Urteil des LG Köln vom 15.02.2008
LG Köln: auflösung der gesellschaft, gesellschafterversammlung, geschäftsführer, annahme des antrags, liquidation, handelsregister, mehrheit, tagesordnung, vollmacht, gesellschaftsvertrag
Landgericht Köln, 87 O 27/07
Datum:
15.02.2008
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
87 O 27/07
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Gesellschafter der DGmbH, eingetragen in
das Handelsregister bei dem Amtsgericht Köln unter der
Handelsregisternummer ####, in ihrer Gesellschafterversammlung vom
18.09.2007 wirksam beschlossen haben, die Gesellschaft aufzulösen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Kostenentscheidung
gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürg-
schaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen
Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
TATBESTAND:
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Die Beklagte wurde im Jahre 1977 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist laut
Gesellschaftsvertrag "der Betrieb eines zahntechnischen Labors, sowie die Herstellung
und der Vertrieb von Zahnersatz aller Art". Gründungsgesellschafter waren mit jeweils
hälftiger Beteiligung der – zwischenzeitlich verstorbene - Vater B Z des im
Handelsregister eingetragenen Geschäftsführers I Z und Y.
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Die Beklagte belieferte fortan die zu ihrem Kundenkreis gehörenden Zahnärzte mit
Dentalersatzstücken aus eigener Fertigung. Zu diesem Zweck beschäftigte sie
Zahntechniker, die nahezu sämtlich – so auch die Kläger - ihren Anstellungsvertrag zum
Ende des Monats September 2005 kündigten. Spätestens Ende November 2005 stellte
die Beklagte ihre Produktion ein. Seither ist sie bemüht, einen Handel mit Waren dieser
Art aus dem europäischen Ausland und China aufzubauen.
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Das Stammkapital der Betragten beträgt DM 100.000,00. Durch Erbfolge und
schenkweise Übertragung seiner Geschäftsanteile durch Y werden diese derzeit zu 10
% von dem Kläger zu 1., zu 15 % von dem Kläger zu 2. gehalten, während die
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% von dem Kläger zu 1., zu 15 % von dem Kläger zu 2. gehalten, während die
Gesellschafter V Z und H Z-C hieran zu je 8,3 %, I Z zu 8,4 %, D Z zu 15 %, O zu 10 %
und die Beklagte selbst zu 25 % beteiligt sind.
Für die Beklagte waren neben Y ab dem Jahre 2002 zwei weitere Geschäftsführer, der
Kläger zu 2. und I Z, bestellt. Y legte sein Amt zum 01.01.2005, der Kläger zu 2. am
29.08.2005 nieder. Seither wurden die Geschäfte der Gesellschaft allein von I Z geführt,
der zuvor – seit dem 18.01.2002 – als Prokurist des Unternehmens im Handelsregister
eingetragen worden war.
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Seit 2005 versuchten verschiedene Gesellschafter, die Abberufung des
Geschäftsführers I Z, außerdem die Liquidation der Beklagten durchzusetzen. So
wandte sich H Z-C mit Schreiben vom 21.11.2005 an die Gesellschafter – erfolglos - mit
dem Antrag, die Tagesordnung der für den 29.11.2005 einberufenen
Gesellschafterversammlung um den Punkt "Beschluss zur Beantragung der Liquidation
und Beauftragung eines amtl. zugelassenen Liquidators mit dem Zweck der Auflösung
der Gesellschaft" zu erweitern.
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Am 18.12.2006 fand auf Betreiben der Kläger eine außerordentliche
Gesellschafterversammlung statt mit dem Ziel der Abberufung des Geschäftsführers I Z,
der Kündigung seines Anstellungsvertrag sowie der Liquidation der Beklagten unter
gerichtlicher Bestellung eines Liquidators. Im Verlauf der Diskussion verfassten und
überreichten die Gesellschafterinnen V Z und H Z-C handschriftliche
Kündigungserklärungen, um die Versammlung alsdann vor der Abstimmung zu
verlassen. Deren Ergebnis ist in dem handschriftlichen Protokoll der Versammlung
festgehalten, auf dessen Wortlaut (Anlage LD 26) verwiesen wird.
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Die Gesellschafterin D Z, Ehefrau des im Handelsregister eingetragenen
Geschäftsführers, lud mit Schreiben vom 08.06.2007 ihrerseits zu einer
außerordentlichen Gesellschafterversammlung auf den 03.07.2007 ein, so zu den
Tageordnungspunkten "Beschluß der Liquidation der Gesellschaft" und
"Geschäftsführer wird als Liquidator bestimmt". Nach Intervention der Kläger unter
Hinweis auf formale Mängel der Einladung blieben sämtliche Gesellschafter mit
Ausnahme von I und D Z der Versammlung fern. Es wurden keine Beschlüsse gefasst.
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Mit Datum vom 24.08.2007 wandte sich I Z an das hiesige Registergericht mit dem
Antrag, den Gesellschaftern der Beklagten – jeweils bis spätestens zum 18.09.2007
unter Auferlegung von Zwangsmitteln gegen die Kläger sowie die Gesellschafter H Z—
C und O - aufzugeben:
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einen Geschäftsführer zu bestellen und
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die Abmeldung des bisherigen Geschäftsführers, Herr I v. Z, zum Handelsregister
zum 23.04.2007 zu veranlassen.
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Zur Begründung führte er aus, dass und aus welchen – hiernach maßgeblich von den
Klägern zu vertretenden Gründen - die Gesellschaft dauerhaft beschlussunfähig sei.
Hilfsweise erklärte er, sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder zu
legen.
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Das Gericht beschied den Antrag mit Zuschrift vom 04.09.2007. Es erklärte, derzeit
nichts veranlassen zu können, so mit Hinweis darauf, dass es in Ermangelung einer
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gesetzlichen Grundlage keine Handhabung gebe, "die Gesellschafter zu bewegen oder
zu zwingen, einen Geschäftsführer zu bestellen".
Mit Schreiben an die Gesellschafter vom 24.08.2007 lud I Z - "hilfsweise und
vorsorglich, falls ich noch Geschäftsführer der D GmbH sein sollte" – zu einer
Gesellschafterversammlung auf den 18.09.2007 ein. Als Tagesordnung war u.a. die
Beschlussfassung über die Bestellung eines Geschäftsführers vorgesehen. Im Weiteren
teilte er mit:
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Alsdann erkläre ich, dass ich mein Amt als Geschäftsführer der D GmbH
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1. hilfsweise, beziehungsweise
2. für den Fall, dass ich noch Geschäftsführer sein sollte
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hierdurch mit sofortiger Wirkung niederlege.
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Ich weise darauf hin, dass ich zur Amtsniederlegung genötigt werde.
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Die Kläger forderten I Z – zugleich in Kopie an alle Gesellschafter – unter dem
04.09.2007 auf, die Tageordnung wie folgt zu ergänzen:
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Beschluss der Gesellschafter über die Liquidation der Gesellschaft und Bestellung
eines Liquidators; hilfsweise Beschluss der Gesellschafter, bei Gericht um
Bestellung eines Liquidators nachzusuchen.
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An der Gesellschafterversammlung nahmen alle Gesellschafter mit Ausnahme von I Z
persönlich teil. Ohne einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wurde über den
Tagesordnungspunkt "Beschluss der Gesellschafter über die Liquidation der
Gesellschaft und Bestellung eines Liquidators; hilfsweise Beschluss der Gesellschafter,
bei Gericht um Bestellung eines Liquidators nachzusuchen" abgestimmt. Während alle
übrigen Gesellschafter für den Antrag stimmten und dies mit ihrer Unterschrift
bekräftigten, sprach sich D Z, zugleich in Vertretung von I Z, dessen schriftliche
Vollmacht nachzureichen versprechend, gegen diesen Antrag aus.
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Die Kläger begehren in der Hauptsache die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft.
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Sie tragen vor, dass die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich geworden sei.
Nach Einstellung ihrer werbenden Tätigkeit seit spätestens November 2005 habe die
Beklagte ihren Labor- und Herstellungsbetrieb geschlossen, lasse ihre Sachmittel zum
Verkauf anbieten und sei nach allem nicht mehr in der Lage, ihrem Geschäftszweck
entsprechend am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Statt dessen handele es sich letztlich
nur noch um eine Mantelgesellschaft ohne laufende Einnahmen, deren im Jahre 2005
noch vorhandenen Geldmittel durch I Z, so durch sein laufendes Gehalt von monatlich €
5.000,00 ohne Nebenkosten und –leistungen, verbraucht würden. Das noch im Juli
2005 bei der Degussa Bank vorhandene Festgeld von über € 150.000,00 sei zum
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27.03.2007 auf ein Guthaben von € 13.839,90 zusammen geschmolzen. I Z verweigere
jegliche Auskünfte zur wirtschaftlichen Lage der Beklagten, habe aktiv sogar versucht,
den Kläger zu 1. an der Einsicht in die beim Handelsregister hinterlegte Bilanz des
Jahres 2004 zu hindern, während er den Gesellschaftern eine hiervon abweichende
Bilanz zur Entlastung vorgelegt habe.
Darüber hinaus sei die Geschäftsführung der Gesellschaft seit langem und nachhaltig
infolge der irreparablen Uneinigkeit der Gesellschafter unmöglich. Angesichts der
Blockbildung nach Gesellschaftsanteilen sei die Fassung sinnvoller und zumutbarer
Beschlüsse mit der erforderlichen Mehrheit auszuschließen.
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Mildere Mittel als die Auflösung der Gesellschaft seien weder vorhanden noch tauglich.
Insbesondere sei ihnen, den Klägern, nicht zumutbar, aus der Gesellschaft auszutreten.
Nach den Regelungen in § 11 des Gesellschaftsvertrages zur Berechnung und
Auszahlung des Abfindungsguthabens könnte sie die Zahlung eines angemessenen
Anteilswert nicht erwarten, zumal I Z bereits angekündigt gehabt habe, im Falle ihrer
Kündigung der Gesellschaft die Anteilsberechnung, deren Ergebnis nach dessen
Einschätzung ohnedies gegen Null tendiere, möglichst lange herauszögern zu wollen.
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Nach den mit Beschluss der Kammer vom 16.11.2007 erteilten Hinweisen, beantragen
die Kläger,
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1. die D GmbH mit Sitz in Köln, eingetragen in das Handelsregister bei dem
Amtsgericht Köln zur Handelsregister-Nr.: HRB ####, wird aufgelöst,
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hilfsweise
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1.a. die in der Gesellschafterversammlung der Gesellschafter
der Beklagten vom 18.12.2006 beschlossene Ablehnung der
Anträge auf Liquidation der Beklagten und gerichtliche
Bestellung eines Liquidators, wird für nichtig erklärt;
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1.b. es wird festgestellt, dass folgende Beschlüsse gefasst sind:
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1. Die D GmbH, eingetragen in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Köln unter
derhandelsregister-Nr.: HRB ####, wird liquidiert.
2. Rechtsanwalt U von der Anwaltssozietät F in Köln wird beauftragt, bei dem
Registergericht die Bestellung eines Liquidators zu beantragen.
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weiter hilfsweise,
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festzustellen, dass die Gesellschafter der D GmbH, eingetragen in
das Handelsregister bei dem Amtsgericht Köln unter der
HandelsregisternummerHRB ####, in ihrer
Gesellschafterversammlung vom 18.09.2007 wirksam beschlossen
haben, die Gesellschaft aufzulösen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, dass die Begründetheit der Auflösungsklage schon an deren Subsidiarität
scheitern müsse und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass beide Kläger -
Gesellschafter durch Schenkung ohne eigenen Verdienst um den Aufbau der
Gesellschaft - dieser durch ihr Verhalten in erheblichem Maße geschadet hätten. Sie
seien aus eigenem Entschluss als Angestellte – unter Mitnahme der zuvor von ihnen
betreuten Kunden – aus ihren Diensten ausgeschieden. Sie hätten hierdurch die
Zweckerreichung der Gesellschaft in dem von ihnen verstandenen Sinne unmöglich
gemacht. Es sei ihnen möglich gewesen, wenn sie denn mit ihr nichts mehr zu tun
haben wollten, von dem in § 10 Abs. 2 der Satzung eingeräumten Kündigungsrecht mit
Wirkung zum 31.12.2007 gegen Zahlung der in § 11 geregelten Abfindung Gebrauch zu
machen. Die von ihnen behauptete Äußerung des Geschäftsführers zur Höhe eines
etwaigen Abfindungsguthabens sei nicht gefallen.
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Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht habe sich der Gesellschaftszweck
nicht erledigt. Dieser bestehe in der Erzielung von Gewinn durch den Betrieb des
Unternehmens, darunter dem Handel von Dentalware gleich welcher Herkunft, was
selbst bei erfolgloser Tätigkeit am Markt oder mangelnder Rentabilität nicht als
unmöglich angenommen werden könne. Im übrigen sei sie bemüht, ihren
Geschäftsbetrieb auf den Handel mit Zahnersatz ausländischer Herkunft umzustellen.
Daran bestehe erheblicher Bedarf, während die Produkte hiesiger Labors angesichts
des internationalen Preisdrucks nicht länger konkurrenzfähig seien.
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Ebenso wenig liege ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern vor. Die
von den Klägern hierzu – überwiegend unzutreffend - geschilderten Umstände stellten
lediglich deren Befindlichkeit dar. Das von ihnen als gespannt beklagte Verhältnis
zwischen den Gesellschaftern sei – wie ausgeführt – eindeutig von diesen selbst
verursacht.
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In der Gesellschafterversammlung vom 18.09.2007 sei die Liquidation der Gesellschaft
nicht wirksam beschlossen worden. Die für I Z abgegebene Stimme habe mit gezählt
werden müssen. Es sei allseits bekannt, dass dessen Ehefrau D berechtigt sei, ihn in
Gesellschafterversammlungen zu vertreten. D Z habe zudem angeboten gehabt, die als
fehlend gerügte schriftliche Vollmacht nachzureichen. Infolgedessen sei die
erforderliche Mehrheit für den Liquidationsbeschluss nicht erreicht worden.
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Selbst bei anderer Ansicht sei eine wirksame Beschlussfassung nicht möglich gewesen.
Es habe keine Vollversammlung stattgefunden. Die Tagesordnung hätte nur durch den
Geschäftsführer erweitert werden können. Der Antrag der Kläger sei überdies nicht
rechtzeitig gestellt worden. Das anwaltliche Schreiben vom 04.09.2007 habe I Z erst am
17.09., die übrigen Adressaten nach dessen Kenntnis am 14. und 15.09.2007 erreicht.
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Auf diesen Umstand habe D Z ausdrücklich hingewiesen und sich sodann aus Protest,
sie nicht als Vertreterin ihres Ehemannes zulassen zu wollen, an der Abstimmung über
die Liquidation nicht beteiligt. Die Zurückweisung ihrer Vollmacht sei
rechtsmissbräuchlich. I Z habe diese – wie allgemein bekannt - bei den Akten der
Gesellschafterversammlung deponiert. Im übrigen sei der Prozessbevollmächtigte der
Kläger auch ohne, in der Gesellschafterversammlung vom 13.09.2006 sogar trotz
verweigerter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht von allen Beteiligten als
Gesellschaftervertreter zugelassen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug
genommen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
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Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Die Gesellschaft ist – wie festgestellt -
durch wirksamen Gesellschafterbeschluss in der Versammlung vom 18.09.2007
aufgelöst worden:
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Jene Versammlung ist durch den Geschäftsführer I Z der Beklagten mit Schreiben vom
24.08.2007 wirksam einberufen worden. Er war hieran weder durch die Bestellung eines
Sequesters mit Urteil der Kammer vom 10.04.2007 – 87 0 26/07 – noch durch seine im
Einladungsschreiben zugleich erklärte Amtsniederlegung gehindert. Die Bestellung des
Sequesters beschränkte sich auf Verfügungen über das Vermögen der Beklagten, lässt
die Befugnisse des Geschäftsführers ansonsten unberührt. Die Amtsniederlegung
wiederum ist frühestens mit Zugang des Schreibens vom 24.08.2007 wirksam
geworden, so dass I Z – wovon die Beklagte ersichtlich selbst ausgeht – bis zu diesem
Zeitpunkt jedenfalls befugt gewesen ist, zu Gesellschafterversammlungen einzuladen, §
49 GmbHG, und zur Tagesordnung die Abstimmung über die Bestellung eines neuen
Geschäftsführers anzukündigen.
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Die Kläger haben diese Einladung zum Anlass genommen, mit anwaltlichem Schreiben
vom 04.09.2007 um die Ergänzung der Tagesordnung durch Beschlussfassung über die
Liquidation der Gesellschaft und Bestellung eines Liquidators, hilfsweise durch das
Gericht, nachzusuchen. Soweit die Beklagte vorbringt, dass die beantragte Erweiterung
um diesen Punkt nicht fristgerecht zugegangen sei, das Schreiben den Geschäftsführer
selbst erst am 17.09.2007 erreicht habe, ist dieser Vortrag mit dem üblichen Postlauf für
innerörtliche Briefsendungen dieser Art unvereinbar, so dass sich die Kammer an
dessen Wahrheitsgehalt zu zweifeln erlaubt. Gleichwohl hat sie nicht übersehen
können, dass die Kläger nicht nur für den Zugang als solchen, sondern auch für dessen
Rechtzeitigkeit beweisbelastet sind. Diesen Beweis zu führen haben sie – weil
naturgemäß schwierig – schon nicht angeboten. Im Ergebnis ist somit davon
auszugehen, dass die Bitte um Ergänzung der Tagesordnung zumindest den damals
amtierenden Geschäftsführer verspätet erreicht hat, vergl. § 51 Abs. 4 GmbHG, was im
Ergebnis – wie noch auszuführen sein wird – indes unschädlich ist.
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An der Gesellschafterversammlung haben sämtliche natürlichen Gesellschafter mit
Ausnahme von I Z teilgenommen. Deren Ablauf und Ergebnis folgt aus dem
handschriftlich gefertigten Versammlungsprotokoll, überreicht als Anlage LD 35. Jene
Niederschrift ist geeignet, urkundlichen Beweis für die Richtigkeit und Vollständigkeit
ihres Inhalts zu erbringen mit der Folge, dass hiervon abzuweichen kein Anlass besteht,
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zumal die Beklagte für angebliche Auslassungen und / oder sonstige Fehler den ihr
obliegenden Gegenbeweis schon anzubieten versäumt hat.
Dies vorausgeschickt ist die Gesellschafterversammlung einvernehmlich mit
Feststellung ihrer Beschlussfähigkeit und der Bestellung des Klägers zu 1. zum
Schriftführer begonnen worden. Aus dem Protokoll folgt ferner, dass und aus welchen
Gründen kein Geschäftsführer bestellt worden ist. Schließlich ist der angekündigte
Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft zur Abstimmung gestellt und das
Abstimmungsergebnis festgehalten worden.
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Außer den Klägern (zusammen 25 %) haben die Gesellschafter V Z (8,3 %), H Z-C (8,3
%) und O (10 %) für den Antrag gestimmt. Diese Gesellschafter vereinen auf sich
Geschäftssanteile von 51,6 %. Das für die Annahme des Antrags erforderliche Quorum
ist somit erreicht:
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Nach § 6 Ziffer 4. des Gesellschaftsvertrages bedürfen Gesellschafterbeschlüsse der
Mehrheit aller Stimmen der Gesellschafter. Gesellschafter im Sinne dieser Klausel sind
die hieran beteiligten natürlichen Personen mit Geschäftsanteilen von zusammen 75 %.
Der von der Gesellschaft selbst gehaltene Geschäftsanteil von weiteren 25 % findet
nach allgemeiner Meinung keine Berücksichtigung (vergl. Baumbach-Hueck, GmbHG,
18. Auflage, § 33 Rz 24).
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Unbeachtlich ist, dass § 60 Abs. 1 Ziffer 2 GmbHG für die Wirksamkeit des
Auflösungsbeschlusses auf eine Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen
Stimmen abstellt. Eine hiervon abweichende Regelung ist – wie zulässig – im
Gesellschaftsvertrag mit der Maßgabe getroffen worden, "sofern nicht durch die
gesetzlichen Vorschriften oder die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages etwas
anderes vorgeschrieben ist". Diese Einschränkung greift indes nicht. Der
Gesellschaftsvertrag selbst sieht keine abweichende Bestimmung vor. Die gesetzliche
Vorschrift, § 60 Ziffer 2 GmbHG, ist disponibel, schreibt eine Mehrheit von 75 % der
abgegebenen Stimmen zwingend nicht vor. Die Gesellschafter haben von der
Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Abstimmungsverhältnis hiervon abweichend zu
vereinbaren. Die Mehrheit aller Stimmen der Gesellschafter genügt.
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Dies vorausgeschickt kommt es auf die Gegenstimme der Gesellschafterin D Z ebenso
wenig an, wie in diesem Zusammenhang auf die zwischen den Parteien strittige Frage,
ob die Geschäftsanteile des I Z ordnungsgemäß vertreten gewesen sind. Beide
Geschäftsanteile als Ablehnung gewertet, vermag im Ergebnis nichts daran zu ändern,
dass die Mehrheit aller Stimmen der Gesellschafter, insgesamt 51,6 %, für den Antrag
gestimmt haben.
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Die Kläger hatten das Recht zu verlangen, dass die Tageordnung um die angekündigte
Beschlussvorlage erweitert wird. Das folgt aus § 50 Abs. 2 GmbHG, (vergl. Baumbach-
Hueck, GmbHG, § 50 Rz 14). Dass die Frist des § 51 Abs. 1 GmbHG nicht nachweisbar
eingehalten worden ist, steht der Wirksamkeit des Beschlusses im Ergebnis nicht
entgegen. Der Beschluss konnte gefasst werden, wenn alle Gesellschafter anwesend
oder ordnungsgemäß vertreten gewesen sind.
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D Z selbst hat sich auf diesen Tagesordnungspunkt eingelassen und für ihre Person
dagegen gestimmt hat. Damit hat sie sich zumindest konkludent mit der Abhaltung der
Gesellschafterversammlung zum Zwecke dieser Beschlussfassung einverstanden
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erklärt. Dass sie, wie die Beklagte behauptet, auf formale Mängel hingewiesen haben
soll, ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Dessen Wortlaut ist – wie dargetan –
maßgeblich, zumal die Beklagte für ihre hiervon abweichende Behauptung beweisfällig
geblieben ist.
Zur strittigen Vertretung des Gesellschafters I Z vertritt die Beklagte nachdrücklich die
Ansicht, dass seine Ehefrau bevollmächtigt gewesen sei, dessen Stimmrecht
auszuüben. Das Protokoll der Gesellschafterversammlung belegt, dass sie hiervon –
ablehnend - Gebrauch gemacht und folglich der Abstimmung als solcher auch für ihren
Ehemann nicht widersprochen hat. Wenn auch die Kläger – wie ersichtlich auch die
sonstigen Anwesenden – die Vorlage der Vollmacht verlangt, deren Nachreichung und
damit die Stimmabgabe für I Z zurück gewiesen haben, muss sich die Beklagte
entgegen halten lassen, dass sie für sich – weiterhin – das Recht auf Einbeziehung
dieser Gegenstimme reklamiert. Nach allem geht sie davon aus, dass der Beschluss in
ordnungsgemäß zusammen getretener Vollversammlung zur Abstimmung gestellt und
mit den Stimmen der übrigen Gesellschafter – wenn auch aus ihrer Sicht nicht mit der
erforderlichen Mehrheit - gefasst worden ist. Daran muss sie sich festhalten lassen.
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Selbst bei anderer Ansicht wäre der Beschluss nicht unwirksam (vergl. BGH in GmbHR
1989, 120, 122, Baumbach-Hueck, GmbHG, Rz 37-38). Von ihrem Anfechtungsrecht hat
die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte
Anfechtungsfrist von 3 Monaten, § 6 Ziffer 7, ist zwischenzeitlich abgelaufen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 108, 704, 709 ZPO.
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Streitwert für das Verfahren:
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