Urteil des LG Köln vom 23.02.2007
LG Köln: juristische person, veröffentlichung, stand der technik, herausgabe, verfügung, anbieter, rufnummer, sicherheitsleistung, medien, datenbank
Landgericht Köln, 87 O 18/06
Datum:
23.02.2007
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
87 O 18/06
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
1.zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die hinsichtlich der
Sprachtelefone Endkunden der Beklagten sind und die
zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich
widersprochen haben und
deren Teilnehmerdaten ihr bislang nicht übermittelt wurden und
deren Teilnehmerdaten bislang ausschließlich in der Gestalt der
sogenannten Verlegerdaten in den Medien der Konzern-tochter der N3
GmbH bzw. deren Partnerverlagen veröffentlicht werden,
2.zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die hinsichtlich der
Sprachtelefone Endkunden alternativer Sprachtelefoniebetreiber sind
und die
zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich
widersprochen haben und
deren Teilnehmerdaten zugleich an die Beklagte von den alternativen
Sprachtelefoniebetreibern übermittelt wurden und
deren Teilnehmerdaten ihr bislang nicht übermittelt wurden und
deren Teilnehmerdaten bislang ausschließlich in der Gestalt der
sogenannten Verlegerdaten in den Medien der Konzern-tochter der N3
sogenannten Verlegerdaten in den Medien der Konzern-tochter der N3
GmbH bzw. deren Partnerverlagen veröffentlicht werden,
3.zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die hinsichtlich der
Sprachtelefone Endkunden alternativer Sprachtelefoniebetrei-ber sind
und die
zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich
widersprochen haben und
deren Teilnehmerdaten zugleich an die Beklagte von den alternativen
Sprachtelefoniebetreibern nicht unmittelbar übermittelt wurden und
deren Teilnehmerdaten ihr bislang nicht übermittelt wurden und
deren Teilnehmerdaten der Beklagten dennoch von deren N2 GmbH
bzw. deren Partnerverlagen in der Gestalt der sogenannten
Verlegerdaten mitgeteilt worden sind,
4.zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die Inhaber einer
Durchwahlnummer und zugleich eine andere natürliche oder juristische
Person als der Inhaber der Zentralnummer sind und die zugleich einer
Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich widersprochen
haben.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der
Klägerin abzuwenden.
Die Sicherheitsleistungen können jeweils auch durch
selbstschulderische Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland zugelassenen Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse
erbracht werden.
TATBESTAND:
1
Die Beklagte ist Betreiberin eines Telekommunikationsteilnehmernetzes. Sie bietet
insbesondere Sprachtelefondienstleistungen für die Öffentlichkeit durch Vergabe von
Rufnummern an Endnutzer an. Außerdem betreibt sie unter der Rufnummer #### einen
telefonischen Auskunftsdienst. Ende 2005 waren insgesamt ca. 36 Mio.
Teilnehmeranschlüsse bei der Beklagten registriert.
2
Für deren Verwaltung hat die Beklagte den so bezeichneten "Datenbank
Anmeldedienst" (fortan ANDI) entwickelt, in der Angaben zur Pflege, Durchführung und
Abwicklung des Vertragsverhältnisses zwischen ihr und den Kunden enthalten sind,
darunter neben den Basisdaten – Name, Anschrift, Wohnort, Postleitzahl und zugeteilte
Telefonnummer – auch zusätzliche Angaben – so insbesondere Teilnehmerart, Titel,
Vorsatzwort, historischer Namenszusatz, sonstiger Namenszusatz, Vanity-Nummer,
Zentrale/Nebenstelle -.
3
Daneben baute die Beklagte die Datenbank "Datenredaktion" (fortan DaRed) auf. Diese
dient der Bereitstellung der Teilnehmerdaten für Verzeichnis- und Auskunftsdienste
durch turnusmäßige Überlassung des Datenbestandes im Offline-Verfahren und auf
elektronischem Wege. Die derzeit ca. 38 Millionen Teilnehmerdatensätze enthalten
sowohl Einzelheiten zu eigenen Teilnehmern der Beklagten wie solche anderer
Netzbetreiber, auch Mobilfunkteilnehmern, soweit diese der Beklagten in Erfüllung ihrer
gesetzlichen Verpflichtung nach § 21 Abs. 1 TKV zur Verfügung gestellt worden sind,
darunter sogenannte "Verlegerdaten", die der Beklagten von Telefonbuchverlagen zur
Verfügung gestellt worden sind.
4
Die Beklagte gibt über ihre E GmbH Teilnehmerverzeichnissen in Printmedien heraus.
Zu diesem Zweck überläßt sie der U die hierfür benötigten Kundendaten. Diese
veröffentlicht in Gemeinschaft mit privaten Verlagen entgeltfreie Telefonverzeichnisse,
die Telefonbücher "Das Örtliche" und "Das Telefonbuch" sowie die
Branchenverzeichnisse "Gelbe Seiten" und "Gelbe Seiten Regional", deren Druck und
Vertrieb ausschließlich durch kostenpflichtige (Werbe-)Einträge finanziert werden.
Bundesweit arbeitet die E mit derzeit 107 Partnerverlagen, jeweils in Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, zusammen. Darüber hinaus werden von der E und ihren Partnern
kostenlose Online- und optoelektronische Verzeichnisse angeboten, die gleichermaßen
werbefinanziert sind. Hierfür stellt die E den Fachverlagen ihrerseits Datensätze mit zur
Veröffentlichung bestimmten Teilnehmerdaten, die "Standardeintragsdaten" der
Beklagten, ggf. auch anderer Teilnehmernetzbetreiber, zur Verfügung, auf Grund derer
die Gesellschaften sogenannte "Verlegereinträge" mit werblicher Hervorhebung der
jeweiligen Kunden für die Verzeichnisse akquirieren.
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Darüber hinaus verfügt die Beklagte über das "National Directory Inquiry System"
(fortan: NDIS), das dazu dient, auf Softwarebasis die Online-Suche für ihren eigenen
Auskunftsdienst mit der Rufnummer #### durchzuführen und auch die ihr überlassenen
Verlegerdaten enthält.
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Die Klägerin produziert und vertreibt CD-ROM gestützte Telefonverzeichnisse. Darüber
hinaus bietet sie telefonische und Internet-Auskünfte im Wettbewerb zur U GmbH und
der Beklagten an.
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Die Parteien sind durch "Vertrag über die Überlassung von Teilnehmerdaten"
8
miteinander verbunden, gemäß § 1 soweit bei der Beklagten verfügbar, für die Daten
anderer Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen nur insoweit, als diese
"einer Weitergabe der Datensätze ihrer Kunden durch die U zugestimmt oder nicht
widersprochen haben". Die weiteren Einzelheiten sind in den Anhängen A, B und C des
Vertrages beschrieben.
Maßgeblich gestützt auf diese Vereinbarung verlangt die Klägerin von der Beklagten die
Herausgabe von nach ihrem Vortrag vertragswidrig vorenthaltener Teilnehmerdaten.
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Sie trägt vor, dass die Beklagte bei der Überlassung der Teilnehmerdaten einzelne
Datensätze herausfiltere, ohne hierzu aus datenschutzrechtlichen Gründen verpflichtet
oder aus anderen rechtserheblichen Gründen berechtigt zu sein. Dies habe sie durch
stichprobenartige Überprüfung des Telefonteilnehmerverzeichnisses "Das Telefonbuch"
festgestellt. Hierbei komme es nicht darauf an, ob die fraglichen Teilnehmer
Telefonkunden der Beklagten oder anderer Anbieter seien. In jedem Fall gebe die
Beklagte die zur Veröffentlichung freigegebenen Daten als Standardeintrag in die
Datenbank DARED ein, ohne diese an sie, die Klägerin, vollständig weiter gegeben zu
haben. Sie könne nicht damit gehört werden, keinen Einfluss auf die von ihrer Tochter U
und deren Partnerverlage eingeworbenen gestalteten Einträge und Verlegerdaten
nehmen zu können. Auch diese Teilnehmer seien in DARED eingepflegt, wenn auch
der besonderen Gestaltung gleichsam entkleidet. Gegen die Zurückhaltung der
Verlegerdaten als solche gehe sie nicht vor. Sie habe kein Interesse an den
eigenrecherchierten Datenbeständen der Partnerverlage, wehre sich indes dagegen,
dass die Beklagte unter Bezugnahme geschickt gestalteter AGB eine Umqualifizierung
von – überlassungspflichtigen - Standardeinträge in Verlegerdaten vornehme, um ihr
diese vorzuenthalten. Sie habe Anspruch auf die jeweils hierin enthaltenen
Standarddaten, die nach deutschem Recht zur Identifizierung des Teilnehmers
üblicherweise erforderlich sind, soweit die Anschlussinhabern deren Weitergabe nicht
widersprochen hätten.
10
Dass einzelne Teilnehmer einen Verlegereintrag, indes keinen Standardeintrag
wünschten, sei zu bestreiten. Wenn Partnerverlage, etwa die W mbH & Co KG, in ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelten, dass die Kunden eines gestalteten
Eintrags des gesamten kostenfreien Standardeintrags verlustig gingen, sei diese
Klausel ohnehin wettbewerbs- und kartellrechtswidrig.
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Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Antrag,
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die Beklagte zu verurteilen, nach Maßgabe des zwischen den Parteien
bestehenden Datenüberlassungsvertrages die in der
Teilnehmerdatenbank DARED gespeicherten Teilnehmerdaten
vollständig – somit einschließlich derjenigen Teilnehmerdaten, die in
den gedruckten Telefonbüchern der Beklagten bzw. ihres N GmbH als
sogenannte gestaltete Einträge vorhanden sind und ihr zugleich
dennoch nicht zur Verfügung gestellt werden – an sie herauszugeben.
13
Sie beantragt nunmehr,
14
die Beklagte zu verurteilen, an sie
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1. zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
16
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die hinsichtlich der
Sprachtelefone Endkunden der Beklagten sind und die
17
zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich
widersprochen haben und
18
deren Teilnehmerdaten ihr bislang nicht übermittelt wurden und
19
deren Teilnehmerdaten bislang ausschließlich in der Gestalt der
sogenannten Verlegerdaten in den Medien der Konzerntochter der
N3 GmbH bzw. deren Partnerverlagen veröffentlicht werden,
20
2. zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die hinsichtlich der Sprachtelefone
Endkunden alternativer Sprachtelefoniebetreiber sind und die
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22
zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich
widersprochen haben und
23
deren Teilnehmerdaten zugleich an die Beklagte von den
alternativen Sprachtelefoniebetreibern übermittelt wurden und
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deren Teilnehmerdaten ihr bislang nicht übermittelt wurden und
25
deren Teilnehmerdaten bislang ausschließlich in der Gestalt der
sogenannten Verlegerdaten in den Medien der Konzerntochter der
N3 GmbH bzw. deren Partnerverlagen veröffentlicht werden,
26
3. zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilnehmer herauszugeben, die hinsichtlich der Sprachtelefone
Endkunden alternativer Sprachtelefoniebetreiber sind und die
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zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten nicht ausdrücklich
widersprochen haben und
29
deren Teilnehmerdaten zugleich an die Beklagte von den
alternativen Sprachtelefoniebetreibern nicht unmittelbar übermittelt
wurden und
30
deren Teilnehmerdaten ihr bislang nicht übermittelt wurden und
31
deren Teilnehmerdaten der Beklagten dennoch von deren N2
GmbH bzw. deren Partnerverlagen in der Gestalt der sogenannten
Verlegerdaten mitgeteilt worden sind,
32
4. zu den Konditionen des zwischen den Parteien bestehenden
Datenüberlassungsvertrages die Teilnehmerdaten derjenigen
Sprachtelefonieteilneher herauszugeben, die Inhabereiner Durchwahlnummer und
zugleich eine andere natürliche oder juristische Person als der Inhaber der
Zentralnummer sind und die zugleich einer Weitergabe ihrer Teilnehmerdaten
nicht ausdrücklich widersprochen haben.
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34
Die Beklagte beantragt,
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1. die Klage abzuweisen,
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37
2. hilfsweise ihr gemäß § 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gestatten, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung
ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin
abzuwenden.
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Sie tritt der Neufassung der Anträge als unzulässige Klageänderung entgegen.
39
Im übrigen trägt sie vor, ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin
nachgekommen zu sein. Sie habe der Klägerin – auch zu den näher kommentierten
Rufnummern – den Teilnehmerdatensatz übermittelt, soweit dieser als Standardeintrag
bei ihr erfasst sei. Keinesfalls verweigere sie der Klägerin Teilnehmerdaten bei
gestalteten Einträgen, weder filtere sie solche aus DaReD heraus noch lösche sie
diese. Der Standardeintrag verbleibe grundsätzlich statt dessen auch bei einem
identischen oder abweichenden Verlegereintrag in DaRed bestehen.
40
Eine Löschung auf Grund Allgemeiner Geschäftsbedingungen der Verleger finde
ausschließlich in deren jeweils veröffentlichten Verzeichnisse, nicht in DaRed statt, es
sei denn, die Löschung werde auf Grund autonomer Entscheidung ausdrücklich von
dem Kunden verlangt, was zivil- und datenrechtlich sowie regulatorisch respektiert
werden müsse. Soweit weitergehende Informationen, überdies mit erheblichem
finanziellen und organisatorischen Aufwand, von den Verlegern generiert würden,
könne die Klägerin diese zusätzlichen Angaben über den ihr überlassenen
41
Standardeintrag hinaus nicht heraus verlangen.
Weitergehende Ansprüche, zumal auf Herausgabe der Verlegerdaten, stünden der
Klägerin nicht zu. Verlegerdaten seien keine Teilnehmerdaten, wie die
Bundesnetzagentur zuletzt mit Beschluss vom 11.09.2006 ausdrücklich festgestellt
habe.
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Wenn sie eine Rufnummer an einen Kunden, etwa die X eG, vergeben habe, werde
diese unter dem Sitz des Auftragsgebers - vorliegend mit Adresse Düsseldorf - generiert,
in ANDI abgelegt und in dieser Form in die Datenbank DaRed übernommen. Andere,
unter derselben vergebenen Rufnummer erreichbare Filialen, würden von ihr mangels
Information durch den Kunden nicht abgespeichert. Diese seien originär von den
Verlegern für einen werblichen Eintrag akquiriert und an sie, die Beklagte, exklusiv und
ausschließlich zur Nutzung durch den eigenen Auskunftsdienst weitergereicht worden.
43
Angesichts dessen könne die Klägerin nichts daraus herleiten, dass sich auch diese
Daten mit Namen, Anschrift und Telefonnummer des Teilnehmers befassten. Damit
würden sie nicht zu Teilnehmerdaten, zumal diesem Begriff immanent sei, dass sie der
Teilnehmer seinem Teilnehmernetzbetreiber im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses
zur Veröffentlichung in Kundenverzeichnissen mitgeteilt habe; Daten aus Drittquellen
schieden somit aus. Das gelte auch für Daten, die ein Herausgeber von
Teilnehmerverzeichnissen zur Erbringung seiner Dienstleistung benötige. Zutreffend sei
insoweit allein eine an den Kriterien des EuGH orientierte Auslegung, wonach der
Umfang der entsprechenden Informationen begrifflich eng auszulegen sei, also nur die
sogenannten zur Identifizierung des Teilnehmers erforderlichen Basisdaten erfasse.
44
Im übrigen sei ihr die Weitergabe der Verlegerdaten an Dritte wie die Klägerin
vertraglich verboten. Die Partnerfachverlage stellten ihr deren eigenrecherchierten
Daten ausschließlich für den Auskunftsdienst mit der Rufnummer ##### als sog.
beauskunftbare Informationsdaten zur Verfügung. Hierüber bestünden derzeit zwar noch
keine abschließenden schriftlichen Vereinbarungen, indes mündliche Absprachen mit
Geltung bis zu deren schriftlicher Fixierung. (Beweis: Zeugnis der Mitarbeiterin Karin T
der E) mit der Folge, dass sie im Falle der Verurteilung zu einer nach § 105 UrhG
strafbaren Handlung verpflichtet werde. Eine solche würde überdies zu
Wettbewerbsverzerrungen und einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz führen.
Während sie sämtliche Daten herausgeben müßte, auch solche, die sie nicht
unmittelbar von ihren Teilnehmern erhalten habe, bestehe eine solche Pflicht für
konkurrierende Auskunftsdienste und Herausgebern von Verzeichnissen, sofern nicht
selbst Carrier, gerade nicht. Die Klägerin könne sich die streitgegenständlichen Daten
selbst beschaffen. Sie sei, wie die Partnerfachverlage, ihrerseits bemüht, ihren Bestand
über die Teilnehmerdaten hinaus zu erweitern, um diesen – anders als sie, die
Beklagte, im Falle antragsgemäßer Verurteilung - weiterhin exklusiv zu nutzen.
45
§ 20 GWB biete zu einer anderen Beurteilung schon deshalb keinen Anlaß, weil der
Vortrag der Beklagten, Standardeinträge würden ihr durch "Umwandlung" in
Verlegerdaten vorenthalten, nicht zutreffend sei. Im übrigen sei ihr auch nach dem GWB
die Möglichkeit zur Ungleichbehandlung und Privilegierung des eigenen Unternehmens
gestattet, wovon auch Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur ausgingen.
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Der hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Vollstreckungsschutz sei schon deshalb
begründet, weil mit der einmaligen Überlassung des Gesamtdatenbestandes –
47
einschließlich der Verlegerdaten – eine endgültige Befriedigung einher gehe. Überdies
drohe im Falle der Verurteilung Strafbarkeit nach § 105 UrhG wie ferner zu
gegenwärtigen sei, dass die Partnerverlage ihr zukünftig weitere Informationen
verweigerten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug
genommen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
49
Die Klage ist zulässig und begründet.
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Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht sind die mit Schriftsatz vom
22.06.2006 neu gefassten Klageanträge nicht als – unzulässige – Klageänderung zu
werten. Die Aufteilung des ursprünglichen Klageantrags in vier einzelne Anträge geht
vielmehr klarstellend auf die nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im
Verhandlungstermin vom 26.05.2006 erteilten richterlichen Hinweise zurück, ohne das
von Beginn an verfolgte Klagebegehr inhaltlich zu novellieren.
51
Der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der nachgesuchten Daten folgt aus dem
zwischen den Parteien bestehenden Vertrag über die Überlassung von
Teilnehmerdaten in der derzeit gültigen Fassung. Gegenstand jenes Vertrages ist
gemäß §1 "die Überlassung der bei der U verfügbaren Teilnehmerdaten", auch solche
anderer Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit,
soweit diese einer Weitergabe der Datensätze ihrer Kunden durch die U zugestimmt
oder nicht widersprochen haben. Der Umfang der Standardleistung ergibt sich nach § 2
Ziffer 1 aus der als Anlage A zu dem Vertrag vereinbarten Leistungsbeschreibung.
Hierin ist neben dem Umfang der bereitgestellten Daten zu den verschiedenen
Nutzungsfällen – darunter telefonische Auskunft, Abfrage über elektronische Online-
Dienste und Reproduktion über elektronische Datenträger – auch geregelt, wie und in
welchem Umfang der jeweilige Kunde – hier die Klägerin – zu deren Verwendung
berechtigt ist.
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Diese Regelungen basieren im Grundsatz auf § 47 TKG. Nach Absatz 1 dieser
Vorschrift ist jedes Unternehmen, das Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit
erbringt und Rufnummern an Endnutzer vergibt, verpflichtet, unter Beachtung der
anzuwendenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen, jedem Unternehmen auf
Antrag Telnehmerdaten zum Zwecke der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen
Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen zur Verfügung zu stellen. Was im
Sinne dieser Vorschrift unter den herausgabepflichtigen Teilnehmerdaten zu verstehen
ist, regelt Absatz 2 des Gesetzes. Unter Bezugnahme auf § 104 TKG erstreckt sich die
Überlassungspflicht neben der Nummer auf "die zu veröffentlichenden Daten selbst wie
Name, Anschrift und zusätzliche Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und
Mitbenutzer, soweit sie dem Unternehmen vorliegen. Ausdrücklich gehören hierzu ferner
"auch alle nach dem jeweiligen Stand der Technik unter Beachtung der
anzuwendenden datenschutzrechtlichen Regelungen in kundengerechter Form
aufbereiteten Informationen, Verknüpfungen, Zuordnungen und Klassifizierungen, die
zur Veröffentlichung dieser Daten in öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und
Teilnehmerverzeichnissen im Sinne von Absatz 1 notwendig sind.
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Der Regelungszweck dieser Bestimmung liegt zwar auch im öffentlichen Interesse an
der Herstellung und Gewährleistung tragfähiger Wettbewerbsstrukturen auf den
Auskunfts- und Verzeichnismärkten. Gleichwohl ist sie im Kern zivilrechtlicher Natur. Sie
begründet Rechte und Pflichten zwischen Privatrechtssubjekten und ist zu deren
konkreter Ausgestaltung zugleich verhandlungsfähig.
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Das Ergebnis dessen ist in Erfüllung dieser Norm der zwischen den Parteien gültige
Vertrag, der über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus weitergehende
Regelungen über den Umfang der Bereitstellungspflicht zum Gegenstand hat. Schon
der Wortlaut des § 47 Absatz 2 TKG stellt umfassend auf "Teilnehmerdaten" ab, ohne
diese auf solche Nutzer zu beschränken, die originär dem Kundenkreis der Beklagten
zuzuordnen sind. Dass diese der Beklagten zur Verfügung gestellt werden müssen, will
ersichtlich auch die Beklagte nicht in Abrede stellen, zumal in § 1 ausdrücklich – wenn
auch eingeschränkt um das Erfordernis von Zustimmung oder mangelnden
Widerspruchs – die Überlassung von Teilnehmerdaten anderer Anbieter in den Vertrag
einbezogen ist. Auch darüber besteht zwischen den Parteien letztlich Einigkeit, auch
wenn die Beklagte insoweit von "Carrierkundendaten" spricht
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Der Streit der Parteien konzentriert sich nach Neufassung der Anträge auf die Frage, ob
die Klägerin auch die Herausgabe der so bezeichneten "Verlegerdaten" verlangen
kann.
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Hierunter sind die eigenrecherchierten Daten des Verlegers zu verstehen, hier solche,
die in Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeinsam von der Tochter E der Beklagten
und zahlreichen Partnerverlagen im Kundengespräch über die Standarddaten hinaus
kostenpflichtig akquiriert worden und in Verzeichnissen wie "Das Telefonbuch" oder
"Die gelben Seiten" veröffentlicht sind. Soweit hierin Zusätze der Anzeigenkunden
enthalten sind - beispielhaft "Meisterbetrieb seit 1970" oder vergleichbaren Inhalts - sind
diese nicht streitgegenständlich. Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, die Herausgabe
solcher Angaben nicht klageweise durchsetzen zu wollen, die nach ihrer redaktionellen
Fassung und/oder Aufmachung ausschließlich der Werbung dienen. Ihr Begehr ist somit
allein auf die hierin zugleich und notwendigerweise enthaltenen "Teilnehmerdaten", wie
in § 47 TKG definiert, gerichtet. Die Exklusivität der Verlegerdaten im übrigen wird von
ihr nicht in Frage gestellt.
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Soweit diese Teilnehmer Endkunden alternativer Sprachtelefoniebetreiber sind und der
Beklagten von diesen "anderen Anbietern" übermittelt und veröffentlicht worden sind,
kann das Überlassungsverlangen der Klägerin nicht zweifelhaft sein. Der Klageantrag
zu 2. ist begründet. Das folgt schon aus § 1 des Vertrages über die Überlassung von
Teilnehmerdaten der Parteien und erstreckt sich auch auf solche herausverlangten
Teilnehmerdaten, die "ausschließlich in der Gestalt der sogenannten Verlegerdaten in
den Medien der Konzerntochter der Beklagten E bzw. deren Partnerverlagen
veröffentlicht werden". Diese Daten sind für die Beklagte "verfügbar" und in
konzerninterner Aufgabenverteilung in den Printmedien der zwischen der E und den
Partnerverlagen gebildeten Gesellschaften bürgerlichen Rechts publiziert worden. Auf
die Herkunft dieser Daten kommt es somit nicht an. Der Klageantrag zu 3. ist
gleichermaßen begründet.
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Dass die Bundesnetzagentur in dem überreichten Beschluss vom 11.09.2006 hiervon
abweichend argumentiert, bietet der Kammer zu einer Korrektur ihrer Auffassung keinen
Anlass. In jener Entscheidung hat die BNetzA zum Umfang des Überlassungsanspruchs
59
in Anwendung von § 47 Abs. 2, Satz 1 in Verbindung mit § 104 TKG auch auf die
Herkunft der Daten abgestellt und im Grundsatz ausgeführt, dass "die Daten...also in
einem Teilnehmerverzeichnis veröffentlicht sein" müssen, "damit überhaupt ein
Herausgabeanspruch besteht", wobei sie diese Vorschrift als Kehrseite des in § 21 TKV
enthaltenen Anspruchs des Kunden auf Aufnahme in ein öffentliches
Teilnehmerverzeichnis versteht. Demzufolge sind Teilnehmerdaten im Sinne von § 47
Abs. 2 Satz 1 TKG nach Einschätzung der BNetzA – ausschließlich – solche Daten, die
ein Teilnehmer einem Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen mit der
Bitte um unentgeltliche Veröffentlichung gemäß § 21 TKV überlassen hat und in der
Folge in einem Teilnehmerverzeichnis veröffentlicht worden sind im Gegensatz zu in
Teilnehmerverzeichnissen veröffentlichten Datensätze, die ein Teilnehmer einem
Dritten zur entgeltlichen Veröffentlichung anvertraut hat oder ohne Beteiligung des
Teilnehmers recherchiert worden sind.
Diese Unterscheidung ist nicht überzeugend. § 47 Abs. 2 Satz 1 stellt generell auf "nach
Maßgabe des § 104 TKG in Teilnehmerverzeichnissen veröffentlichte Daten" ab, ohne
auf ein zusätzliches Erfordernis bereits erfolgter – entgeltfreien - Veröffentlichung in
Teilnehmerverzeichnissen abzustellen.
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Richtig ist, dass § 104 TKG – wie § 21 TKV – dem Schutz des Teilnehmers dient. Die
Vorschrift richtet sich darüber hinaus an jedweden Vertragspartner des Teilnehmers, der
Telekommunikationsdienste anbietet. Sämtliche Anbieter dieser Leistungen auf dem
Markt sind gesetzlich verpflichtet, im Rahmen ihrer Tätigkeit die hierin niedergelegten
datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten, deren Veröffentlichung in
öffentlichen Verzeichnissen zur Disposition des Teilnehmers steht. Damit korrespondiert
diese Norm mit § 21 TKV und dessen Schutzzweck. Weitergehende Bedeutung kommt
dem Verweis auf § 104 TKG in § 47 Abs. 2 Satz 1 TKG nicht zu.
61
Dies vorausgeschickt bleibt die Kammer dabei, dass den heraus verlangten
"Verlegerdaten" die "Teilnehmerdaten" immanent und von der Beklagten soweit als
Bestand ihrer Datenbänken – ungeachtet welcher – verfügbar, herauszugeben sind.
Wenn sich ein Teilnehmer entschließt, werbende Zusätze und weitere Informationen zur
Veröffentlichung über die E im Verbund mit den Partnerverlagen zu beauftragen, mag
nach dem Wortlaut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen jener Verlage ein Anspruch
des Kunden auf zusätzliche kostenfreie Veröffentlichung ausgeschlossen sein. Das
indes ist für die zu beurteilenden Fallgestaltungen im Verhältnis der Parteien ohne
Einfluss. Der Kunde hat mit der Freigabe des Eintrags zugleich der Veröffentlichung
seiner Teilnehmerdaten zugestimmt. Von daher entspricht die Herausgabe der hierauf
reduzierten Angaben der Gesetzeslage. Im übrigen erscheint lebensfremd, dass der
Teilnehmer im Einzelfall darauf verzichtet, sogar untersagt haben könnte, neben einem
Eintrag etwa in den "Gelben Seiten" nicht zugleich mit seinen Stammdaten über
sämtliche sonstigen Anbieter – sei es im telefonischen Auskunftsdienst oder über
sonstige von diesen generierten Verzeichnisse - auf Nachfrage verfügbar zu sein, ist
lebensfremd. Wer bereit ist, für die Veröffentlichung ein Entgelt zu zahlen, will sich der
Öffentlichkeit über die "Teilnehmerdaten" hinaus werbend präsentieren, indes mit
diesen Daten auch über andere Dienste als der Beklagten zugehörig identifizierbar und
erreichbar sein. Bei anderer Ansicht könnte sich der werbenden Eintrag ungewollt
negativ auswirken, weil – für den jeweiligen Teilnehmer nicht transparent – auf
konzerneigene Eintragungen und Auskünfte über die Rufnummer #### der Beklagten
beschränkt. Angesichts dessen greift die Behauptung der Beklagten, bestimmte
namentlich benannte Teilnehmer hätten dies ausdrücklich gewünscht, zu kurz. Worauf
62
dieser Wunsch im Einzelfall konkret abzielt, erschließt sich der Kammer auch aus der
hierzu überreichten Anlage B 22 nicht.
Die Beklagte kann ferner nicht damit gehört werden, sich im Falle antragsgemäßer
Verurteilung einer strafbewehrten Urheberrechtsverletzung schuldig zu machen. Sie
begründet diese Ansicht mit der Behauptung, dass ihr die Weitergabe von
Verlegerdaten an Drittanbieter, konkret an die Klägerin, von den Verlagen untersagt
worden sei. Sie muss sich schon entgegen halten lassen, dass ihr Vortrag konkrete
Einzelheiten zu den angeblich mündlich getroffenen Absprachen - wann diese mit wem
verbindlich für welchen der zahlreichen Verlage getroffen sein sollen - vermissen läßt,
so dass die Erhebung des hierzu angebotenen Beweises, die Vernehmung der
Mitarbeiterin Karin T der E, der Ausforschung gleichkäme.
63
Der Klageantrag zu Ziffer 4. begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Er stellt darauf ab,
dass es sich bei dem Inhaber einer sogenannten Zentralnummer und dem der
sogenannten Durchgangsnummer um zwei verschiedene natürliche und/oder juristische
Personen handelt. Der Interpretation des Teilnehmerbegriffes in § 47 TKG durch die
Beklagte vermag sich das Gericht erneut nicht anzuschließen. "Verfügbare" Teilnehmer
im vertraglich verpflichtenden Sinne sind – wie dargetan - nicht allein solche, die mit der
Beklagten einen Vertrag über die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen
abgeschlossen haben. § 47 TKG verpflichtet zur Herausgabe sämtlicher Daten, die der
Beklagte vorliegen, unabhängig davon auf welche Weise und von wem sie diese
erhalten hat. Der Teilnehmerbegriff in § 3 Nr. 20 TKG ist hierfür nicht einschlägig.
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Ob diese Daten kostenlos geschuldet sind, bedarf vorliegend keiner Klärung, ist statt
dessen einem - nachträglichen - Regulierungsverfahren gemäß § 47 Abs. 4 TKG
vorzubehalten.
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Das Urteil stützt sich auf deutsches Recht, das im tenorierten Umfang eine nationale
Verpflichtung zur Herausgabe der verfügbaren Teilnehmerdaten im zuvor dargelegten
Umfang zum Gegenstand hat. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des EuGH
steht ihm demzufolge nicht entgegen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
67
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 108, 704, 709, 712
Abs. 1 Satz 2 ZPO. Zur Überzeugung der Kammer würde die Vollstreckung des Urteils
der Beklagten anderenfalls einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, der Klägerin
nämlich vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens den Besitz von Daten mit der
Möglichkeit der Auswertung zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken verschaffen, wobei
die sich hieraus ergebenden nachteiligen Konsequenzen für die Beklagte unumkehrbar
sind.
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Streitwert:
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