Urteil des LG Köln vom 01.06.2005
LG Köln: reisekosten, prozess, medien, nacht, gespräch, fahrtkosten, datum
Landgericht Köln, 20 T 3/05
Datum:
01.06.2005
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
20. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 T 3/05
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 04.01.2005
gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom
15.12.2004 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 577,39 €
festgesetzt.
Gründe
1
Die in D wohnhafte Beschwerdegegnerin ließ durch ihren ebenfalls in D ansässigen
Rechtsanwalt eine Klage bei dem Amtsgericht D einreichen. Nachdem der Rechtsstreit
zuständigkeitshalber dem Amtsgericht Köln verwiesen worden war, trat der
ortsansässige Bruder des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdegegnerin mit
Untervollmacht für die Beschwerdegegnerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor
dem Amtsgericht Köln am 24.06.2003 auf. Das Amtsgericht Köln hat am 19.08.2003 ein
Urteil verkündet, gegen das die Beschwerdeführerin Berufung eingelegt hat. In der
mündlichen Verhandlung über die Berufung am 08.09.2004 ist ebenfalls der Bruder des
Prozessbevollmächtigten der Beschwerdegegnerin mit Untervollmacht für die
Beschwerdegegnerin aufgetreten.
2
Die Beschwerdeführerin hat die Berufung zurückgenommen.
3
In ihrem Kostenfestsetzungsantrag für das Verfahren in zweiter Instanz vom 20.09.2004
hat die Beschwerdegegnerin Gebühren ihrer Prozessbevollmächtigten aus D und
Auslagen geltend gemacht, sowie die Kosten des Unterbevollmächtigten in Höhe von
577,39 €. Das Amtsgericht Köln hat mit Beschluss vom 15.12.2004 die Kosten
antragsgemäß festgesetzt.
4
Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 04.01.2005 wendet sich die Beschwerdeführerin
gegen die Festsetzung der Kosten für den Unterbevollmächtigten der
Beschwerdegegnerin in zweiter Instanz.
5
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig gemäß §§ 11
Rechtspflegergesetz, 104 Abs. 3, 567ff. ZPO. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
6
Das Amtsgericht Köln hat zu Recht auch die Kosten für die Beauftragung eines
Unterbevollmächtigten für die zweite Instanz festgesetzt. Die Kosten eines
Unterbevollmächtigten, der für den am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwalt U
bei dem Prozessgericht wahrnimmt, sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung im
Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit durch die Tätigkeit des
Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten,
mithin Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten nach § 28 BRAGO erspart
werden (BGH NJW 2003, 898, 899). Kann eine Partei etwaige Reisekosten eines
Rechtsanwalts zur mündlichen Verhandlung ersetzt verlangen und macht sie
stattdessen von der in § 53 BRAGO alte Fassung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch,
die Terminswahrnehmung einem Unterbevollmächtigten zu übertragen, so stellt dies
eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung dar, wenn die durch die
Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten die ansonsten anfallenden
Reisekosten nicht wesentlich übersteigen. Die gilt auch für die Kosten eines
Unterbevollmächtigten in der Berufungsinstanz (vgl. auch LG Köln, Beschluss vom
05.11.2004, 1 T 393/04).
7
Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist
zunächst, dass die dem Hauptbevollmächtigten im Fall eigener Terminswahrnehmung
zustehenden Kosten dem Grunde nach zu erstatten wären. Dies ist vorliegend der Fall.
8
Die Erstattung von Reisekosten eines am Prozessgericht nicht ansässigen
Rechtsanwalts ist in § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO geregelt. Die Kosten sind
erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung des auswärtigen Anwaltes zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
9
Die Beauftragung eines an ihrem Wohnort ansässigen Rechtsanwaltes durch die
Klägerin war eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne der
zitierten Vorschrift. Eine Partei, die beabsichtigt, einen Rechtsstreit zu führen, kann und
wird in der Regel zunächst einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohnortes aufsuchen,
um sich beraten zu lassen. Hierfür ist in der Regel bei Privatpersonen, wie der Klägerin,
ein persönliches Gespräch mit einem Rechtsanwalt erforderlich, so dass der Partei eine
Beauftragung eines Anwalts in der Nähe des Ortes des späteren Prozessgerichts nicht
zumutbar ist. Im übrigen wird die Partei regelmäßig auch nicht beurteilen können, an
welchem Ort der spätere Prozess stattfindet. Der Tatsache, dass der bei dem
Prozessgericht auftretende Rechtsanwalt zunächst einmal auf die
Tatsacheninformationen angewiesen ist, die er regelmäßig bei persönlichen
Gesprächen mit der Partei ermittelt, hat der Gesetzgeber insbesondere dadurch
Rechnung getragen, dass nunmehr jeder Anwalt bei jedem Landgericht
postulationsfähig ist. Aufgrund dieser Neuregelung darf nunmehr auch eine ihre
Belange kostenbewußt wahrnehmende Partei für das zur Verfolgung ihrer Interessen
notwendige Beratungsgespräch den für sie einfacheren und naheliegenden Weg
wählen, einen an ihrem Wohnort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauen zu
beauftragen und sich von ihm auch im Prozess vertreten lassen (BGH a.a.O, S. 900).
10
Da der Klägerin somit die mit der Reise ihres Hauptbevollmächtigten nach Köln
anfallenden Kosten zu erstatten gewesen wären, kann sie auch Ersatz der Kosten für
11
den stattdessen mit der Terminswahrnehmung beauftragten Unterbevollmächtigten
verlangen, da diese Kosten die ersparten Kosten nicht wesentlich übersteigen, wobei
eine nur geringfügige Überschreitung von nicht mehr als 10 % der Erstattung der Kosten
des Unterbevollmächtigten nicht entgegensteht (BGH a.a.O, S. 901). Die Kosten, die
dem Hauptbevollmächtigten voraussichtlich entstandenen wäre, wenn er den Termin
persönlich wahrgenommen hätte, liegen nur knapp unterhalb derjenigen Kosten, die
durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten angefallen sind. Es ist davon
auszugehen, dass die Fahrtstrecke von D nach Köln ca. 540 km beträgt. Diese
Entfernung wurde von dem Beschwerdeführer zwar mit Nichtwissen bestritten, stellt
jedoch eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 291 ZPO dar, die sich durch
allgemein zugängliche Medien problemlos ermitteln lässt. Der angesetzte Wert von 0,30
€/km ist angemessen. Dem Hauptbevollmächtigten wären ferner das in Ansatz
gebrachte Abwesenheitsgeld in Höhe von 56,00 € für zwei Tage zu erstatten gewesen,
sowie die Übernachtungkosten für eine Nacht. Es wäre ihm angesichts der Entfernung
und der späten Terminsstunde (Termin 08.09.2004 , 11:40 Uhr) nicht zumutbar
gewesen, die Heimreise noch am selben Tag anzutreten. Aufgrund der Länge der Reise
wäre jedoch auch ein Großteil des nächsten Arbeitstages entfallen, so dass das
Abwesenheitsgeld für zwei Tage anzusetzen ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass
in Köln ein angemessenes Hotelzimmer für einen Preis in Höhe von 120,00 € zu
bekommen wäre, würde dies dazu führen, dass die Kosten der Beauftragung des
Unterbevollmächtigten in Höhe von 577,39 diese Reisekosten nur geringfügig
übersteigen würden.
Auch der Vortrag der Beschwerdeführerin, dass der Sachverhalt aus prozessualen
Gründen bereits in erster Instanz erschöpfend aufgearbeitet worden sei und
Rechtsfragen jederzeit von einem Rechtsanwalt vor Ort eigenständig bearbeitet werden
könnten, steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Es ist der Partei nicht
zumutbar, für die Berufungsinstanz darauf verwiesen zu werden, einen nicht
ortsansässigen Anwalt zu beauftragen, bei dem sie sich nicht persönlich beraten lassen
und ihm persönlich alle wichtigen Tatsacheninformationen mitteilen könnte. Entgegen
der Auffassung des Beschwerdeführers ist es auch nach neuem Berufungsrecht
möglich, dass es entscheidend auf Tatsachenvortrag ankommt, etwa dann, wenn das
erstinstanzliche Gericht die erhobenen Beweise nicht richtig gewürdigt oder
Tatsachenvortrag aus erster Instanz übergangen hat. Der Mandant hat mithin ein
berechtigtes Interesse daran, dem vor Gericht tätigen Anwalt auch in der
Berufungsinstanz persönlich des Sachverhalt mitzuteilen und ihn mit dem Anwalt
durchzusprechen.
12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
13
Die Rechtsbeschwerde ist gegen diesen Beschluss nicht statthaft.
14