Urteil des LG Köln vom 14.11.2003
LG Köln: veranlagung, getrennt leben, kirchensteuer, einkommenssteuer, steuererklärung, lebensgemeinschaft, mitwirkungspflicht, rückforderung, zusicherung, vergleich
Landgericht Köln, 10 T 148/03
Datum:
14.11.2003
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
10. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 T 148/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 119 C 267/03
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 24. Juli 2003 - 119 C 267/03 - abgeändert und
der Klägerin unter Beiordnung von Rechtsanwältin T in Köln auch
insoweit Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Klage bewilligt, als sie
mit dem Klageantrag zu 2) nunmehr beantragen will, den Beklagten zu
verurteilen, an sie 400,00 EUR zu zahlen und sie im übrigen in Höhe
von 1.763,36 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
seit dem 14.02.2003 von der Forderung des Finanzamtes L unter der
Steuer-Nr.: ###/#####/####/#####frei-zustellen.
Gründe:
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Die Parteien sind Eheleute, die seit dem 1. Juli 2001 getrennt leben. Ein
Scheidungsverfahren ist anhängig. Nach der Trennung beantragte die berufstätige
Klägerin bei ihrem zuständigen Finanzamt L1 für das Jahr 2001 eine getrennte
Veranlagung nach § 26a EStG. Mit Bescheid vom 11. Juni 2001 setzte das Finanzamt
die von ihr geschuldete Einkommenssteuer auf 364,00 DM, die von ihr geschuldete
Kirchensteuer auf 32,76 DM und den von ihr geschuldeten Solidaritätszuschlag auf 0,00
DM fest. Da von ihrem Lohn bereits 4.042,00 DM Einkommenssteuer, 363,70 DM
Kirchensteuer und ein Solidaritätszuschlag von 222,22 DM einbehalten worden waren,
ermittelte das Finanzamt ein Guthaben der Klägerin in Höhe von 1.880,53 EUR (=
3.678,00 DM) hinsichtlich der Einkommenssteuer, von 169,21 EUR (= 330,94 DM)
hinsichtlich der Kirchensteuer und von 113,62 EUR (= 222,22 DM) hinsichtlich des
Solidaritätszuschlags, insgesamt also 2.163,36 EUR. Dieser Betrag wurde der Klägerin
auf ihr Konto überwiesen. Mit Klageschrift vom 19. August 2002 erhob der Beklagte
beim Amtsgericht Köln Klage gegen die Klägerin auf Zustimmung zur gemeinsamen
Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2001. Die Klägerin erteilte diese
Zustimmung, nachdem der Beklagte sich verpflichtet hatte, sie im Innenverhältnis von
zusätzlichen Steuerschulden freizustellen. Es wurde daraufhin vom Finanzamt L die
gemeinsame Veranlagung der Parteien für das Jahr 2001 durchgeführt. In dem neuen
Steuerbescheid vom 7. Februar 2003 wurde die von beiden Parteien geschuldete
Einkommenssteuer auf 4.169,07 EUR, die geschuldete Kirchensteuer auf 375,22 EUR
und der geschuldete Solidaritätszuschlag auf 229,30 EUR festgesetzt. Unter
Berücksichtigung der erfolgten Steuerabzüge vom Lohn der beiden Parteien ergab sich
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eine restliche Steuerschuld für beide von insgesamt 813,47 EUR, die bis spätestens 10.
März 2003 zu zahlen war. Die Klägerin wurde im Hinblick auf den nach der
durchgeführten gemeinsamen Veranlagung geänderten Steuerbescheid aufgefordert,
die auf Grund des alten Steuerbescheids vom 11. Juni 2002 erhaltene Gutschrift von
2.136,36 EUR an das Finanzamt zurückzuzahlen. Sie hat bisher zwei Raten von je
200,00 EUR gezahlt.
Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 25. April 2003 hat die Klägerin beim
Amtsgericht Köln Prozeßkostenhilfe für eine Klage gegen den Beklagten beantragt, mit
der sie dessen Verurteilung begehrte, sie von der Forderung des Finanzamtes L gemäß
Bescheid vom 7. Februar 2003 in Höhe von 813,47 EUR freizustellen (Klageantrag zu
1) und an sie einen Betrag von 2.163,36 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2003 zu zahlen (Klageantrag zu 2). Das Amtsgericht
hat der Klägerin mit Beschluss vom 24. Juli 2003 die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe
unter Beiordnung ihrer Prozeßbevollmächtigten für den Klageantrag zu 1) bewilligt, im
übrigen jedoch den Prozeßkostenhilfeantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das
Amtsgericht ausgeführt, die Verpflichtung zur Rückerstattung der auf Grund der zunächst
durchgeführten getrennten Veranlagung erhaltenen Steuererstattung sei keine
Nachzahlung = zusätzliche Steuerbelastung, von der allein der Beklagte sie auf Grund
seiner Verpflichtung freizustellen habe. Gegen diesen Beschluss, der ihrer
Prozeßbevollmächtigten am 1. August 2003 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit
einem am 6. August 2003 beim Amtsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz ihrer
Prozeßbevollmächtigten (sofortige) Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, der
Beklagte sei ihr im Hinblick auf die geforderte und erhaltene Zustimmung zur
Zusammenveranlagung zum Ersatz der gesamten Nachteile verpflichtet, und zwar
selbst dann, wenn er eine entsprechende Zusicherung nicht abgegeben hätte. Das
Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Nach einem entsprechenden
Hinweis durch den Vorsitzenden hat die Klägerin den beabsichtigten Klageantrag zu 2)
dahingehend abgeändert, daß sie nunmehr nur noch Zahlung von 400,00 EUR von dem
Beklagten begehrt und hinsichtlich weiterer 1.763,36 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2003 die Freistellung von der Forderung des
Finanzamtes L zur Steuer Nr.: ###/#####/####/#####
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Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln
vom 24. Juli 2003 ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie hat auch - nach Änderung
des beabsichtigten Klageantrags zu 2) - in der Sache selbst Erfolg.
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Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts hat auch der Klageantrag zu 2) Aussicht auf
Erfolg und ist nicht mutwillig, § 114 ZPO. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung
umfaßt die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft auch die Pflicht zur Mitwirkung bei
der Steuererklärung zum Zwecke der Gesamtveranlagung (vgl. BGH FamRZ 1977,38).
Diese Mitwirkungspflicht besteht auch zwischen getrenntlebenden Eheleuten und zwar
selbst dann, wenn gegen den zustimmungspflichtigen Ehegatten bereits ein
Steuerbescheid ergangen ist (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990,1027). Diese
Zustimmungspflicht besteht jedoch nicht uneingeschränkt. Sie ist vielmehr dahingehend
zu konkretisieren, daß der Ehegatte der gemeinsamen Veranlagung dann zustimmen
muß, wenn ihm daraus keine finanziellen Nachteile entstehen (vgl. OLG Köln, FamRZ
1989,1174), was dadurch erreicht werden kann, daß sich der die Zustimmung
begehrende Ehegatte vorbehaltlos dazu verpflichtet, den zustimmungspflichtigen
Ehegatten insoweit von allen steuerlichen Nachteilen freizustellen (vgl. OLG Düsseldorf,
a.a.O.; LG Berlin, FamRZ 1992,436-437). Vorliegend hat der Beklagte eine solche
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Verpflichtungserklärung abgegeben. Er hat mit Schreiben seiner
Prozeßbevollmächtigten vom 7. August 2002 (Bl. 8/9 der Akten 310 F 235/02 AG Köln)
gegenüber der Klägerin ausdrücklich erklärt, er werde sie "von etwaigen zusätzlichen
Steuerschulden für den Veranlagungszeitraum 2001 im internen Verhältnis freistellen".
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bestehen diese zusätzlichen
Steuerschulden der Klägerin aber nicht allein in dem Betrag, der von ihr und dem
Beklagten gemäß dem Steuerbescheid vom 7. Februar 2003 nach Verrechnung der
einbehaltenen Lohnabzüge noch gefordert wird. Die zusätzlichen Steuerschulden der
Klägerin, zu deren Übernahme sich der Beklagte verpflichtet hat, sind vielmehr aus
einem Vergleich der festgesetzten Steuern in dem Steuerbescheid bei getrennter
Veranlagung zu dem Steuerbescheid bei gemeinsamer Veranlagung unter
Berücksichtigung der von der Klägerin geleisteten Zahlungen zu ermitteln. Ohne die von
ihr verlangte Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung hätte die Klägerin auf Grund
der über die festgesetzten Steuern hinausgehenden Lohnabzüge ein ihr vom Finanzamt
zu erstattendes und auch erstattetes Steuerguthaben von 2.163,36 EUR gehabt. Nach
der Zusammenveranlagung verliert sie dieses Guthaben und haftet zusammen mit dem
Beklagten dem Finanzamt auf Zahlung restlicher Steuern in Höhe von 813,47 EUR.
Diesen ihr entstandenen Nachteil muß ihr der Beklagte auf Grund der übernommenen
Verpflichtung ausgleichen. Er hat sie mithin sowohl von der Rückforderung des
Finanzamtes als auch von der Reststeuerforderung gemäß Bescheid vom 7. Februar
2003 freizustellen und - soweit die Klägerin bereits vom Finanzamt in Anspruch
genommen worden ist und Zahlungen geleistet hat - ihr die geleisteten Beträge zu
erstatten.