder sonst vervielfältigtes Klauselwerk oder Muster eines anderen Teils
verwendet worden ist, liegt nicht vor.
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Auch ansonsten belastet der Vertrag mit der Exklusivitätsklausel die
Verfügungsbeklagte nicht einseitig. Zum einen ist – wie auch die Entscheidung BGH
GRUR 2001, 764 ff. zeigt, die Bindung eines Sängers mittels Exklusivvertrag durchaus
nicht unüblich; eine ähnliche Vertragskonstruktion ist vorliegend gewählt worden. Die
Kammer folgt den Darlegungen des Verfügungsklägers in der Antragsschrift und im
Schriftsatz vom 18.03.2004 dahingehend, dass im Hinblick auf die erheblichen
Investitionen eine Exklusivität als Gegenleistung gerechtfertigt ist. Zum anderen belastet
die vertragliche Konstruktion die Verfügungsbeklagte nicht einseitig. Im übrigen ist die
Vertragsdauer von einem Jahr, die ausdrücklich vereinbart worden ist, auch unter
Berücksichtigung der viermaligen Verlängerungsoption nicht derart lang, dass die
Verfügungsbeklagte hierdurch in ihrem Fortkommen oder ihrer beruflichen Tätigkeit
eingeschränkt ist. Der Vertrag ist insoweit eindeutig, so dass es sich bei dem Datum
"31.01.2006” um einen offensichtlichen Fehler handelt.
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Aus Ziffer 6.2 des Vertrages ergibt sich zugleich, dass die Verfügungsbeklagte nicht nur
die Ankündigung, sondern auch die Aufführung ihres vertragswidrig eingespielten
Musikwerks zu unterlassen hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich
auch ohne besonderen Ausspruch aus der Natur des Verfahrens.
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Streitwert für das Widerspruchsverfahren: 15.000 €
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