Urteil des LG Köln vom 29.07.2009

LG Köln (geistige schöpfung, werk, buch, zpo, inhalt, urheber, örtliche zuständigkeit, wirtschaftliches interesse, unlauterer wettbewerb, uwg)

Landgericht Köln, 28 O 180/08
Datum:
29.07.2009
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 180/08
Tenor:
Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 93 % und die
Beklagte zu 7 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
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Die Parteien sind Verlage, die jeweils Rollenspiele herausgeben. Die Klägerin verlegt
seit 2002 das Rollenspiel "B". Es handelt sich dabei um Bücher (vgl. Anlage K 1 bis K 3)
eines so genannten Fantasy-Rollenspiels. "B" ist ein Grundregelwerk für das
gleichnamige Rollenspiel. Orientiert an diesem Grundregelwerk findet die Moderation
der Geschichte statt. Die Grundregeln individualisieren das Spielkonzept und grenzen
das einzelne Produkt von Konkurrenzprodukten ab. Das Grundregelwerk "B" ist ein über
400 Seiten umfassendes Buch. Die Erstauflage erschien 2002, die Zweitauflage
erschien 2007. Zusätzlich veröffentlichte die Klägerin im Oktober 2004 das
"Kompendium" als Erweiterung zu "B".
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Im Jahr 2003 gewann die Klägerin mit ihrem Produkt den "Deutschen Rollenspielpreis".
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Die Beklagte verlegt das Rollenspiel "F", dessen Grundregelbuch sie auf der
Spielemesse in Essen 2007, der weltgrößten Publikumsmesse im Bereich Spiele und
einem entscheidenden Forum konkurrenzfähiger Anbieter, als Neuerscheinung
herausgebracht hat.
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M, heutiger Gesellschafter, Chefredakteur und Verlagsleiter der Beklagten bewarb sich
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2004 als Autor bei der Klägerin. Unter dem 19.08.2004 und dem 01.09.2004 schloss die
Klägerin mit Herrn M den Autorenvertrag über einen "B Roman". Im Rahmen seiner
Autorenstellung erhielt Herr M von der Klägerin einen umfangreichen Leitfaden zur
Erstellung von Quellenbüchern. Der Leitfaden enthält eine Anleitung zum Erstellen
eines Rollenspielbuches im Stil von "B" und strukturiert und ermöglicht den
Herstellungsprozess auch für einen Laien. Da ein Quellenbuch an die einzelnen
Bereiche des Grundregelwerkes anknüpft, diese also erweitert, ist der Leitfaden zur
Erstellung des Quellenbuchs ebenso geeignet zur Herstellung eines Grundregelwerkes.
Die Klägerin behauptet, ihre beiden Gesellschafter seien Urheber des Werkes "B", das
Vorlage des von der Beklagten vertriebenen Werks "F" sei. "B" kombiniere erstmalig
düstere Fantasy-Elemente mit klassischen High-Fantasy- und Steampunk-Elementen.
Dies werde bei "F" übernommen, ebenso wie die prä-apokalyptische Stimmung, da
beide Spielwelten kurz vor der Vernichtung stünden. Das Cover der Beklagten sei von
dem in der Entwicklung befindlichen B "L Quellenbuch" übernommen worden. Bei dem
Namen des Spiels "F" habe man sich von "B" inspirieren lassen, wie der
Namensgleichklang mit einer Nation in "B", "J", nahe lege. Konzeption und Aufbau
seien ebenfalls übernommen worden. Die Aufzählung der Rassen, Volkseigenschaften,
Gaben und Schwächen, Attribute/Eigenschaften und Fertigkeiten stimmten meist
überein. Die Namen für geographische Regionen seien entweder völlig identisch oder
nur leicht abgeändert. Das Konzept, eine Schule zu wählen, sei in der konkreten Form
bei "B" bisher einzigartig gewesen und in keinem Konkurrenzprodukt vorgekommen. Es
erfolge zudem eine Einteilung in Sterbliche und Götter. Die Beklagte habe die
Regelelemente ("Qualitätsstufen der Ausrüstung" / "Rüstungsteile" / "Völker" / "Vorzüge
und Schwächen" / "Fertigkeiten" / "Talente und Techniken" / "Schulen und Geheimnisse
der Meister" / "Magie und Zauber") übernommen.
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Sie ist der Ansicht, auch die Spielregeln seien ein schutzfähiges Werk im Sinne des
Urhebergesetzes. Es handele sich nicht um Regeln wie für ein banales Würfelspiel. Die
dargestellten Regeln seien viel spezieller und als solche schutzfähig.
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Sie trägt weiter vor, Herr M sei ein unerfahrener Jungautor gewesen. Neben dem
unstreitigen Vertrag über den "B Roman" sei unter dem 17.06.2005 ein weiterer Vertrag
über die Fertigung des Quellbuches "L Das Reich der Magierkönige" geschlossen
worden. Am 29.11.2006 sei der Autorenvertrag über das "B W Quellenbuch" gefolgt.
Das Quellenbuch "L Das Reich der Magierkönige" habe Herr M nach dem
Vertragsschluss am 17.06.2005 am 01.02.2006 zum Eintritt in die
Nachbearbeitungsphase abliefern sollen. Das "W Quellenbuch" habe nach dem Vertrag
vom 29.11.2006 Ende 2007 erstellt sein sollen. Der Roman habe ursprünglich bis zum
01.11.2005 fertig gestellt sein sollen. Sie habe Herrn M wegen der verzögerten bzw.
nicht erfolgten Ablieferung der Bücher abgemahnt. Schließlich seien folgende
Ablieferungstermine:
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B Roman: 01.12.2006
L Quellenbuch: 01.03.2007
W Quellenbuch: 01.01.2008
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vereinbart worden. Darauf folgend sei vereinbart worden, dass die Abgabetermine für
das W und das L Quellenbuch getauscht werden. Zudem sollte Herr M anstelle des W
das C Quellenbuch herstellen. Alle Termine habe Herr M in Kenntnis der
wirtschaftlichen Nachteile verstreichen lassen. Herr M habe von vornherein vorgehabt,
sie zu täuschen und sie zu schädigen. Er habe als Begründung für die Nichteinhaltung
der Abgabetermine angegeben, dass er wegen Krankheit, privater und beruflicher
Probleme verhindert sei. Der andauernde Verzug des Herrn M habe dazu geführt, dass
die Veröffentlichung beider Quellenbücher und des Romans zur Messe 2007 in Essen
verhindert worden sei. Hätte sie von "F" gewusst, hätte sie nicht so lange vergeblich auf
zeitige Ablieferung gewartet. Sie hätte auch einen Konkurrenten unter dem Deckmantel
des loyalen Mitarbeiters nicht beschäftigt. Herrn M sei sich bewusst gewesen, dass auf
der Messe in Essen dem Markt neue Produkte vorgestellt werden sollten. Ihm sei auch
bekannt gewesen, dass Kunden oder Konkurrenten ihr Augenmerk auf diese Messe
richten würden. Vor dem Erscheinen auf der Spielwarenmesse habe Herr M das Buch
"F" vor der Klägerin geheim gehalten.
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Sie ist weiter der Ansicht, der übergebene Leitfaden zum Quellenbuch stelle ein
Geschäftsgeheimnis dar. Dazu behauptet sie, dieses habe sie Herrn M ausschließlich
im Rahmen der Autorenverträge offenbart. Eine Vertraulichkeitserklärung des
Autorenforums sei zudem in dem für Nichtautoren unzugänglichen Forum gepostet.
Darüber hinaus sei die Vertraulichkeit der "Quellenbuchstruktur" schon aus dem Text
des Dokuments ersichtlich. Außerdem habe sie Herrn M Zutritt zu ihrem Autorenforum
im Internet gewährt, das ausschließlich für Autoren der Klägerin zugänglich war, um
neue Ideen vor dem Zugriff durch konkurrierende Mitbewerber zu schützten. Sie habe
ihm die Informationen im Vertrauen darauf gewährt, dass sich dieser redlich verhalten
und die erlangten Informationen nur vertragsgemäß zur Arbeit an den Produkten der
Klägerin verwenden werde.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte, bestehend aus Herrn M und G, zu verurteilen, es bei Meidung einer
für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss der Einrede des
Fortsetzungszusammenhangs fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von 5.100
Euro zu unterlassen, das in ihrem Verlag erschienene Schriftwerk "F" weiter
herzustellen, herstellen zu lassen und es zu unterlassen, auf dem Schriftwerk "F"
beruhende Werke in anderer Verbreitungsform herzustellen, herstellen zu lassen,
zu verbreiten oder verbreiten zu lassen;
2. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, in welcher Stückzahl sie das
Werk "F" ab erstmaliger Herstellung hergestellt hat, herstellen ließ, verbreitet hat
oder verbreiten ließ sowie Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie
weitere auf dem Werk "F" beruhende Werke oder von diesem abgeleitete Werke
hergestellt hat, hat herstellen lassen, verbreitet hat oder hat verbreiten lassen;
3. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, mit welcher Stückzahl welche
Lieferanten beliefert worden sind und wie viele Exemplare des Werkes "F" und
anderer davon abgeleiteter Werke sich noch in ihrem Besitz befinden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Widerklagend beantragt die Beklagte,
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die Widerbeklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag zu zahlen, der sich aus 2,5
Gebühren nach Nr. 2300 VV RVG nebst Post- und Telekommunikationspauschale
gemäß Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG nach dem
vom Gericht festzusetzenden Streitwert bemisst, zumindest jedoch 2.493,05 €.
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Die Klägerin beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Die Beklagte beantragt, über die Zulässigkeit der Klage gesondert nach § 280 ZPO zu
entscheiden, da die Klage mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig sei. Zudem sei
ihr Verwaltungssitz in E.
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Sie macht geltend, es bestehe zwischen dem Werk der Klägerin und dem Werk der
Beklagten kein Fortsetzungszusammenhang. Es werde auch nicht durch memorienhafte
Rückblenden, Erinnerungen oder Tagträumereien eine hohe Assoziationswirkung zu
einem Vorgängerroman hergestellt (s. hierzu: BGH, GRUR 1999, 984, 987 – Laras
Tochter). Die Zusammenstellung aller Elemente in "F" stelle an keiner Stelle einen
Bezug zum vorhergehenden Spiel der Klägerin her. Weder würden dieselben Personen
in das Weltbild eingebunden, noch würden dieselben Schauplätze dem Leser ins
Gedächtnis gerufen. Es werde zu keinem Zeitpunkt ein direkter Bezug von einem Werk
auf das andere Werk genommen. Die Weltbeschreibung / das Bühnenbild werde nicht
übernommen. Dies ergebe sich auch aus der Art der Quellen, die in "F" verwendet
worden seien. Auch lasse die Karte im vorderen und hinteren Buchdeckel keinesfalls
auf Ähnlichkeiten der Inhalte schließen. Bei der Gegenüberstellung der Elemente
fänden sich in nahezu jedem Element Abweichungen im Ausdruck und im Inhalt. Wenn
die Anzahl der Elemente unterschiedlich sei, füge sich auch das Gesamtbild des
Werkes der Beklagten anders als das Spiel der Klägerin. F habe sein eigenes
Bühnenbild. Es lägen lediglich genretypische Gemeinsamkeiten vor. Als genretypische
Übereinstimmungen seien die von der Klägerin vorgetragenen Regelelemente zu
werten. Sämtliche von der Klägerin verwendeten Elemente ("Rasse" / "Eigenschaften" /
"Regelelemente") seien bereits vorbekannt. Dies ergäbe sich auch aus dem zweiten
Privatgutachten von N vom 05.03.2009 zu den Parallelen in den Regelwerken und der
Ausgestaltung von Rollenspielen (Anlage B 8). Daraus folge, dass das Rollenspiel der
Klägerin selbst nur Elemente aus anderen Rollenspielen aufgreife.
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Sie behauptet, es sei lediglich ein Autorenvertrag zwischen der Klägerin und Herrn M
geschlossen worden. Von den in Anlage K4 eingereichten Verträgen sei nur einer von
beiden Parteien unterzeichnet. Hierbei handele es sich um den Vertrag zum Roman "B".
Die aus diesem – angeblichen – Vertrag herrührende Leistung habe Herr M weit über
den vertraglichen Umfang hinaus erbracht – ca. 1 Mio. Zeichen – und bei der Klägerin
abgeliefert. Gegenüber Herr M sei weder ausdrücklich noch konkludent erklärt worden,
dass es sich bei dem Quellenbuch um ein Geschäftsgeheimnis handele. Einer
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Verwendung des Quellenbuchs hätte er nicht zugestimmt, wenn er davon ausgegangen
wäre, dass es sich hierbei um ein Geschäftsgeheimnis handele. Außerdem wäre es
üblich, eine derartige Geheimhaltungsvereinbarung schriftlich zu fixieren. Der Zutritt zum
Autorenforum sei Herrn M aufgedrängt worden. Er sei dazu gezwungen worden,
Beiträge einzustellen. Dass es sich hierbei um einen geschützten, nur für Autoren
zugänglichen Bereich handeln soll, wird mit Nichtwissen bestritten. Soweit Herrn M
unterstellt werde, er sei nicht krank gewesen, sondern habe statt für die Klägerin zu
arbeiten, das Buch "F" geschrieben, sei dies nicht wahr. Der Anteil an der Erstellung
des Buches "F" sei sehr gering gewesen. Sein Tätigkeitsschwerpunkt im Rahmen des
Unternehmens der Beklagten sei nicht die Erstellung von Werken. Er nehme andere
Aufgaben wahr, die in einem Verlag anfallen. Durch seine Erkrankung habe Herr M
seine Arbeit bei der Beklagten noch mehr vernachlässigt als bei der Klägerin. Innerhalb
Deutschlands existierten mit der Games Convention in Leipzig und der Nürnberger
Spielemesse zwei weitere Veranstaltungen mit zumindest gleicher Größe und
Wichtigkeit. Dort hätten alle Produkte ebenfalls vertrieben oder angeboten werden
können. Die Website der Beklagten "www.F.de" sei schon seit Mai 2006 online
erreichbar und im dortigen Impressum seien auch die Namen der Gesellschafter
einsehbar. Herr M habe die Beklagte außerdem nicht gegenüber Dritten vertreten
dürfen, dies sei jedoch Voraussetzung für die Zurechnungsnorm des § 31 BGB analog.
Hinsichtlich der Widerklage macht die Beklagte wegen unberechtigter Abmahnung
durch die Klägerin einen Anspruch aus Verzug geltend. Die Bearbeitung zur Prüfung
des Vorwurfs sei äußerst überdurchschnittlich gewesen. Es hätten genretypische
Begriffe geklärt werden müssen. Das Urheberrecht und das Wettbewerbsrecht seien als
entlegene Spezialgebiete per se schwierig. Die Ausschöpfung des Gebührenrahmens
von maximal 2,5 Gebühren sei daher angemessen. Der Berechnung sei ein Streitwert
bis zu 35.000,- € aufgrund der vorläufigen Streitwertfestsetzung zugrundegelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte
gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
26
Entscheidungsgründe:
27
Klage und Widerklage sind zulässig, aber unbegründet.
28
I.
29
Die Klage ist zulässig.
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Die Frage, ob die Klägerin Urheberin der streitgegenständlichen Werke ist, ist eine
Frage der Aktivlegitimation, d.h. der Begründetheit. Die Klägerin muss nur – wie
vorliegend – behaupten, urheberrechtliche Nutzungsrechte zu haben.
31
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus der bestimmungsgemäßen und nicht nur
zufälligen Verbreitung des streitgegenständlichen Buches "F" im Gerichtsbezirk des
Landgerichts Köln. Das Buch wird sowohl im Internet über den Online-Shop der
Beklagten als auch in Köln, in den Geschäften "H" sowie "T" vertrieben. Damit ergibt
sich die Zuständigkeit aus den Regelungen der § 32 ZPO und § 24 II UWG. Insoweit ist
der Einwand der Beklagten, ihr Verwaltungssitz sei in E und daher sei nach § 17 ZPO
nicht das Landgericht Köln zuständig, unbeachtlich.
32
Die anzunehmende Zulässigkeit ist auch nicht dadurch berührt, dass in dem Antrag zu
1) anstatt der in § 890 ZPO genannten Ordnungsmittel fälschlich eine Vertragsstrafe
angedroht werden soll. Die Androhung geht damit ins Leere. Es ist jedoch davon
auszugehen, dass die Androhung eines Ordnungsmittels jederzeit nachgeholt werden
kann, so dass die Kammer sich insoweit nicht veranlasst sieht, die mündliche
Verhandlung wiederzueröffnen.
33
II.
34
Die Klägerin hat jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen
Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte.
35
1.
36
Vertragliche Ansprüche der Klägerin bestehen nicht. Eine mündliche oder schriftliche
Fixierung in Bezug auf ein vertragliches Wettbewerbsverbot oder eine Verpflichtung,
Betriebsgeheimnisse zu wahren (vgl. BGH, GRUR 1983, 179, 181 – Stapel-Automat),
hat die Klägerin nicht vorgetragen. Anhaltspunkte, die eine Verletzung der vertraglichen
Treuepflicht begründen, liegen ebenfalls nicht vor.
37
Die Frage der unredlichen Verwertung von Betriebsgeheimnissen stellt sich
demgegenüber nur im Rahmen der Prüfung der wettbewerbsrechtlichen oder auch
deliktischen Anspruchsgrundlage.
38
2.
39
Der Klägerin steht auch keinen Unterlassungsanspruch aus § 97 UrhG i.V.m. § 23 UrhG
zu.
40
Dabei kann offenbleiben, ob die Klägerin überhaupt aktivlegitimiert ist. Die Klägerin hat
trotz Hinweises bisher nicht dargelegt, ob sie sich auf eigene Nutzungsrechte an den
Büchern "B" aufgrund der Vermutungswirkung des § 10 UrhG beruft, oder im Rahmen
einer Prozessstandschaft für die Gesellschafter vorgeht. Auch den Widerspruch
zwischen dem von ihr vorgelegten Autorenvertrag und ihrer Behauptung, die
Gesellschafter seien Urheber, hat sie bisher nicht aufgelöst.
41
Das Buch "F" der Beklagten stellt keine unfreie Bearbeitung der insgesamt drei Bücher
zu dem Rollenspiel "B" der Klägerin i. S. d. § 23 UrhG dar, dies auch unabhängig
davon, dass der diesbezügliche Vortrag der Klägerin bereits in Bezug auf das konkrete
Buch nicht hinreichend substantiiert ist. Die Klägerin stützt die behauptete
Verletzungshandlung auf alle drei Bücher des Rollenspiels "B". Hierbei handelt es sich
aber um ein Grundregelwerk in Erst- und Zweitauflage sowie um ein sog. Kompendium.
Da zumindest das Grundregelwerk vom Kompendium inhaltlich bzw. strukturell
abweicht, hätte die Klägerin zunächst dargelegen müssen, welche geschützten
Werkbestandteile von ihren jeweiligen Büchern in dem Buch der Beklagten
übernommen worden sein sollen.
42
Zwar besitzen die Bücher zum Rollenspiel "B" den erforderlichen Werkcharakter als
Sprachwerke im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG, da sie einen hinreichenden schöpferischen
Eigentümlichkeitsgehalt mit der nötigen Gestaltungshöhe aufweisen. Es handelt sich bei
den Büchern um die Ausgestaltung eines Rollenspiels. Hier beschreibt zumindest das
43
Grundregelwerk die Geschichte, die im Rahmen des Rollenspiels umgesetzt werden
soll. Daher sind die Bücher "B" letztlich, auch wenn sie zum Großteil Spielregeln
enthalten, die an sich nicht schutzfähig sind (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008,
§ 2 Rn. 104), in ihrer konkreten Ausgestaltung durch die ausführliche Beschreibung und
insbesondere die Erzählung der Hintergrundgeschichte als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1
Nr. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt.
Jedoch hat die Beklagte keine geschützten Werkteile aus den Büchern übernommen, so
dass nicht von einer unfreien Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG (vgl. OLG München,
ZUM 1999, 244) ausgegangen werden kann.
44
Für die Abgrenzung zwischen freier und unfreier Benutzung ist nach der
Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen auszugehen: Eine freie Benutzung im
Sinne von § 24 UrhG liegt vor, wenn nicht nur eine Nachschöpfung des früheren Werkes
vorgenommen wird, sondern nach dem Gesamteindruck ein eigenschöpferisches,
selbständiges Werk mit ausreichendem Abstand zu dem benutzten Werk entsteht. Die
benutzten charakteristischen Elemente des vorbekannten Werks müssen infolge der
schöpferischen Eigenart des neuen Werks verblassen (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1002,
1004 – Asterix; vgl. auch Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Auflage 2006, §
24 Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist die Gestaltungshöhe des benutzten Werks von Bedeutung.
Je auffallender seine Eigenart ist, umso weniger werden seine Charakterzüge in dem
nachgeschaffenen Werk verblassen (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1002, 1004 – Asterix;
vgl. auch Loewenheim, a.a.O., § 24 Rn. 10 m.w.N.; OLG München, ZUM 1999, 244;
ZUM 1992, 203, 204). Da für die Frage, ob eine freie Benutzung nach § 24 UrhG
vorliegt, die Übereinstimmungen, nicht die Unterschiede maßgebend sind, kann es bei
der Prüfung zunächst darauf ankommen, welche Elemente übernommen wurden und
sodann, ob diesen übereinstimmenden Merkmalen Werkeigenschaft zugekommen ist.
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Schutzfähig ist nur die konkrete Ausgestaltung. In diesem Zusammenhang wird
zwischen dem schutzlosen Inhalt und der schutzfähigen Form des Werkes
unterschieden. Dabei stellt sich die Frage, wo der schutzlose Inhalt in die konkrete und
schutzfähige Form übergeht. Hier gibt es keine exakte Grenze, sondern nur fließende
Übergänge; denn auch Ideen können verschieden konkret formuliert werden. Die
Konkretisierung eines Werkes kann also durchaus bereits mit der Auswahl, Anordnung
und Kombination einzelner Gestaltungsmerkmale beginnen. Zur schutzfähigen Form
zählt die gesamte Darstellungsweise in der Vielfalt der Gesichtspunkte, der zur
Veranschaulichung vorgetragenen Beispiele und der gesamten Art der Darstellung, wie
sie im Gewebe des Werkes zum Ausdruck kommt. Auch Teile des Inhalts eines
literarischen Werkes können schutzfähig sein, z. B. dessen Handlungskern. Individuell
gestaltete Handlungsabläufe und besonders gestaltete Figuren eines ansonsten
historisch in groben Umrissen vorgegebenen Romans genießen Urheberrechtsschutz.
Es ist zwischen der historisch bekannten (und insoweit schutzlosen) und der literarisch
gestalteten (und insoweit schutzfähigen) Figur zu unterscheiden (vgl. Dreier/Schulze, §
2 Rn. 43, 44 jeweils m. w. N.). Bei der Schutzfähigkeit des Inhalts ist zu berücksichtigen,
dass diejenigen Teile schutzunfähig sind, die der Urheber nicht selbst geschaffen,
sondern übernommen hat, sei es, dass es sich um freies Gemeingut, sei es, dass es
sich um fremde Schöpfungen handelt (vgl. Loewenheim, a.a.O., § 2 Rn. 57, 83).
46
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass z. B. bei einem Roman als Werk der Literatur im
Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nicht nur die konkrete Textfassung oder die
unmittelbare Formgebung eines Gedankens urheberrechtlich schutzfähig sind. Auch
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eigenpersönlich geprägte Bestandteile und formbildende Elemente des Werkes, die im
Gang der Handlung, in der Charakteristik und Rollenverteilung der handelnden
Personen, der Ausgestaltung von Szenen und in der "Szenerie" des Romans liegen,
genießen Urheberrechtsschutz (vgl. BGH, GRUR 1999, 984, 987 – Laras Tochter; -
jeweils zu Bühnenwerken – BGH, GRUR 1959, 379, 381 - Gasparone; KG, GRUR 1926,
441, 442 f. -Alt-Heidelberg/Jung-Heidelberg; OGH, ÖBl. 1983, 173, 174 f. - Die rote
Brieftasche; zum Urheberrechtsschutz von Figuren, Handlungsabläufen usw. bei einer
Comic-Serie vgl. BGH, GRUR 1994, 191 ff. - Asterix-Persiflagen; vgl. weiter -
insbesondere auch zum Schutz der Fabel literarischer Werke - OLG Karlsruhe, GRUR
1957, 395, 396 - Trotzkopf; OLG Hamburg, Schulze OLGZ 190 S. 9 – Häschenschule;
Loewenheim, a.a.O., §§ 2 Rn. 55, 24 Rn. 17; Fromm/Nordemann/Vinck, Urheberrecht, 9.
Aufl., § 2 Rdn. 24; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 121; Schack, Urheber-
und Urhebervertragsrecht, Rdn. 160; Wanscher, Probleme der Fortsetzung eines
urheberrechtlich geschützten Werkes, 1976, S. 94 ff.).
Schutzfähige Werkbestandteile eines Rollenspiels hätten daher entweder die
Spielregeln in ihrer konkreten Ausgestaltung oder die Handlung bzw. die Charaktere
des Rollenspiels sein können. Die Klägerin hat jedoch weder zu der konkreten
inhaltlichen Ausgestaltung der Spielregeln noch zu der Handlung oder den Charakteren
des Rollenspiels hinreichend vorgetragen. Sie greift als in Frage kommende
schutzfähige Bestandteile lediglich einzelne genretypische Begrifflichkeiten auf. Wer
sich auf eine urheberechtlich schutzfähige Leistung beruft, hat allerdings nicht nur das
betreffende Werk vorzulegen, sondern grundsätzlich auch die konkreten
Gestaltungselemente darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die
urheberrechtliche Schutzfähigkeit ergeben soll. Die Frage, welche Anforderungen im
Einzelfall zu stellen sind, hängt aber wesentlich von der konkreten Werkart ab. So sind
bei Werken der bildenden Kunst keine überhöhten Anforderungen an die
Darlegungslast zu stellen, da bei ihnen die Schwierigkeit nicht zu verkennen ist,
ästhetisch wirkende Formen überhaupt mit den Mitteln der Sprache auszudrücken.
Nähere Darlegungen sind entbehrlich, wenn sich die maßgeblichen Umstände schon
bei einem bloßen Augenschein erkennen lassen. In solchen einfach gelagerten Fällen
kann ein Kläger seiner Darlegungslast auch durch die Vorlage des Werks genügen (vgl.
BGH, GRUR 2003, 231, 233 – Staatsbibliothek). Die maßgeblichen Umstände, die die
urheberrechtlich schutzfähige Leistung begründen sollen, sind bei dem Rollenspiel der
Klägerin allerdings nicht ohne weiteres erkennbar.
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Soweit die Klägerin darauf abstellt, es würden einzelne Elemente, wie z.B. Namen,
Fertigkeiten, Attribute, im Buch der Beklagten übernommen, kommt diesen Elementen
für sich betrachtet keine Werkeigenschaft zu. Die Darlegung der Übereinstimmungen in
Anlage K 7 begründet die Übernahme charakteristischer bzw. eigenpersönlicher
Elemente des Rollenspiels "B" nicht. Insofern ist es verfehlt, wenn die Klägerin an der
Verwendung bzw. Übernahme von gewissen Ausdrücken und Begrifflichkeiten festhält,
ohne die Begrifflichkeiten in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. So ist es grds.
unschädlich, wenn sowohl in den Büchern der Klägerin als auch im Buch der Beklagten
die Begriffe "Wetterkunde", "Alpträume", "Amnesie", "Schwimmen", "Fliegen",
"Handwerk", "Beruf" etc. enthalten sind. Die Begriffe sind für sich genommen, ohne sie
in einen konkreten Handlungszusammenhang zu stellen, dem eigenschöpferische Züge
zugesprochen werden können, urheberrecht-lich nicht schutzfähig. Es handelt sich um
bloße, inhaltsleere Genre-Schlagwörter. Die Klägerin stellt im Schriftsatz vom
27.08.2008 auch selbst fest, dass ein Vergleich nur anhand der Lektüre der angeblich
plagiierten Textstellen beider Auflagen, wörtlich und inhaltlich gezogen werden kann.
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Diesen Vergleich zieht sie jedoch anschließend nicht.
Die Wahl eines bestimmten Themas oder die Behandlung eines bestimmten Stoffs ist
nicht schützbar (vgl. Dreier/Schulze, § 2 Rn. 39). Wie bereits dargestellt, kommt es auf
die konkrete Ausgestaltung an. Es lassen sich vier Elemente des Werkbegriffs
unterscheiden: Es muss sich erstens um eine persönliche Schöpfung des Urhebers
handeln. Zweitens muss diese Schöpfung einen geistigen Gehalt aufweisen. Drittens
muss sie eine wahrnehmbare Formgestaltung gefunden haben und viertens muss in der
Schöpfung die Individualität des Urhebers zum Ausdruck kommen (vgl. Loewenheim,
a.a.O., § 2 Rn. 9 m. w. N.). Für den Urheber muss es sich bei seinem Schaffen um etwas
Neues handeln, er darf eine etwa schon vorhandene Gestaltungsform nicht kennen.
Andernfalls würde keine individuelle Schöpfung vorliegen; was jemand von anderer
Seite übernimmt, kann nicht Ausdruck seines individuellen Geistes sein. Dies bedeutet
allerdings nicht, dass alles, was für den Urheber subjektiv neu ist, auch schutzfähig
wäre. Die Verwendung literarischen und künstlerischen Gemeinguts ist nicht
schutzfähig, selbst wenn es im Einzelfall dem Nachschaffenden unbekannt gewesen
sein sollte. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass zwischen Neuheit und
schöpferischer Eigentümlichkeit insofern eine gewisse Relation besteht, als einer
objektiv vorbekannten Gestaltung keine schöpferische Eigentümlichkeit zuerkannt
werden kann. (vgl. Loewenheim, a.a.O., § 2 Rn. 41, 42 m. w. N.).
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Auch Teile von Werken sind gegen Verletzungshandlungen geschützt. Voraussetzung
für den Schutz ist, dass der entlehnte Teil auch für sich genommen den
Schutzvoraussetzungen des § 2 UrhG genügt, also persönliche geistige Schöpfung
darstellt. Dabei braucht sich nicht die besondere Eigenart des Werkes als Ganzes in
dem Werkteil zu offenbaren, es reicht aus, dass der Werkteil als solcher eine
persönliche geistige Schöpfung darstellt. Soweit Werkteile keine persönliche geistige
Schöpfung darstellen, ist ihre Benutzung hingegen urheberrechtlich erlaubt (vgl.
Loewenheim, a.a.O., § 2 Rn. 66 m. w. N.).
51
Insgesamt hat die Klägerin nicht dargelegt, was die geschützte Kernfabel des Spiels
wäre bzw. worin die eigenpersönlich geprägten Bestandteile und formbildenden
Elemente des Werkes liegen. Sie hätte insofern darlegen müssen, inwiefern aus der
Kombination der einzelnen, vorbekannten (Regel-)Elemente ein neues eigenständiges
Werk entstanden ist, das aus seiner Gesamtkonzeption heraus eine urheberrechtliche
Schutzfähigkeit erreicht.
52
Auch eine detaillierte Ausarbeitung der Spielgestaltung kann urheberrechtlich
geschützter Werkbestanteil sein, sofern sie nicht – wie hier – bereits vorbekannt ist. Es
ermangelt an den von der Klägerin benannten Elementen an der für den Werkschutz
notwendigen Individualität (vgl. Loewenheim, a.a.O., § 2 Rn. 50).
53
Die Beklagte hat dezidiert unter Vorlage von Privatgutachten, die als Parteivortrag
heranzuziehen sind, dargelegt, dass die streitgegenständlichen (Grund-)Regeln und
Charaktere bei einer Vielzahl von Rollenspielen verwendet werden, auch schon vor "B".
Letztlich gehen die Grundelemente der Fantasy-Rollenspiele im Großen und Ganzen
auf das Spiel "Dungeons and Dragons" zurück. Es finden sich in allen Rollenspielen
lediglich Variationen mehr oder weniger großen Ausmaßes, die für sich gesehen
einerseits als einzelne Elemente nicht schutzfähig sind, andererseits in ihrer Gesamtheit
den Schutz der Konzeption als eigenständiges Gesamtwerk ebenfalls nicht erreichen.
54
Die Klägerin ist diesem Vortrag der Beklagten nicht ausreichend entgegen getreten. Sie
hat insbesondere nicht vorgetragen, inwiefern bzw. welchen Spielregeln bzw.
Spielausgestaltungen ihres Spiels "B" gegenüber den bei einem Fantasyspiel
notwendigerweise genretypischen Elementen und Grundzügen urheberrechtlicher
Schutz zukommt, und ob diese schutzfähigen Spielausgestaltungen von der Beklagten
übernommen wurden. Die Klägerin stützt sich z. B. lediglich darauf, dass sowohl bei "F"
als auch bei "B" ein bestimmter "Malus" bzw. eine Erschwerung der Erfolge auf eine
Würfelprobe hingenommen wird, um eine der Trefferzonen, die vom Spieler gewählt
wird, im Kampf zu treffen, um einen bestimmten Effekt zu erzielen und dass
Rüstungsteile nach diesen sechs Hauptzonen frei kombiniert und ihr Schutz- und
Belastungswert danach ausgerechnet werden (vgl. Schriftsatz vom 27.08.2008 S. 21).
Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, inwiefern hier die Übernahme einer konkret
ausgestalten Spielregel vorliegt, die urheberrechtlich schutzfähig ist. Soweit die
Klägerin außerdem auf die Übernahme der verschiedenen Regelelemente
("Qualitätsstufen der Ausrüstung" / "Rüstungsteile" / "Völker" / "Vorzüge und
Schwächen" / "Fertigkeiten" / "Talente und Techniken" / "Schulen und Geheimnisse der
Meister" / "Magie und Zauber") abstellt, ist auch diese Schlagwortaufzählung nicht
substantiiert genug. Alleine die Aufstellung dieser Regelelemente ohne inhaltliche
Ausfüllung der Begriffe sagt nichts über die Eigentümlichkeit und Schutzfähigkeit dieser
konkreten Spielausgestaltungen aus, auf die es für die Frage der unfreien Bearbeitung
aber ankommt. Der ausführliche Vortrag der Beklagten mittels Privatgutachten zur
Vorbekanntheit der einzelnen Regelelemente und der typischen Ausgestaltung von
Rollenspielen zeigt zudem, dass ein großer Teil der Regelelemente für Rollenspiele
typisch und eben nicht außergewöhnlich ist und auch die streitgegenständlichen
Elemente und Regeln auch in auch älteren Rollenspielen als "B" vorkommen.
55
Soweit die Klägerin nach Hinweis der Kammer durch eine Darstellung der einzelnen
Elemente mit Gegenüberstellungsverweisen sowie Bezugnahme auf die Anlagen zu
den einzelnen Regelelementen und Charakteren noch einmal vorgetragen hat (vgl.
Schriftsatz vom 06.01.2009, S. 11 ff.), folgt auch hieraus nicht, dass die
streitgegenständlichen Elemente für das klägerische Rollenspiel typisch sind. Der
Vortrag erschöpft sich in der Beschreibung und Wiedergabe der Spielregeln. Wieso
diese Spielregeln als persönlich-geistige Schöpfungen ihres Gesellschafters
schutzfähig sein sollen, d. h. dass diese vorher nicht existierten bzw. neue
Gestaltungen, wenn auch im Rahmen der Rollenspiele, sind, hat sie hingegen nicht
dargelegt. Im Gegensatz ergibt sich aus dem zweiten, von den Beklagten vorgelegten
Privatgutachten von N vom 05.03.2009 zu den Parallelen in den Regelwerken und der
Ausgestaltung von Rollenspielen (Anlage B 8), dass diese Regeln und Elemente schon
vorher bei diversen Spielen, insbesondere bei den Rollenspielen "Dungeons and
Dragons", "Earthdawn" und "Die Hohen", verwandt wurden. So ist es danach üblich,
dass Rollenspielcharaktere zwischen fünf und zehn Eigenschaften haben. Auch der
grobe Aufbau nach Attributen, Fertigkeiten und Vor- und Nachteilen ist durchaus gängig.
Beispielhaft sei hier nur angeführt, dass z. B. der "Eigenschafts- und Fertigkeitswurf" (in
"B") / "Einfacher Fertigkeitswert" (in "F") als Grundmechanismus der Probe bereits im
Regelbuch "DAS-Abenteuerbasisspiel" von 1984 beschrieben ist. Variationen dieses
Mechanismus finden sich u. a. in den Rollenspielen "Shadowrun 2.01D", "Runequest",
"Agone" und "Dungeons and Dragons 3.0 Spielerhandbch". Auch die "Modifikationen"
(in "B") / "Die Schwierigkeit" (in "F") findet sich als Verringerung oder Vergrößerung der
Erfolgswahrscheinlichkeit in einigen anderen Rollenspielwerken, so z. B. in "The
Everlasting – Book oft he Unliving", "Die Hohen" und "Shadowrun Third Edition". Auch
die Funktion "Der Mindestwert" (in "B") / "Die benötigten Erfolge" (in "F") sind eine
56
übliche Regelung, dergestalt, dass eine Mindestleistung des Spielcharakters gefordert
wird, damit ein Wurf gelingt. Entsprechende Regelungen sind u. a. enthalten in
"Shadowrun Third Edition", "Werwolf – Die Apokalypse" und "Die Hohen".
Diesem detaillierten Vortrag zum Inhalt der diversen Rollenspiele ist die Klägerin nicht
ausreichend entgegengetreten. Insoweit ist auch der Vortrag der Klägerin, es komme
alleine auf einen Vergleich der streitgegenständlichen Werke an, vor dem Hintergrund
der genretypischen, z. T. zwingenden Übereinstimmungen nicht überzeugend.
57
Auch einen möglicherweise schutzfähigen Handlungsablauf bzw. eine
Hintergrundgeschichte des Rollenspiels und einzelnen Charakteren, die schutzfähig
wären, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
58
Soweit die Klägerin behauptet, die Beklagte übernehme das von ihr entwickelte
einmalige Konzept der Kombination "düsterer Fantasy-Elemente mit klassischen High-
Fantasy- und Steampunk-Elementen", beschränkt sich auch diese Behauptung auf
inhaltsleere Floskeln. Bereits die Zuordnung der Elemente als Fantasy- bzw. High-
Fantasy-Elemente zeigt die Klassifizierung und Einordnung in allgemein verwendete
und bekannte Strukturen. Inwiefern aus der behaupteten Kombination etwas
schutzfähiges Neues entstanden ist, hat die Klägerin nicht dargelegt. Auch die
Übernahme einer sog. prä-apokalyptischer Stimmung, dies bedeutet nach den
Erläuterungen der Klägerin, dass beide Spielwelten kurz vor der Vernichtung stehen,
stellt keine Übernahme eines schutzfähigen Werkteils dar. Vielmehr handelt es sich
hierbei um eine genretypische Gemeinsamkeit, die insofern Allgemeingut darstellt. Eine
Endzeitstimmung ist für sich betrachtet ein freies Element eines Fantasy-Rollenspiels.
Allein die grobe Vorgabe einer Endzeitstimmung ist ohne nähere Darlegung ihres
konkreten Inhalts und ihrer Ausgestaltung im Einzelfall nicht schutzfähig.
59
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, die Ausgestaltung des Hintergrundes
und des Settings von "B" seien schutzfähig.
60
Hierzu hätte die Klägerin zunächst einmal das Setting bzw. den Hintergrund genau
beschreiben müssen. Der Vortrag, "B" biete eine eigenpersönliche Atmosphäre, die sich
aus der Summe der verwandten Einzelelemente ergebe, reicht dazu nicht aus. Allein
aufgrund der aufgelisteten Namen, Eigenschaften etc. erschließt sich eine schutzfähige
Atmosphäre nicht. Insbesondere wird nicht klar, welche individuellen Besonderheiten
Setting bzw. Hintergrund aufweisen.
61
Die Übernahme des sog. "Bühnenbildes" wird ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.
Die Klägerin stellt nicht klar, welchen Inhalt das Bühnenbild von "B" überhaupt haben
soll. Soweit sie sich darauf beruft, dass sich das Bühnenbild nicht auf eine konkrete
Hintergrundgeschichte beziehe, sondern aus mehreren Einzelregelungen
zusammengesetzt sei, ist auch hier nicht ersichtlich, auf welche Einzelregelungen sie
konkret abstellt.
62
Eine Übernahme folgt nicht bereits daraus, dass sowohl bei "B" als auch bei "F" von
Göttern, Sterblichen, Helden etc. die Rede ist. Diese Elemente sind für Fantasy typisch,
wenn nicht sogar zwingend. Soweit die Klägerin vorträgt, die Fähigkeiten der
Charaktere seien zum Teil im Rollenspiel "B" mit denen des Rollenspiels "F" identisch,
ergibt sich hieraus auch nicht, dass es sich bei den angeblich übernommenen
Charakterzügen gerade um einen schutzfähigen Werkbestandteil handelt. Insofern hat
63
die Klägerin bisher nicht darlegt, inwiefern es sich bei diesen Charakterzügen um
eigentümliche und prägende Charaktere handelt.
Auch dass sowohl "B" als auch "F" ein Kapitel "Kampf" enthalten, sagt noch nichts über
den Inhalt und die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des Kapitels aus. Zum Inhalt des
Kapitels hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen.
64
Ein Vergleich des Titelbildes von "F" und des sich im Grundregelwerk "B" auf S. 237 der
Anlage 2 befindlichen Bildes ergibt ebenfalls keine Bearbeitung i. S. d. § 23 UrhG. Zum
einen weichen die Bilder in ihrer Ausgestaltung erheblich voneinander ab. Allein die
bildlich dargestellte Idee des Kampfes eines Muskelprotzes mit einem beflügelten
"Feuerkrieger" ist nicht schutzfähig. Zum anderen richtet sich das Begehren der Klägerin
gegen die Verbreitung des gesamten Werkes und nicht allein gegen das Titelbild.
65
Schließlich lässt auch entgegen der Ansicht der Klägerin der Umstand, dass sich
sowohl im Buch "B" als auch im Buch "F" eine Karte im vorderen und hinteren
Buchdeckel befindet, keinen Rückschluss auf die Übernahme des Handlungsstrangs
bzw. der Inhalte des Rollenspiels der Klägerin zu.
66
Im Gegensatz zur Entscheidung des BGH (GRUR 1999, 984, 987 – Laras Tochter)
besteht zwischen dem Werk der Klägerin und dem Werk der Beklagten auch kein
Fortsetzungszusammenhang. Hierfür wäre erforderlich, dass durch memorienhafte
Rückblenden, Erinnerungen oder Tagträumereien oder durch die Anknüpfung an
Schlüsselszenen oder Schauplätze eine Assoziationswirkung zu den Büchern der
Klägerin hergestellt wird. Allein, dass ähnliche Namen bzw. eine ähnliche Landkarte
verwandt werden, reicht nicht aus, um einen Zusammenhang zwischen den Werken zu
begründen. Auch hier wäre vor allem auf den Inhalt des Rollenspiels abzustellen
gewesen, um eine unfreie Bearbeitung nach § 23 UrhG zu belegen.
67
Auch bei einer Gesamtabwägung aller übereinstimmenden Elemente ergibt sich kein
von der Klägerin in ihrem Spiel enthaltener schutzfähiger Kern, der von der Beklagten
übernommen sein könnte. Die Darstellung der Einzelelemente erlaubt es nicht, konkrete
schutzfähige Inhalte festzustellen, die die Beklagte übernommen hat, da es insofern
darauf ankommt, dass der jeweils einzeln übernommene Teil für sich betrachtet
hinreichend individuell ist. Dies ist aber aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.
Auch aus der Gesamtkonzeption der einzelnen Elemente ist kein schutzfähiges Werk
erkennbar. Eine eigenständige persönliche Schöpfung des "Gesamtwerks" im Sinne
einer schutzfähigen Fabel bzw. eines Plots hat die Klägerin nicht vorgetragen. Letztlich
bleibt es dabei, dass eine Übernahme eines Sprachwerks im Sinne einer wörtlichen
Übernahme nicht vorliegt. Das Format der Rollenspiele als solches ist nicht schutzfähig.
68
3.
69
Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche kommen nicht in Betracht.
70
Die Klägerin kann ihren Unterlassungsanspruch nicht auf §§ 3, 4 Nr. 9c UWG i. V. m. § 8
UWG stützen, da es insoweit an einer Nachahmung im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG fehlt.
71
Die Nachahmung im Wettbewerbsrecht setzt voraus, dass die übereinstimmenden
Merkmale regelmäßig hervortreten. Insofern kommt es mehr auf die Übereinstimmungen
als die Unterschiede an (vgl. Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Unlauterer
72
Wettbewerb-Gesetz, 27. Auflage 2009, § 4 Rn. 9.34). Dies setzt auch die inhaltlichen
Übereinstimmungen der einzelnen Spielelemente voraus. Diese hat die Klägerin aber,
wie bei der Frage der unfreien Bearbeitung festgestellt, nicht hinreichend dargelegt.
73
Die Klägerin hat auch keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 17 ff. UWG i. V. m. §§ 823
II, 1004 BGB analog, aus §§ 823 I, 826 i. V. m. § 1004 BGB analog, oder bei
gleichzeitigem Wettbewerbsverstoß aus §§ 3, 4 Nr. 10 und Nr. 11 i. V. m. § 8 UWG.
74
Diese Anspruchsgrundlagen setzen jeweils voraus, dass Herr M bei der Klägerin im
Rahmen seiner Autorentätigkeit Betriebsgeheimnisse erlangt hat, die er für das
Regelbuch "F" der Beklagten verwandt hat. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.
75
Der Tatbestand des Geheimnisverrats nach § 17 Abs. 1 UWG setzt dabei voraus, dass
eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein ihr im Rahmen des
Dienstverhältnisses anvertrautes oder zugänglich gemachtes Geschäfts- oder
Betriebsgeheimnis unbefugt einem Dritten mitgeteilt hat. Ein Geschäfts- oder
Betriebsgeheimnis ist jede im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende
nicht offenkundige, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannte Tatsache,
an deren Geheimhaltung der Unternehmensinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches
Interesse hat und die nach seinem bekundeten oder doch erkennbaren Willen auch
geheim bleiben soll (vgl. Köhler, a.a.O., § 17 Rn. 4).
76
Nach dem Vortrag der Klägerin scheidet eine unredliche Verwertung eines Geschäfts-
oder Betriebsgeheimnisses durch die Beklagte aus. Die Klägerin stellt allein darauf ab,
dass in dem Buch "F" Betriebsgeheimnisse verwendet werden, die Herr M durch seine
Teilnahme am Autorenforum erlangt haben soll. Nach dem Vortrag der Klägerin ist das
Autorenforum ausschließlich für Autoren der Klägerin zugänglich gewesen. Herr M hat
von der Klägerin für seinen Account unter den Nickname "Z" einen individuellen Zugang
durch Freischaltung des Accounts erhalten. Die Beklagte bestreitet zwar, dass es sich
um ein reines Autorenforum gehandelt haben soll. Letztlich kann aber auch diese Frage
dahinstehen, da die Übernahme und Zusammenstellung von vorbekannten Regeln und
Charakteren aus dem Fantasy-Gemeinpool keine Verwertung eines Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnisses sein kann, da jedenfalls die einzelnen Elemente für sich
genommen vorbekannt und nicht schutzfähig sind, und die Klägerin ein vom Urheber
neu geschaffenes Gesamtwerk, das insofern allein in Betracht kommt, nicht dargelegt
hat.
77
Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht hinreichend dargelegt, dass Herr M im
Rahmen seiner Autorentätigkeit erlangte, vertrauliche Informationen an die Beklagte
weitergeben hat.
78
Die Klägerin beruft sich auf die Fähigkeit "Bluthund", die vor der Veröffentlichung von
"F" erstmalig bereits im Autorenforum diskutiert worden sein soll. Dieser Umstand
könnte zwar ein Indiz für die Weitergabe der Information an die Beklagte darstellen. Es
ist jedoch aus den vorgelegten Auszügen aus dem Autorenforum nicht ersichtlich, dass
vom sog. Bluthund vor der Veröffentlichung von "F" die Rede ist. Einzig eine Eintragung
vom 04.02.2008 nimmt auf einen "Bluthund" Bezug. Diese Eintragung datiert jedoch
79
nach der Veröffentlichung von "F" im Jahr 2007. Eine Diskussion dieser Fähigkeit vor
Veröffentlichung des Werkes der Beklagten hat die Klägerin hierdurch nicht belegt.
Auch hinsichtlich der Quellenbuchstruktur ist nicht ersichtlich, welche konkreten
Elemente hieraus in dem Buch der Beklagten übernommen wurden bzw. welche
Elemente Herr M an die Beklagte weitergegeben hat.
80
Die Klägerin hätte insofern darlegen müssen, um welche konkreten Elemente bzw.
Informationen es sich handelt, die Herr M nur durch das Quellenbuch selbst erlangt
haben kann, so dass es sich tatsächlich um ein Geschäftsgeheimnis der Klägerin
handelt.
81
III.
82
Mangels Vorliegen einer Verletzungshandlung der Beklagten im Sinne einer
unrechtmäßigen Übernahme des Werkes der Klägerin nach § 23 UrhG hat die Klägerin
weder einen Anspruch auf Auskunft nach § 242 BGB, noch einen Anspruch auf
Drittauskunft nach § 101a UrhG.
83
VI.
84
Die Widerklage ist zulässig, insbesondere ist der Antrag hinreichend bestimmt.
85
1.
86
Grundsätzlich ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen
Anspruch konkret (beziffert oder gegenständlich) bezeichnet, den Rahmen der
gerichtlichen Entscheidungsbefugnis erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der
materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko des
Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten
abwälzt und wenn er die Zwangsvollstreckung aus dem beantragten Urteil ohne eine
Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (vgl. Greger, in: Zöller,
ZPO, 27. Aufl. 2009, § 253 Rn. 13).
87
Bei einem Zahlungsantrag darf die Berechnung nur offen bleiben, wenn sie anhand
allgemeinkundiger Daten ohne weiteres möglich ist. Ist die Bezifferung noch nicht
möglich, bietet sich eine Feststellungsklage an (vgl. Greger, a.a.O., § 253 Rn. 13a).
88
Bei Klagen auf Leistung einer Geldzahlung gehört zur Bestimmtheit i. S. d. § 253 II Nr. 2
ZPO grundsätzlich die Angabe des begehrten Betrages. Die Rechtsprechung lässt
hiervon eine Ausnahme zu, wenn die Bestimmung des Betrages von einer gerichtlichen
Schätzung nach § 287 ZPO oder vom billigen Ermessen des Gerichts abhängig ist. Die
nötige Bestimmtheit soll hier dadurch erreicht werden, dass der Kläger in der
Klagebegründung die Berechnungs- bzw. Schätzungsgrundlagen umfassend
darzulegen und die Größenordnung seiner Vorstellungen, z.B. in Form eines
Mindestbetrages, anzugeben hat (vgl. Greger, a.a.O., § 253 Rn. 14).
89
Die Berechnung des Ersatzbetrages hängt von der vom Gericht vorzunehmenden
Streitwertfestsetzung ab. Insofern liegt eine der Ausnahmesituationen vor, in denen ein
Mindestbetrag als Angabe des Klagebetrages ausreicht, so dass die Beklagte nicht auf
eine Feststellungsklage zu verweisen ist. Einen solchen Mindestbetrag hat die Beklagte
90
aufgrund der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 03.04.2008 errechnet und
angegeben. Die Berechnungsgrundlage, die Gebührensätze des RVG, hat die Beklagte
in ihrem Antrag dargelegt.
2.
91
Die Widerklage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Zahlung
von 2.493,05 € nach § 678 BGB.
92
Da der Abmahnende den Ersatz seiner Aufwendungen nach §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB
beanspruchen kann, ist es zwar folgerichtig, zu Gunsten des zu Unrecht Abgemahnten
die Regelung des § 678 BGB anzuwenden (vgl. OLG Hamburg, NJW-RR 2003, 857, m.
w. N.). Danach hat der Abgemahnte im Ausgangspunkt einen Anspruch auf
Schadensersatz, wenn der Abmahnende erkennen konnte, dass die Übernahme der
Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten
vorbehaltlich der Anwendung von § 679 BGB widersprach, und zwar auch wenn ihm ein
sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt.
93
Dabei ist zu jedoch berücksichtigen, dass die Gründe, die eine Anwendung von § 823 I
BGB in der Regel ausschließen, auch einem Anspruch aus § 678 BGB entgegenstehen
können. Denn ein Übernahmeverschulden wie vorstehend beschrieben liegt noch nicht
deshalb vor, weil der Abmahnende rechtliche Zweifel hatte, ob seine Abmahnung
berechtigt war. Das würde dem Sinn der Abmahnung widersprechen, mit der eine
prozessuale Auseinandersetzung im Interesse der Parteien und der Gerichte vermieden
werden soll (vgl. § 93 ZPO). Wenn nach Lage des Falles vernünftige Überlegungen es
rechtfertigen, eine Ungewissheit gegenüber einem Mitbewerber zu klären, ist ein
Erstattungsanspruch aus § 678 BGB nicht gegeben (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.).
94
Ein solches Übernahmeverschulden ist vorliegend aber nicht erkennbar. Gerade die von
der Beklagten angeführten Schwierigkeiten bereits im Tatsächlichen bei der Klärung,
was genretypisch ist, rechtfertigen es, die bestehenden Ungewissheiten durch eine
Abmahnung zu klären.
95
Anhaltspunkte für einen darüber hinausgehenden Verzugsschaden bestehen nicht,
zumal die Beklagte diesen auch nicht näher erläutert und nur die Höhe ihres Anspruchs
darlegt hat.
96
VI.
97
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
98
Streitwert: insgesamt: 34.493,05 €
99
(Antrag zu 1.): 30.000,- €
100
Antrag zu 2.): 1.000,- €
101
Antrag zu 3.): 1.000,- €
102
Widerklageantrag: 2.493,05 €)
103